BT-Drucksache 17/10018

Innovative Speichertechnologien als Eckpfeiler der Energiewende

Vom 14. Juni 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10018
17. Wahlperiode 14. 06. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Oliver Krischer, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Sven-Christian
Kindler, Sylvia Kotting-Uhl, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch,
Dr. Hermann E. Ott, Dorothea Steiner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Innovative Speichertechnologien als Eckpfeiler der Energiewende

Die Bundesregierung hat im Rahmen der Energiewende angekündigt, den Anteil
der erneuerbaren Energien im Stromsektor bis zum Jahr 2020 auf 35 Prozent
und bis zum Jahr 2050 auf 80 Prozent erhöhen zu wollen. Die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vertritt, wie viele Expertinnen und Experten, die
Auffassung, dass in diesem Zeitraum, auch der Umstieg auf eine Vollversorgung
aus erneuerbaren Energien gelingen kann.

In jedem Fall wird ein Großteil der Strombereitstellung aus erneuerbaren Ener-
gien und dabei vor allem durch die volatilen Energieträger Wind und Sonne er-
folgen. Die Erzeugung und der Verbrauch von Strom werden in Zukunft nicht
immer gleichzeitig stattfinden. Der Einsatz von Speichertechnologien wird da-
her unerlässlich sein, um den aus erneuerbaren Energien erzeugten Strom last-
folgefähig zu machen.

Speichertechnologien sind auch aus weiteren Gründen notwendig: Da konven-
tionelle Kraftwerke aus technischen Gründen kontinuierlich mit einer Mindest-
leistung laufen müssen (Must-Run-Leistung), besteht in Phasen einer hohen
Einspeisung aus erneuerbaren Energien die Gefahr einer zu hohen Stromproduk-
tion, welche zum Beispiel zur Abregelung von Windenergieanlagen führen
kann. In diesen Phasen können Stromspeicher den überschüssigen Strom auf-
nehmen, sodass weniger erneuerbare Kapazitäten abgeschaltet werden müssen.

Darüber hinaus können Stromspeicher Dienstleistungen zur Netzstabilität in
hoher Qualität bereitstellen. Diese Systemdienstleistungen werden mit einem
steigenden Anteil erneuerbarer Energien immer dringlicher. Regelenergie wird
derzeit fast ausschließlich durch die rotierenden Massen konventioneller Kraft-
werke bereitgestellt. Erst wenn Systemdienstleistungen auf Basis gespeicherter
erneuerbaren Energien bereitgestellt werden kann, können konventionelle Er-
zeugungskapazitäten mit ihren erheblichen Must-Run-Kapazitäten dauerhaft
vom Netz gehen und Platz für mehr erneuerbare Energien schaffen.

Verschiedene Technologien zur Stromspeicherung stehen in Deutschland zur
Verfügung. Die Breite der Technologien reicht dabei von großen Pumpspeicher-
kraftwerken über energiewirtschaftlich nutzbare Großbatterien bis hin zu klei-
nen Akkus, die in Elektrofahrzeugen eingesetzt werden. Dennoch findet in
Deutschland derzeit kein nennenswerter Zubau an Speicherkapazitäten statt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie groß sind die nach Kenntnissen der Bundesregierung innerhalb und
außerhalb des Bundesgebietes vorhandenen Speicherkapazitäten, welche
direkt mit dem deutschen Stromnetz verbunden sind (bitte jeweils nach Art
des Speichers, Leistung und Energie aufschlüsseln)?

Drucksache 17/10018 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Wie bewertet die Bundesregierung die Nutzung von Speichern außerhalb
des Bundesgebietes, und mit welchen Staaten führt die Bundesregierung
gegenwärtig Gespräche, um dort weitere Speicherpotenziale nutzbar zu
machen?

3. Wie hoch wird nach Kenntnissen der Bundesregierung der Bedarf an Spei-
cherkapazitäten (in Megawatt) in Deutschland in Zukunft sein (bitte nach
den Jahren 2020, 2030, 2040 und 2050 aufschlüsseln), sofern sich der Aus-
bau der erneuerbaren Energien so entwickelt, wie im Energiekonzept der
Bundesregierung vorgesehen?

4. Welche Forschungsmittel stellt die Bundesregierung konkret für den Einsatz
von Stromspeichern in den Haushaltsjahren 2012 bis 2015 zur Verfügung,
und von wem, und nach welchen Kriterien werden diese Mittel vergeben
(bitte nach Jahren, Ressorts, Etats und Titeln aufschlüsseln)?

5. An wen wurden bis dato Energiespeicher-Forschungsgelder vergeben, und
in welcher Höhe?

6. Welche Entwicklungen von verschiedenen innovativen Speicheroptionen
unterstützt die Bundesregierung in Forschungs-, Pilot- bzw. Markteinfüh-
rungsprojekten (bitte nach

a) Wasserspeichern: Pumpspeicher in Bergwerken, in aufgelassenen Berg-
baugebieten, an Staustufen von Bundeswasserstraßen und als Tankspei-
cher;

b) elektrochemischen Speichern: Lithium-Ionen, Natrium-Schwefel Hoch-
temperatur, Redox Flow, Bleibatterien u. a.;

c) Schwungradspeichern;

d) Druckluftspeichern;

e) Hubspeicherkraftwerken mit festen Massen;

f) Gasspeichern mit Wasserstoff bzw. Methan aus Windstromüberschuss
und

g) Sonstigen

aufschlüsseln)?

7. Welche der in Frage 5 genannten Speicher eignen sich als Sekunden-,
Minuten-, Stunden- und Saisonalspeicher (bitte um Aufschlüsselung)?

8. Beabsichtigt die Bundesregierung die Einführung eines Speicherbonus in
das Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG), und wenn nein, warum nicht?

9. Mit welchen Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung, einen Markt-
anreiz (Rechts- und Investitionssicherheit) für neue Stromspeichertechnolo-
gien zu schaffen, um Kostensenkungspotentiale zu heben, und um neue
Stromspeichertechnologien für die Energiewirtschaft zu erschließen?

10. Durch welche Maßnahmen innerhalb und außerhalb des Bundeshaushalts
plant die Bundesregierung, neue Speichertechnologien in das Stromversor-
gungssystem zu integrieren?

11. Unterstützt die Bundesregierung die Forderung des energiepolitischen Spre-
chers der Fraktion der CDU/CSU im Deutschen Bundestag, Thomas Bareiß,
der in der „dpa“-Meldung „Union will Millionenprogramm für Stromspei-
cher“ vom 31. Mai 2012 die Einführung eines Marktanreizprogramms für
Speicher ab dem Jahr 2013 mit einem Volumen von 100 Mio. Euro fordert,
und wenn ja, sind Mittel in dem Finanzplan enthalten, und wenn nein,
warum nicht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/10018

12. Wie bewertet die Bundesregierung die Einführung eines Förderinstruments
für Stromspeicher aus dem Bundeshaushalt vor dem Hintergrund der bishe-
rigen Erfahrungen mit haushaltsgebundenen Instrumenten im Rahmen der
Energiewende, wie zum Beispiel dem Mini-KWK-Impulsprogramm, bei
welchem die wiederholten Unterbrechungen der Förderung nach Auffas-
sung der Fragesteller zu Attentismus geführt und damit wichtige
Klimaschutzinvestitionen verhindert hat?

13. Wie hoch ist die durch die Bereitstellung von Regelenergie bedingte Must-
Run-Kapazität konventioneller Anlagen (nach Primär-, Sekundär- und Mi-
nutenreserve aufgeschlüsselt)?

14. Wem gegenüber wird diese Mindestleistung angemeldet und veröffentlicht?

15. Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, um das sogenannte
Must-Run-Band zu verringern?

16. Inwiefern wird die Beanspruchung von Must-Run-Kapazitäten allen Markt-
akteuren gegenüber veröffentlicht?

17. Plant die Bundesregierung, den Betreibern von Stromspeichern vermiedene
Netznutzungsentgelte zu gewähren, ähnlich wie es bei Stromerzeugern und
den Betreibern von Pumpspeicherkraftwerken der Fall ist, wenn diese die
vorgelagerte Netzebene entlasten, und wenn nein, warum nicht?

18. Aus welchem Grund werden neue Speichertechnologien bei der Strom-
steuer schlechter gestellt, als bereits etablierte Speichertechnologien, und
beabsichtigt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang § 9 Absatz 1
Nummer 2 des Stromsteuergesetzes entsprechend anzupassen?

Berlin, den 14. Juni 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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