BT-Drucksache 17/11357

Nationalen Radverkehrsplan 2020 zum ambitionierten Aktionsplan der Radverkehrsförderung weiterentwickeln

Vom 7. November 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11357
17. Wahlperiode 07. 11. 2012

Antrag
der Abgeordneten Stephan Kühn, Markus Tressel, Dr. Anton Hofreiter, Dr. Valerie
Wilms, Bettina Herlitzius, Daniela Wagner, Cornelia Behm, Harald Ebner,
Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Sven-Christian Kindler, Sylvia Kotting-Uhl,
Oliver Krischer, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff,
Dr. Hermann E. Ott, Dorothea Steiner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Nationalen Radverkehrsplan 2020 zum ambitionierten Aktionsplan der
Radverkehrsförderung weiterentwickeln

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Potenziale des Radverkehrs ausschöpfen

Der Radverkehr hat in den vergangenen Jahren erfreulich zugenommen. Immer
mehr Menschen nutzen das Fahrrad für die täglichen Wege und in der Freizeit,
weil Radfahren für viele Strecken die optimale Verkehrsmittelwahl ist, weil es
gesund ist und Spaß macht. Besonders in den Städten ist dies unübersehbar.
Unterstützt wird der positive Trend durch elektrisch unterstützte Fahrräder
(Pedelecs), die es ermöglichen, auch auf langen Strecken und in topografisch
anspruchsvollen Regionen „ohne Schwitzen“ anzukommen, und größere Reich-
weiten erschließen. Dadurch wird das Radfahren für neue Nutzergruppen attrak-
tiv, wie beispielsweise für ältere Menschen und Pendler sowie für Kleingewer-
betreibende und Handwerker, die mit dem Fahrrad Lasten transportieren.

Radfahren ist preiswert, umwelt- und klimafreundlich und trägt zur Verbes-
serung der Lebensqualität in den Städten bei, da es keinen Lärm verursacht und
keine Schadstoffe in die Luft ausstößt. Die Förderung des Radverkehrs ist so
preiswert wie bei keinem anderen Verkehrsmittel. Der Radverkehr beansprucht
weniger Platz als der motorisierte Individualverkehr, lässt sich gut mit den
öffentlichen Verkehrsmitteln kombinieren und ist nicht zuletzt ein Wirtschafts-
faktor. Das gilt sowohl für Hersteller und Werkstätten als auch für die einhei-
mische Tourismusbranche. Längst ist die Fahrradfreundlichkeit von Regionen
zu einem wichtigen touristischen Standortfaktor geworden.

Trotzdem werden die Potenziale des Radverkehrs längst nicht ausgeschöpft. Die
Bedeutung des Radverkehrs wird in Deutschland von Politik und Verwaltung

häufig noch unterschätzt. Und dies, obwohl der Radverkehr bezogen auf die
Zahl der Wege etwa den gleichen Anteil am Verkehrsaufkommen hat wie der
öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV). Wie groß die Potenziale sind, ver-
deutlicht der örtlich sehr unterschiedliche Radverkehrsanteil, der von lediglich
4 Prozent in einigen Kommunen bis zu 38 Prozent in den besonders fahrrad-
freundlichen Städten reicht.

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In vielen Regionen und Kommunen Deutschlands ist die Radverkehrsinfrastruk-
tur nach wie vor unzureichend und es mangelt an der gleichberechtigten Be-
handlung des Fahrrads als vollwertiges Verkehrsmittel sowie einer angemes-
senen finanziellen Ausstattung. Selbst an neu gebauten Bahnhöfen fehlen häufig
wettergeschützte, diebstahl- und vandalismussichere Abstellanlangen für Fahr-
räder. Das hohe Geschwindigkeitsniveau des Autoverkehrs und die mangelhafte
Qualität vieler Radverkehrsanlagen in den Städten schrecken nach wie vor
potenzielle Nutzerinnen und Nutzer ab.

Die Überarbeitung und Weiterentwicklung des Nationalen Radverkehrsplans
(NRVP) für die Jahre 2013 bis 2020 bieten die Chance, Rahmenbedingungen zu
schaffen, die zu einer signifikanten Verbesserung der Situation des Radverkehrs
in Deutschland beitragen können. Die Förderung des Radverkehrs ist eine Zu-
kunftsaufgabe, die der Bund nicht einfach an Länder und Kommunen delegieren
kann.

2. Auf den Erkenntnissen des ersten NRVP aufbauen

Der von der damaligen rot-grünen Bundesregierung initiierte und im Jahr 2002
verabschiedete NRVP 2002–2012 legte erstmals in der Geschichte der Bundes-
republik Deutschland eine umfassende Strategie für den Radverkehr in Deutsch-
land unter Berücksichtigung aller Beteiligungsebenen fest und leitete daraus ein
umfangreiches Maßnahmenpaket ab. Darüber hinaus verpflichtete der Bundes-
tag die Bundesregierung dazu, in regelmäßigen Abständen einen Fahrradbericht
vorzulegen. In der Folge erschienen die beiden ersten Fahrradberichte über die
Situation und die Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs in Deutschland in
den Jahren 2000 und 2007. Die Investitionen des Bundes zur Förderung des
Radverkehrs wurden auf 100 Mio. Euro pro Jahr verdoppelt und dafür ein eige-
ner Titel ausschließlich für den Bau und Erhalt von Radwegen in der Baulast des
Bundes sowie neue Finanzierungsmöglichkeiten zur Förderung nichtinvestiver
Maßnahmen geschaffen. Darüber hinaus wurden den Ländern Mittel aus dem
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) zur Finanzierung von Rad-
wegen gewährt, die nicht in der Baulast des Bundes stehen, damit diese Priori-
täten zugunsten des Fahrradverkehrs setzen konnten.

In der Folge des NRVP 2012 entstanden zur Förderung des Radverkehrs zahl-
reiche Gremien und Veranstaltungsformate wie beispielsweise der Beirat Rad-
verkehr beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
(BMVBS), der Bund-Länder-Arbeitskreis „Fahrradverkehr“, der Nationale
Radverkehrskongress, die Fahrradakademie beim Deutschen Institut für
Urbanistik gGmbH zur Fort- und Weiterbildung der Kommunen im Rad-
verkehrsbereich sowie die bundesweite Aktion „Mit dem Rad zur Arbeit“. Die
konsequente Förderung des Baus von Radwegen an Bundesstraßen hat dazu
beigetragen, dass mittlerweile 50 Prozent der Bundesstraßen mit Radwegen aus-
gestattet sind und der Radverkehr bezogen auf die Anzahl der Wege im Zeitraum
2002 bis 2008 mit 17 Prozent am stärksten von allen Verkehrsmitteln zugenom-
men hat.

Doch so erfreulich diese Entwicklungen sind, können sie nicht darüber hinweg-
täuschen, dass Deutschland im europäischen Vergleich nach wie vor ein Fahr-
radentwicklungsland ist. Wie groß der Nachholbedarf ist, zeigen uns unsere
Nachbarländer Dänemark und Niederlande, in denen der Radverkehrsanteil
schon heute bei 19 bzw. 31 Prozent liegt. In Deutschland wurde bis zum Jahr
2010 hingegen nur ein Radverkehrsanteil von 10 Prozent an allen zurückgeleg-
ten Wegen erreicht.

Aufgabe der Bundesregierung war es, einen neuen NRVP vorzulegen. Dazu
berief der Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter

Ramsauer, eigens ein hochrangiges Expertengremium mit 25 Vertretern aus
Wissenschaft und Wirtschaft zur Weiterentwicklung des NRVP ein, die in

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11357

46 Empfehlungen dezidiert darlegten, welche zentralen Anforderungen der
NRVP 2020 als Grundlage für die Radverkehrspolitik in Deutschland erfüllen
muss, um den neuen verkehrspolitischen Herausforderungen in den Städten und
Regionen gerecht zu werden *. Allerdings blieben grundlegende Empfehlungen
des Expertengremiums unbeachtet bzw. werden vom vorliegenden Regierungs-
entwurf nur halbherzig umgesetzt, obwohl diese auch innerhalb des umfang-
reichen Abstimmungs- und Beteiligungsprozesses zum NRVP 2020 mit Vertre-
terinnen und Vertretern aus Wissenschaft und Wirtschaft sowie von Verbänden,
Kommunen und Bundesländern immer wieder thematisiert wurden.

So werden im NRVP 2020 keine klaren messbaren Ziele und Fristen zur
Erhöhung des Radverkehrsanteils in Deutschland festgelegt, sondern lediglich
mögliche Steigerungspotenziale benannt.

Wie wenig ambitioniert die im NRVP 2020 für möglich gehaltene Steigerung
des Radverkehrsanteils auf 15 Prozent bis zum Jahr 2020 ist, zeigen aktuelle
Zahlen des Deutschen Mobilitätspanels von 2011, das im Auftrag des BMVBS
jährlich erhoben wird. Danach lag der Radverkehrsanteil am Verkehrsaufkom-
men im Jahr 2011 bereits bei 14,7 Prozent (vgl. „Laufende Statistik des Deut-
schen Mobilitätspanels 2002 bis 2011“, http://daten.clearingstelle-verkehr.de/
192/). Das BMVBS erklärt also zum möglichen Anteil im Jahr 2020, was im
Jahr der Erarbeitung des NRVP 2020 schon längst Realität in Deutschland ist.
Nicht jeder zehnte, sondern jeder siebte Weg wird aktuell bereits mit dem Rad
zurückgelegt. Bis zum Jahr 2020 könnte also mindestens jeder fünfte Weg um-
weltfreundlich mit dem Fahrrad erfolgen.

Auch die von den Expertinnen und Experten aus Gründen der Verkehrssicherheit
explizit geforderte Überprüfung der Angemessenheit von Tempo 50 als inner-
städtische Regelgeschwindigkeit ist im NRVP 2020 nicht vorgesehen.

3. NRVP 2020 vom Sachstandsbericht zum ambitionierten Aktionsplan weiter-
entwickeln

Der von der Bundesregierung vorgelegte NRVP 2020 ist zu weiten Teilen ein
fachlich fundierter Sachstandsbericht, der zahlreiche kreative Ansätze zur
Radverkehrsförderung auflistet und den Trend zu einer „neuen Fahrradkultur“
gut beschreibt. Ein ambitionierter Aktionsplan mit einer eindeutigen Strategie
für die Entwicklung Deutschlands zu einem fahrradfreundlichen Land ist er
jedoch nicht. Der NRVP-Entwurf analysiert sehr differenziert den gegenwär-
tigen Zustand des Radverkehrs in Deutschland. Ausgangslage, Potenziale,
Handlungsfelder und Perspektiven sowie die aktuellen Entwicklungen werden
umfangreich und vielschichtig beschrieben. Hinsichtlich der Forderungen und
Zielvorgaben bleibt er jedoch viel zu vage und unverbindlich. Der NRVP 2020
enthält zudem keinerlei Aussagen zur Finanzierung der beschriebenen Maßnah-
men zur Radverkehrsförderung.

Der NRVP 2020 muss zum Strategiepapier und Handlungsprogramm des Bun-
des mit klaren Zielen, Fristen und Maßnahmen zur Zielerreichung weiterent-
wickelt werden. Insbesondere fehlen konkrete messbare Ziele bezüglich der
Erhöhung des Radverkehrsanteils an den täglichen Wegen, der Steigerung der
Verkehrsleistung sowie bezüglich der Verbesserung der Verkehrssicherheit.

Von fundamentaler Bedeutung für die Förderung des Radverkehrs sind aus-
reichende personelle und finanzielle Ressourcen. Die massive Kürzung der Bun-
deshaushaltsmittel für den Bau und Erhalt von Radwegen an Bundesstraßen in-
nerhalb dieser Legislaturperiode sowie die von der Bundesregierung angestrebte
weitere Reduzierung auf 60 Mio. Euro pro Jahr ab 2013 ignorieren die wach-

* Empfehlungen der vom Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer,

berufenen Expertinnen und Experten zur Weiterentwicklung des Nationalen Radverkehrs, Berlin,
16. November 2011.

Drucksache 17/11357 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

sende Bedeutung des Radverkehrs und verstärken die Zweifel, ob der NRVP
2020 überhaupt in Regierungshandeln umgesetzt werden soll. Dies gilt umso
mehr, da das vorher eigenständige Radverkehrsreferat im BMVBS unter Bun-
desminister Dr. Peter Ramsauer aufgelöst wurde und die Radverkehrsaufgaben
mit reduzierter Personalausstattung von einem anderen Referat mit übernom-
men wurden.

Beides steht im Widerspruch zu dem im NRVP 2020 proklamierten Anspruch,
den Radverkehr als Teil einer integrierten Verkehrs- und Mobilitätspolitik zu
fördern und zu stärken. Stattdessen ist eine deutliche bessere Finanzausstattung
des Radverkehrs auf allen Ebenen (Bund, Länder, Kommunen) erforderlich,
sowohl für den Ausbau und Erhalt der Radverkehrsinfrastruktur als auch zur
Förderung nichtinvestiver Maßnahmen (z. B. Forschungsvorhaben, Service-
und Kommunikationsmaßnahmen). Dazu sollten im NRVP 2020 verbindliche
langfristige Aussagen zur Finanzierung und Verstetigung der Mittel getroffen
werden. In diesem Kontext ist es dringend erforderlich, auch den Finanzierungs-
bedarf der Radverkehrsförderung durch den Bund pro Einwohner und Jahr zu
ermitteln. Momentan stellt die Bundesregierung jährlich weniger als 1 Euro pro
Einwohner für den Radverkehr zur Verfügung, während sie den Städten und
Gemeinden empfiehlt, Beträge von 8 bis 19 Euro pro Einwohner für den Rad-
verkehr zu investieren.

Dem Ausbau und Erhalt der Radverkehrsinfrastruktur ist im NRVP 2020
höchste Priorität einzuräumen. Der NRVP 2020 sollte ein klares Bekenntnis des
Bundes zum kontinuierlichen Ausbau der Radwege an Bundesstraßen und Was-
serstraßen enthalten, da diese von großer Bedeutung für die Schaffung eines zu-
sammenhängenden bundesweiten Radverkehrsnetzes sind. Ferner ist es erfor-
derlich, dass der Bund die Länder und Kommunen beim Ausbau der
Radverkehrsinfrastruktur durch die Förderung von innovativen Modellprojek-
ten, sogenannte Leuchtturmprojekte (z. B. für Radschnellwege, Fahrradabstell-
anlagen, Ortsdurchfahrten) kontinuierlich unterstützt. Dafür sind klare Aussa-
gen zum zeitlichen und finanziellen Umfang dieser Maßnahmen im NRVP 2020
zu treffen.

Damit der Radverkehr seine Potenziale als ressourcenschonendes und umwelt-
freundliches Verkehrsmittel nutzen kann, sind entsprechende sichere Verkehrs-
anlagen erforderlich, die auch der zunehmenden Zahl an Pedelecs und Lasten-
fahrrädern gerecht werden. Diese Problematik sollte der NRVP 2020 deutlich
herausarbeiten. Die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010) der
Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V. sind das zentrale
Regelwerk für den Radverkehr (u. a. Führungsform, Dimensionierung, Herstel-
len von Sichtkontakt). Insbesondere um die Verkehrssicherheit und den Fahr-
komfort im Radverkehr zu verbessern, sollte der NRVP 2020 festlegen, dass die
systematische Anwendung der ERA 2010 sowie anderer relevanter Regelwerke
auf allen Ebenen die grundlegende Bedingung für die Mittelbereitstellung zum
Bau und Ausbau von Radverkehrsanlagen ist.

Die Verkehrssicherheit im Radverkehr ist in hohem Maße abhängig vom
Zustand der Infrastruktur und dem örtlichen Geschwindigkeitsniveau. Zahlrei-
che Regelverstöße und Unfälle sind darin begründet, dass dem Radverkehr nicht
genug Raum im Straßenverkehr eingeräumt wird. Statt die Hauptverantwortung
für mehr Sicherheit im Radverkehr vor allem den Radfahrenden zu überlassen
und eine Helmpflicht und Bußgelderhöhungen zu diskutieren, sollte der NRVP
2020 ein stärkeres Bewusstsein dafür schaffen, dass die Verkehrssicherheit, ins-
besondere von ungeschützten Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmern, Vor-
rang haben muss. Rund 75 Prozent der Zusammenstöße zwischen Radfahrenden
und Kraftfahrzeugen werden durch Autofahrerinnen und Autofahrer verursacht.

Die überwiegend Geschädigten sind Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer.
Betroffen sind mit steigenden Unfallzahlen besonders ältere Menschen über

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/11357

65 Jahre. Um die Radverkehrssicherheit deutlich zu erhöhen, muss der NRVP
2020 konkrete Maßnahmen und Zielvorgaben zur Senkung und Vermeidung von
Radverkehrsunfällen festlegen. Der im Regierungsprogramm hergestellte Be-
zug zum Nationalen Verkehrssicherheitsprogramm 2011 ist dafür unzureichend,
da dieses keine konkreten Ziele für die Senkung von Unfällen in einzelnen Ver-
kehrsbereichen ausweist. Zudem sollte der NRVP 2020 den Beschluss des
Europäischen Parlaments aufgreifen, der den Kommunen ausdrücklich die Ein-
führung von Tempo 30 als innerstädtische Regelgeschwindigkeit als wirkungs-
volle Präventionsmaßnahme zum Schutz der ungeschützten Verkehrsteilnehme-
rinnen und -teilnehmern empfiehlt.

Es ist begrüßenswert, dass sich der NRVP 2020 für eine umfassende Mobilitäts-
und Verkehrserziehung für alle Generationen auch im Bereich Radverkehr aus-
spricht. Die von der Bundesregierung im NRVP 2020 angekündigte verstärkte
Bereitstellung von diesbezüglichen Informationsmaterialien und Kampagnen
benötigen jedoch auch eine angemessenen Finanzierung. Angesichts der erheb-
lichen Mittelkürzungen im Radverkehr ist dies wenig glaubwürdig.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

den vom Bundeskabinett beschlossenen NRVP 2020 folgendermaßen zu über-
arbeiten:

– Der NRVP 2020 legt verbindliche Lang- und Mittelfristziele fest, und be-
nennt konkret, welche Maßnahmen dazu bis wann von welcher Akteursebene
(Bund, Länder, Gemeinden, Verbände) ergriffen werden sollen. Der Erfolg
dieser Maßnahmen wird systematisch evaluiert.

– Der NRVP 2020 legt fest, dass der Radverkehrsanteil an allen Wegen in
Deutschland (Modal Split) bis 2020 auf mindestens 20 Prozent ansteigen soll.
Analog dazu werden die Länder und Kommunen aufgefordert, ebenfalls ent-
sprechende konkrete Zielvorgaben zu definieren.

– Der NRVP 2020 definiert, welche konkreten Maßnahmen in Zusammenarbeit
mit den anderen Ministerien und anderen politischen Programmen der Bun-
desregierung zur Radverkehrsförderung umgesetzt werden sollen, insbeson-
dere im Rahmen der Gesundheitsförderung, der Nachhaltigkeitsstrategie, der
Energie- und Kraftstoffstrategie sowie bei der Förderung von elektrisch
unterstützten Fahrrädern (Pedelecs).

– Die Bundeshaushaltsmittel für den Bau von Radwegen entlang von Bundes-
straßen werden auf mindestens 100 Mio. Euro pro Jahr erhöht und verstetigt.

– Die Förderung nichtinvestiver Maßnahmen wird insbesondere in Hinblick
auf die Weiterentwicklung des NRVP, den Forschungsbedarf im Bereich
Radverkehr sowie zur kontinuierlichen Fortführung der Fahrradakademie als
zentrales Instrument für Kommunen auf mindestens 5 Mio. Euro jährlich er-
höht.

– Der NRVP 2020 bekennt sich eindeutig zur Schaffung eines flächendecken-
den integrierten Radverkehrsnetzes in Deutschland. Der Bund unterstützt die
Länder und Gemeinden beim Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur durch die
kontinuierliche Finanzierung von innovativen Modellprojekten, sogenannten
Leuchtturmprojekten (z. B. mit den Inhalten Radschnellwege, Fahrradabstell-
anlagen, Ortsdurchfahrten, Lastenräder sowie bundesweite Imagekampag-
nen). Dazu richtet der Bund eine Bundesstiftung „FahrRad“ mit einem Start-
kapital von 15 Mio. Euro ein.

– Zur Koordinierung der bundesweiten Aktivitäten zur Stärkung des Rad-
verkehrs wird im BMVBS ein eigenständiges Radverkehrsreferat eingerich-

tet und angemessen personell ausgestattet.

Drucksache 17/11357 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

– Zur Verbesserung der Verkehrssicherheit des Radverkehrs schafft der Bund
die rechtlichen Voraussetzungen dafür, dass die Restriktionen in der Straßen-
verkehrs-Ordnung für Kommunen abgeschafft werden, Tempo 30 als inner-
örtliche Regelgeschwindigkeit anzuordnen.

– Der NRVP 2020 legt verbindlich fest, dass die Einhaltung der ERA 2010 und
anderer relevanter Regelwerke Voraussetzung für die finanzielle Förderung
der Radverkehrsinfrastruktur ist.

Berlin, den 6. November 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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