BT-Drucksache 17/11101

Drogen- und Terrorismusbekämpfungsaktivitäten der US-Streitkräfte in Deutschland

Vom 18. Oktober 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11101
17. Wahlperiode 18. 10. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Paul Schäfer (Köln), Andrej Hunko, Wolfgang Gehrcke, Jan van
Aken, Christine Buchholz, Ulla Jelpke, Harald Koch, Frank Tempel, Kathrin Vogler
und der Fraktion DIE LINKE.

Drogen- und Terrorismusbekämpfungsaktivitäten der US-Streitkräfte in
Deutschland

Im Jahr 2011 wurde beim European Command (EUCOM) der US-Streitkräfte
bei Stuttgart die Dienststelle „Joint Interagency Counter Trafficking Center“
(JICTC) eingerichtet. Mit dem JICTC soll gegen alle Facetten des illegalen
Drogenhandels, inklusive Geldwäsche und Waffenhandel und damit auch ge-
gen den Terrorismus vorgegangen werden. Neben der Beteiligung anderer US-
Behörden soll auch mit „internationalen Partnern“ in Europa und Afrika zu-
sammengearbeitet werden. Sowohl die Drug Enforcement Administration, das
Federal Bureau of Investigation, die US-Zollbehörde als auch das US-Finanz-
ministerium werden Personal dafür abstellen. Über das konkrete Aufgaben-
spektrum ist wenig bekannt. Die Durchführung von Zugriffen soll in erster Li-
nie durch die zivilen Behörden erfolgen, US-Luftwaffe und Marine werden je-
doch bei der Vorbereitung helfen. Insgesamt umfasst der militärische Beitrag
des JICTC die logistische Unterstützung für amerikanische Polizeibehörden
und ihre ausländischen Partner, technische Hilfe bei der Aufklärung und Über-
wachung, Austausch von regionalen Lagekenntnissen und Ausbildungshilfen
für die Polizei- und Sicherheitskräfte der Partnerstaaten.

Der Aufbau des JICTC in Deutschland ist nur die aktuellste Maßnahme der sich
vertiefenden Kooperation zwischen deutschen und US-amerikanischen Sicher-
heitsbehörden bzw. zwischen der Europäischen Union und den USA. Bereits
seit geraumer Zeit befinden sich Angestellte des Department of Homeland Se-
curity zwecks Personenkontrollen und Überwachung des Flugverkehrs in
Deutschland. Die Öffentlichkeit wurde bislang über diese Zusammenarbeit im
Unklaren gelassen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wann und durch wen wurde die Bundesregierung über die entsprechenden
Pläne der US-Regierung zum Aufbau des JICTC informiert?

2. Welche konkreten Aufgabenbereiche für das JICTC wurden der Bundes-

regierung wann mitgeteilt?

3. Gehört nach Kenntnis der Bundesregierung zu den Aufgaben des JICTC
auch die „Bekämpfung des Terrorismus“, und wenn ja, welche Art von Ter-
rorismus ist damit gemeint, und welche Instrumente werden dazu nach
Kenntnis der Bundesregierung vom JICTC in Deutschland eingesetzt?

Drucksache 17/11101 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4. Welche Unterstützungsleistungen hat die Bundesregierung für den Aufbau
des JICTC erbracht, und in welcher Form wird sie die Arbeit des JICTC in
Zukunft unterstützen?

5. Aufgrund welcher Vereinbarungen und Verträge mit der Bundesrepublik
Deutschland wurde das JICTC in Deutschland errichtet und betrieben?

6. Wie beurteilt die Bundesregierung die Vereinbarkeit der Nutzung der den
US-Streitkräften im Rahmen des NATO-Truppenstatuts zur Verfügung ge-
stellten Liegenschaften für das JICTC bzw. polizeiliche Zwecke?

7. Welche Behörden der USA sind nach Kenntnis der Bundesregierung mit
welchen Kapazitäten am JICTC in Stuttgart beteiligt?

8. Inwieweit greift das JICTC nach Kenntnis der Bundesregierung auf frühere
in Deutschland aufgebaute polizeiliche Strukturen von US-Behörden zu-
rück?

9. Welchen Beitrag erbringen nach Kenntnis der Bundesregierung welche
Abteilungen der in Deutschland stationierten US-Streitkräfte für das
JICTC?

10. Hält die Bundesregierung eine regelmäßige Unterrichtung seitens der US-
Regierung über die Aktivitäten des JICTC in Deutschland für erforderlich,
und

a) wenn ja, in welcher Form und mit welcher Regelmäßigkeit wird die
Bundesregierung informiert,

b) wenn nicht, aus welchen Gründen hält die Bundesregierung dies nicht
für erforderlich und geboten?

11. In welcher Form und mit welcher Regelmäßigkeit wird der Deutsche Bun-
destag durch die Bundesregierung über den Aufbau und die Aktivitäten des
JICTC unterrichtet werden?

12. In welcher Form kooperieren welche deutschen Behörden mit dem JICTC,
insbesondere im Hinblick auf den Informationsaustausch, und welche Ko-
operation ist bereits erfolgt?

13. Wird die angekündigte Ausbildung der „ausländischen Partner“ beim
EUCOM erfolgen, und wenn ja, wie gewährleistet die Bundesregierung,
dass sie über den Aufenthalt von ausländischen staatlichen Funktionsträ-
gern in Deutschland informiert wird?

14. Inwieweit und in welcher Form kooperiert das JICTC in Stuttgart nach
Kenntnis der Bundesregierung mit Agenturen und anderen Einrichtungen
der Europäischen Union?

15. Inwieweit und in welcher Form kooperiert das JICTC in Stuttgart nach
Kenntnis der Bundesregierung mit Einrichtungen der EU-Mitgliedstaaten?

16. Über welche Kompetenzen für Ermittlungen und Zwangsmaßnahmen auf
deutschem Hoheitsgebiet verfügt das JICTC nach Kenntnis der Bundesre-
gierung bzw. verfügen die daran beteiligten US-Behörden?

17. Welche Maßnahmen hat das JICTC seit seinem Bestehen nach Kenntnis
der Bundesregierung durchgeführt?

18. In welcher Weise geht das JICTC nach Kenntnis der Bundesregierung ge-
gen den illegalen internationalen Drogenhandel vor, und welche Maßnah-
men betreffen speziell den deutschen Markt?

19. Inwieweit sind deutsche Ermittlungsbehörden in diese Maßnahmen einbe-
zogen oder wurden vorab informiert?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11101

20. Wie bewertet die Bundesregierung den Erfolg der JICTC-Maßnahmen im
Bereich der Drogenbekämpfung?

21. Welche weiteren Strukturen der US-Armee auf deutschem Hoheitsgebiet
sind nach Kenntnis der Bundesregierung mit Aspekten der Strafverfolgung
oder Gefahrenabwehr befasst?

22. Inwieweit ist es dem JICTC gestattet, in Deutschland Militärflugzeuge für
nicht-militärische Zwecke, die nicht im Zusammenhang mit der NATO
stehen, einzusetzen, und ist dafür ggf. eine Genehmigung durch deutsche
Behörden erforderlich?

23. Dürfen sich die Angestellten der zivilen US-Behörden in ihrer Funktion als
Mitarbeiter des JICTC nach Kenntnis der Bundesregierung auch außerhalb
der EUCOM-Liegenschaft dienstlich bewegen, und wenn ja, auf welcher
rechtlichen Grundlage und mit welchen Informationspflichten gegenüber
der Bundesregierung?

24. Ist die Beteiligung von ausländischen Streitkräften in Deutschland an der
Bekämpfung der Drogenkriminalität vereinbar mit der verfassungsrecht-
lich verankerten Zuständigkeit der Polizei für diesen Bereich?

25. Welche weiteren Strukturen bzw. Abteilungen der Customs and Border
Protection (CBP), des Immigration and Customs Enforcement (ICE), der
Transportation Security Administration (TSA), des Secret Service (USSS),
der Coast Guards (USCG), des Citizenship and Immigration Service
(USCIS), des Office of Policy, der Federal Emergency Management
Agency (FEMA), des Federal Law Enforcement Training Center (FLETC)
und des National Protection and Programs Directorate (NPPD) sind nach
Kenntnis der Bundesregierung auf deutschem Hoheitsgebiet mit Aspekten
der Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr befasst?

26. Worin besteht nach Kenntnis der Bundesregierung der Beitrag der genann-
ten Organisationen, und mit welchen deutschen Einrichtungen arbeiten
diese zusammen?

27. Wie viele Mitarbeiter des US-Department of Homeland Security (DHS)
sind nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit an Flug- und Seehäfen in
Deutschland bzw. innerhalb der Europäischen Union eingesetzt, um mit
Reiseveranstaltern zu kooperieren und beispielsweise Flugverbote zu ver-
hängen?

28. Inwieweit haben die genannten Behörden Abkommen mit Einrichtungen
der Europäischen Union geschlossen, und wie werden diese umgesetzt?

29. Welchen Inhalt hat das Abkommen zwischen dem DHS und der Europäi-
schen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen
(FRONTEX), und was ist der Stand der Verhandlungen zu dessen Umset-
zung?

30. Welche Tagesordnungen hatten die Treffen der „Security Cooperation
Group“ des DHS und des Bundesministeriums des Innern seit 2008?

31. Welche Arbeitsgruppen und Unterarbeitsgruppen existieren innerhalb der
„Security Cooperation Group“?

32. In welcher Form kooperieren das Bundeskriminalamt, das Zollkriminalamt
und das Bundesamt für Verfassungsschutz in einer „anlassbezogenen Zu-
sammenarbeit“ mit dem DHS (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine
Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 17/6654)?

33. Welche Stellen der EU bzw. Deutschlands sowie Institute und private

Firmen sind derzeit an der „U.S.-EU Cyber-Security Working Group“ be-
teiligt?

Drucksache 17/11101 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
34. Welche Treffen dieser Arbeitsgruppe sowie der Unterarbeitsgruppen zu
„Public-Private-Partnerships“, „Cyber-Incident-Management“, „Awareness
Raising“ und „Cybercrime“ haben 2011 und 2012 stattgefunden, und wel-
che Tagesordnung hatten diese?

Berlin, den 18. Oktober 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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