BT-Drucksache 16/923

Bedeutung der Sammelausfuhrgenehmigung und Gemeinschaftsprogramme für Rüstungsexporte

Vom 9. März 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/923
16. Wahlperiode 09. 03. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Paul Schäfer (Köln), Katrin Kunert, Ulla Lötzer, Dr. Herbert
Schui, Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion DIE LINKE.

Bedeutung der Sammelausfuhrgenehmigungen und Gemeinschaftsprogramme
für Rüstungsexporte

Nach eigenen Angaben genehmigte die Bundesregierung zwischen 1998 und
2004 den Export von Rüstungsgütern, die in der Ausfuhrliste Teil 1 A (AL 1A)
aufgeführt sind, mit einem Gesamtwert von etwa 42,3 Mrd. Euro. Ein erheb-
licher Anteil dieses Genehmigungsvolumens – etwa 42 Prozent oder 17,9 Mrd.
Euro – ist auf erteilte Sammelausfuhrgenehmigungen (SAG) zurückzuführen.

Zu diesen Sammelausfuhrgenehmigungen finden sich in den jährlich vorgeleg-
ten „Berichten der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle
Güter“ keine über die insgesamt genehmigten Lizenzen und deren Gesamtwert
hinausgehenden und weiterführenden Angaben. Dies erschwert die Nachvoll-
ziehbarkeit und Beurteilung der deutschen Genehmigungspraxis für Rüstungs-
exporte.

In diesem Zusammenhang sind auch die langfristigen Gemeinschaftsprogram-
me und Kooperationen von Bedeutung. Im Rahmen der Ausfuhrkontrolle bietet
ein solcher Status beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie die
Grundlage für privilegierte Antrags- und Genehmigungsverfahren für den Ex-
port genehmigungspflichtiger Rüstungsgüter.

Wir fragen die Bundesregierung:

I. Statistische Angaben zu „Internationalen Gemeinschaftsprogrammen“

1. Wie viele „Internationale Gemeinschaftsprogramme“ und Kooperationen für
staatliche Rüstungskooperationsvorhaben waren am 1. Februar 2006 beim
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie als aktiv registriert?

2. Wie viele privatwirtschaftliche Kooperationen waren als Kooperationspro-
gramme anerkannt und waren am 1. Februar 2006 beim Bundesministerium
für Wirtschaft und Technologie als aktiv registriert?

3. Welche Partnerstaaten sind wie häufig an den Vorhaben aus 1. beteiligt?

4. Aus welchen Partnerstaaten kommen die an 2. beteiligten Unternehmen?
5. Für wie viele der in 1. und 2. erwähnten Rüstungskooperationsvorhaben wur-
den zwischen 1998 und 2004 Sammelausfuhrgenehmigungen beantragt
(nach Jahren aufgeschlüsselt)?

6. Auf welche Leitposten der Ausfuhrliste Teil 1 A verteilen sich derzeit die
in 1. und 2. erwähnten Kooperationsvorhaben?

Drucksache 16/923 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

II. Bedeutung der „Internationalen Gemeinschaftsprogramme“

7. Welche wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Bedingungen müssen
für die Einstufung als „Internationales Gemeinschaftsprogramm“ bzw. ent-
sprechendes industrielles Kooperationsvorhaben erfüllt werden?

8. Welche exportgenehmigungsrechtlichen Konsequenzen hat die Gewährung
einer Anerkennung als „Internationales Gemeinschaftsprogramm“?

9. Welche durchschnittliche Laufzeit haben die „Internationalen Gemein-
schaftsprogramme“?

10. Verpflichtet sich die Bundesregierung mit der Anerkennung eines Rüs-
tungskooperationsvorhabens als „Internationales Gemeinschaftsprogramm“
während der gesamten Laufzeit des Programms die Lieferung von Ersatztei-
len aus dem Bundesgebiet zu garantieren?

11. Unter welchen Bedingungen dürfen die Partnerstaaten eines Gemein-
schaftsprogramms das fertige Rüstungsprodukt und/oder Teile davon ohne
explizite Genehmigung der Bundesregierung exportieren?

12. Wie wird bei einem „Internationalen Gemeinschaftsprogramm“ der Endver-
bleib der einzelnen Rüstungskomponenten und des Endprodukts geregelt?

13. An wie vielen dieser Programme sind Unternehmen oder Regierungen
außerhalb der NATO und der EU beteiligt und welche Länder sind dies?

III. Statistische Angaben zu Sammelausfuhrgenehmigungen

14. Wie viele Sammelausfuhrgenehmigungen (SAG) wurden in den Jahren
1998 bis 2004 beantragt und genehmigt (nach Jahren und Empfängerstaaten
bzw. multinationalen Programmbüros aufgeschlüsselt)?

15. Auf welche Posten der Ausfuhrliste 1A verteilten sich die SAG (aufge-
schlüsselt nach Jahr der Erteilung und Leitposten der AL 1A)?

16. Ist es für die Bundesregierung möglich, die durch SAG genehmigten und
dann auch real getätigten Exporte deutscher Rüstungsgüter zollrechtlich
und statistisch zu erfassen?

Wenn ja, welchen Wert hatten diese Exporte (nach Jahren aufgeschlüsselt)?

17. Auf welche Art und Weise stellt die Bundesregierung fest, in welchem Aus-
maß das durch eine SAG genehmigte Volumen – sowohl in Bezug auf die
Menge als auch den Wert der Waren – ausgeschöpft wurde?

IV. Bestimmungen für die Sammelausfuhrgenehmigungen

18. Wie ist die Kontrolle des Endverbleibs der mittels einer SAG gelieferten
Rüstungskomponente geregelt?

19. Für wie viele der zwischen 1998 und 2004 erteilten SAG lag auch eine
Garantie über die Endverwendung oder den Endverbleib vor?

20. Für welche Rüstungsexporte darf unter welchen wirtschaftlichen, politi-
schen und rechtlichen Bedingungen eine SAG beantragt werden?

21. Wurden SAG auch für den Aufbau von Rüstungsproduktionsanlagen geneh-
migt?

22. Für den Rüstungsexport in welche Staaten kann eine SAG beantragt
werden?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/923

V. „Globale Projektgenehmigungen“

23. Wie unterscheiden sich „Globale Projektgenehmigungen“ (GPG) von
SAG?

24. Kann ein deutsches Unternehmen von den zuständigen Behörden in
Deutschland die Erteilung einer GPG beantragen?

Wenn ja, wie?

25. Wie viele „Globale Projektgenehmigungen“ wurden von den Vertragsstaa-
ten des „Rahmenabkommens über Maßnahmen zur Erleichterung der
Umstrukturierung und Tätigkeit der Europäischen Rüstungsindustrie“ für
Rüstungskooperationsprogramme in den Jahren 2004 und 2005 erteilt?

26. Waren deutsche Unternehmen oder die Bundesregierung an einem solchen
Rüstungskooperationsprogramm beteiligt?

Wenn ja, an welchen Programmen mit welchen Staaten?

27. Welche exportrechtliche Wirkung entfaltet die Existenz einer GPG für einen
deutschen Zulieferer von Rüstungsgüter zu diesem Rüstungsprogramm,
wenn als Teil des Rüstungskooperationsprogramms auch Rüstungsexporte
an Nichtvertragsparteien vorgesehen sind und die entsprechenden Empfän-
gerländer bereits einvernehmlich zwischen den betreffenden Vertragspar-
teien vereinbart wurden?

VI. Erfassung der „Internationalen Gemeinschaftsprogramme“ und SAG

28. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass eine effektive Rüstungs-
kontrolle auch davon abhängt, den realen Export der genehmigten Rüstungs-
güter zu erfassen um über die tatsächliche Verbreitung deutscher rüstungs-
technologischer Produkte informiert zu sein?

29. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die öffentliche Teilhabe und
Nachvollziehbarkeit der Genehmigungspraxis für Rüstungsgüter Bestand-
teil einer effektiven und demokratischen Rüstungskontrollpolitik sind und
die Glaubwürdigkeit der deutschen Rüstungsexportpolitik stärken?

30. Welche Gründe sprechen gegen eine detaillierte Auflistung der SAG und/
oder der gültigen und laufenden „Internationalen Gemeinschaftsprogram-
me“ im nächsten Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für
konventionelle Rüstungsgüter?

31. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung einleiten, um die Transpa-
renz bei rüstungsexportrelevanten Sondergenehmigungen und Sonderver-
fahren zu verbessern?

Berlin, den 9. März 2006

Paul Schäfer (Köln)
Katrin Kunert
Ulla Lötzer
Dr. Herbert Schui
Dr. Kirsten Tackmann
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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