BT-Drucksache 16/9909

Erkenntnisse der Bundesregierung zum geplanten "Anti-Islamisierungskongress" am 19./20. September 2008 in Köln

Vom 3. Juli 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9909
16. Wahlperiode 03. 07. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Lötzer, Ulla Jelpke, Hüseyin-Kenan Aydin, Sevim Dag˘delen,
Inge Höger, Paul Schäfer (Köln) und der Fraktion DIE LINKE.

Erkenntnisse der Bundesregierung zum geplanten „Anti-Islamisierungskongress“
am 19./20. September 2008 in Köln

Die Bundesregierung fördert den interreligiösen und interkulturellen Dialog
mit dem Ziel eines friedlichen, respektvollen und diskriminierungsfreien Zu-
sammenlebens von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religionszuge-
hörigkeit.

Unter dem Titel „Nein zur Islamisierung – Nein zur Kölner Großmoschee“ will
die vom Verfassungsschutz NRW wegen des Verdachts rechtsextremistischer
Bestrebungen beobachtete Bürgerbewegung „pro Köln“ am 19. und 20. Sep-
tember 2008 einen internationalen Kongress durchführen.

Der geplante „Anti-Islamisierungskongresses“ mit der von den Veranstaltern in
der Ankündigung formulierten Zielstellung, „ein unübersehbares Zeichen ge-
gen die Islamisierung des Abendlandes“ setzen zu wollen, ist geeignet, nicht
nur in der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere auch bei Menschen mit
Migrationshintergrund muslimischen Glaubens, sondern auch in der öffent-
lichen Wahrnehmung unserer europäischen Nachbarn schweren Schaden zu
verursachen.

Nach Einschätzung des Innenministers von Nordrhein-Westfalen, Ingo Wolf,
im Vorwort zum Landesverfassungsschutzbericht NRW 2007 weckt die Partei,
die sich selbst als „Anti-Islam-Partei“ bezeichnet, „vermischt mit ausländer-
feindlichen Vorurteilen bei den Bürgerinnen und Bürgern bewusst Ängste vor
Überfremdung.“

Für die im Zusammenhang mit den Vorbereitungen für die Kommunal- und
Europawahlen 2009 stehende Veranstaltung sind folgende, auch nach Einschät-
zung des Verfassungsschutzes NRW, überwiegend dem rechtspopulistischen
bis extrem rechten Spektrum Deutschlands und Europas zugehörigen Redner
angekündigt:

Jean Marie Le Pen: Vorsitzender der Front National, Frankreich,

Heinz-Christian Strache: Vorsitzender der Freiheitlichen Partei Österreich (FPÖ),

Filip Dewinter: Vorsitzender des Vlaams Belang, Belgien,
Henry Nitzsche: Mitglied des Bundestages, fraktionslos, Deutschland, ehemals
Mitglied der CDU und Vorsitzender der Wählervereinigung „Bündnis Arbeit,
Familie, Vaterland“,

Jörg Uckermann: Ehemals Vizebürgermeister (CDU) im Bezirk Köln-Ehren-
feld, seit 2008 Fraktionsvorsitzender der pro Köln in der Bezirksvertretung
Ehrenfeld.

Drucksache 16/9909 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Der Deutsche Gewerkschaftsbund Köln hat zu einer Gegendemonstration auf-
gerufen und den Oberbürgermeister aufgefordert, alles zu unternehmen um die
Veranstaltung zu verhindern: „Wir stellen uns quer gegen Rassisten, Neonazis
und international angekündigte Holocaust- Leugner“ heißt es dazu in dem Auf-
ruf.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Ist der Bundesregierung die Veranstaltung bekannt, und wie beurteilt sie
diese?

2. Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Fragesteller, die genannte Veran-
staltung sei angesichts der internationalen Beteiligung nicht nur eine Ange-
legenheit der Behörden des Landes Nordrhein-Westfalen, sondern ebenso
des Bundes, und wenn ja, welche Konsequenzen zieht sie daraus, wenn
nein, warum nicht?

3. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zu den Rednern im Hin-
blick auf Tatbestände wie Holocaust-Leugnung, Volksverhetzung und Auf-
stachelung zum Rassenhass vor (bitte detaillierte Erkenntnisse zu fol-
genden Personen erläutern: Nick Griffin (BNP), Jean Marie Le Pen (FN),
Heinz-Christian Strache (FPÖ), Filip Dewinter (Vlaams Belang), Henry
Nitzsche, Jörg Uckermann (pro Köln))?

4. Inwieweit hält die Bundesregierung aufgrund der vorliegenden Erkennt-
nisse Einreiseverbote für ein geeignetes Mittel, um Straftaten, insbesondere
im Sinne der oben aufgeführten Tatbestände aus dem Kreis der in Frage 1
genannten Personen, zu verhindern, und beabsichtigt sie, von diesem Mit-
tel Gebrauch zu machen?

5. Welche sonstigen Maßnahmen zur Vorbeugung und Verfolgung möglicher
Straftaten sowie verfassungsschutzrelevanter Bestrebungen im Rahmen der
Kölner Konferenz hält die Bundesregierung für erforderlich, und wie be-
gründet sie diese Haltung?

6. Welche Gruppierungen und Einzelpersonen aus dem Spektrum der extre-
men Rechten sind nach Kenntnis der Bundesregierung an der Vorbereitung
der Konferenz in Köln beteiligt?

7. Inwieweit sind der Bundesregierung angemeldete Demonstrationen und
Aufmärsche durch Organisationen der extremen Rechten im Rahmen der
Konferenz vom 19. bis 21. September 2008 bekannt, und welche Anmel-
dungen von Gegendemonstrationen, und wie beurteilt sie diese Situation?

8. Wie bewertet die Bundesregierung diese Veranstaltung hinsichtlich der
integrationspolitischen Zielstellung der Förderung des interkulturellen und
interreligiösen Dialogs, und welche Schritte wird sie diesbezüglich anläss-
lich der Veranstaltung unternehmen?

9. Wie bewertet die Bundesregierung die Auswirkungen dieser Veranstaltung
auf die Bemühungen um Integration von Menschen mit Migrationshinter-
grund muslimischen Glaubens?

10. Wie bewertet die Bundesregierung diese Veranstaltung unter dem Gesichts-
punkt der Religionsfreiheit und des Gebots religiöser Toleranz sowie der
Gleichbehandlung?

11. Wie bewertet die Bundesregierung die Auswirkungen dieser Veranstaltung
auf das Zusammenleben von Menschen aus verschiedenen Religionsge-
meinschaften und unterschiedlichen ethnischen Hintergründen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/9909

12. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Veranstaltungs-
ankündigung hinsichtlich ihrer Einschätzung einer rechtsextremistischen
Orientierung der pro-Köln-Bewegung?

13. Wie bewertet die Bundesregierung mögliche Auswirkungen dieser Veran-
staltung auf das internationale Ansehen der Bundesrepublik Deutschland,
und welche Schlussfolgerungen zieht sie aus dieser Bewertung?

Berlin, den 3. Juli 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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