BT-Drucksache 17/1053

Bildungsangebote des Bundesamtes für Verfassungsschutz

Vom 16. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1053
17. Wahlperiode 16. 03. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Petra Pau, Jens Petermann, Halina
Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Bildungsangebote des Bundesamtes für Verfassungsschutz

In der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung um Demokratiegefährdung
und antidemokratische Tendenzen in der Gesellschaft konkurrieren verschie-
dene Deutungsangebote miteinander. Während in Teilen der Sozialwissen-
schaften und von bürgerschaftlichen Gruppen vor allem Demokratieverdros-
senheit, Ausgrenzung von Minderheiten und autoritäre Tendenzen in der Mitte
der Gesellschaft als Nährboden etwa der extremen Rechten angesehen werden,
thematisieren z. B. die Verfassungsschutzbehörden vor allem die vermeint-
lichen Ränder der Gesellschaft unter dem Stichwort des Extremismus. Hier
wird eine klare Trennung zwischen den Extremen rechts und links sowie dem
so genannten Ausländerextremismus einerseits und der politischen Mitte ge-
macht. Wechselwirkungen und undemokratische Tendenzen der Mitte der Ge-
sellschaft spielen in diesen Analysen keine Rolle.

Mit Einführung der Bundesprogramme gegen Rechtsextremismus 2001 ist es
zu einem Aufschwung der Deutungsangebote zur Analyse der extremen
Rechten gekommen, die von zivilgesellschaftlichen Trägern angeboten wur-
den und die mit Erklärungsansätzen jenseits des Extremismusansatzes arbeite-
ten. Die immer stärkere Nachfrage nach diesen Angeboten hat offensichtlich
auf Seiten der Verfassungsschutzämter zu einer verstärkten eigenen Entwick-
lung von Bildungsangeboten in diesem Bereich geführt, die natürlich den Ex-
tremismusansatz zum Ausgangspunkt ihrer Analysen nehmen. Es zeichnet
sich eine Entwicklung ab, in der eine staatliche Geheimdienststelle immer
stärker versucht, die Bildungsangebote zu den so genannten Extremismusbe-
reichen zu beherrschen und so eine bestimmte Sichtweise dominant werden
zu lassen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Bildungsangebote, Vorträge, Ausstellungen etc. werden von Seiten
des Bundesamtes für Verfassungsschutz angeboten?

2. Welche pädagogischen Medien bzw. Materialien wurden bereits entwickelt
bzw. sind in Planung?
Welche Altersgruppen sollen mit diesen zu welchem Zweck erreicht werden?

Wo kommen diese bereits zum Einsatz?

3. Wie stellt sich die Nachfrage für die einzelnen Bildungsangebote, Vorträge,
Ausstellungen etc. in den letzten fünf Jahren dar, und wie stellt sich das
Verhältnis zwischen den Bereichen Rechtsextremismus, Linksextremismus,
Ausländerextremismus und Islamismus quantitativ dar?

Drucksache 17/1053 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
a) Wie oft wurde welche Ausstellung an welchen Orten gezeigt?

b) Wie oft wurde welcher Vortrag an welchen Orten gehalten?

c) Wie oft wurde welches Bildungsangebot an welchen Orten durchgeführt?

4. Welche Zielgruppen sollen mit den Bildungsangeboten des Bundesamtes für
Verfassungsschutz insgesamt erreicht werden?

5. Wer entwickelt die Bildungsangebote des Bundesamtes für Verfassungs-
schutz, und nach welchen Kriterien werden die Themen für diese Bildungs-
angebote ausgewählt?

6. Welche Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen und welche Institutionen
unterstützen das Bundesamt für Verfassungsschutz bei der Entwicklung sei-
ner Bildungsangebote?

7. Welche Rolle spielen das Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusfor-
schung e. V. und Prof. Dr. Eckhard Jesse von der Universität Chemnitz für
die Entwicklung von Bildungsangeboten für das Bundesamt für Verfas-
sungsschutz?

8. Mit welchen wissenschaftlichen Institutionen steht das Bundesamt für Ver-
fassungsschutz in einem inhaltlichen Austausch, gibt es gemeinsame Veran-
staltungen, Symposien etc. und gibt es auch einen personellen Austausch
zwischen dem Bundesamt für Verfassungsschutz und einzelnen wissen-
schaftlichen Einrichtungen?

9. Arbeitet das Bundesamt für Verfassungsschutz mit anderen Bildungsträgern
zusammen, bzw. führen andere Bildungsträger im Auftrag des Bundesamtes
für Verfassungsschutz Bildungsangebote durch, und wenn ja, welche?

10. Gibt es eine Koordinierung der Bildungsangebote zwischen dem Bundesamt
für Verfassungsschutz und den Landesämtern, und wie sieht diese Koordi-
nierung aus?

11. Gibt es eine Koordinierung der Bildungsangebote zwischen dem Bundesamt
für Verfassungsschutz und der Bundeszentrale für politische Bildung, und
wie sieht diese Koordinierung aus?

12. Welche Kosten entstehen dem Bundesamt für Verfassungsschutz jährlich für
die Entwicklung der Bildungsangebote?

13. Erhält das Bundesamt für Verfassungsschutz gesonderte Mittel aus dem
Haushalt des Bundesministeriums des Innern für die Entwicklung und
Durchführung seiner Bildungsangebote, und wenn ja, in welcher Höhe
werden gesonderte Mittel gewährt?

14. Müssen die Bildungsangebote des Bundesamtes für Verfassungsschutz von
den Nachfragern bezahlt werden, und wenn ja, welche Kosten fallen für wel-
ches Bildungsangebot an?

15. Auf welcher gesetzlichen Grundlage betätigt sich das Bundesamt für Verfas-
sungsschutz im Bereich der Fortbildungen und sieht die Bundesregierung im
Bundesverfassungsschutzgesetz einen Auftrag für solche Tätigkeiten, und
wie begründet sie ihre Auffassung?

Berlin, den 16. März 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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