BT-Drucksache 16/9303

Deutsches Auslandsschulwesen stärken und weiterentwickeln

Vom 28. Mai 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9303
16. Wahlperiode 28. 05. 2008

Antrag
der Abgeordneten Dr. Peter Gauweiler, Eckart von Klaeden, Monika Grütters,
Anke Eymer (Lübeck), Renate Blank, Herbert Frankenhauser, Erich G. Fritz,
Hermann Gröhe, Manfred Grund, Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg,
Joachim Hörster, Jürgen Klimke, Hartmut Koschyk, Eduard Lintner, Philipp
Mißfelder, Ruprecht Polenz, Dr. Norbert Röttgen, Bernd Schmidbauer, Karl-Georg
Wellmann, Willy Wimmer (Neuss), Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und der
Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Monika Griefahn, Gert Weisskirchen (Wiesloch),
Niels Annen, Bernhard Brinkmann, Dr. Herta Däubler-Gmelin, Detlef Dzembritzki,
Annette Faße, Dagmar Freitag, Dr. Barbara Hendricks, Petra Heß, Brunhilde Irber,
Johannes Jung (Karlsruhe), Hans-Ulrich Klose, Angelika Krüger-Leißner,
Ute Kumpf, Lothar Mark, Markus Meckel, Dr. Rolf Mützenich, Thomas Oppermann,
Johannes Pflug, Otto Schily, Dr. Ditmar Staffelt, Dr. h. c. Wolfgang Thierse,
Uta Zapf, Dr. Peter Struck und der Fraktion der SPD

Deutsches Auslandsschulwesen stärken und weiterentwickeln

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Bildung sowie der Zugang zu Bildung sind ein zentrales Thema der deutschen
und internationalen Politik. Immer stärker rückt weltweit ins öffentliche Be-
wusstsein, wie wichtig Bildung für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Ent-
wicklung eines Landes ist. Aus diesem Grund wird das Bildungsangebot in
Deutschland stetig verbreitert und verbessert. Dies gilt auch für die Auswärtige
Kultur- und Bildungspolitik, bei der deutsche Auslandsschulen den Eckpfeiler
dieses Engagements bilden.

Die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik verfügt mit einem großen Netz
deutscher Auslandsschulen nicht nur über das älteste, sondern auch über ein
überaus erfolgreiches Instrument. Ziele und Aufgaben des deutschen Engage-
ments im Ausland sind aktueller denn je.

Deutsche Auslandsschulen vermitteln ein nachhaltiges und positives Bild von
Deutschland. Sie verbinden Völker und Kulturen aller Welt mit Deutschland und

schaffen Verständnis für Deutschland in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und
Gesellschaft. Die Schulen leisten als Zentren schulischer Zusammenarbeit einen
wertvollen Beitrag zur Entwicklung der schulischen Bildung und damit zur Ent-
wicklung im Gastland insgesamt. Weiter legen sie Grundlagen für eine erfolg-
reiche Weiterbildung in Deutschland und fördern als kulturelle Zentren die in-
terkulturelle Kompetenz. Als Verbreitungsorte für die deutsche Sprache binden
sie Kinder deutscher Eltern, die im Ausland leben, an die deutsche Kultur. Sie

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bieten deutschen Unternehmen – gerade mit ihrem Angebot an die Kinder der
Mitarbeiter – eine wichtige Voraussetzung für die Erschließung neuer Märkte im
Ausland und tragen somit zur Stärkung des Wirtschafts- und Wissenschafts-
standorts Deutschland bei.

Die 117 deutschen Auslandsschulen nehmen in der Regel einen herausragenden
Platz unter den schulischen Einrichtungen des jeweiligen Gastlandes ein und ha-
ben daher als Bildungseinrichtungen mit deutscher Prägung einen bedeutenden
Imagewert für Deutschland. Das hohe Bildungsniveau ist für Inländer oft ein
Anreiz, eine deutsche Schule zu besuchen. In den letzten Jahren wurde im Aus-
landsschulwesen ein umfassender Reformprozess eingeleitet, um Qualität und
Wettbewerbsfähigkeit der Schulen zu sichern und um weiterhin deutschen und
internationalen Ansprüchen gerecht werden zu können. Mit den seit 2008 zu-
sätzlich bereitgestellten Haushaltsmitteln für die Initiative „Schulen: Partner der
Zukunft“ ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung des Auslandsschulwesens getan.
Die in diesem Zusammenhang eingeleiteten Reformmaßnahmen für ein verbes-
sertes Qualitätsmanagement, für mehrstufige Evaluierung oder neue Schulbei-
hilferichtlinien sind weiter voranzutreiben.

Um den globalen Herausforderungen und unseren außenpolitischen, zivilgesell-
schaftlichen und wirtschaftlichen Interessen gerecht zu werden, ist es notwen-
dig, das Schulnetz – über die traditionellen Partnerländer hinaus – auf Regionen
auszudehnen, in denen Deutschland im schulischen Bereich bisher unterreprä-
sentiert ist. So ist Deutschland heute in einigen wichtigen Wachstumsregionen
(Asien, Naher/Mittlerer Osten) oder auf dem afrikanischen Kontinent im schu-
lischen Bereich nicht oder noch unzureichend präsent.

II. Der Deutsche Bundestag begrüßt,

dass das Auswärtige Amt die Initiative des Deutschen Bundestags aufgenom-
men hat, gerade in solchen Regionen oder Ländern, in denen es keine oder nur
wenige deutsche Auslandsschulen gibt, Partner und Investoren zu suchen und zu
beraten, die eine deutsche Schule oder auch eine internationale Schule mit deut-
schem Profil aufbauen und betreiben wollen.

Wenngleich die Schulen von privaten Trägervereinen eigenverantwortlich und
zu einem erheblichen Umfang durch Eigenleistungen geführt werden, müssen
die Möglichkeiten Öffentlich-Privater Partnerschaft stärker als bisher genutzt
werden. Innovative Ansätze müssen gefunden werden, um die gebotene Erwei-
terung des Auslandschulnetzes finanziell und personell zu realisieren.

Durch eine engere Zusammenarbeit der bereits bestehenden Schulen können
positive Synergieeffekte erzielt werden. So gilt es insbesondere, den Deutsch-
unterricht an staatlichen und privaten Schulen durch Beratung, Aus- und Fort-
bildung einheimischer Lehrkräfte, Lehreraustausch- und Lehrerentsendepro-
gramme weltweit zu fördern und weiter auszubauen.

Herausragende Schulen im In- und Ausland benötigen vor allem überdurch-
schnittlich befähigte und motivierte Lehrkräfte. In Zusammenarbeit mit den
deutschen Bundesländern ist dafür Sorge zu tragen, dass besonders qualifizierte
Lehrkräfte zur Verfügung stehen. Die im Auslandsschuldienst erworbenen Er-
fahrungen zurückkehrender deutscher Lehrkräfte unterstützen zusätzlich die
Weiterentwicklung des Schulwesens in Deutschland. Es muss deshalb sicherge-
stellt sein, dass diese Kenntnisse und Erfahrungen von Lehrerinnen und Lehrern
mit Auslandserfahrung im Inland auch genügend anerkannt werden, um die
Attraktivität der Einsätze im Ausland zu erhöhen.

Die erfolgreiche Spracharbeit vor allem in den mittel- und osteuropäischen so-
wie in den GUS-Staaten gilt es fortzusetzen und auszudehnen. Darüber hinaus

ist es insbesondere lohnenswert, die große Nachfrage nach Deutsch als Fremd-

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sprache in der Volksrepublik China durch ein umfassendes, zwischen den deut-
schen Kulturmittlern in China und zwischen Bund und Ländern koordiniertes
Programm im Einvernehmen mit der chinesischen Regierung zu beantworten.
Vergleichbare Initiativen sind mit Schwellenländern wie Indien, Brasilien oder
Indonesien anzustreben.

Die Betreuung der schulischen Spracharbeit im Ausland und der deutschen Aus-
landsschulen gemeinsam durch Bund und Länder (Auswärtiges Amt, Bundes-
verwaltungsamt – Zentralstelle für das Auslandsschulwesen sowie den „Bund-
Länder-Ausschuss für schulische Arbeit im Ausland“) hat sich bewährt und
sollte in einer Hand bleiben.

Die nachhaltige Qualität der Auslandsschulen basiert neben der Vermittlung von
Lehrkräften aus Deutschland auch auf der ständigen Fortbildung der Ortslehr-
kräfte. Dies stellt für die aus Deutschland stammenden Lehrkräfte eine wichtige
zusätzliche Aufgabe neben ihrer eigenen Unterrichtstätigkeit dar. Unter Berück-
sichtigung dieses Gesichtspunktes sollte geprüft werden, die Zahl der Auslands-
dienstlehrkräfte zu erhöhen.

Die Schulleitungen vor Ort sollten möglichst große Handlungsspielräume er-
halten, um innovative ortspezifische Maßnahmen ergreifen und diese schnell
umsetzen zu können. Hierzu gehört beispielsweise die Möglichkeit, den klassi-
schen Schulbetrieb an dafür besonders geeigneten Standorten zum Ganztags-
schulbetrieb auszubauen. Gleichzeitig erscheint es wichtig, ein einheitliches
Gesamtkonzept zu verfolgen, nicht zuletzt um den Austausch mit Schulen in
Deutschland, aber auch zwischen den deutschen Auslandsschulen zu erleich-
tern. Wo immer möglich, sollten deutsche Auslandsschulen außerdem mit Aus-
landsschulen unserer europäischen und anderer Partner zusammenarbeiten,
wobei das EuroCampus-Modell dabei von besonderer Bedeutung ist. Es ist
wichtig, dass gerade vor Ort die Auslandsschulen der EU-Mitgliedstaaten auch
als Ausdruck und Förderer der europäischen Integration wahrgenommen wer-
den können.

Das Ansehen der Schulen hängt in hohem Maße von ihrer Infrastruktur und Aus-
stattung ab. Die Liegenschaften der deutschen Schulen im Ausland sollten den
Standards der Anbieter im Privatschulbereich entsprechen können. Gleiches gilt
für die Einrichtung und für die eingesetzten Lehr- und Lernmittel. Dabei sollten
auch verstärkt Formen des internetgestützten Lernens zum Einsatz kommen.
Diese ermöglichen es auch kleineren Schulen, ein umfassendes Lehrangebot
aufrecht zu erhalten.

Die pädagogischen Programme der Schulen bieten bedarfsgerechte Bildungs-
gänge für im Ausland lebende deutsche Familien, für zukünftige Bildungseliten
der Gastländer sowie für eine international ausgerichtete Klientel aus Dritt-
ländern. Ein hohes akademisches Niveau, Mehrsprachigkeit, interkulturelle
Kompetenz und enge Deutschlandbindung sind wesentliche Bestandteile dieses
Konzepts. Das Angebot reicht von der frühkindlichen Vorschulerziehung bis zur
Studierfähigkeit und der gezielten Beratung für ein Studium in Deutschland. Die
deutsche Auslandsschule kann im Ganztagsbetrieb mit umfangreichen Aktivitä-
ten außerhalb des Unterrichts gestaltet werden.

Hohe Kosten zur Schaffung und Aufrechterhaltung eines hervorragenden Bil-
dungsangebots dürfen nicht dazu führen, dass begabte Kinder aus finanziell
schwachen Familien vom Besuch deutscher Auslandsschulen ausgeschlossen
werden. Durch eine Ausweitung der Stipendien und Schulgeldermäßigungen
könnte vor allem in Ländern, in denen Ausgaben auch im Zusammenhang der
Entwicklungszusammenarbeit (Official Development Assistance – ODA-
Quote) anrechenbar sind, ein sozialer Ausgleich geschaffen werden. Ziel muss
sein, möglichst vielen Kindern Zugang zu den Schulen zu ermöglichen. Hierbei

ist eine enge Zusammenarbeit mit Partnern vor Ort anzustreben. Gerade für

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deutsche Firmen kann eine Unterstützung, z. B. in Form von Stipendien, eine
sinnvolle Investition in die Ausbildung zukünftiger Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeiter sein.

Das schulische Profil muss den unterschiedlichen deutschen und internationa-
len Erwartungen gerecht werden. Dies gilt für Unterrichtsprogramme, für
Zeugnisse, Abschlüsse und Berechtigungen, für pädagogische und sprachliche
Integrationsmaßnahmen sowie für Angebote außerhalb des Unterrichts. Die
Anerkennung der Abschlüsse in Deutschland, im Gastland der Schule und in
Ländern mit sehr guten Hochschulangeboten ist Voraussetzung für die Siche-
rung der Nachfrage und die Attraktivität der Schulen.

Die deutschen Schulen im Ausland tragen insbesondere in Zusammenarbeit
mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und den deut-
schen Hochschulen erheblich zur Stärkung des Studienstandorts Deutschland
bei. Seit 2001 fördert der DAAD ausgezeichnete nichtdeutsche Absolventen
der deutschen Auslandsschulen mit einem Vollstudium in Deutschland. Auf
diese Weise wurde außerdem das Interesse der deutschen Hochschulen an Ab-
solventen der deutschen Auslandsschulen geweckt. Das Auswärtige Amt, der
DAAD und die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen sollten daher die Be-
ratung in den Schulen über Studienmöglichkeiten an deutschen Hochschulen
intensivieren.

Der Wechsel von Absolventen deutscher Auslandsschulen zu deutschen Fach-
und Hochschulen muss entbürokratisiert werden. Durch geeignete Beratungs-,
Betreuungs- und Fördermaßnahmen sollte der Übergang effektiver gestaltet
werden, um auch Facharbeiter und Nachwuchs für Wissenschaft und Forschung
zu gewinnen.

Durch Aufbau und systematische Pflege der Alumni-Vereinigungen werden
Netzwerke geschaffen, auf die sich Politik, Wirtschaft und Gesellschaft stützen
können.

Auch deutsche Unternehmen im Ausland haben zum Teil noch nicht erkannt,
welches Potential Absolventen von deutschen Auslandsschulen für sie haben
können. Besonders aufgrund ihrer Deutsch- und Deutschlandkenntnisse sind
diese Kandidaten für Tätigkeiten in diesen Firmen prädestiniert, was bei der Per-
sonalauswahl noch viel mehr gewürdigt und berücksichtigt werden sollte.

Ein enges und koordiniertes Zusammenwirken und wechselseitige Unterstüt-
zung der Mittler der deutschen Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik und der
deutschen Auslandsschulen mit den deutschen Auslandsvertretungen ist unver-
zichtbar, um die Kulturpolitik Deutschlands im jeweiligen Gastland sichtbar
werden zu lassen.

III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– die bestehenden deutschen Auslandsschulen nachhaltig zu unterstützen und
zu fördern und dabei insbesondere die Möglichkeiten Öffentlich-Privater
Partnerschaft stärker als bisher zu nutzen,

– eine ausreichende finanzielle Unterstützung im Schulfonds zu gewährleisten,
um Planungssicherheit für die deutschen Auslandsschulen zu erhalten,

– die Förderung deutscher Schulen im Ausland so flexibel zu gestalten, dass
vor Ort Möglichkeiten für eigene und ortspezifische Initiativen der Schulen
bestehen bleiben,

– darauf zu achten, dass die Zahl und die Qualifikation der Auslandslehrkräfte
dem Anspruch eines hohen Standards der Schulen und der internationalen

Konkurrenzfähigkeit entsprechen,

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/9303

– sowohl die aus Deutschland entsandten Lehrer gut auf ihren Einsatz vorzube-
reiten als auch die Ortskräfte regelmäßig fortzubilden, um ein hohes Niveau
der Auslandsschulen zu halten,

– die Zusammenarbeit zwischen den deutschen Hochschulen und den Absol-
venten der deutschen Auslandsschulen zu unterstützen und zu verbessern,

– die Bauvorhaben der deutschen Auslandsschulen sicherzustellen,

– die Vergabe von Stipendien an begabte ausländische Schüler, insbesondere
aus einkommensschwachen Familien zu ermöglichen,

– deutsche Unternehmen und Institutionen zu ermuntern, mehr auf das Poten-
tial und die Sprachkompetenz der Absolventen von deutschen Auslandsschu-
len zurückzugreifen.

Berlin, den 28. Mai 2008

Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und Fraktion
Dr. Peter Struck und Fraktion

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