BT-Drucksache 17/10527

Aussagekraft von Biomonitoring

Vom 22. August 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10527
17. Wahlperiode 22. 08. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Dr. Barbara Höll, Ralph Lenkert,
Dorothee Menzner, Sabine Stüber und der Fraktion DIE LINKE.

Aussagekraft von Biomonitoring

Von Behörden wird zur Überprüfung der Wirkung von Emissionen aus Unter-
nehmen gelegentlich auf das Instrument des Biomonitorings zur Immissions-
bewertung zurückgegriffen. Diese Verfahren sind relativ neu bzw. werden selten
eingesetzt, so dass beispielsweise Anwohnern und Anwohnerinnen unklar ist,
welchen Aussagewert Messungen mittels Biomonitoring eigentlich haben bzw.
welche Werte mit ihnen gemessen werden können. So etwa im Falle des vom
Bayerischen Landesamt für Umwelt durchgeführten Biomonitorings im Umfeld
des Recyclingbetriebs Loacker Recycling GmbH bei Wonfurt. Dort werden
nach Angaben des Landratsamts Hassberge an sechs Messpunkten um die Firma
herum extra ausgebrachte Gras- und Grünkohlkulturen dafür eingesetzt, An-
reicherungen von Schadstoffen aus der Luft, z. B. Dioxine/Furane, polychlo-
rierte Biphenyle, Flammschutzmittel sowie Schwermetalle, zu untersuchen. Die
Kulturen haben eine eigene Wasserversorgung; der sich anhaftende Staub aus
der Luft und darin enthaltene Stoffe sollen auf die Pflanzen wirken.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Sind Gras- und Grünkohlkulturen in der Lage, Dioxine/Furane, polychlo-
rierte Biphenyle, Flammschutzmittel und Schwermetalle sicher anzuzeigen,
und wenn ja, in welcher Qualität im Vergleich mit direkten aktiven tech-
nischen, also nicht biomonitoringgestützten Messungen solcher Schadstoffe
in Abluft und Staub?

2. Hält die Bundesregierung die Verwendung von Biomonitoringverfahren als
Ergänzung für die Untersuchung der Emissionen und Immissionen von
Recyclingverfahren, wie sie beim Recyclingbetrieb Loacker Recycling
GmbH bei Wonfurt eingesetzt werden, grundsätzlich für geeignet?

3. Welche einzelnen Stoffe bzw. welche Parameter an Schadstoffen können mit
diesem Verfahren grundsätzlich in welchen Massenkonzentrationen über
derartige Kulturen potenziell erfasst bzw. angezeigt werden?

4. Lassen sich aus dem über Biomonitoring gemessenen Daten eindeutige
Rückschlüsse daraus ziehen, woher die gemessenen Schadstoffe stammen?
5. Welche Staubgrößen (Grobstaub, Feinststäube etc.) bleiben gewöhnlich bei
solchen Biomonitoringverfahren an den Pflanzen haften, und welche nicht?

6. Können die anhaftenden Staubgrößen das ganze Spektrum der Schadstoffe
proportional zur Luftbelastung enthalten und an die Anzeigerpflanzen über-
geben?

Drucksache 17/10527 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
7. Werden die Schadstoffe vorwiegend über die oberirdischen Pflanzenteile
oder das Wurzelsystem inkorporiert?

8. Welche Stoffe werden dabei biologisch abgebaut, und wie wird das bei der
Auswertung berücksichtigt?

9. Werden die belasteten Pflanzen vorwiegend chemisch analytisch ausge-
wertet oder erfolgen vorwiegend biologische Bewertungen, beispielsweise
Messungen von Veränderungen der Erbsubstanz oder Schädigungen der
Zellstruktur?

10. Wie lange muss üblicherweise ein Biomonitoring, beispielsweise wie
beschrieben, durchgeführt werden, um aussagekräftige Werte zu erhalten?

11. Wo können sich Bürgerinnen und Bürger über den Aufbau und die Funk-
tionsweise von Biomonitoringverfahren informieren, bzw. welche Erfah-
rungen liegen zu diesem Verfahren vor (bitte um Auflistung von konkreten
Verfahren mit den wissenschaftlich verwertbaren Referenzen)?

12. Von welchem Institut bzw. von welchen Instituten und in wessen Auftrag
wurden solche Verfahren entwickelt?

13. Nach welchen gesetzlichen Bestimmungen und untergesetzlichen Regel-
werken werden Unternehmen, die Elektro- und Kabelschrott verwerten,
immissionsschutzrechtlich genehmigt und im Betrieb überprüft?

14. Welche Immissionsgrenzwerte bzw. Vorsorgewerte, Zielwerte und Tole-
ranzmargen sind für Schadstoffe aus dem Recycling von Elektronik- und
Kabelschrott festgesetzt, und wie werden die Ergebnisse von Biomonito-
ringmessungen in die entsprechenden gesetzlichen Grenz- und Vorsorge-
werte übersetzt?

15. Welche Anforderungen stellt die Gesetzgebung an die Verwertung von
Elektro- und Kabelschrott, um im Verwertungsprozess die Emissionen von
Schadstoffen oder Staub durch Vorschriften zur zerstörungsfreien Demon-
tage, Separierung von Abfallfraktionen, Einhausungen, Abluftmanagement
etc. sowohl für die Beschäftigten als auch für die Anwohner so weit wie
möglich zu unterbinden?

16. Wie hat sich das Volumen der Verwertung von Elektro- und Kabelschrott in
den vergangenen zehn Jahren in Deutschland entwickelt (bitte die Frak-
tionen einzeln auflisten)?

17. Hält die Bundesregierung die festgesetzten Immissionsgrenzwerte bzw.
Vorsorgewerte, Zielwerte und Toleranzmargen etc. sowie die Anforderun-
gen an Verwertungsbetriebe zur Minderung von Emissionen angesichts des
rasanten Anstiegs des Elektrorecyclings und des damit einhergehenden
wachsenden Volumens von geschreddertem Elektro- und Kabelschrott für
ausreichend?

18. Gehen Ergebnisse von Biomonitoringverfahren in die Weiterentwicklung
der Immissionsschutzgesetzgebung ein, und wenn ja, in welcher Form ist
das bislang geschehen?

19. Sind gegenwärtig Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen für das
Recycling von Elektronik- und Kabelschrott geplant, und wenn ja, welche?

Berlin, den 22. August 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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