BT-Drucksache 17/10537

Wettbewerb im Postmarkt - wo bleibt die Postreform

Vom 22. August 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10537
17. Wahlperiode 22. 08. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kerstin Andreae, Dr. Tobias Lindner, Beate
Walter-Rosenheimer, Fritz Kuhn, Dr. Thomas Gambke, Elisabeth Scharfenberg
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Wettbewerb im Postmarkt – wo bleibt die Postreform

Vor 14 Jahren hat die damalige Bundesregierung beschlossen, den Postmarkt
schrittweise für Wettbewerber zu öffnen. Mit Aufhebung der Exklusivlizenz
2008 sollte der Postmarkt vollständig liberalisiert sein. Laut Bundesnetzagentur
dominiert der ehemalige Staatsmonopolist, die Deutsche Post AG, immer noch
den Briefmarkt mit einem Marktanteil von 90 Prozent. Mitbewerber kritisieren
diese Marktbeherrschung und halten die Liberalisierung deshalb für geschei-
tert.

Nach der Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) ist die Deutsche
Post AG verpflichtet, in Gemeinden mit mehr als 2 000 Einwohnern mindestens
eine stationäre Einrichtung zu stellen. Dies erfolgt zum größten Teil über eigen-
ständige Agenturen. Laut Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste e. V.
haben sich die Konditionen für Agenturbetreiber in den letzten Jahren erheblich
verschlechtert, sodass eine wirtschaftliche Nutzung zumindest in ländlichen
Randgebieten nicht mehr möglich ist. In der Folge haben sich die Öffnungs-
zeiten und Serviceleistungen dieser Agenturen verschlechtert bzw. Agenturen
konnten gar nicht mehr besetzt werden. In einzelnen Kommunen kümmern sich
notgedrungen die Gemeindeverwaltungen um die Aufrechterhaltung des Post-
betriebs.

Die Bundesregierung kündigte eine Reform des Postgesetzes noch in dieser Le-
gislaturperiode an, im März 2012 stellte das Bundesministerium für Wirtschaft
und Technologie erste Eckpunkte zur Änderung des Postgesetzes (PostG 2012)
vor. Laut Medienberichten (z. B. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12. Juli
2012) nimmt die Bundesregierung nun Abstand von der geplanten Gesetzes-
novelle.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Plant die Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode eine Änderung
des Postgesetzes?

Falls ja, wie sieht der genaue Zeitplan aus?
Fall nein, warum nicht?

2. Wie schätzt die Bundesregierung die aktuelle Wettbewerbssituation im Post-
markt ein?

Drucksache 17/10537 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
3. Teilt sie die Kritik der Mitbewerber und der Bundesnetzagentur, der Brief-
markt sei nicht offen und die Deutsche Post AG würde mit unfairen Dum-
pingpreisen agieren?

4. Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die voll-
ständige Liberalisierung im Briefmarkt durchzusetzen?

5. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um Mitbewerbern im
Postmarkt den Zugang zu postalischer Infrastruktur (z. B. Schließfächer)
zu ermöglichen bzw. zu erleichtern?

6. Welche Änderungen plant die Bundesregierung, um die Missbrauchsauf-
sicht nach § 32 PostG zu stärken?

7. Wie hoch ist die Anzahl der Agenturen (ohne die sogenannten postpoints),
die derzeit im Namen und im Auftrag der Deutschen Post AG in Deutsch-
land betrieben werden (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)?

8. Wie hoch waren die Zu- und Abgänge der Postagenturen in den vergange-
nen fünf Jahren (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)?

9. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass neue Postagenturen barrierefrei
zugänglich sind?

10. Werden die Bedingungen der PUDLV, insbesondere § 2 Absatz 1, wonach
in allen Gemeinden mit mehr als 2 000 Einwohnern mindestens eine statio-
näre Einrichtung vorhanden sein muss, ausschließlich durch die Deutsche
Post AG erfüllt?

11. Welche Gemeinden bieten derzeit selbst Postdienstleistungen an bzw. be-
teiligen sich an der Finanzierung einer Postagentur, und auf welcher
Rechtsgrundlage geschieht dies?

12. Wie beurteilt die Bundesregierung die Situation, dass sich Gemeinden an
der Finanzierung bzw. dem Betrieb einer Postagentur beteiligen, im Hin-
blick auf mögliche Wettbewerbsverzerrungen?

13. Plant die Bundesregierung vor dem Hintergrund, dass Gemeinden unter
2 000 Einwohnern derzeit keinen Anspruch auf eine stationäre Posteinrich-
tung haben, eine Änderung im Postgesetz?

14. Welche Fördermöglichkeiten von kommunalen Initiativen (siehe Frage 9)
sieht die Bundesregierung?

15. Sieht die Bundesregierung die Möglichkeit eines vereinfachten Lizenzie-
rungsverfahrens für solche Gemeinden, und wie kann diese ausgestaltet
sein?

16. Teilt die Bundesregierung die Bewertung des Bundeszentralamtes für Steu-
ern sowie der Bundesnetzagentur, dass Postzustellungsaufträge nicht umsatz-
steuerbefreit sind, da sie nicht zur Daseinsvorsorge zählen, und wie wird die
steuerliche Behandlung der Postzustellungsaufträgen derzeit in der Praxis
gehandhabt?

17. Plant die Bundesregierung die Einführung der DE-Mail als Pflichtkommu-
nikation mit bestimmten Behörden, und falls ja, wie will sie dies umsetzen?

Berlin, den 22. August 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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