BT-Drucksache 17/10830

Zur Einschränkung der Selbstbestimmung bei HIV- und Hepatitis-C-Infektionen im Rahmen von polizeilichen Maßnahmen

Vom 25. September 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10830
17. Wahlperiode 25. 09. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Martina Bunge, Diana Golze, Yvonne
Ploetz, Harald Weinberg, Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann und der Fraktion
DIE LINKE.

Zur Einschränkung der Selbstbestimmung bei HIV- und Hepatitis-C-Infektionen im
Rahmen von polizeilichen Maßnahmen

Eine erkannte und behandelte HIV-Infektion führt heute kaum noch zu körper-
lichen Einschränkungen. Doch noch immer kommt es zu schweren Einschrän-
kungen der Selbstbestimmung von Menschen mit HIV, wenn Grundrechte ver-
letzt werden. Unwissenheit und Ängste über die Infektionskrankheit und ihre
Folgen sind trotz aller Aufklärung immer noch in weiten Teilen der Bevölkerung
verbreitet und schränken das Leben der Betroffenen ein. Das Recht auf Selbst-
bestimmung wird verletzt, wenn Menschen mit HIV nicht frei entscheiden kön-
nen, ob und wem gegenüber sie ihre Infektion offenlegen. Eine HIV-Infektion,
wie auch eine Infektion mit Hepatitis C ist mit Stigmatisierungen verbunden, die
zu gesellschaftlichen Ausschlüssen führen kann.

Im Landtag von Sachsen-Anhalt wurde am 13. Juli 2012 in erster Lesung ein
Gesetzentwurf zur Änderung des „Gesetzes zur öffentlichen Sicherheit und
Ordnung“ beraten. Hierin heißt es, dass, wenn von einer Person „eine Gefahr für
Leib oder Leben einer anderen Person ausgegangen ist“ (Drucksache 6/1253,
S. 17), es künftig möglich sei, Personen ohne deren Einwilligung auf HIV und
Hepatitis zu testen. Eine entsprechende, von einem Arzt auszuführende Unter-
suchung, soll von der Polizei angeordnet werden dürfen, bei „Gefahr in Verzug“
bzw. einer Eilbedürftigkeit auch ohne Richtervorbehalt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. In welchen Bundesländern kann es nach Kenntnis der Bundesregierung im
Rahmen einer polizeilichen Maßnahme zu einer zwangsweisen Testung auf
Infektionskrankheiten kommen?

2. Inwiefern werden Polizeibeamte nach Kenntnis der Bundesregierung über
Infektionswege und -risiken zu Hepatitis C und HIV informiert?

3. Inwiefern kann durch einen nachträglichen HIV-Test, der von einer Person
genommen wurde, von der „eine Gefahr für Leib oder Leben einer anderen
Person ausgegangen ist“, die Übertragung einer HIV-Infektion gemindert

werden (unter Berücksichtigung des „diagnostischen Fenster“ von drei Mo-
naten bis zur Nachweisbarkeit einer HIV-Infektion)?

4. Wann und unter welchen Umständen wird Polizeibeamten nach Kenntnis der
Bundesregierung zu einer HIV-Postexpositionsprophylaxe (PEP) geraten?

Drucksache 17/10830 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Wie häufig hat nach Kenntnis der Bundesregierung eine HIV-Postexposi-
tionsprophylaxe in den letzten zehn Jahren jährlich bei Polizeibeamten statt-
gefunden (mit der Bitte um eine Abfrage bei den Bundesländern)?

5. Wie viele Polizeibeamte wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den
letzten zehn Jahren jeweils mit HIV und/oder Hepatitis C infiziert?

Wie viele Polizeibeamte wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den
letzten zehn Jahren nachweislich bei ihrer Arbeit mit HIV und/oder
Hepatitis C infiziert?

Wie viele dieser Infektionen hätten nach Kenntnis der Bundesregierung
durch zwangsweise durchgeführten Testungen auf Infektionskrankheiten
verhindert werden können?

6. Inwiefern kollidiert eine zwangsweise durchgeführte Testung auf HIV und
Hepatitis mit dem grundgesetzlichen Schutz auf Selbstbestimmung (Artikel 2
Absatz 1 des Grundgesetzes)?

7. Plant die Bundesregierung eine entsprechende Regelung zur Testung auf HIV
und Hepatitis C ohne oder mit Einwilligung auch in die Bundesgesetzgebung
zu übernehmen (bitte mit Begründung)?

Berlin, den 25. September 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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