BT-Drucksache 16/9170

Vergütung psychotherapeutischer Leistungen

Vom 9. Mai 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9170
16. Wahlperiode 09. 05. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgitt Bender, Elisabeth Scharfenberg, Dr. Harald Terpe,
Kerstin Andreae, Christine Scheel, Irmingard Schewe-Gerigk und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Vergütung psychotherapeutischer Leistungen

Mit der Einführung des Psychotherapeutengesetzes im Jahr 1998 wurden
Psychologische Psychotherapeutinnen und - therapeuten sowie Kinder- und
Jugendtherapeutinnen und -therapeuten in die Kassenärztlichen Vereinigungen
aufgenommen. Seither prozessieren Psychotherapeutinnnen und - therapeuten
immer wieder bis vor das Bundessozialgericht (BSG) um ein angemessenes
Honorar. In allen bisher ergangenen Urteilen hat das BSG den Psychotherapeu-
tinnen und - therapeuten Recht gegeben. Weil psychotherapeutische Leistungen
nach dem Stundenlohnprinzip vergütet werden, ist es Psychotherapeutinnen
und - therapeuten verwehrt, ihr Einkommen dadurch zu erhöhen, dass sie – wie
im somatischen Bereich möglich – mehr Leistungen je Zeiteinheit erbringen.
Aus diesem Grund hat das Bundessozialgericht dieser Berufsgruppe einen fes-
ten Mindestpunktwert zugestanden. Eine zentrale Aussage des BSG-Urteils
vom 28. Januar 2004 ist: „Den Psychotherapeuten muss es jedenfalls im typi-
schen Fall möglich sein, bei größtmöglichem persönlichem Einsatz des Praxis-
inhabers und optimaler Praxisauslastung zumindest den Durchschnittsüber-
schuss vergleichbarer Arztgruppen zu erreichen.“

Der Gesetzgeber hat die grundsätzlichen Unterschiede in der Vergütungssyste-
matik und die Grundsätze des BSG in § 87 Abs. 2c Satz 6 des Fünften Buches
Sozialgesetzbuch (SGB V) übernommen. Danach hat die Bewertung psycho-
therapeutischer Leistungen eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeitein-
heit zu gewährleisten.

Der Bewertungsausschuss nach § 87 Abs. 3 SGB V, in dem je sieben Vertrete-
rinnen und Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Kran-
kenkassen den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) festlegen, hat nach
Angaben der Bundespsychotherapeutenkammer die BSG-Maßgabe eines Min-
desthonorars jedoch stets nur so umgesetzt, dass Psychotherapeutinnen und - the-
rapeuten diese Mindesthonorare unter keinen Umständen überschreiten kön-
nen. Die Psychotherapie würde nicht annähernd so vergütet wie die somatische
Medizin.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche durchschnittlichen Jahresumsätze erzielen psychotherapeutische,
hausärztliche sowie Praxen der fachärztlichen Versorgung (aufgesplittet
nach exemplarischen Facharztgruppen) in den einzelnen Bundesländern?

2. a) Wie hoch ist das Einkommen vor Steuern (Praxisüberschuss) von Psy-
chologischen Psychotherapeutinnen und -therapeuten, von Kinder- und

Drucksache 16/9170 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Jugendpsychotherapeutinnen und -therapeuten, von ärztlichen Psycho-
therapeutinnen und -therapeuten, von Haus- sowie von Fachärztinnen
und - ärzten (aufgesplittet nach exemplarischen Facharztgruppen) in den
einzelnen Bundesländern?

b) In welcher Höhe wurden Betriebskosten bei den jeweiligen Arztgruppen
berücksichtigt?

3. Wie bewertet die Bundesregierung die bisherige Umsetzung der Bundes-
sozialgerichtsurteile zur Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen
durch die gemeinsame Selbstverwaltung von Krankenkassen und der Kas-
senärztlicher Bundesvereinigung?

4. Geht die Bundesregierung davon aus, dass bei der bis zum 31. Oktober 2008
erforderlichen Beschlussfassung des Bewertungsausschusses zur Umset-
zung der ab 2009 in den EBM zu verlagernden Honorarverteilung (statt der
bisherigen regionalen Honorarverteilung) der von den Psychotherapeutinnen
und - therapeuten erwarteten Umsetzung der Bundessozialgerichtsurteile
Geltung verschafft wird, und welchen Anforderungen müsste aus Sicht der
Bundesregierung bei dieser Entscheidung von der Selbstverwaltung Rech-
nung getragen werden?

5. Wie bewertet die Bundesregierung die von Psychotherapeutinnen und
-therapeuten geäußerte Befürchtung, dass bei der Einführung des allge-
meinen Orientierungspunktwerts (ab 2009) und der damit verbundenen Ver-
gütungsreform probatorische Sitzungen unter ein Regelleistungsvolumen
fallen, das – aufgrund der geringen Vergütung in der Vergangenheit – so eng
bemessen sein wird, dass eine sinnvolle diagnostische Abklärung vor einer
Psychotherapie nicht möglich sein wird?

Berlin, den 14. Mai 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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