BT-Drucksache 17/11492

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Bärbel Kofler, Dr. Sascha Raabe, Lothar Binding (Heidelberg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD - Drucksache 17/6484 - Für eine bessere Bildungssituation weltweit

Vom 15. November 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11492
17. Wahlperiode 15. 11. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Bärbel Kofler, Dr. Sascha Raabe,
Lothar Binding (Heidelberg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/6484 –

Für eine bessere Bildungssituation weltweit

A. Problem

Trotz anzuerkennenden Verbesserungen bleibt die Bildungssituation in den Ent-
wicklungsländern alarmierend. Es scheint zunehmend unwahrscheinlicher, dass
das Ziel der universellen Grundschulbildung bis 2015 erreicht wird. Dem Welt-
bildungsbericht der UNESCO zufolge besuchen derzeit rund 67 Millionen Kin-
der im schulpflichtigen Alter keine Schule. In Afrika südlich der Sahara leben
rund 43 Prozent der Kinder, die nicht zur Schule gehen, weitere 27 Prozent in
Süd- und Westasien. Besonders dramatisch stellt sich die Situation in Konflikt-
staaten dar. Dort besuchen rund 28 Millionen Kinder im Grundschulalter keine
Schule. Vor allem Mädchen, Kinder mit Behinderung und Kinder ethnischer
Minderheiten sind nach wie vor beim Zugang zu Bildung benachteiligt.

Hinzu kommt, dass der Bildungssektor chronisch unterfinanziert ist. Zwar hat
sich die internationale Unterstützung für Grundbildung seit 2002 fast verdop-
pelt, jedoch stagniert seit 2008 die Unterstützung für Grundbildung bei 4,7 Mrd.
US-Dollar. In Afrika südlich der Sahara, die Region mit dem größten Finanzie-
rungsbedarf, sanken die Ausgaben für Bildung sogar um 4 Prozent.

Deutschland ist Mitbegründer der „Education for All – Fast Track Initiative“
(EFA-FTI). Laut UNESCO liegt der jährliche Finanzierungsbedarf für den zen-
tralen Catalytic Fund bei 6 Mrd. US-Dollar für 2011 bis 2013. Bisher hat
Deutschland nur rund 2 Prozent der Finanzierung getragen.
B. Lösung

Bildung ist ein Menschenrecht. Der Staat steht in der Pflicht, das Recht auf
Bildung für alle umzusetzen. Bildung ist nicht nur Voraussetzung für ein selbst-
bestimmtes Leben und für gesellschaftliche Teilhabe, sondern auch für die Ent-
wicklung einer Gesellschaft im Ganzen. Insbesondere die berufliche Bildung
und Weiterbildung vermitteln jene Qualifikationen, die für die Aufnahme einer
Erwerbstätigkeit unverzichtbar sind und damit die Bekämpfung von Armut

Drucksache 17/11492 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

nachhaltig unterstützen. Diese Erkenntnis muss grundlegend und bestimmend
für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit (EZ) sein.

Zur Umsetzung des Rechtes auf Bildung in den EZ-Partnerländern bedarf es
eines gebührenfreien Zugangs zu Schulen und Lehrmitteln. Darüber hinaus
muss dieser Zugang davor geschützt werden, dass er aufgrund von Kinderarbeit
oder früher Verheiratung nicht genutzt werden kann. Ferner muss die Qualität
der Bildungsangebote verbessert werden. Dazu bedarf es einer akademischen
Lehrerausbildung sowie einer angemessenen Bezahlung des Lehrpersonals.

Zur originär staatlichen Verantwortung für Bildung gehört insbesondere ihre
Finanzierung. Im Rahmen der EZ muss sichergestellt werden, dass im Bildungs-
sektor finanzielle Planungssicherheit für die Partnerländer über mehrere Jahre
gewährleistet ist. Die dafür aufzubringenden Mittel dürfen aber nicht aus ande-
ren Bereichen der EZ abgezogen werden. Insbesondere die EFA-FTI muss ent-
sprechend der eingegangenen Verpflichtungen finanziell und organisatorisch so
ausgestattet werden, dass dem Ziel entsprochen werden kann, Bildung für alle
wirksam zu fördern.

In der Europäischen Union muss der Ansatz der Arbeitsteilung und Kooperation
und die Local Education Group beziehungsweise die Local Donor Group in
Education gestärkt werden, um die Maßnahmen der EU-Mitgliedstaaten und der
Europäischen Kommission verbindlich zu koordinieren und gemeinsam zu
finanzieren.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

E. Erfüllungsaufwand

Der Antrag macht keine Angaben über entstehenden Erfüllungsaufwand.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11492

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/6484 abzulehnen.

Berlin, den 7. November 2012

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Dagmar G. Wöhrl
Vorsitzende

Anette Hübinger
Berichterstatterin

Dr. Bärbel Kofler
Berichterstatterin

Joachim Günther (Plauen)
Berichterstatter

Niema Movassat
Berichterstatter

Ute Koczy
Berichterstatterin

Kooperation und die Local Education Group beziehungs-
trag der Fraktion der SPD sei völlig überholt. Die Bundes-
regierung habe nicht nur ein neue Bildungsstrategie entwi-
weise die Local Donor Group in Education gestärkt wird. Sie
soll sich dafür einsetzen, dass die Maßnahmen der EU-Mit-
gliedstaaten und der Europäischen Kommission verbindlich
koordiniert und gemeinsam finanziert werden.

ckelt, sondern auch die entsprechenden Mittel zur Verfügung
gestellt. Darum werde man den Antrag ablehnen. Verbesse-
rungsbedarf gebe es allerdings im Bereich der Arbeitsteilung
innerhalb der EU. Deutschland sei gut aufgestellt im Bereich
Drucksache 17/11492 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Anette Hübinger, Dr. Bärbel Kofler, Joachim Günther
(Plauen), Niema Movassat und Ute Koczy

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/6484 in seiner 126. Sitzung am 21. September 2011 be-
raten und an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung zur federführenden Beratung und an
den Auswärtigen Ausschuss, Ausschuss für Familie, Seni-
oren, Frauen und Jugend, Ausschuss für Gesundheit, Aus-
schuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Ausschuss
für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung und
an den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Mit dem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert,
Bildung und Ausbildung weiterhin als Schwerpunkt der
deutschen EZ auszubauen und mit genauen Zielgrößen zu
versehen. Die international und multilateral eingegangenen
Verpflichtungen, wie die Millenniumsentwicklungsziele bis
2015, hier die Ziele 2 und 3, sollen eingehalten und nicht
durch bilaterale Projekte ersetzt werden.

Als G8-Mitglied und damit Mitbegründer der Fast Track
Initiative EFA soll die Bundesregierung ihre Verantwortung
ernst nehmen und ihren diesbezüglich eingegangenen Ver-
pflichtungen nachkommen.

Im Mittelpunkt des EZ-Schwerpunktes Bildung soll die Un-
terstützung der Partnerländer bei der Wahrnehmung ihrer
staatlichen Verantwortung stehen, den gebührenfreien Zu-
gang zu Bildung für alle und die allgemeine Schulpflicht für
Kinder und Heranwachsende zu gewährleisten.

Ein weiterer Schwerpunkt der Förderung soll die Unterstüt-
zung von Mädchen und Frauen sowie von Kindern mit Be-
hinderung sein. Durch besondere Anreize und Förderpro-
gramme sollen Mädchen zum Schulbesuch ermutigt werden.
Entsprechend sollen auch die Rahmenbedingungen für ihren
Schulbesuch verbessert werden, beispielsweise durch die
Schaffung von sicheren Schulwegen, geeigneten Räumlich-
keiten einschließlich Toilettenanlagen sowie die Bereitstel-
lung von weiblichem Lehrpersonal. Um junge Mädchen vor
frühzeitiger Schwangerschaft und Schulabbruch zu bewah-
ren, sollen ergänzende Unterrichtseinheiten zur Gesundheit
und zur sexuellen Aufklärung angeboten werden.

Zur Sicherung der Qualität der Bildungsangebote soll die
Bundesregierung in Regierungsverhandlungen die Aus- und
Fortbildung der Lehrkräfte in den Partnerländern fördern
und sich für ihre angemessene Bezahlung einsetzen.

Innerhalb der Europäischen Union soll die Bundesregierung
darauf hinwirken, dass der Ansatz der Arbeitsteilung und

die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisa-
tion (ILO) einsetzen.

III. Stellungnahme der mitberatenden Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag auf Drucksache
17/6484 in seiner 64. Sitzung, der Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend hat den Antrag auf Druck-
sache 17/6484 in seiner 75. Sitzung, der Ausschuss für
Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat den Antrag auf
Drucksache 17/6484 in seiner 66. Sitzung, der Ausschuss
für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
hat den Antrag auf Drucksache 17/6484 in seiner 81. Sitzung
und der Ausschuss für die Angelegenheiten der Euro-
päischen Union hat den Antrag auf Drucksache 17/6484 in
seiner 72. Sitzung am 26. September 2012, der Ausschuss
für Gesundheit hat den Antrag auf Drucksache 17/6484 in
seiner 90. Sitzung am 7. November 2012 beraten.

Die Ausschüsse empfehlen mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den
Antrag abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat den Antrag auf Drucksache 17/6484 in sei-
ner 68. Sitzung am 7. November 2012 beraten und empfiehlt
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag abzulehnen.

Die Fraktion der SPD unterstreicht den Stellenwert von
Bildung als zentrale Voraussetzung für Entwicklung. Hier
seien erfreulicherweise Fortschritte gemacht worden; es
müsse aber auch kritisch festgehalten werden, dass laut
Angaben des Ausschusses für Entwicklung der Organisation
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im
Bereich der Grundbildung die Mittel in den letzten zwei Jah-
ren drastisch zurückgegangen seien. In dem vorliegenden
Antrag habe man darüber hinaus auf die Bedeutung der An-
schlussmöglichkeiten im Bildungssystem hingewiesen, da-
mit jungen Menschen auch Perspektiven für ihren weiteren
Lebensweg eröffnet würden. Darum müssten die Anstren-
gungen im Bereich der Sekundarbildung verstärkt werden.
Nachbesserungsbedarf sehe man ebenfalls bei den Themen
Geberharmonisierung und Geschlechtergerechtigkeit.

Die Fraktion der CDU/CSU erinnert daran, dass der
„schnellste Weg zum Wohlstand, der Schulweg“ sei. Der An-
Auf internationaler Ebene soll die Bundesregierung die Ein-
haltung des Verbots der Kinderarbeit einfordern und sich für

der Grundbildung, die größere Expertise läge aber im Ver-
gleich zu anderen EU-Ländern mehr im Bereich der Beruf-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/11492

lichen Bildung. Hier könne man einen entscheidenden Ent-
wicklungsbeitrag leisten.

Die Fraktion der FDP teilt die Bewertung der Fraktion der
CDU/CSU und plädiert für eine differenzierte Betrachtung,
auch im Bereich der beruflichen Bildung. Die Implemen-
tierung des dualen Systems mache nur Sinn, wenn es in die
individuelle Bildungs- und Wirtschaftslandschaft eines Part-
nerlandes hineinpasse.

Die Fraktion DIE LINKE. unterstützt das Anliegen im
vorliegenden Antrag. Auch sie kritisiere, dass die Mittel für
die Förderung der Grundbildung zurückgehen würden. Man
begrüße es, wenn ein gebührenfreier Schulbesuch, die Stär-
kung des staatlichen Bildungssystem und eine verbesserte
Geberkoordinierung gefordert werde.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützt die
Forderungen im Antrag der Fraktion der SPD und teilt auch
die Auffassung, dass der Gender-Aspekt viel stärker in dem
Sektorschwerpunkt Bildung berücksichtigt werden müsse.
Sie betont ferner die besondere Rolle von Bildung in Krisen-
gebieten; hier würde zurzeit 28 Millionen Kindern das Recht
auf Bildung verwehrt. Insofern müsse man der Bildung in
fragilen Staaten besondere Aufmerksamkeit widmen.

Berlin, den 7. November 2012

Anette Hübinger
Berichterstatterin

Dr. Bärbel Kofler
Berichterstatterin

Joachim Günther (Plauen)
Berichterstatter

Niema Movassat
Berichterstatter

Ute Koczy
Berichterstatterin

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