BT-Drucksache 16/9523

Einnahmen des Bundes aus dem Emissionshandel

Vom 6. Juni 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9523
16. Wahlperiode 06. 06. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, Horst Meierhofer,
Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Uwe Barth, Horst Friedrich (Bayreuth),
Dr. Edmund Peter Geisen, Dr. Christel Happach-Kasan, Birgit Homburger,
Hellmut Königshaus, Gudrun Kopp, Ina Lenke, Michael Link (Heilbronn), Markus
Löning, Patrick Meinhardt, Burkhardt Müller-Sönksen, Detlef Parr, Cornelia Pieper,
Jörg Rohde, Christoph Waitz, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Einnahmen des Bundes aus dem Emissionshandel

Die Bundesregierung veräußert über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)
für 2008 die Emissionsrechte für etwa 40 Millionen Tonnen CO2. Nach den Vor-
gaben der europäischen Emissionshandelsrichtlinie haben die Regierungen der
Mitgliedstaaten im laufenden und dem kommenden Jahr noch die Wahl zwi-
schen Verkauf und Versteigerung der Emissionsrechte, von 2010 an ist die Ver-
steigerung verpflichtend vorgesehen. Nach Agenturmeldungen und Pressebe-
richten (vgl. „Bund kassiert kräftig mit Emissionsrechten“, in: Handelsblatt vom
3. Juni 2008, S. 8 sowie AFP-Meldung vom selben Tag) zieht die Bundesregie-
rung aus dem Handel mit Luftverschmutzungsrechten deutlich höhere Einnah-
men als erwartet. So erziele der Bund aus dem Emissionshandel in diesem Jahr
voraussichtlich Erlöse in Höhe von rund einer Milliarde Euro, obwohl bisher
lediglich knapp zehn Prozent der Emissionsrechte entgeltlich vergeben würden.

Die KfW verkauft die Emissionszertifikate börsentäglich in kleinen Mengen an
der European Climate Exchange (ECX) in London und der Leipziger European
Energy Exchange (EEX). Anfang des Jahres lag der Zertifikatepreis bei durch-
schnittlich 21 Euro, im April bereits bei 24,25 Euro. Nach den zitierten Medien-
berichten, die sich auf Angaben des Bundesministeriums für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit (BMU) berufen, belaufen sich die bisherigen
Einnahmen bis Ende April auf 335 Mio. Euro. Bis dahin seien allerdings erst
15 Mio. Zertifikate verkauft worden. Als Größenordnung für den zu erwarten-
den Gesamterlös des Bundes sei demnach ein Betrag von rund einer Mrd. Euro
bis zum Jahresende plausibel, was alle bisherigen Einnahmen übertreffen würde.
Die Bundesregierung war bei der Haushaltsplanung für 2008 von einem Netto-
erlös des Zertifikateverkaufs von lediglich 400 Mio. Euro ausgegangen; diese
Einnahmen wurden dem Haushalt des BMU zugeschlagen und sind inzwischen
für nationale und internationale Klimaschutzprojekte verplant.
Für die weitere Verwendung der Zusatzeinnahmen gebe es – so die zitierte
Meldung im Handelsblatt weiter – noch keine konkreten Pläne. In Regierungs-
kreisen heiße es allerdings, das Umwelt- und das Entwicklungshilferessort
stritten sich bereits um den Zugriff auf das Geld.

Drucksache 16/9523 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie hoch sind die bisher erzielten Einnahmen des Bundes aus dem Verkauf
der Emissionszertifikate und welche Gesamterlöse erwartet die Bundes-
regierung für das Jahr 2008 insgesamt?

2. Erwartet die Bundesregierung im Vergleich zum heutigen Preisbildungsme-
chanismus tendenziell höhere, gleiche oder niedrigere Erlöse, wenn – der
europäischen Emissionshandelsrichtlinie folgend – ab 2010 der betreffende
Teil der Emissionsrechte versteigert statt an der Börse verkauft wird?

3. Aufgrund welcher Kriterien und Zielsetzungen und von konkret wem wird
der Preis festgelegt, zu dem die Emissionsrechte verkauft werden, wie
vollzieht sich die Preisbildung im Einzelnen und wurden im Vorfeld Alter-
nativen wie der Verkauf zu einem Festpreis auf die ökonomischen Wir-
kungen geprüft?

4. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage, dass eine Versteigerung der
Emissionsrechte geringere Erlöse einbringen würde als der Verkauf an den
Terminmärkten, und wie begründet die Bundesregierung ihre diesbezüg-
liche Einschätzung?

5. Stimmt die Bundesregierung der Aussage zu, dass die öffentliche Hand sich
deshalb für einen Verkauf der Emissionsrechte statt für eine Versteigerung
entschieden habe, weil möglichst hohe Verkaufseinnahmen erzielt werden
sollen und wenn nein, weshalb nicht?

6. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage, dass eine Versteigerung der
Emissionsrechte zwar weniger Erlöse generieren würde, dass auf der ande-
ren Seite jedoch die Energieversorger in diesem Fall gezwungen wären, die
Kosten für den Emissionshandel niedriger einzupreisen als bisher, und dass
eine Versteigerung insoweit zur Entlastung aller Stromverbraucher führen
könnte?

7. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage in den genannten Presse-
veröffentlichungen, dass jeder zusätzliche Euro in der BMU-Kasse den
Energieversorgern vier Euro Windfall Profits beschere?

8. Sind insbesondere die Maximierung der Haushaltseinnahmen oder die
Minimierung der Windfall Profits der Stromunternehmen durch Ein-
preisung des weiterhin verschenkten Teils der Emissionsrechte Leitlinie der
Veräußerungspolitik der Bundesregierung?

9. Hat die Bundesregierung die KfW mit Blick auf die Veräußerungspolitik
hinsichtlich der in Frage 8 genannten Zielvorstellungen angewiesen, und
wenn ja, durch wen und in welchem Sinne?

10. Welche alternativen Verwendungsmöglichkeiten sieht die Bundesregierung
für überplanmäßige Einnahmen aus der Veräußerung von Emissionsrechten
im Jahr 2008 und in der mittelfristigen Planung, und wie bewertet sie die
einzelnen Verwendungsmöglichkeiten?

Werden bestimmte Verwendungsmöglichkeiten favorisiert, und wenn ja,
welche und aufgrund welcher Überlegungen?

11. Trifft es zu, dass das BMU vom Zertifikateverkauf nicht mehr als die
geplanten 400 Mio. Euro erhält, die für nationale und internationale Klima-
schutzmaßnahmen verwendet werden sollen?

12. Wenn nein, welcher Anteil soll dem BMU stattdessen – und gegebenenfalls
zu welchen Verwendungszwecken – zugewiesen werden und wenn ja, wel-
chen Ressorts soll der diesen Betrag übersteigende Anteil – und gegebenen-

falls zu welchen Verwendungszwecken – zugewiesen werden?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/9523

13. Beabsichtigt die Bundesregierung Mittel aus dem Zertifikatehandel in Pro-
jekte zum Schutz tropischer Regenwälder zu investieren und wenn ja, an
welche Projekte in welchen Ländern wird dabei gedacht?

14. Ist die Bundesregierung bereit, die Stromkunden durch die Nutzung mög-
licher Mehreinnahmen aus der Veräußerung von Emissionsrechten steuer-
lich zu entlasten?

Berlin, den 9. Juni 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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