BT-Drucksache 16/9822

zu der Unterrichtung der Bundesregierung -16/8609 Nr. A.9- Festnahme des chinesischen Dissidenten Hu Jia Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Januar 2008 zur Inhaftierung des chinesischen Bürgerrechtlers Hu Jia EuB-EP 1652; P6_TA-Prov (2008) 0021

Vom 26. Juni 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9822
16. Wahlperiode 26. 06. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
(17. Ausschuss)

zu der Unterrichtung der Bundesregierung
– Drucksache 16/8609, A.9 –

Festnahme des chinesischen Dissidenten Hu Jia

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Januar 2008
zur Inhaftierung des chinesischen Bürgerrechtlers Hu Jia
EuB-EP 1652; P6_TA-PROV (2008) 0021

A. Problem

Der chinesische Menschenrechtsaktivist Hu Jia ist am 27. Dezember 2007
wegen angeblicher Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt von Polizei-
beamten in seiner Wohnung festgenommen worden. Das Europäische Parlament
hat in einer Entschließung (EuB-EP 1652) die sofortige Freilassung von Hu Jia
gefordert.

B. Lösung

Annahme einer Entschließung mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Kenntnisnahme der Vorlage ohne Annahme einer Entschließung bzw. Kenntnis-
nahme der Vorlage und Annahme einer alternativen Entschließung.

D. Kosten

Keine

Drucksache 16/9822 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

in Kenntnisnahme der Unterrichtung auf Drucksache 16/8609, A.9 folgende
Entschließung anzunehmen:

Der Deutsche Bundestag unterstützt ausdrücklich die Entschließung des Euro-
päischen Parlaments und fordert die Bundesregierung auf, sich weiterhin für die
sofortige Freilassung von Hu Jia und aller anderen inhaftierten Bürgerrechtlerin-
nen und Bürgerrechtler in der Volksrepublik China einzusetzen.

Berlin, den 25. Juni 2008

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

Dr. Herta Däubler-Gmelin
Vorsitzende und
Berichterstatterin

Erika Steinbach
Berichterstatterin

Florian Toncar
Berichterstatter

Michael Leutert
Berichterstatter

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

staatlichkeit einzuhalten und die Verfolgung chinesischer
Menschenrechtler zu beenden.

Außerdem wird das Land aufgefordert, sein Strafrecht zu
reformieren, um die freie Meinungsäußerung von Journalis-
ten, Schriftstellern und Reportern, die über die Olympischen
Spiele 2008 berichten, zu erleichtern.

FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Ausschuss-
drucksache 16(17)92 anzunehmen.

Die Fraktion DIE LINKE. hat ihre grundsätzliche Zustim-
mung zu dem Antrag festgestellt und ihre Enthaltung damit
begründet, dass sie gegen ihren Willen vom Initiatorenkreis
ausgeschlossen wurde.

Berlin, den 25. Juni 2008

Erika Steinbach
Berichterstatterin

Dr. Herta Däubler-Gmelin
Berichterstatterin

Florian Toncar
Berichterstatter

Michael Leutert
Berichterstatter

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/9822

Bericht der Abgeordneten Erika Steinbach, Dr. Herta Däubler-Gmelin, Florian
Toncar, Michael Leutert und Volker Beck (Köln)

I. Überweisung und Mitberatung

Die Entschließung des Europäischen Parlaments EuB-EP
1652 wurde auf Drucksache 16/8609 A.9 am 17. März 2008
dem Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
zur federführenden Beratung überwiesen. Mitberatende
Ausschüsse gibt es nicht.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Mit der Entschließung fordert das Europäische Parlament
die sofortige Freilassung des chinesischen Menschenrechts-
aktivisten Hu Jia sowie die Freilassung aller wegen Mei-
nungsdelikten inhaftierten Bürgerrechtler.

Die chinesischen Behörden sollen nach dem Willen des
Europäischen Parlaments die physische und psychische
Unversehrtheit von Hu Jia, seinen Angehörigen und seinen
Anwälten garantieren. China wird damit aufgefordert, seine
Verpflichtungen in Bezug auf Menschenrechte und Recht-

Darüber hinaus sollen die chinesischen Behörden Hu Jia und
allen unter Arrest stehenden Bürgerrechtlern erlauben, not-
falls medizinische Hilfe zu erhalten und im Interesse des
Gesundheitszustandes der Betroffenen für angemessene
Haftbedingungen zu sorgen.

Zur Begründung werden die Verpflichtungen Chinas in Be-
zug auf die Einhaltung der Menschenrechte, frühere Ent-
schließungen des Europäischen Parlaments zur Menschen-
rechtssituation in China sowie die Verkündung des
Olympischen Friedens durch die Generalversammlung der
Vereinten Nationen am 31. Oktober 2007 angeführt.

III. Beratung im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat die Vorlage in seiner 64. Sitzung am 25. Juni 2008 zur
Kenntnis genommen und empfiehlt mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
den Entschließungsantrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD,

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/9822

Anlage

EUROPÄISCHES PARLAMENT
SITZUNGSPERIODE 2007 – 2008

IN DER SITZUNG VOM

17. Januar 2008

DE

ANGENOMMENER TEXT

EuB-EP 1652

Drucksache 16/9822 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

P6_TA-PROV(2008)0021

Festnahme des chinesischen Dissidenten Hu Jia

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Januar 2008 zur Inhaftierung des
chinesischen Bürgerrechtlers Hu Jia

Das Europäische Parlament,

– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Menschenrechtssituation in China,

– unter Hinweis auf die letzten beiden Runden des Menschenrechtsdialogs EU-China vom
17. Oktober 2007 in Peking sowie vom 15.-16. Mai 2007 in Berlin,

– unter Hinweis auf die von seinem Unterausschuss „Menschenrechte“ am 26. November 2007
veranstaltete öffentliche Anhörung zu den Menschenrechten in China im Vorfeld der
Olympischen Spiele in Peking 2008,

– unter Hinweis auf den Olympischen Frieden, der von der Generalversammlung der Vereinten
Nationen am 31. Oktober 2007 verkündet wurde, in der die Mitgliedstaaten der Vereinten
Nationen aufgefordert wurden, während der Olympischen Spiele 2008 den Frieden zu
erhalten und zu fördern,

– gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass der Menschenrechtler Hu Jia am 27. Dezember 2007 wegen
angeblicher Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt von Polizeibeamten in seiner
Wohnung festgenommen wurde,

B. in der Erwägung, dass Hu Jia und seine Frau Zeng Jinyan Menschenrechtsverletzungen in
China in den letzten Jahren angeprangert und aufgrund ihrer Kampagnen längere Zeit unter
Hausarrest verbracht haben,

C. in der Erwägung, dass sich Hu Jia in einem schlechten Gesundheitszustand befindet und an
einer Leberkrankheit leidet, so dass er Medikamente einnehmen muss,

D. in der Erwägung, dass Zeng Jinyan im Time Magazine 2006 als eine der 100 „Heldinnen und
Helden“ der Welt bezeichnet wurde und zusammen mit Hu Jia 2007 den Sonderpreis von
„Reporter ohne Grenzen“ für China erhielt und für den Sacharow-Preis nominiert wurde,

E. in der Erwägung, dass die Menschenrechtsorganisationen die Festnahme als einen weiteren
Schritt der chinesischen Staatsorgane bezeichnet haben, Kritiker im Vorfeld der
Olympischen Spiele in Peking 2008 zum Schweigen zu bringen,

F. in der Erwägung, dass 57 chinesische Intellektuelle in einem umgehend veröffentlichten
offenen Brief die sofortige Freilassung von Hu Jia gefordert haben,

G. in der Erwägung, dass der Präsident des Europäischen Parlaments am 31. Dezember 2007
eine Erklärung veröffentlicht hat, in der er die chinesischen Behörden wegen der Festnahme

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/9822

von Hu Jia ermahnte und sie nachdrücklich aufforderte, die Olympischen Spiele 2008 als
Gelegenheit für China zu nutzen, unter Beweis zu stellen, dass ein Land, das Gastgeber des
wichtigsten Sportereignisses der Welt ist, international anerkannten
Menschenrechtsstandards, einschließlich der Meinungsfreiheit, verpflichtet ist,

1. verurteilt mit Nachdruck die Festnahme von Hu Jia und fordert seine sofortige Freilassung
sowie die Freilassung aller wegen Meinungsdelikten inhaftierten Bürgerrechtler;

2. fordert die chinesischen Behörden auf, unter allen Umständen die physische und psychische
Unversehrtheit von Hu Jia, seinen Angehörigen und seinen Anwälten zu garantieren;

3. fordert China auf, seine Verpflichtungen in Bezug auf Menschenrechte und
Rechtsstaatlichkeit, insbesondere die Bestimmungen der von der Generalversammlung der
Vereinten Nationen am 9. Dezember 1998 verabschiedeten UN-Erklärung zu den
Menschenrechtsaktivisten, einzuhalten und die Verfolgung chinesischer Menschenrechtler zu
beenden, um im olympischen Jahr sein Engagement für die Menschenrechte unter Beweis zu
stellen;

4. fordert China nachdrücklich auf, die Olympischen Spiele 2008 nicht als Vorwand zu
benutzen, um Bürgerrechtler, Journalisten und Menschenrechtsaktivisten, die entweder über
Menschenrechtsverletzungen berichten oder dagegen demonstrieren, widerrechtlich
festzunehmen und zu inhaftieren;

5. wiederholt seine Auffassung, dass den Menschenrechtsbelangen im Vorfeld der
Olympischen Spiele in Peking 2008 sehr viel mehr Beachtung geschenkt werden sollte, und
bekräftigt die Notwendigkeit der „Einhaltung der universellen grundlegenden ethischen
Prinzipien“ und der Förderung einer friedlichen Gesellschaft, die sich der „Wahrung der
menschlichen Würde“ verschreibt, wie es in Artikel 1 und 2 der Olympischen Charta
verankert ist;

6. fordert China mit Nachdruck auf, sein Strafrecht zu reformieren, um die freie
Meinungsäußerung von Journalisten, Schriftstellern, freiberuflichen Mitarbeitern, Reportern,
usw., die der Welt über ein so wichtiges Ereignis wie die Olympischen Spiele 2008
berichten, zu erleichtern; ist der Auffassung, dass mit dieser Reform auch der
Anwendungsbereich einiger unklarer Rechtsvorschriften (z.B. von Artikel 105 des
chinesischen Strafgesetzbuchs) genauer festgelegt und der Welt ein positives Signal
vermittelt werden kann, dass auf dem 17. Kongress der Kommunistischen Partei Chinas der
Weg für eine stärkere Beachtung unterschiedlicher Meinungen geebnet wurde;

7. fordert die chinesischen Behörden auf, Hu Jia und allen anderen unter Arrest stehenden
Bürgerrechtlern zu erlauben, nötigenfalls medizinische Hilfe zu erhalten, und zu bedenken,
dass sich ihr Gesundheitszustand durch unangemessene Haftbedingungen verschlechtern
könnte;

8. fordert die chinesischen Behörden nachdrücklich auf, die so genannten „schwarzen
Gefängnisse“ zu schließen, die eingerichtet wurden, um „Unruhestifter“ im Vorfeld der
diesjährigen Olympischen Spiele 2008 festzuhalten;

9. fordert den Rat der Europäischen Union auf, in Bezug auf den inhaftierten Hu Jia und den am
22. September 2007 verschwundenen Gao Zhisheng, einen angesehenen
Menschenrechtsanwalt und Freund von Hu Jia, der auf die Notlage der vielen Tausend

Drucksache 16/9822 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

derzeit in China inhaftierten Menschenrechtsaktivisten aufmerksam gemacht hat, geeignete
Schritte gegenüber den chinesischen Behörden zu unternehmen;

10. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den
Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Bewerberländer, dem Präsidenten
und dem Ministerpräsidenten der Volksrepublik China sowie dem Internationalen
Olympischen Komitee zu übermitteln.

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