BT-Drucksache 17/10110

Neue Impulse für einen wirksamen und umfassenden Schutz der Afrikanischen Elefanten

Vom 26. Juni 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10110
17. Wahlperiode 26. 06. 2012

Antrag
der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Josef Göppel, Marie-Luise Dött,
Michael Brand, Cajus Caesar, Dr. Maria Flachsbarth, Dr. Thomas Gebhart,
Michael Grosse-Brömer, Christian Hirte, Andreas Jung (Konstanz), Jens Koeppen,
Ingbert Liebing, Stefan Müller (Erlangen), Dr. Georg Nüßlein, Dr. Michael Paul,
Ulrich Petzold, Volker Kauder, Gerda Hasselfeldt und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Michael Kauch, Horst Meierhofer, Angelika Brunkhorst,
Dr. Lutz Knopek, Judith Skudelny, Rainer Brüderle und der Fraktion der FDP

Neue Impulse für einen wirksamen und umfassenden Schutz der Afrikanischen
Elefanten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Afrikanische Elefant (Loxodonta africana) war ursprünglich in Afrika weit
verbreitet. Doch Lebensraumverlust und Verfolgung führten besonders in den
70er- und 80er-Jahren zu einem starken Rückgang der Populationen. 1989
wurde die Art in Anhang I (unmittelbar bedrohte Arten) des Washingtoner
Artenschutzübereinkommens (CITES) aufgenommen und der kommerzielle
Elfenbeinhandel somit verboten. Die Situation des Afrikanischen Elefanten
stellt sich heute äußerst unterschiedlich dar: Auf der einen Seite haben sich die
Populationen – insbesondere im südlichen Afrika – auch durch gutes Manage-
ment überaus positiv entwickelt. Teilweise hat dies sogar dazu geführt, dass den
Elefanten heute in manchen Naturregionen nicht mehr genügend Platz bleibt
und diese in Siedlungsgebiete vordringen. Dies ist mit Gefahren für Leib und
Leben der einheimischen Bevölkerung verbunden. Hinzu kommen zum Teil er-
hebliche wirtschaftliche Schäden durch Zerstörung von deren Hab und Gut. In
Form von Ernteschäden ist davon besonders die kleinbäuerliche Landwirtschaft
betroffen. Auch ein nachhaltiges und effektives Parkmanagement stößt hier an
seine Grenzen.

Gleichzeitig hat auf der anderen Seite die Wilderei für den illegalen Elfenbein-
handel in einigen Regionen ein besorgniserregendes Ausmaß angenommen und
zu massiven Bestandseinbrüchen geführt. Jüngste Meldungen aus Kamerun be-
richten von über 400 Tieren, die durch bewaffnete Banden aus dem Tschad und
Sudan innerhalb kürzester Zeit getötet wurden. Dieser dramatische Fall steht

beispielhaft für die derzeit eskalierende Situation in Zentralafrika und angren-
zenden Regionen. Bereits 2011 war ein Rekordjahr bei der Beschlagnahme von
illegalem Elfenbein. Motor des eskalierten illegalen Handels ist hauptsächlich
die stark gestiegene Nachfrage nach Elfenbein auf dem asiatischen Markt. Die
Zahl der großen Beschlagnahmungen illegaler Elfenbeinlieferungen auf dem
Weg nach Ostasien nimmt seit einigen Jahren stetig zu. Sollte sich diese Ent-

Drucksache 17/10110 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

wicklung fortsetzen, muss mit dem vollständigen Verschwinden des Elefanten
in weiten Regionen Afrikas gerechnet werden.

Gesunde und tragfähige Elefantenpopulationen sind entscheidend für viele Öko-
systeme des afrikanischen Kontinents. Der Elefant leistet einen wichtigen Bei-
trag zum Erhalt der offenen Savannen Afrikas, indem er Baumbewuchs redu-
ziert und so maßgeblich zur Lebensgrundlage für zahllose weitere Arten
beiträgt. Gesunde Wildtierbestände stellen aber auch eine wesentliche Grund-
lage für die ökonomische Sicherheit vieler afrikanischer Regionen und Kommu-
nen dar und sind somit von existentieller Bedeutung für die lokale Bevölkerung.
Elefanten steigern oder schaffen erst die touristische Attraktivität vieler Regio-
nen und Nationalparks. Safaris und Wildtierbeobachtungen sind eine bedeut-
same Einnahmequelle. Weitverbreitete Wilderei kann das Tourismusgeschäft
massiv gefährden. Auch Projekten zur Armutsbekämpfung, die auf den Einnah-
men aus dem Tourismus basieren, kann dadurch die Grundlage entzogen wer-
den.

Erfolgreiche Projekte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit im Bereich
des Schutzgebietsmanagements, z. B. im Taï Nationalpark in der Elfenbein-
küste, im KAZA-„Peace Park“ im südlichen Afrika oder im „Heart of Borneo“-
Projekt in Indonesien belegen die enge Verknüpfung eines wirksamen Natur-
und Waldschutzes mit der Berücksichtigung der ökonomischen Bedürfnisse der
lokalen Bevölkerung.

Aus allen genannten Gründen steht der Afrikanische Elefant im besonderen Fo-
kus der Artenschutzbemühungen im Rahmen des Washingtoner Artenschutzab-
kommens CITES. Die stabilen Elefantenpopulationen von Botswana, Namibia,
Zimbabwe und Südafrika wurden 1997 und 2000 in Anhang II (überall schutz-
bedürftige Arten) herabgestuft und die Vertragsstaatenkonferenz (VSK) hatte
Einmalverkäufen bestimmter Lagerbestände von Elfenbein zugestimmt. An-
träge zur Herabstufung von Elefantenpopulationen verbunden mit dem Verkauf
von Elfenbein wurden von anderen Ländern wiederholt gestellt. Diese haben zu
einer Kontroverse und Spaltung zwischen den afrikanischen Staaten geführt.
Viele Staaten West-, Zentral- und Ostafrikas mit gefährdeten Elefantenbestän-
den lehnen solche Herabstufungen derzeit ab.

Deutschland hat sich als Vertragspartei von CITES immer konsequent für die
ehrgeizigen Konventionsziele und einen vorsorgenden Artenschutz eingesetzt
und dabei aktiv zwischen den Interessen der afrikanischen Staaten vermittelt.
Um die grundlegenden Probleme bei einem wirksamen und umfassenden Ele-
fantenschutz grenzüberschreitend anzugehen, haben die afrikanischen Elefan-
tenverbreitungsstaaten 2009 einen Aktionsplan für den Afrikanischen Elefanten
(African Elefant Action Plan – AEAP) verabschiedet. Wichtige Ziele des Ak-
tionsplans sind es, die Wilderei von Afrikanischen Elefanten und den illegalen
Handel mit Elefantenprodukten einzudämmen. Weiterhin soll durch den Ak-
tionsplan die Erhaltung und Vernetzung der Lebensräume, Abbau von Konflik-
ten zwischen Mensch und Elefant sowie die Verbesserung des Wissensstands ge-
fördert werden. Zur Umsetzung dieses Aktionsplans wurde 2011 unter dem
Dach des UN-Umweltprogramms (UNEP) ein Elefantenfonds eingerichtet.
Deutschland war eines der ersten Länder, das diesen Fonds finanziell unterstützt
hat, und nimmt eine führende Rolle im Lenkungsausschuss ein.

Der Deutsche Bundestag ist angesichts der dramatischen Situation und den ab-
sehbaren ökologischen, ökonomischen und sozialen Folgen stark gefährdeter
Elefantenpopulationen in vielen afrikanischen Staaten besorgt und sieht drin-
genden Handlungsbedarf, um die Kompetenz in den betroffenen Staaten zu stär-
ken und durch internationale Kooperationen mit den Herkunfts- und Abnehmer-
ländern der Artenschutzkriminalität entgegenzuwirken. Neue Impulse für einen

wirksamen und umfassenden Schutz der Afrikanischen Elefanten sind zwingend
erforderlich.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/10110

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

• die Förderung einschlägiger Wald- und Naturschutzgebietsprojekte im Rah-
men der Umsetzung der deutschen Zusagen zum Schutz der Biodiversität
konsequent auszubauen und die jeweiligen Programme im Rahmen der zur
Verfügung stehenden Mittel entsprechend angemessen finanziell und ma-
teriell auszustatten;

• sich bei der Förderung von Schutzgebieten auch verstärkt dafür einzusetzen,
dass bisher getrennte Schutzgebiete durch Korridore verbunden werden,
wodurch der Lebensraum von Elefanten erweitert und die Gefahr des Aus-
weichens in Siedlungsgebiete verringert wird;

• Wald- und Naturschutzprojekte durchgängig auch mit Maßnahmen der öko-
nomischen Entwicklung der einheimischen Bevölkerung zu verknüpfen, um
damit die Bedeutung der Wilderei für die lokale Einkommenssicherung zu
reduzieren;

• sich bei der 2013 stattfindenden 16. Vertragsstaatenkonferenz des Washing-
toner Artenschutzübereinkommens (WA, CITES CoP16) nur dann für einen
Abverkauf von Elfenbeinbeständen auszusprechen, wenn sichergestellt ist,
dass es sich ausschließlich um Elfenbein aus einer lokal erforderlichen Be-
standsregulierung handelt;

• sich bei der kommenden CITES-CoP16-Konferenz dafür einzusetzen, dass
die am Vorsorgegrundsatz orientierten Kriterien zur Aufnahme oder Herab-
stufung von Arten in die Anhänge der Konvention (Resolutionen 9.24 und
10.9) insbesondere auch im Prozess des „decision making mechanism“ (De-
cision 14.77) berücksichtigt werden und ohne Abstriche erhalten bleiben;

• eventuelle Anträge zur Herabstufung einzelner Elefantenpopulationen sehr
kritisch unter Berücksichtigung der Vorsorgekriterien (Resolution 9.24, An-
nex A) zu prüfen;

• auch zukünftig die afrikanischen Länder mit Elefantenpopulationen aktiv in
ihren Schutzbemühungen und bei Maßnahmen gegen die Wilderei und den
illegalen Elfenbeinhandel zu unterstützen, indem sie sich im bestehenden
finanziellen Rahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit verstärkt
(z. B. auch regional mit der Zentralafrikanischen Waldkommission/
COMIFAC) für den Aufbau effektiver Polizeistrukturen engagiert, sich für
die Umsetzung des AEAP einsetzt sowie eine robuste Finanzierung des Afri-
can Elephant Fund unterstützt;

• internationale Maßnahmen (z. B. im Rahmen von CITES) gegen den grassie-
renden illegalen Elfenbeinhandel in den Ländern zu unterstützen, die als
Transit- oder Abnehmerländer eine besondere Rolle spielen und in denen der
CITES-Vollzug verbessert werden muss, also vor allem in China (insbeson-
dere auch in Hongkong), Malaysia, Vietnam und Thailand;

• die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Europol und Interpol bei der Verbesse-
rung des CITES-Vollzuges fortzusetzen, zu intensivieren und durch Kompe-
tenzaufbau des Zolls in Entwicklungs- und Schwellenländern den illegalen
Handel nachhaltig zu bekämpfen. Zu verweisen ist dabei insbesondere auf
das Interpol-Umwelt-Kriminalitäts-Programm, ein dauerhaft bestehendes
Netzwerk zur Bekämpfung spezieller Artenschutz- und weiterer Umwelt-
delikte, sowie das OASIS-Projekt („Operational Assistance, Services & In-
frastructure Support for African Police Officers“), mit dem (zeitlich befristet
bis 2011) das Ziel verfolgt wurde, die Kapazitäten von Polizei und Zoll in
Afrika zu stärken;

Drucksache 17/10110 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
• geeignete Maßnahmen im Bereich der Bewusstseinsbildung zu ergreifen, um
die Nachfrage nach Elfenbein zu reduzieren;

• bei anderen EU-Mitgliedstaaten dafür zu werben, sich dieser Politik des kon-
sequenten Elefantenschutzes anzuschließen.

Berlin, den 26. Juni 2012

Volker Kauder, Gerda Hasselfeldt und Fraktion
Rainer Brüderle und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.