BT-Drucksache 16/9401

Medizin und Lebensmittel aus gentechnisch veränderten Tieren

Vom 30. Mai 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9401
16. Wahlperiode 30. 05. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Karin Binder, Eva Bulling-Schröter,
Lutz Heilmann und der Fraktion DIE LINKE.

Medizin und Lebensmittel aus gentechnisch veränderten Tieren

Die Risikobewertung bei gentechnisch veränderten Tieren wird seit langem in-
tensiv diskutiert. In den kommenden Jahren werden Zulassungen von Produk-
ten, die aus gentechnisch veränderten Tieren bestehen oder von diesen produ-
ziert worden sind, immer wahrscheinlicher. Dabei muss zwischen gentechnisch
veränderten Nutztieren, die als Lebensmittel verwendet werden, und zwischen
Tieren, die im Rahmen des Gene Pharming genutzt werden, sowie zwischen
solchen, die für wissenschaftliche und medizinische Forschungsfragen ver-
ändert worden sind, unterschieden und das jeweilige Risiko bewertet werden.
Daneben ist eine ethische Diskussion über den gesellschaftlichen Nutzen trans-
gener Tiere notwendig.

Der Zeitdruck für diese gesellschaftliche Debatte hat sich erhöht, denn seit An-
fang Mai 2008 ist in Deutschland das erste Arzneimittel erhältlich, welches aus
gentechnisch veränderten Tieren stammt. Das Anti-Thrombose-Mittel Atryn
wird aus Milch von gentechnisch veränderten Ziegen gewonnen, denen eine
menschliche Gensequenz übertragen wurde. Das Medikament wurde in den
USA entwickelt, ist dort allerdings bislang nicht zugelassen. In der EU wird es
durch ein dänisches Pharmaunternehmen vertrieben.

Die US-amerikanische FDA (Food and Drug Administration) hat die Zulassung
bisher verweigert. Studien, die Nutzen und Risiken dieses Arzneimittels prüfen
sollen, sind noch nicht abgeschlossen. Ergebnisse werden erst in den kommen-
den Monaten erwartet. Entgegen dieser Zurückhaltung der FDA hat die europäi-
sche Behörde EMEA (European Medicines Agency) die Erlaubnis bereits im
Jahr 2006 erteilt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Teilt die Bundesregierung die Position der EMEA, bzw. welche Informatio-
nen hat die Bundesregierung über die Gründe der abweichenden Position der
FDA?

2. Wie bewertet die Bundesregierung die Anforderungen des europäischen Zu-
lassungsverfahrens an vorzulegende Sicherheitsprüfungsunterlagen vor dem

Hintergrund, dass zur Zulassung von Atryn nur die Daten von 14 Probanden
zur Verfügung standen?

3. Wie bewertet die Bundesregierung die Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 vom
22. September 2003 in Bezug auf die Lebensmittelsicherheit beim Konsum
von Produkten aus gentechnisch veränderten Tieren?

Sieht die Bundesregierung hier Präzisierungsbedarf, und wenn ja, welchen?

Drucksache 16/9401 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4. Wann, und wie, wird die Bundesregierung eine Debatte über die Risiko-
bewertung transgener Tiere in der EU einbringen?

5. Sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf in Bezug auf Aufklärung und
Information der Verbraucherinnen und Verbraucher über Medikamente und
andere Produkte (z. B. Lebensmittel) von transgenen Tieren?

Gibt es diesbezüglich konkrete Pläne?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, welche?

6. Wie werden Medikamente und andere Produkte (z. B. Organe, Lebensmit-
tel, Kosmetika) von transgenen Tieren für Verbraucherinnen und Verbrau-
cher gekennzeichnet?

Sieht die Bundesregierung hier Handlungsbedarf?

Wenn ja, welchen und wo?

Wenn nein, warum nicht?

7. Welche Relevanz sieht die Bundesregierung hinsichtlich gentechnischer
Veränderung von Tieren aus der Sicht des Tierschutzgesetzes und der
Staatszielbestimmung des Artikels 20a des Grundgesetzes?

8. Welche Haltungssysteme und -vorschriften ergeben sich daraus für
gentechnisch veränderte Tiere zur Verwendung als Lebensmittel und für
gentechnisch veränderte Tiere, die im Rahmen des so genannten Gene
Pharming verwendet werden?

9. Welche konkreten Sicherheitsauflagen und Haltungsbedingungen ergeben
sind für gentechnisch veränderte Tiere, und wie können diese eingehalten
bzw. kontrolliert werden?

Welche Regelungen wurden dazu im Gentechnikgesetz getroffen, und sieht
die Bundesregierung hier Änderungsbedarf?

Wenn ja, welchen?

10. Welche Haftungsregelungen greifen bei einer theoretisch möglichen unge-
wünschten Kreuzung von gentechnisch veränderten und nicht veränderten
Tieren?

Welche Haftungsregelungen sind bei Gesundheitsschäden aufgrund von
Verwendung aus Gene Pharming gewonnener Medikamente vorhanden,
und wie ist hierbei die Beweislast geregelt?

11. Welche Forschungsprojekte zu gentechnisch veränderten Tieren wurden
bzw. werden von der Bundesregierung (teil)finanziert?

Was sind bzw. waren die jeweiligen Forschungsziele?

Welche Veröffentlichungen und Studien sind aus den Forschungsprojekten
hervorgegangen?

Wie hoch war die (Ko)Finanzierung?

12. Welche weiteren Forschungsprojekte mit welchen Forschungsschwerpunk-
ten sind geplant?

13. Wurden in Deutschland bereits illegal gentechnisch veränderte Tiere auf-
gefunden (insbesondere im Zierfischbereich)?

Wenn ja, wann und wo?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/9401

14. Welche Position wird die Bundesregierung bei der kommenden Tagung im
Rahmen der 31. Sitzung der Internationalen Codex Alimentarius Commis-
sion bezüglich der vorgelegten Vorschläge (Draft Guideline for the conduct
of food safety assessment of foods derived from recombinant DNA ani-
mals) einer Risikobewertung transgener Tiere einnehmen?

Berlin, den 30. Mai 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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