BT-Drucksache 17/10565

Kooperationsvereinbarung zwischen der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit und dem Bundesministerium der Verteidigung

Vom 28. August 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10565 (neu)
17. Wahlperiode 28. 08. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Heike Hänsel, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, Christine
Buchholz, Sevim Dag˘delen, Dr. Diether Dehm, Annette Groth, Andrej Hunko,
Niema Movassat, Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

Kooperationsvereinbarung zwischen der Gesellschaft für Internationale
Zusammenarbeit und dem Bundesministerium der Verteidigung

Am 7. Juni 2011 schlossen die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusam-
menarbeit (GIZ) GmbH und das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg)
eine Kooperationsvereinbarung über die Zusammenarbeit im In- und Ausland
ab. Das BMVg fasste am selben Tag den Inhalt der Vereinbarung wie folgt zu-
sammen: „Wenn Entwicklungshelfer der Gesellschaft für Internationale Zusam-
menarbeit (GIZ) in Einsatzländer der Bundeswehr gehen, bekommen sie Hilfe
von den Soldaten vor Ort. Und wenn die Bundeswehr zukünftig in neue Einsatz-
länder aufbricht, können sie auf die Erfahrungen von Entwicklungshelfern zu-
rückgreifen.“

Die GIZ als Durchführungsorganisation der deutschen Entwicklungszusam-
menarbeit soll nach dem Abkommen Soldatinnen und Soldaten vor ihrem Ein-
satz in anderen Ländern länderkundlich schulen, mit dem BMVg Informationen
zu „Einsatzgebieten und Regionen bzw. Ländern, in denen die Bundeswehr
künftig voraussichtlich stärker gefordert sein wird“ austauschen sowie Liegen-
schaften der Armee im Einsatz bauen und unterhalten.

Die Kooperationsvereinbarung rief deutliche Kritik von Entwicklungsorganisa-
tionen hervor. Die zivil-militärische Zusammenarbeit, die mit dieser Vereinba-
rung verstärkt wird, birgt erhebliche Risiken für Entwicklungshelfer, die Ge-
fahr laufen, von der lokalen Bevölkerung als Bestandteil militärischer Besat-
zung bzw. als Kriegspartei wahrgenommen zu werden. Tatsächlich leisten Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeiter der GIZ unter dem Kooperationsabkommen
nolens volens einen Beitrag zur Kriegsführung.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie funktioniert der im Abkommen beschriebene „Austausch von Informa-
tionen zu Einsatzgebieten und Regionen bzw. Ländern, in denen die Bundes-
wehr künftig voraussichtlich stärker gefordert sein wird“, konkret?

2. Über welche Einsatzgebiete und Regionen bzw. Länder, „in denen die Bun-
deswehr künftig voraussichtlich stärker gefordert sein wird“, wurde sich in
diesem Rahmen zwischen der GIZ und dem BMVg bislang ausgetauscht?

3. Welche Art von Informationen ist Gegenstand dieses Austausches?

Drucksache 17/10565 (neu) – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4. Kann die Bundesregierung die Analysen und Auswertungen, die im Rahmen
der Kooperation von GIZ und BMVg erarbeitet worden sind sowie die von
der GIZ für das BMVg erstellten entwicklungspolitischen Länderprofile be-
nennen?

5. Kann die Bundesregierung die Fachveranstaltungen, die im Rahmen der
Kooperation von GIZ und BMVg bereits ausgerichtet worden bzw. in Pla-
nung sind, benennen und beschreiben?

6. Kann die Bundesregierung die Ausbildungs- und Fortbildungsmaßnahmen
zur Vorbereitung auf Auslandseinsätze bzw. in den Einsatzgebieten, die
von der GIZ im Rahmen der Kooperation mit dem BMVg durchgeführt
worden sind bzw. an denen sie beteiligt war, oder in Planung sind, benen-
nen und beschreiben?

7. An welchen Trainingsmaßnahmen des BMVg haben GIZ-Mitarbeiter und
Gutachter/Consultingmitarbeiter teilgenommen (bitte Anzahl der Mitarbei-
ter pro Maßnahme nennen und die Maßnahme kurz beschreiben)?

8. Kann die Bundesregierung die Fälle auflisten, in denen die GIZ vom
BMVg mit dem Management von Baumaßnahmen und dem Betrieb von
Liegenschaften der Bundeswehr beauftragt wurde (bitte auch das jeweilige
Auftragsvolumen nennen)?

9. Wer nutzt zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu welchem Zweck bzw. für
welche Truppengattung die Unterkünfte für Bundeswehrsoldaten, die
2010/2011 im Auftrag des Bundesamts für Wehrverwaltung von der Vor-
gängerorganisation GTZ und später GIZ an den Standorten Kundus und
Taloqan in Afghanistan gebaut wurden, und werden diese Unterkünfte
auch von Kräften der GIZ oder zu anderen Zwecken genutzt?

10. Wie hoch beläuft sich der Schaden, der durch den Abbruch der Baumaß-
nahme und notwendige Ersatz- und Übergangsmaßnahmen für die Bundes-
regierung und den Bauträger entstanden ist?

11. Kann die Bundesregierung beschreiben, auf welcher Grundlage der Bau
der oben genannten Baumaßnahme stattgefunden hat, da es zum Zeitpunkt
des Baubeginns noch keine Kooperationsvereinbarung zwischen GIZ und
BMVg gab und Maßnahmen der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit
und des BMVg de facto getrennt voneinander waren?

12. Welche Maßnahmen, die im Rahmen der Kooperation von GIZ und BMVg
durchgeführt werden, können auf die ODA-Quote (Anteil der offiziellen
Entwicklungshilfe am Bruttonationaleinkommen) angerechnet werden?

13. Kann die Bundesregierung darstellen, in welchem Umfang der in § 6 des
Abkommens angekündigte Personalaustausch sowie Hospitationen bisher
durchgeführt wurden bzw. in Planung sind (bitte konkrete Maßnahmen
nennen)?

14. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass GIZ-Mitarbeiter in Afghanistan
gleichzeitig Funktionen und Tätigkeiten bei der Bundeswehr wahrnehmen
(bitte Anzahl der betroffenen Personen und entsprechende Funktionen bei
der GIZ und der Bundeswehr benennen und beschreiben)?

15. Kann die Bundesregierung darstellen, in welchem Umfang Mitarbeiter der
GIZ und andere Entwicklungshelfer auf Logistik der Bundeswehr (u. a.
Transport von Personen und Material, ärztliche Versorgung, Feldpost, Nut-
zung von Liegenschaften der Bundeswehr) zurückgreifen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/10565 (neu)

16. Wie hoch schätzt die Bundesregierung das Risiko ein, dass Entwicklungs-
helfer durch zu große Nähe zu militärischen Einrichtungen in der lokalen
Bevölkerung als Kriegspartei bzw. Bestandteil von Besatzung wahrgenom-
men werden?

17. Auf welche Weise sind die von Entwicklungsorganisationen geäußerte Kri-
tik an dem Kooperationsabkommen und Warnungen vor einer möglichen
Gefährdung von Entwicklungshelfern in der konkreten Umsetzung des Ab-
kommens berücksichtigt worden?

18. Wie häufig fand bislang das im Abkommen (§ 7) vorgesehene Grundsatz-
gespräch statt, wer nahm daran teil, und welche Verständigung hinsichtlich
des Standes der Zusammenarbeit und deren möglicher Weiterentwicklung
wurde darin erzielt?

Berlin, den 28. August 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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