BT-Drucksache 17/10964

Einsätze der GSG 9 der Bundespolizei (Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/10577)

Vom 11. Oktober 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10964
17. Wahlperiode 11. 10. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, Annette Groth,
Andrej Hunko, Paul Schäfer (Köln), Frank Tempel, Kathrin Vogler und der Fraktion
DIE LINKE.

Einsätze der GSG 9 der Bundespolizei (Nachfrage zur Antwort der
Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/10877)

Die Fragesteller hatten sich in einer Kleinen Anfrage nach den Einsätzen der
GSG 9 erkundigt. Zu einer Reihe von Fragen verweigert die Bundesregierung
aber die Auskunft. Dies betrifft insbesondere Fragen zu Aus- und Fortbildungs-
maßnahmen, welche die GSG 9 anderen (ausländischen) Polizeien anbietet
bzw. den Angehörigen der GSG 9 zuteil werden. Die Bundesregierung begrün-
det dies damit, eine Beantwortung ließe Rückschlüsse auf Fähigkeiten und
Kompetenzen zu, die „eine zukünftige wirksame Bekämpfung der internationa-
len Organisierten Kriminalität und des Terrorismus unmöglich machen“ würde.

Aus Sicht der Fragesteller kann dieses Argument keine vollständige Antwort-
verweigerung begründen. Es ist aus ihrer Sicht nicht nachzuvollziehen, dass al-
leine schon die Nennung jener Länder, in denen die GSG 9 Ausbildungen
durchgeführt hat, eine Bekämpfung des Terrorismus unmöglich machen oder
sie auch nur empfindlich erschweren sollte. Die Tatsache, dass in einem be-
stimmten Land eine Ausbildung durchgeführt wurde, vermittelt schließlich
noch keinerlei Kenntnis über den Inhalt dieser Ausbildung und lässt daher
keine Rückschlüsse auf das Fähigkeitsprofil der jeweiligen ausländischen Poli-
zei sowie der GSG 9 zu. Zudem lässt die Bundesregierung nicht erkennen, dass
sie das berechtigte Interesse des Deutschen Bundestages ausreichend berück-
sichtigt hat, zu erfahren, welche ausländischen – insbesondere autoritär regier-
ten – Staaten Spezialausbildungen ihrer Sicherheitskräfte von Seiten der GSG 9
erhalten.

Nach Angaben der Bundesregierung sind drei GSG-9-Angehörige bei Einsätzen
durch Fremdeinwirkung ums Leben gekommen. Nach Medienberichten waren
es hingegen vier Tote: 1993 bei einem umstrittenen Einsatz in Bad Kleinen, bei
dem ein GSG-9-Beamter erschossen wurde, 2004 im Irak, als zwei GSG-9-Be-
amte, deren Auftrag der Schutz der deutschen Botschaft in Bagdad war, auf dem
Weg dorthin in einen Hinterhalt gerieten (Quelle u. a. www.stern.de/politik/
deutschland/todesfahrt-schily-bestaetigt-tod-der-vermissten-gsg-9-beamten-
523358.html) und 2007 in Afghanistan, als mehrere Polizisten, darunter ein

GSG-9-Angehöriger, einem IED-Anschlag (IED: Improvised Explosive Device)
zum Opfer fielen (www.bild.de/news/2007/news/merkel-leibwaechter-2325274.
bild.html).

Bei der Auflistung der Einsätze der GSG 9 im Ausland sind nach Einschätzung
der Fragesteller nicht alle Einsätze aufgeführt. So fehlt etwa jener Einsatz in
Afghanistan, bei dem ein GSG-9-Angehöriger ums Leben kam. Auch ein Ein-

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satz im Irak im Jahr 2003, der dem Schutz von Mitarbeitern der Bundesanstalt
Technisches Hilfswerk (THW) galt (www.stern.de/politik/ausland/irak-gsg9-
schuetzt-thw-arbeiter-im-irak-515127.html) ist nicht in der Antwort der Bun-
desregierung enthalten.

Ergänzend weisen die Fragesteller darauf hin, dass ein Verzicht auf die voll-
ständige Wiederholung der auf Bundestagsdrucksache 17/10578 formulierten
Fragen nicht bedeutet, dass sie mit der Begründung der Bundesregierung zur
Geheimhaltung einverstanden sind, sondern, dass sie sich eine weitere Prüfung
vorbehalten.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Im Rahmen welcher Einsätze sind die von der Bundesregierung erwähnten
drei Angehörigen der GSG 9 durch Fremdeinwirkung getötet worden (bitte
Angaben zu Zeitpunkt, Anlass und Ort des Einsatzes sowie, soweit möglich,
zur Täterschaft und den konkreten Tatbedingungen machen)?

2. Inwieweit konnten die mutmaßlichen Täter ermittelt bzw. einer Bestrafung
zugeführt werden?

3. Welcher der in der Vorbemerkung der Fragesteller aufgeführten Todesfälle
ist in der Auflistung der Bundesregierung nicht enthalten, und warum nicht?

a) War der zu Tode gekommene Beamte zum Zeitpunkt seiner Tötung nicht
bei der GSG 9 oder nicht im Dienst?

b) Inwiefern ist die von den Fragestellern angeführte Medienberichterstat-
tung zutreffend?

4. Warum fehlt in der Auflistung der Bundesregierung über Auslandseinsätze
der GSG 9 (Antwort zu Frage 2 auf Bundestagsdrucksache 17/10877)

a) ein Hinweis auf den Einsatz zum Schutz des THW im Irak 2003 und

b) ein Hinweis auf den Einsatz in Afghanistan im Jahr 2007?

5. Wer hat den Botschafterschutz in Kabul zwischen Juni 2002 und 2008 wahr-
genommen (bitte Angaben zum entsprechenden Polizeiverband bzw. Wach-
schutz machen)?

6. Welches sind die „anderen Spezialeinheiten“, die von der Bundesregierung
in ihrer Vorbemerkung auf Bundestagsdrucksache 17/10877 angesprochen
werden (bitte einzeln benennen und angeben, ob sie polizeilicher oder mili-
tärischer Natur sind), und inwiefern erlauben etwaige Rückschlüsse auf
Fähigkeiten und Vorgehensweisen der GSG 9 zugleich Rückschlüsse auf
diese „anderen Spezialeinheiten“?

7. Für Sicherheitsbehörden bzw. -einheiten welcher ausländischer Staaten hat
die GSG 9 seit ihrer Gründung Aus- und Fortbildungsmaßnahmen durchge-
führt (bitte vollständig nach jeweiligem ausländischem Staat und Jahr ange-
ben)?

Falls die Bundesregierung auch diese Frage für geheimhaltungsbedürftig
hält; inwiefern ist aus ihrer Sicht zu befürchten, dass die bloße Angabe, wel-
chem Land eine Ausbildung gewährt wurde – ohne Angaben über Ausbil-
dungsinhalt, -dauer und konkretem Empfänger der Ausbildung – Rück-
schlüsse auf Fähigkeiten und Kompetenzen der GSG 9 und anderer Spe-
zialeinheiten zulasse und die Aufgabenwahrnehmung der GSG 9 in einem
solchen Maße beeinträchtigt wäre, dass das Informationsrecht des Deut-
schen Bundestages zurücktreten muss?

a) Für welche ausländischen Kräfte wurden diese Aus- und Fortbildungen

jeweils durchgeführt?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/10964

Falls die Bundesregierung auch diese Frage für geheimhaltungsbedürf-
tig hält, inwiefern ist aus ihrer Sicht zu befürchten, dass die bloße An-
gabe, welcher ausländischen Sicherheitsbehörde bzw. Polizeieinheit
eine Ausbildung angeboten wurde – ohne Angaben zu Ausbildungs-
dauer und -inhalt – bereits geeignet ist, die Aufgabenwahrnehmung der
GSG 9 oder der jeweiligen ausländischen Einheit in einem solchen
Maße zu beeinträchtigen, dass das Informationsrecht des Deutschen
Bundestages zurücktreten muss?

b) Welche dieser ausländischen Kräfte sind Gendarmerien oder andere
Kräfte, die militärischen oder Hybridcharakter tragen bzw. dem jewei-
ligen Verteidigungs- oder Kriegsministerium unterstehen?

Falls die Bundesregierung auch diese Frage für geheimhaltungsbedürf-
tig hält, inwiefern ist aus ihrer Sicht zu befürchten, dass die bloße An-
gabe, welcher ausländischen Gendarmerie- und ähnlichen Kraft eine
Ausbildung angeboten wurde – ohne Angaben zu Ausbildungsdauer
und -inhalt – bereits geeignet ist, die Aufgabenwahrnehmung der GSG 9
oder der jeweiligen ausländischen Einheit in einem solchen Maße zu be-
einträchtigen, dass das Informationsrecht des Deutschen Bundestages
zurücktreten muss?

8. Von Sicherheitsbehörden bzw. -einheiten welcher ausländischer Staaten
sind GSG-9-Angehörige seit Gründung der GSG 9 aus- bzw. fortgebildet
worden (allfällige Antwortverweigerungen bitte wie oben erbeten ausführ-
lich begründen, auch in den nachfolgenden Unterfragen)?

a) Von welchen ausländischen Kräften wurden diese Aus- und Fortbildun-
gen jeweils durchgeführt?

b) Welche dieser ausländischen Kräfte sind Gendarmerien oder andere
Kräfte, die militärischen oder Hybridcharakter tragen bzw. dem jeweili-
gen Verteidigungs- oder Kriegsministerium unterstehen?

9. An Sicherheitsbehörden welcher Staaten wurden Angehörige der GSG 9 zu
Einsatzzwecken überstellt?

a) Welche Spezialeinheiten waren darunter?

b) Wann erfolgte der Einsatz bzw. die Einsatzvorbereitung, und wie lange
dauerte der Einsatz?

c) Was war Zweck des Einsatzes?

10. Mit Spezialeinheiten welcher Länder hat die GSG 9 gemeinsame Einsätze
durchgeführt?

a) Welche Spezialeinheiten waren dies?

b) Wann erfolgten die Einsätze?

c) Was war Zweck der Einsätze?

11. Wie wirken sich die Geheimhaltungsgrundsätze der Bundesregierung be-
züglich Aus- und Fortbildungen der GSG 9 auf ihre Antworten auf die
quartalsweisen Kleinen Anfragen der Fraktion DIE LINKE. zu Polizeiein-
sätzen im Ausland aus?

Werden Aus- und Fortbildungen der GSG 9 in diesen Antworten ver-
schwiegen, und wenn ja, warum hat die Bundesregierung hierauf nicht
schon zu einem früheren Zeitpunkt aufmerksam gemacht?

12. Verschweigt die Bundesregierung in Beantwortung der genannten Quar-
talsanfragen (ggf. weitere) Aus- und Fortbildungen, die Angehörige der

Bundespolizei, des Bundeskriminalamts oder des Zolls durchführen, und

Drucksache 17/10964 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
wenn ja, welche Einheiten sind davon betroffen, und aus welchen Gründen
erfolgt die Geheimhaltung?

13. Worauf ist die massive Erhöhung der für die GSG 9 zur Verfügung stehenden
Finanzmittel vom Jahr 2008 (3,3 Mio. Euro) zum Jahr 2010 (7,7 Mio. Euro)
und das Verharren der Mittel auf 6,5 Mio. Euro in den Jahren 2011 und 2012
zurückzuführen?

Warum ist insbesondere der Kostenfaktor für Neubeschaffungen und Ver-
brauch derart signifikant gestiegen?

14. Worauf ist die Verzögerung bei der Fertigstellung des Grundsatzpapiers zur
Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Bundespolizei (Bezug: Ant-
wort zu Frage 26) zurückzuführen, und welche Differenzen auf Seiten der
an der Fertigstellung des Papiers beteiligten Behörden sind bisher zu Tage
getreten?

15. Welche näheren Erläuterungen kann die Bundesregierung zu den „Krisen-
simulationsübungen“ in Frankreich, Italien, den Niederlanden, Deutsch-
land und Kroatien machen, an denen die Bundespolizei laut Bundesregie-
rung (Antwort auf die Schriftliche Frage 10 auf Bundestagsdrucksache 17/
10968) teilgenommen hat?

a) Wie lange dauerten die Übungen, und wo fanden diese konkret statt?

b) Welche weiteren Teilnehmer/Teilnehmerinnen haben an den Übungen
mit welchen konkreten Kräften teilgenommen?

c) Welche Kosten entstanden für die jeweiligen Übungen, und wie wurden
diese übernommen?

d) Welche Szenarien wurden für die Übungen entwickelt, und wie sollten
die Teilnehmer/Teilnehmerinnen auf diese reagieren?

Berlin, den 11. Oktober 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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