BT-Drucksache 17/10154

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 17/9688 - Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 7. Dezember 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbelastung bei der Bankenabgabe

Vom 27. Juni 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10154
17. Wahlperiode 27. 06. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 17/9688 –

Entwurf eines Gesetzes
zu dem Abkommen vom 7. Dezember 2011
zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland
zur Vermeidung der Doppelbelastung bei der Bankenabgabe

A. Problem

Durch die im Vereinigten Königreich erhobene „Bank Levy“ und die in
Deutschland erhobenen Beiträge zum Restrukturierungsfonds kann es zu einer
Doppelbelastung für Tochtergesellschaften und Niederlassungen von in beiden
Staaten tätigen Kreditinstituten und Unternehmensgruppen kommen.

B. Lösung

Mit dem Abkommen wurde vereinbart, welcher der beiden Staaten zur Er-
hebung einer Abgabe ausschließlich oder primär berechtigt sein soll. In Fällen,
in denen eine Erhebung in beiden Staaten zulässig ist, soll eine Anrechnung der
im Staat mit dem primären Erhebungsrecht zu entrichtenden Beträge auf die in
dem Staat mit dem nachgeordneten Erhebungsrecht erhobene Abgabe erfolgen.

Mit dem vorliegenden Vertragsgesetz sollen die innerstaatlichen Voraussetzun-
gen nach Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes für die Ratifikation ge-
schaffen werden.

Annahme des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/

CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei
Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Keine.

Drucksache 17/10154 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Durch das Abkommen ergeben sich für die öffentlichen Haushalte keine nen-
nenswerten Auswirkungen. Ein verringertes Aufkommen der Mittel für den Re-
strukturierungsfonds ist möglich.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Durch die Weitergabe der Informationen zur Anrechnung der schon geleisteten
Bankenabgabe entstehen den Töchtern und Filialen von Banken aus dem Verei-
nigten Königreich Kosten von 10 000 Euro. Diesem Aufwand steht allerdings
die Entlastung im Bereich der Bankenabgabe entgegen. Die Kostenbelastung
ist nach einem standardisierten Modell der Bundesanstalt für Finanzdienstleis-
tungsaufsicht (BaFin) berechnet.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Der Verwaltung entsteht ein eindeutig zuzuordnender Erfüllungsaufwand von
31 000 Euro bei der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA),
ebenfalls berechnet nach einem standardisierten Modell. Der Aufwand entsteht
durch den Prozess, die anrechenbare Bankenabgabe festzusetzen.

F. Weitere Kosten

Keine.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/10154

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/9688 unverändert anzunehmen.

Berlin, den 27. Juni 2012

Der Finanzausschuss

Dr. Birgit Reinemund
Vorsitzende

Ralph Brinkhaus
Berichterstatter

Manfred Zöllmer
Berichterstatter

Björn Sänger
Berichterstatter

satz 1, dass bei deutschen Tochtergesellschaften britischer Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN problema-

Institute, die nicht einer Unternehmensgruppe mit einer
deutschen Muttergesellschaft angehören, die im Vereinigten
Königreich erhobene „Bank Levy“ auf die Beiträge zum

tisierte die Wirkungsweise der geplanten Regelung. Es be-
stehe die Gefahr, dass bei Wegfall der Doppelbelastung Ver-
lagerungen in das Gebiet mit der jeweils niedrigeren Ab-
Drucksache 17/10154 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Ralph Brinkhaus, Manfred Zöllmer und Björn Sänger

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf Druck-
sache 17/9688 in seiner 181. Sitzung am 24. Mai 2012 dem
Finanzausschuss zur Beratung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Im Zuge der Finanzmarktkrise, die in den Jahren 2007 bis
2009 zahlreiche Banken in finanzielle Schieflage brachte,
sah sich die öffentliche Hand in vielen Staaten gezwungen,
durch die Stabilisierung von Kreditinstituten eine Gefähr-
dung der Stabilität des Finanzsystems unter Einsatz erhebli-
cher öffentlicher Mittel abzuwenden. Infolgedessen sahen
mehrere europäische Staaten, darunter das Vereinigte Kö-
nigreich, das Bedürfnis, die Unternehmen des Bankensek-
tors durch eine besondere Abgabe an den Kosten der ver-
gangenen beziehungsweise möglicher künftiger Krisen im
Bankensektor zu beteiligen. Im Vereinigten Königreich
wurde deswegen ab dem Jahr 2011 eine für Banken gel-
tende jährliche Abgabe, die „Bank Levy“, geschaffen. In
Deutschland wurde mit dem am 31. Dezember 2010 in
Kraft getretenen Restrukturierungsfondsgesetz vom 9. De-
zember 2010 (Drucksachen 17/3024 (Gesetzentwurf der
Bundesregierung), 17/3407 (Beschlussempfehlung des Fi-
nanzausschusses), 17/3547 (Bericht des Finanzausschus-
ses), BGBl. I S. 1900 ff.) der Restrukturierungsfonds ins
Leben gerufen, dessen Mittel zur Finanzierung von künfti-
gen Restrukturierungsmaßnahmen bei systemrelevanten
Kreditinstituten bereitgehalten werden und der sich aus
jährlichen Beiträgen der deutschen Kreditwirtschaft speist.
Die Bestimmung des Anwendungsbereichs der „Bank
Levy“ im Vereinigten Königreich und von Beiträgen zum
Restrukturierungsfonds folgt unterschiedlichen Konzeptio-
nen. In Deutschland sind die Beiträge, entsprechend der auf-
sichtsrechtlichen Zuständigkeit, von den in Deutschland zu-
gelassenen Einzelinstituten zu leisten, während die Abgabe
im Vereinigten Königreich auf der Ebene der Muttergesell-
schaft von Gruppen von Finanzunternehmen sowie von Nie-
derlassungen ausländischer Banken erhoben wird. Deswe-
gen kann es bei Tochtergesellschaften und Niederlassungen
von in beiden Ländern tätigen Kreditinstituten und Unter-
nehmensgruppen zu einer Doppelbelastung mit „Bank
Levy“ und Beiträgen zum Restrukturierungsfonds kommen.

Mit dem Abkommen vom 7. Dezember 2011 wurde verein-
bart, eine Doppelbelastung der britischen und deutschen
Institute zu vermeiden, indem geregelt wird, welcher der
beiden Staaten zur Erhebung einer Abgabe ausschließlich
oder primär berechtigt sein soll. In Fällen einer doppelten
Zuständigkeit zur Erhebung soll eine Anrechnung der im
Staat mit dem primären Erhebungsrecht zu entrichtenden
Abgabe erfolgen.

Hierfür regelt der zentrale Artikel 7 des Abkommens in Ab-

abgabe ausgenommen werden. Die letztgenannte Regelung
entspreche der derzeitigen Rechtslage, nach der unselbst-
ständige Niederlassungen von EWR-Instituten in Deutsch-
land keine Beiträge zum Restrukturierungsfonds zu entrich-
ten haben.

Nach Absatz 2 sollen Beiträge zum Restrukturierungsfonds,
die von einer im Vereinigten Königreich ansässigen Toch-
tergesellschaft (Buchstabe a) oder Niederlassung eines deut-
schen Kreditinstituts (Buchstabe b) zu entrichten sind, auf
die „Bank Levy“ des Vereinigten Königreichs angerechnet
werden; im letzteren Fall soweit diese der Niederlassung zu-
geordnet werden können. Der in Absatz 2 Buchstabe a ge-
nannte Fall sei derzeit nicht relevant, da die deutsche Ban-
kenabgabe nur Institute mit Sitz in Deutschland erfasse und
im Vereinigten Königreich ansässige Tochtergesellschaften
deutscher Institute daher keine Beiträge zum Restrukturie-
rungsfonds zu leisten haben.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner
90. Sitzung am 13. Juni 2012 erstmalig beraten und in sei-
ner 93. Sitzung am 27. Juni 2012 die Beratung abgeschlos-
sen.

Der Finanzausschuss empfiehlt mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen
der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unveränderte Annahme des
Gesetzentwurfs.

Die Fraktion DIE LINKE. problematisierte, dass über-
haupt eine übermäßige Belastung der Banken mit der Ab-
gabe in Großbritannien und Deutschland angenommen
werde. Die Instrumente seien in beiden Ländern unter-
schiedlich gelagert: Während in Großbritannien die Einnah-
men aus der Abgabe in den allgemeinen Haushalt einfließen
würden, würde in Deutschland das Geld im Restrukturie-
rungsfonds als Vorsorge für spätere Krisen angesammelt.
Nach ihrer Ansicht sei die Höhe der von den Banken zu
leistenden Abgaben in beiden Ländern nicht so hoch, dass
die im Rahmen der Finanzkrise hervorgerufenen finanziel-
len Auswirkungen behoben würden. Die Fraktion DIE
LINKE. könne nicht erkennen, dass selbst in den Fällen, in
denen eine (teilweise) Doppelbelastung erfolge, eine Über-
beanspruchung der Banken vorliege. Gerade die internatio-
nal agierenden Banken hätten von Rettungspaketen in bei-
den Ländern profitiert. Man müsse sich klarmachen, dass
mit dem Gesetzentwurf vier bis fünf deutsche Banken in ei-
ner Größenordnung von ca. 100 Mio. Euro entlastet würden,
während beim Restrukturierungsfonds gleichzeitig Einnah-
meverluste von ca. 5 Mio. Euro entstehen würden.
Restrukturierungsfonds angerechnet wird und dass Be-
triebsstätten britischer Institute von der deutschen Banken-

gabe vorgenommen würden. Außerdem sei jegliche Minde-
rung der Einnahmen bei der Bankenabgabe zu hinterfragen.

land nicht zur Bankenabgabe herangezogen. Es stelle sich
die Frage, ob bei Niederlassungen von ausländischen Kre-
ditinstituten in Deutschland niemals der Fall einer Restruk-
turierung mit entsprechendem Mittelbedarf in Deutschland
auftreten könnte.

Die Bundesregierung betonte, dass der vorliegende Ge-
setzentwurf eine Zwischenlösung bis zu einer angestrebten
EU-weiten Harmonisierung darstelle. Dies entspreche Wün-
schen aus der Politik, wie sie im Finanzausschuss vorgetra-
gen worden seien, aus der Finanzindustrie und einer Emp-
fehlung des ECOFIN-Rates. Auch die Bundesländer hätten
bei den Verhandlungen zum Restrukturierungsfondsgesetz
darauf hingewirkt, dass Doppelbelastungen der Kreditins-
titute vermieden werden sollten. Die EU-Kommission habe
am 6. Juni 2012 einen Richtlinienvorschlag vorgelegt, in der
Finanzierungsmechanismen für Restrukturierungs- und
Abwicklungsmaßnahmen in Anlehnung an das deutsche
System von Restrukturierungsfonds und Bankenabgabe ent-
halten seien. Im Falle einer derartigen Harmonisierung der
Bankenabgabe auf europäischer Ebene verlöre das vorlie-
gende Abkommen seine praktische Relevanz, da es in Be-
zug auf die Beiträge zu den jeweiligen Abwicklungsfonds
nicht mehr zu Doppelbelastungen käme. Man müsse darauf
hinweisen, dass Deutschland sich für den Richtlinienvor-
schlag stark gemacht habe, der über die Frage der Doppel-
belastung bei der Bankenabgabe hinaus einen Rahmen für
die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und
Wertpapierfirmen liefere.

Derzeit werde in Deutschland die Abgabe zugunsten des
Restrukturierungsfonds nach dem Aufsichtsprinzip von
allen Instituten erhoben, die über eine Erlaubnis nach dem
Kreditwesengesetz verfügen und damit unter der Aufsicht

gen Banken führen würden.

Das nun vorliegende bilaterale Abkommen bedeute, dass
Zweigstellen deutscher Banken in London in dem Umfang
von der britischen „Bank Levy“ entlastet würden, wie der
dortigen Zweigstelle die deutsche Bankenabgabe zugerech-
net würde. Dies betreffe nur diejenigen Zweigstellen deut-
scher Banken, die über der in Großbritannien bestehenden
Freigrenze von 20 Mrd. Pfund an beitragsrelevanten Ver-
bindlichkeiten ohne Tier-1-Kapital und weitere Abzugspos-
ten liegen würden. Nach Recherche des Bundesministe-
riums der Finanzen betreffe dies vier bis fünf deutsche Ban-
ken in London. Die Einsparung dieser Banken liege im
Bereich von ca. 100 Mio. Euro. Im Gegenzug trage das Ab-
kommen dafür Sorge, dass Tochterbanken britischer Banken
in Deutschland den Betrag der in Großbritannien von der
Tochtergesellschaft erhobenen „Bank Levy“ auf ihren in
Deutschland zu entrichtenden Beitrag zum Restrukturie-
rungsfonds anrechnen könnten. Dies betreffe nur wenige
britische Tochterbanken in Deutschland und der Einnahme-
verlust zu Lasten des deutschen Restrukturierungsfonds be-
trage weniger als 5 Mio. Euro. Im Ergebnis seien also die
Einsparmöglichkeiten deutscher Banken in Großbritannien
sehr viel höher als die Einbußen des deutschen Restrukturie-
rungsfonds.

Während in Deutschland die Mittel dem Restrukturierungs-
fonds für zukünftige Krisensituationen zugeführt würden,
stünden die Mittel in Großbritannien dem allgemeinen
Staatshaushalt zur Verfügung. Dieser derzeit noch beste-
hende Unterschied sei Gegenstand der mit dem Richtlinien-
vorschlag der EU-Kommission angestrebten Harmonisie-
rung.

Berlin, den 27. Juni 2012

Ralph Brinkhaus Manfred Zöllmer Björn Sänger
Berichterstatter Berichterstatter Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/10154

Man vertrete im Übrigen den Ansatz, dass ein Restrukturie-
rungsmechanismus und eine Bankenabgabe auf europäischer
Ebene realisiert werden sollten. Außerdem sei es kritisch zu
bewerten, dass die Londoner Aktivitäten der Deutschen
Bank nicht über eine eigene Tochtergesellschaft abgewi-
ckelt würden und somit die Einlagen der Niederlassung in
London mit deutschen Sicherungssystemen abgesichert
werden müssten. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN wies auf die unterschiedlichen Konzeptionen der
Abgaben in den verschiedenen Ländern hin. Während Nie-
derlassungen deutscher Banken in Großbritannien der Ab-
gabe unterliegen würden, würden rechtlich unselbständige
Niederlassungen ausländischer Kreditinstitute in Deutsch-

der BaFin stünden. Zweigstellen von Banken anderer euro-
päischer Länder ohne rechtliche Eigenständigkeit fielen
nicht darunter, da sie unter der Aufsicht ihrer heimatlichen
Behörden stünden, die auch für alle Maßnahmen im Falle
einer Schieflage verantwortlich seien. In Großbritannien
würden die Abgaben dagegen in den allgemeinen Haushalt
einfließen. Dort würden im Rahmen einer Konzernbetrach-
tung alle in Großbritannien ansässigen Banken einschließ-
lich in- und ausländischer Tochtergesellschaften und un-
selbständiger Zweigniederlassungen ausländischer Institute
zur Veranlagung herangezogen. Aufgrund dieser nicht har-
monisierten Herangehensweisen bestünden Überlappun-
gen, die zu Doppelbelastungen bei grenzübergreifend täti-

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