BT-Drucksache 16/9282

Positionen der Bundesregierung zur europäischen Rundfunkpolitik

Vom 26. Mai 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9282
16. Wahlperiode 26. 05. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Grietje Staffelt, Dr. Uschi Eid, Undine Kurth (Quedlinburg) und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Positionen der Bundesregierung zur europäischen Rundfunkpolitik

Obwohl Rundunkpolitik in der Europäischen Union Angelegenheit der Mit-
gliedstaaten ist, prägt die Europäische Kommission diese zu immer weiteren
Teilen mit.

Zum Ersten hat die Kommission 2007 einen Kompromiss mit der Bundesregie-
rung im Beihilfeverfahren über die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten in Deutschland getroffen. Dieser Kompromiss wird aktuell
durch den 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag in deutsches Recht umgesetzt.
Die Vereinbarung zwischen der Europäischen Kommission und der Bundesre-
gierung sieht vor, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten im digitalen Bereich
neue Angebote nur dann anbieten dürfen, wenn diese zuvor durch einen so ge-
nannten Drei-Stufen-Test genehmigt worden sind. Nach dem aktuellen Entwurf
des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages sind jedoch noch weiter gehende
Beschränkungen vorgesehen. Zum Beispiel soll der Großteil der Sendungen im
Internet lediglich für sieben Tage zum Abruf bereitgestellt werden dürfen und
nur „sendungsbezogen“ zugelassen sein.

Zum Zweiten hat die Europäische Kommission ein Konsultationsverfahren zur
Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eingeleitet. Diese Konsulta-
tion dient einer etwaigen Überarbeitung der Mitteilung über die Anwendung der
Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Zum Dritten hat die Kommission Ende des letzten Jahres Vorschläge zur No-
vellierung des Telekommunikationspaketes vorgelegt, die auch für den Rund-
funk von Relevanz sind. In den Entwürfen schlägt die Europäische Kommis-
sion unter anderem eine Neuordnung der Frequenzpolitik vor, wodurch Fre-
quenzen handelbar werden können. Ebenso wird in dem Entwurf der Grundsatz
der Dienste- und Technologieneutralität für die Frequenzverwaltung festgelegt.
Diese Änderungen berühren Interessen der deutschen Medien- und Rundfunk-
politik, sind doch Rundfunkfrequenzen für die Verbreitung des analogen und
digitalen terrestrischen Rundfunks elementar. Bislang werden Rundfunkfre-
quenzen von den nationalen Behörden in jedem Mitgliedstaat der Europäischen
Union selbst verwaltet und zugeteilt.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie beurteilt die Bundesregierung den vorliegenden Entwurf des 12. Rund-
funkänderungsstaatsvertrags, der die Umsetzung des zwischen der Bundes-
regierung und der Europäischen Kommission gefundenen Kompromisses
zur Abwendung eines Beihilfeverfahrens darstellt?

2. Hält die Bundesregierung den im oben genannten Kompromiss festgehalte-
nen so genannten Drei-Stufen-Test für ausreichend, um den Vorgaben der
Europäischen Kommission gerecht zu werden?

Drucksache 16/9282 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
3. Unterstützt die Bundesregierung eine Eins-zu-eins-Umsetzung des zwi-
schen ihr und der Europäischen Kommission gefundenen Kompromisses
im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag?

4. Wie steht die Bundesregierung zu der im Entwurf des 12. Rundfunkände-
rungsstaatsvertrags vorgesehenen Regulierung, wonach öffentlich-recht-
liche Angebote im Internet nur „sendungsbezogen“ zugelassen und in der
Regel nur für sieben Tage abrufbar sein sollen?

5. Wie kann der so genannte Drei-Stufen-Test aus Sicht der Bundesregierung
am effektivsten im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag umgesetzt werden?

6. Ist der Bundesregierung bekannt, ob die Europäische Kommission den mit
Deutschland im Beihilfeverfahren gefundenen Kompromiss auch auf an-
dere europäische Mitgliedstaaten anzuwenden gedenkt?

7. Wie schätzt die Bundesregierung die tatsächlichen Chancen ein, den Rund-
funk in nationaler Hand zu belassen – bzw. welche Subsumierungen unter
Binnenmarktkriterien befürchtet die Bundesregierung?

8. Welche Position vertritt die Bundesregierung bezüglich der von der Euro-
päischen Kommission vorgeschlagenen Änderungen der Frequenzverwal-
tung im Entwurf des Telekommunikationspaketes, wonach neben der Libe-
ralisierung auch Kompetenzen der Mitgliedstaaten an die Europäische
Kommission übertragen werden sollen?

9. Wie kann sichergestellt werden, dass das Recht der Mitgliedstaaten, Fre-
quenzen national und vorrangig dem Rundfunk zuzuweisen, unangetastet
bleibt?

10. Entspricht es dem Ziel der Bundesregierung, dass Frequenzbereiche der
digitalen Dividende, die gegebenenfalls an die Anbieter mobiler Breitband-
dienste gegeben werden, primär für den Breitbandausbau im ländlichen
Raum genutzt werden sollen und nicht für zusätzliche Dienste in den Bal-
lungsgebieten?

Falls ja, wie und durch welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung
dies zu garantieren?

11. Inwieweit fließt die Position des Beauftragten der Bundesregierung für
Kultur und Medien, Staatsminister Bernd Neumann, in die deutsche Posi-
tion bei den Verhandlungen über das Telekommunikationspaket im Rat der
Europäischen Union ein, bei denen das Bundesministerium für Wirtschaft
und Technologie die Federführung innehat?

12. Inwiefern stimmt sich die Bundesregierung mit den Bundesländern, die für
die Frequenzverwaltung bisher zuständig sind, vor den Verhandlungen im
Rat zum Telekommunikationspaket ab?

13. Wie beurteilt die Bundesregierung die Entwürfe der Berichterstatter zum
Entwurf des Telekommunikationspaketes im Europäischen Parlament, die
Mitte April 2008 veröffentlicht wurden?

14. Wie bewertet die Bundesregierung die vorgeschlagenen Regelungen inner-
halb der Richtlinien des Telekommunikationspaketes in Bezug auf Ver-
braucherschutz und Spam?

Berlin, den 26. Mai 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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