BT-Drucksache 17/11125

zu dem Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Memet Kilic, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/9174 - Flughafenasylverfahren abschaffen

Vom 22. Oktober 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11125
17. Wahlperiode 22. 10. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln),
Memet Kilic, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/9174 –

Flughafenasylverfahren abschaffen

A. Problem

Die Antragsteller kritisieren das in § 18a des Asylverfahrensgesetzes geregelte
Flughafenverfahren. Gravierende menschliche Härten und substanzielle rechts-
staatliche Defizite, wie auch die seit Einführung dieses Sonderverfahrens deut-
lich zurückgegangenen Flüchtlingszahlen, sprächen für seine Abschaffung. Zu-
dem sei das deutsche Verfahren nicht mit den zwischenzeitlich weiterentwickel-
ten europäischen Verpflichtungen zum internationalen Schutz vereinbar.

Mit dem Antrag soll die Bundesregierung daher aufgefordert werden, einen Ge-
setzentwurf zur Abschaffung des Flughafenasylverfahrens vorzulegen und die
entsprechenden Vorbehalte gegen Vorschläge der Europäischen Kommission
zur Änderung der Aufnahme- und der Verfahrensrichtlinie nicht aufrechtzuer-
halten.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD.

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 17/11125 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/9174 abzulehnen.

Berlin, den 17. Oktober 2012

Der Innenausschuss

Wolfgang Bosbach
Vorsitzender

Reinhard Grindel
Berichterstatter

Rüdiger Veit
Berichterstatter

Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Wolfgang Wieland
Berichterstatter

lichkeit erkennen, nicht über Griechenland, sondern direkt
nach Deutschland zu kommen. Es gebe viele Kommunen,

Flughafenasylverfahren als Extreminstrument müsse abge-
schafft werden. Es sei von Anfang an umstritten und den
auch reihenweise von der SPD geführte, die händeringend
bäten, die Probleme auch im Hinblick zur Visafreiheit zu
lösen. Sie hätten zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge einfach
keine Kapazitäten mehr. Wenn die Fälle langer Haftzeiten

Bürgerrechtsorganisationen und Flüchtlingsorganisationen
mit gutem Grund immer ein Dorn im Auge gewesen. Von
den Zahlen her sei es ebenfalls in keiner Weise mehr begrün-
det. Während im Jahr 1995 noch 4 590 Personen im Flugha-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11125

Bericht der Abgeordneten Reinhard Grindel, Rüdiger Veit, Hartfrid Wolff
(Rems- Murr), Ulla Jelpke und Wolfgang Wieland

I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 17/9174 wurde in der 175. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 26. April 2012 an den
Innenausschuss federführend sowie an den Rechtsausschuss,
den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend,
den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
und den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-
schen Union zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Rechtsausschuss hat in seiner 92. Sitzung am 26. Sep-
tember 2012 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der SPD empfohlen, den Antrag abzulehnen.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat in seiner 75. Sitzung am 26. September 2012 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD
die Ablehnung des Antrags empfohlen.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat in seiner 66. Sitzung am 26. September 2012 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag abzulehnen.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat in seiner 72. Sitzung am 26. September 2012 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags
empfohlen.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat den Antrag in seiner 81. Sitzung am
17. Oktober 2012 abschließend beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der
SPD die Ablehnung des Antrags.

Die Fraktion der CDU/CSU verweist auf die Zahlen des
Jahres 2010 und jetzt. Diese zeigten, dass man in einer völlig
anderen Situation sei. Ohne solch ein Verfahren würden
Schlepper, Schleuser und andere Personen sofort die Mög-

men. Die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs für Men-
schenrechte seien erfüllt, ein effektiver Rechtsschutz sei ge-
geben und werde in den neuen EU-Richtlinien noch einmal
verstärkt. Das Flughafenverfahren sei wirksam, weil Men-
schen ohne Schutzgrund eben nicht mehr in dieser Massivi-
tät über die Flughäfen einreisten.

Die Fraktion der SPD erklärt, sie werde sich wegen fort-
dauernder interner Beratungen jetzt bei diesem Antrag der
Stimme enthalten und noch in dieser Legislaturperiode einen
eigenständigen Antrag zu diesem Thema vorlegen. Bei den
Zahlen müsse der Gesamtzusammenhang gesehen werden;
im Jahr 2009 waren es 435 Personen, im Jahr 2011 waren es
wieder 819 Personen im Flughafenverfahren. Allerdings ma-
che dies deutlich, dass es keine Veranlassung gebe, dieses
Verfahren flächendeckend anzuwenden. Minderjährige dürf-
ten ohnehin nicht diesem Verfahren unterzogen werden.
Kurzum: Das Flughafenverfahren sei ein Fossil aus dem An-
fang der 90er-Jahre. Man erinnere sich an die unerträglichen
Unterbringungsbedingungen in Frankfurt/Main, die allerdings
durch die neue Unterkunft entschärft seien, trotzdem sei zu
beachten, dass nach der Rückführungsrichtlinie und europä-
ischer Betrachtung jedenfalls eine freiheitsentziehende Maß-
nahme vorliege, wenn Personen dort länger bleiben. Da gebe
es Zeiträume, die sogar über das halbe Jahr hinausgingen.

Die Fraktion der FDP lehnt den Antrag ab. Das Flughafen-
verfahren müsse so kurz wie möglich aber auch nicht unver-
hältnismäßig sein. Eine ausufernde Nutzung des Verfahrens
hätte in letzter Zeit nicht festgestellt werden können. Interes-
sant sei, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das
Flughafenverfahren abschaffen wolle, zumal sie es in ihrer
siebenjährigen Regierungszeit durchaus hätte tun können.
Dies gelte auch für die Partei DIE LINKE., die in Branden-
burg und Berlin an der Regierung beteiligt war, in Bezug zu
den geplanten und fertiggestellten Räumen für das Flug-
hafenverfahren beim Berliner Flughafen.

Die Fraktion DIE LINKE. bemerkt, seit jeher sei sie Geg-
nerin des Flughafenverfahrens. Es sei eine einmalige Ge-
schichte, dass die Bundesrepublik Deutschland ein Verfah-
ren der Inhaftierung von Menschen habe, die Asyl begehren.
Auch das aktuelle Urteil des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte äußere Zweifel an der Vereinbarkeit des
Flughafenverfahrens mit dem effektiven Rechtsschutz der
Betroffenen. Die Bundesregierung missachte aber bis jetzt
diese Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte. Auf die Vorhalte zur Regierungsbeteili-
gung in den Bundesländern Berlin und Brandenburg sei an-
zumerken, dass es sich um Bundesgesetze handele.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betont, das
angeführt werden, seien diese nicht durch das Flughafenver-
fahren, sondern durch die Abschiebehaft zustande gekom-

fenverfahren um Asyl nachsuchten, waren es im Jahr 2010
noch 736 Personen. Dieses Verfahren sei auch im Hinblick

Drucksache 17/1112 destag – 17. Wahlperiode

Berlin, den 17. Oktober 2

Reinhard Grindel
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

H. Heen
es
5 – 4 – Deutscher Bun

auf die verkürzten Fristen im Rechtsstaat ein Fremdkörper.
Man lasse die Leute aus dem Transitbereich gar nicht heraus
und lasse sie dort ihren Asylantrag stellen. Antragsteller wer-
den teilweise über 100 Tage in den Räumen des Flughafens
festgehalten. Auch Kinder und unbegleitete Minderjährige
müssen dieses Verfahren durchlaufen und werden dort unter-
gebracht.

012

Rüdiger Veit
Berichterstatter

Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Berichterstatter

Wolfgang Wieland
Berichterstatter
emann
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