BT-Drucksache 17/11229

zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Tom Koenigs, Ute Koczy, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/9567 - Soziale und ökologische Offenlegungspflichten für Unternehmen regeln

Vom 25. Oktober 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11229
17. Wahlperiode 25. 10. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (17. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Tom Koenigs, Ute Koczy,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/9567 –

Soziale und ökologische Offenlegungspflichten für Unternehmen regeln

A. Problem

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert in ihrem Antrag die Bundes-
regierung auf, Unternehmen gesetzlich zu verpflichten, Informationen zu sozia-
len und ökologischen Aspekten ihrer Geschäftstätigkeit zu veröffentlichen und
dabei zu prüfen, inwieweit insbesondere Informationen in Bezug auf Menschen-
rechte, Umwelt- und Klimaschutz und zur sozialen Sicherung für jedes Land
veröffentlicht werden können. Informiert werden soll dabei auch über Zuliefe-
rer, Produktherkunft und -lebenszyklus, Handelsstrukturen, Produktionsstand-
orte und Produktionsbedingungen in den Zuliefererbetrieben sowie im Falle
rohstofffördernder Unternehmen die Mengen geförderter Rohstoffe sowie die
Höhe von Förderlizenzen. Die Regierung soll ferner prüfen, inwieweit Sanktio-
nen für den Fall von Verstößen gegen die Offenlegungspflichten festgelegt wer-
den können. Auf internationaler Ebene soll sich die Bundesregierung dem Wil-
len der Fraktion zufolge für umfassende Offenlegungspflichten weltweit
einsetzen und dadurch zur Schaffung eines globalen Standards für Transparenz
und sozial und ökologisch verträgliches Wirtschaften beitragen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

Drucksache 17/11229 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Keiner.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Keiner.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Keine.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Keiner.

F. Weitere Kosten

Keine.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11229

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/9567 abzulehnen.

Berlin, den 26. September 2012

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

Tom Koenigs
Vorsitzender

Jürgen Klimke
Berichterstatter

Ullrich Meßmer
Berichterstatter

Annette Groth
Berichterstatterin

Serkan Tören
Berichterstatter

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

den. Es sei auch im Interesse der Betriebe, eine klare Über-
sicht über ökologische und sozialpolitische Bedingungen

tuation der Menschenrechte verbessern wolle. Der Antrag
sehe ausdrücklich ein Verbraucherinformationsrecht vor,
ihrer Geschäftstätigkeit zu haben. Transparenz des Handelns
des Staates und von Unternehmen im Hinblick auf die so-
zialen und ökologischen Auswirkungen ihres Handelns sei
notwendige Voraussetzung für die Meinungs- und Willens-

sodass man Auskünfte von Unternehmen verlangen könne.
Eine andere rechtliche Frage sei die der Unternehmenshaf-
tung für Menschenrechtsverletzungen, die sie verschuldet
haben. Das gehe über das von Zulieferern hinaus. Da müsse
Drucksache 17/11229 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Jürgen Klimke, Ullrich Meßmer, Annette Groth, Serkan
Tören und Volker Beck (Köln)

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/9567 in seiner 178. Sitzung am 10. Mai 2012 beraten und
an den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
zur federführenden Beratung und an den Rechtsausschuss,
den Finanzausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie, den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz, den Ausschuss für Arbeit und So-
ziales, den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit, den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenar-
beit und Entwicklung und an den Ausschuss für die
Angelegenheiten der Europäischen Union zur Mitberatung
überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert in ihrem
Antrag die Bundesregierung auf, Unternehmen gesetzlich zu
verpflichten, Informationen zu sozialen und ökologischen
Aspekten ihrer Geschäftstätigkeit zu veröffentlichen und da-
bei zu prüfen, inwieweit insbesondere Informationen in Be-
zug auf Menschenrechte, Umwelt- und Klimaschutz und zur
sozialen Sicherung für jedes Land veröffentlicht werden
können. Informiert werden soll dabei auch über Zulieferer,
Produktherkunft und -lebenszyklus, Handelsstrukturen, Pro-
duktionsstandorte und Produktionsbedingungen in den Zu-
liefererbetrieben sowie im Falle rohstofffördernder Unter-
nehmen die Mengen geförderter Rohstoffe sowie die Höhe
von Förderlizenzen. Die Regierung soll ferner prüfen, inwie-
weit Sanktionen für den Fall von Verstößen gegen die Offen-
legungspflichten festgelegt werden können. Auf internatio-
naler Ebene soll sich die Bundesregierung dem Willen der
Fraktion zufolge für umfassende Offenlegungspflichten
weltweit einsetzen und dadurch zur Schaffung eines globa-
len Standards für Transparenz und sozial und ökologisch
verträgliches Wirtschaften beitragen.

Die Fraktion erläutert in ihrem Antrag, dass die bisherigen
Berichtspflichten nach deutschem und EU-Recht nicht aus-
reichend seien, um konkrete und verbindliche Berichte über
die sozialen und ökologischen Bedingungen der Geschäfts-
tätigkeit von Unternehmen zu gewährleisten. Auch im Inte-
resse gleicher Wettbewerbsbedingungen sei eine gesetzliche
Offenlegungspflicht zu nicht finanziellen Leistungsindikato-
ren notwendig. Bisherige Argumente gegen die Offenle-
gungspflicht bezögen sich im Wesentlichen auf Kosten und
Verwaltungsaufwand. Diese seien in vielen Fällen jedoch
nicht stichhaltig, da die relevanten Daten von der überwie-
genden Anzahl der Unternehmen bereits jetzt erhoben wür-

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Rechtsausschuss hat den Antrag auf Drucksache 17/9567
in seiner 92. Sitzung und der Ausschuss für Wirtschaft
und Technologie in seiner 77. Sitzung am 26. September
2012 beraten. Beide Ausschüsse empfehlen mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stim-
men der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD Ab-
lehnung.

Der Finanzausschuss hat den Antrag auf Drucksache 17/9567
in seiner 99. Sitzung, der Ausschuss für Ernährung, Land-
wirtschaft und Verbraucherschutz in seiner 75. Sitzung,
der Ausschuss für Arbeit und Soziales in seiner 108. Sit-
zung, der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Re-
aktorsicherheit in seiner 78. Sitzung, der Ausschuss für
die Angelegenheiten der Europäischen Union in seiner
72. Sitzung und der Ausschuss für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung in seiner 65. Sitzung am
26. September 2012 beraten. Sie empfehlen mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stim-
men der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN Ablehnung.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat den Antrag in seiner 66. Sitzung am 26. September 2012
beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den
Antrag abzulehnen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärte, man
wolle mit diesem Antrag die bisherigen freiwilligen Rege-
lungen verbindlich machen, so dass es zu klaren Berichten
komme bezüglich der Menschenrechtssituation und der öko-
logischen Standards für Unternehmen. Es gehe auch darum,
faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, weil einige Un-
ternehmen an Vorgaben hielten, andere aber nicht. Das ver-
zerre den Wettbewerb. Gerade im Bereich Menschenrechte
und Wirtschaft sei es wichtig, voranzukommen. Es gebe vie-
le Vorfälle, über die berichtet werde, zum Beispiel die Pro-
blematik der Textilindustrie in Südindien, wo europäische
Unternehmen wie H&M einkauften bei Unternehmen, die
Sklavenarbeit von jungen Mädchen nutzten. Das werde dem
Verbraucher aber nicht offengelegt und sei von außen nicht
erkennbar. Dies mache deutlich, wie wichtig eine Offenle-
gungspflicht für die Art der Produktion sei, wenn man die Si-
bildung und die demokratische Kontrolle in einem lebendi-
gen demokratischen Rechtsstaat.

man an anderer Stelle drüber reden. Nicht jedes Instrument
sei zu jeder Materie das richtige Werkzeug. Wichtig sei hier

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/11229

der Informationsanspruch. Wenn die Verbraucher ein Be-
wusstsein für die Produktionsprozesse entwickelten, könn-
ten sie gegenwärtig nichts damit anfangen, da sie entweder
die Informationen nicht bekämen oder beliebig belogen wür-
den. So habe zum Beispiel Lidl vor einiger Zeit in seiner Pro-
duktpalette Produkte gehabt, die ausdrücklich damit bewor-
ben wurden, dass sie „ohne Kinderarbeit hergestellt“ worden
seien. Eine Verbraucherschutzorganisation sei dem nachge-
gangen und habe nachgewiesen, dass das Produkt durchaus
mit Kinderarbeit hergestellt worden sei. Im Rahmen der
Freiwilligkeit bleibe das Lügen aber ohne Konsequenz und
der Verbraucher, der bewusst handeln wolle und bereit sei,
für Produkte ohne Kinderarbeit 10 bis 20 Prozent mehr zu
bezahlen, werde in seinen Handlungsmöglichkeiten und
seinem Wunsch, sich ethisch vernünftig zu verhalten, ein-
geschränkt. Auch bei H&M habe es umfangreiche Schiffs-
lieferlisten aus den einschlägigen Unternehmen und Gebie-
ten, gegeben, wo Mädchen Jahre lang in Sklavenarbeit
gesteckt würden. H&M sage seinen Kunden aber nicht, wel-
che Produkte dies sind und wie sie hergestellt wurden. Da
gebe es keine Lüge, sondern einfach keine Information. Des-
wegen sei es wichtig, mehr Transparenz zu schaffen. An-
sonsten sei das Reden über die Unternehmensverantwortung
auf freiwilliger Basis letztendlich auch leeres Gewäsch, im
Zweifelsfall sogar Betrug am Verbraucher und nicht nur an
den Menschen, deren Menschenrechte bei der Herstellung
mit Füßen getreten wurden.

Die Fraktion der CDU/CSU verwies auf den Parlamentari-
schen Beirat für nachhaltige Entwicklung, der sich in der
Vergangenheit bereits mehrfach mit den Möglichkeiten einer
Verbesserung der Nachhaltigkeitsberichterstattung befasst
habe. Konkret sei es dabei um den vom Rat für nachhaltige
Entwicklung entwikkelten deutschen Nachhaltigkeitskodex
gegangen. Anliegen des Rates sei es, mit dem deutschen
Nachhaltigkeitskodex die Nachhaltigkeitssätze von Unter-
nehmen sichtbar und Nachhaltigkeit zu einer wirkungsvollen
Orientierung für die gesamte Wirtschaft und den Kapital-
markt zu machen. Die von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN geforderte Nachhaltigkeitsberichterstattung gebe
es also bereits in Deutschland, wenn auch auf freiwilliger
Basis. Darauf werde im Antrag aber nicht hingewiesen. Vor
dem Hintergrund des deutschen Nachhaltigkeitskodex habe
man sich eindeutig dafür ausgesprochen, dass die Nachhal-
tigkeitsberichterstattung eine freiwillige Angelegenheit der
Unternehmen sei und auch bleiben solle. Nachhaltigkeit
könne nicht verordnet werden. Vielmehr sei es wichtig, dass
Unternehmen, egal wie groß sie sind, erkennen, dass sie hier-
mit auch auf sich selbst aufmerksam machen können, auf ih-
re Produkte, auf ihre Verantwortung. Vor dem Hintergrund,
dass es im Bereich nachhaltige Entwicklung oder Nachhal-
tigkeit keinen Gleichklang der Elemente Ökonomie, Ökolo-
gie und Soziales gebe, wäre eine Berichtspflicht zudem pro-
blematisch, da nicht klar erkennbar wäre, ab welchem Punkt
ein Unternehmen nicht mehr nachhaltig oder doch nachhal-
tig sei. Die Fraktion der CDU/CSU ziehe daher eine freiwil-
lige Berichterstattung vor. Mit einer Berichtspflicht bestehe
zudem die Gefahr, dass ein neuer Papiertiger geschaffen
werde – dies sagten zum Beispiel die Kammern – der dann
abgearbeitet werden müsse. Effektiver sei deshalb die frei-
willige Basis, da die Unternehmen dann auch voller Über-

Überforderung von Unternehmen und eine problematische
Wettbewerbssituation, also Wettbewerbsnachteile, wenn
zum Beispiel die Produktionsbedingungen auch der Zuliefer-
unternehmen offengelegt werden müssen. Damit seien Kos-
ten verbunden. Zudem seien die Bedingungen schwer zu
kontrollieren. Das bringe so lange Wettbewerbsnachteile mit
sich, wie der deutsche und europäische Verbraucher für diese
Fragen noch nicht genügend sensibilisiert ist. Man brauche
zunächst eine gesamtwirtschaftliche Diskussion über diese
Verhaltensweisen der Verbraucher, was soziale Verantwor-
tung betreffe, was auch die Textilproduktion in Entwick-
lungsländern betreffe und ihren sozialen Hintergrund. Wenn
der Verbraucher dann wisse, dieses oder jenes sei unsozial
oder sozial produziert, könne er sich entscheiden, welches
Produkt er kaufen wolle. Grundsätzlich halte man in man-
chen Punkten im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit,
zum Beispiel bei Zahlungen von Rohstoffkonzernen an aus-
ländische Regierungen, eine Berichtspflicht für grundsätz-
lich sinnvoll, aber aus Wettbewerbsgründen glaube man,
dass man das nur auf europäischer Ebene tun solle. Die EU-
Kommission hat dies ja im Bereich von Zahlungen der Roh-
stoffkonzerne an ausländische Regierungen bereits vor-
geschlagen. Als Entwicklungspolitiker finde ich, dass man
darüber zumindest nachdenken sollte. Entsprechend dem
gültigen Wettbewerbsrecht seien unwahre Behauptungen un-
wahre Behauptungen und die Unternehmen seien gehalten,
zutreffende Informationen über deren Produkte und deren
Herstellung weiter zu geben. Wer lüge, auch in der öffent-
lichen Darstellung seiner Produkte, dem könne man zu Leibe
rücken. Den Antrag lehne man deshalb ab.

Die Fraktion der FDP betonte, der Antrag setze eher auf ein
Sanktionssystem während die Liberalen ein Freiwilligkeits-
system befürworteten, das dann auch zu einer Akzeptanz bei
den Unternehmen führe. Freiwilligkeit sei der richtige Weg.
Mit einem Sanktionssystem schrecke man Unternehmen und
Verbraucher eher ab. Deshalb lehne man den Antrag ab. Seit
dem 6. Oktober 2010 habe die Bundesregierung auch eine
Strategie vorgelegt und entsprechend für ein Förder- und
Qualifizierungsprogramm bis zu 36 Mio. Euro bereitgestellt.
Das seien Maßnahmen, mit denen man mittelständische und
kleinere Unternehmen für das Mitmachen gewinne.

Die Fraktion der SPD legte dar, die Verbraucher würden
nicht verunsichert, sondern sie würden öfter aufgeschreckt,
wenn sie Berichte hören über die Arbeitsbedingungen und
die Bereiche, die große Konzerne teilweise nutzen, um ihre
Produkte anzubieten. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN habe das Problem mit H&M bereits angespro-
chen. Und auch die Frage der Freiwilligkeit sei schon ange-
sprochen worden. Man sei selbstverständlich dafür, auch die
Freiwilligkeit zu fördern und zu entwickeln, aber wenn man
sich die in Europa definierten großen Betriebe, die eine An-
zahl von rund 42 000 ausmachen, ansehe, sehe man, dass
sich von diesen nur rund 2 500 an der freiwilligen Veröffent-
lichung und der entsprechenden Richtlinie beteiligen. Man
würde also die gutwilligen Unternehmen vor Wettbewerbs-
nachteilen schützen, wenn man die übrigen 40 000 Betriebe
dazu bekommen könnte, ebenfalls in den Geschäftsberichten
über ihre Nachhaltigkeit zu berichten. Es gehe in dem Antrag
nicht darum, alles nur sanktionsbewehrt zu machen, sondern
zunächst die Berichtspflicht im Rahmen der Geschäftsbe-
zeugung über das berichteten, was sie im Rahmen ihrer

Verantwortung gemacht haben. Ansonsten gebe es eine richterstattung der Unternehmen zu erweitern. Die deutsche
Bundesregierung handhabe dies bereits gemeinsam mit der

Berichterstatter Berichterstatter Berichterstatterin

Serkan Tören
Berichterstatter

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter
Drucksache 17/11229 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

britischen und französischen, so dass es nur logisch wäre,
wenn es diese Transparenz auch innerhalb der Wirtschaft ge-
be. Man brauche Transparenz in den Bereichen Nachhaltig-
keit, Rohstoffe und Arbeitsbedingungen. In dieser Frage
sollten sich die Unternehmen nicht weiter isolieren. Im Üb-
rigen müsse die Fraktion der CDU/CSU, die den Begriff der
Nachhaltigkeit so exzessiv benutze, dann auch darlegen, was
dieser denn eigentlich bedeute. Produktion und Verbrauch
seien nur dann nachhaltig, wenn nachvollziehbar sei, dass
auch unter bestimmten Bedingungen produziert worden ist.
So sei zum Beispiel vor einer Woche bei einer Preisverlei-
hung an die Organisation „Children for a better life“ ein jun-
ger Mann aufgetreten, der eine Streichholzschachtel aufge-
macht und erklärt habe, dass in Nordindien Kinder zwölf
Stunden am Tag solche Streichholzschachteln füllen müss-
ten. Mit diesem giftigen Zeug, was vorne dran ist. Wenn dies
so ist, dann sei dies nicht nachhaltig. Es gebe aber auch keine
Sanktionen für diejenigen, die dieses Produkt verkaufen.
Auch glaube man nicht, so die Fraktion der SPD, dass es eine
Konkurrenz gebe zwischen Wettbewerbsfähigkeit und Men-
schenrechten. Und wenn es sie doch gebe, dann hätten die
Menschenrechte eindeutig immer Vorrang. Im letzten Jahr
sei eine Delegation des Ausschusses im Ost-Kongo und in
Ruanda gewesen und habe sich angeschaut, wie einfach es
eigentlich ist – durch einen sogenannten genetischen Finger-
abdruck – von der Quelle bis zum Veräußerer nachzuweisen,

woher das Produkt kommt. Das sei nicht mit hohen Kosten
belastet, sondern es sei machbar und denkbar. Man sehe des-
halb nicht, warum man die Entscheidung den Unternehmen
überlassen solle und warum man deren Akzeptanz brauche.
Im normalen deutschen Strafrecht versuche man auch nicht,
einen Täter, der das Strafgesetz nicht akzeptiert, zu überzeu-
gen, sondern er bekomme Sanktionen. Im Übrigen seien vie-
le Unternehmen schon viel weiter und sähen das als einen
positiven Standortfaktor. Die Amerikaner machten es den
Europäern vor. Was dort in dieser freiesten Markwirtschaft,
die man sich überhaupt vorstellen könne, passiere, um zu un-
tersagen und zu sanktionieren, sei beispielhaft. Ohne einen
gewissen Zwang und ohne eine gewisse Androhung von
Sanktionen werde man dieses Problem der nachhaltigen Pro-
duktion für die Menschen, insbesondere in den Herkunfts-
ländern, nicht in den Griff bekommen. Dem Antrag werde
man deshalb zustimmen.

Die Fraktion DIE LINKE. führte aus, sie finde den Antrag
sehr gut und werde ebenfalls zustimmen. Es sei aber bedau-
erlich, dass darin nicht gefordert werde, eine Verbandsklage
im Hinblick auf menschenrechteverletzende Unternehmen
einzuführen oder anzustreben. Nur wenn es gelinge, Unter-
nehmen, die gegen internationale Standards verstoßen auch
zur Rechenschaft zu ziehen, könne den Betroffenen direkt
geholfen werden.

Berlin, den 26. September 2012

Jürgen Klimke Ullrich Meßmer Annette Groth

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