BT-Drucksache 16/900

zu 51 gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag eingegangenen Wahleinsprüchen

Vom 10. März 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/900
16. Wahlperiode 10. 03. 2006

Erste Beschlussempfehlung
des Wahlprüfungsausschusses

zu 51 gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
eingegangenen Wahleinsprüchen

A. Problem

Gemäß Artikel 41 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes ist die Wahlprüfung Sache
des Deutschen Bundestages. Dieser hat nach den Bestimmungen des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) auf der Grundlage von Beschlussempfehlungen
des Wahlprüfungsausschusses über die Einsprüche zur Gültigkeit der Wahl
zum 16. Deutschen Bundestag zu entscheiden. Insgesamt sind 194 Wahl-
einsprüche eingegangen. Die jetzt zur Beschlussfassung vorgelegten Entschei-
dungen behandeln 51 Einsprüche. Die Beschlussempfehlungen zu den übrigen
Einsprüchen werden jeweils nach Abschluss der Beratungen im Wahlprüfungs-
ausschuss vorgelegt.

B. Lösung

– Zurückweisung von 32 Wahleinsprüchen ohne mündliche Verhandlung
wegen offensichtlicher Unbegründetheit (§ 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG) oder
wegen Unzulässigkeit (§ 6 Abs. 1a Nr. 1 und 2 WPrüfG) – vgl. Nr. 1 der
Beschlussempfehlung;

– Verfahrenseinstellung bei 19 Wahleinsprüchen wegen Rücknahme des Ein-
spruchs (§ 2 Abs. 6 WPrüfG) oder sonstiger Erledigungsgründe – vgl. Num-
mer 2 der Beschlussempfehlung.

Offensichtlich unbegründet sind Einsprüche,

a) die einen Sachverhalt vortragen, der einen Fehler bei der Vorbereitung und
Durchführung der Wahl nicht erkennen lässt;

b) die sich auf die Behauptung der Verfassungswidrigkeit von Rechtsvorschrif-
ten stützen (nach ständiger Praxis des Deutschen Bundestages in Wahl-
prüfungsangelegenheiten bleibt die Feststellung einer Verfassungswidrigkeit
dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten);

c) die mangels ausreichender Angabe von Tatsachen nicht erkennen lassen, auf

welchen Tatbestand der Einspruch gestützt wird;

d) die sich auf nachprüfbare Mängel bei der Vorbereitung oder Durchführung
der Wahl stützen, ohne dass diese Mängel aber einen Einfluss auf die
Mandatsverteilung haben können.

Drucksache 16/900 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

C. Alternativen

Keine hinsichtlich der Ergebnisse der Entscheidungen.

Der Wahlprüfungsausschuss ist entsprechend seinem Selbstverständnis und
seiner ständigen Praxis allen behaupteten Wahlmängeln nachgegangen, auch
wenn sie keinen Einfluss auf die Mandatsverteilung im 16. Deutschen Bundes-
tag hatten. Diese Art der Behandlung soll dafür Sorge tragen, dass sich fest-
gestellte Wahlmängel bei künftigen Wahlen möglichst nicht wiederholen.

D. Kosten

Keine

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/900

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

1. die aus den Anlagen 1 bis 32 ersichtlichen Beschlussempfehlungen zu Wahl-
einsprüchen anzunehmen,

2. die Verfahren zu folgenden 19 Wahleinsprüchen einzustellen:

WP 01/05, WP 03/05, WP 04/05, WP 05/05, WP 10/05, WP 11/05,
WP 16/05, WP 18/05, WP 19/05, WP 20/05, WP 21/05, WP 22/05,
WP 24/05, WP 29/05, WP 59/05, WP 68/05, WP 119/05, WP 164/05,
WP 169/05.

Berlin, den 9. März 2006

Der Wahlprüfungsausschuss

Thomas Strobl (Heilbronn)
Vorsitzender und Berichterstatter

Klaus-Uwe Benneter
Berichterstatter

Ernst Burgbacher
Berichterstatter

Dr. Carl-Christian Dressel
Stellv. Vorsitzender und Berichterstatter

Dr. Wolfgang Götzer
Berichterstatter

Bernhard Kaster
Berichterstatter

Ulrich Maurer
Berichterstatter

Petra Merkel (Berlin)
Berichterstatterin

Drucksache 16/900 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Inhaltsverzeichnis zum Anlagenteil

Beschlussempfehlungen zu den einzelnen Wahleinsprüchen

Aktenzeichen Betreff Berichterstatter/in Anlage Nr. Seite

WP 93/05 Dortmunder Briefwahl Abg. Kaster/Abg. Maurer 1 5

WP 31/05 Dortmunder Briefwahl Abg. Kaster/Abg. Maurer 2 7

WP 46/05 Dortmunder Briefwahl Abg. Kaster/Abg. Maurer 3 9

WP 47/05 Dortmunder Briefwahl Abg. Kaster/Abg. Maurer 4 11

WP 48/05 Dortmunder Briefwahl Abg. Kaster/Abg. Maurer 5 13

WP 51/05 Dortmunder Briefwahl Abg. Kaster/Abg. Maurer 6 15

WP 53/05 Dortmunder Briefwahl Abg. Kaster/Abg. Maurer 7 17

WP 83/05 Dortmunder Briefwahl Abg. Kaster/Abg. Maurer 8 19

WP 122/05 Dortmunder Briefwahl Abg. Kaster/Abg. Maurer 9 21

WP 136/05 Dortmunder Briefwahl Abg. Kaster/Abg. Maurer 10 23

WP 57/05 Überhangmandate Abg. Strobl (Heilbronn) 11 27

WP 177/05 Überhangmandate Abg. Strobl (Heilbronn) 12 29

WP 180/05 Überhangmandate Abg. Strobl (Heilbronn) 13 31

WP 99/05 5-Prozent-Sperrklausel Abg. Benneter 14 33

WP 86/05 Unterschriftenquoren Abg. Maurer 15 35

WP 172/05 Ausgestaltung Wahlsystem Abg. Maurer 16 39

WP 105/05 Zulassung Partei u.a. Abg. Dr. Dressel 17 45

WP 06/05 Allgemeine Gründe Abg. Dr. Dressel 18 47

WP 113/05 Wahlkampf u.a. Abg. Burgbacher 19 49

WP 125/05 Nichtzulassung zur Stimmabgabe Abg. Burgbacher 20 51

WP 55/05 Identitätskontrolle im Wahllokal Abg. Merkel (Berlin) 21 53

WP 148/05 Identitätskontrolle im Wahllokal Abg. Merkel (Berlin) 22 55

WP 37/05 Verwendung von Bleistiften Abg. Merkel (Berlin) 23 57

WP 27/05 Gestaltung des Stimmzettels Abg. Merkel (Berlin) 24 59

WP 70/05 Verwendung von Bleistiften Abg. Merkel (Berlin) 25 61

WP 75/05 Einrichtung der Wahlzellen Abg. Merkel (Berlin) 26 63

WP 115/05 Allgemeine Gründe Abg. Merkel (Berlin) 27 65

WP 131/05 Allgemeine Gründe Abg. Merkel (Berlin) 28 67

WP 132/05 Allgemeine Gründe Abg. Merkel (Berlin) 29 69

WP 153/05 Einspruchsfrist Abg. Benneter 30 71

WP 50/05 Einspruch per E-Mail Abg. Kaster 31 73
WP 12/05 Einspruch per E-Mail Abg. Benneter/Abg. Dr. Götzer 32 75

Briefwählers entsprechender Stimmzettel beigefügt worden
war. Nach Bekanntwerden des Fehlers am 3. September

gültigen Stimmen ausgegangen und dies später auf 10 533
korrigiert wurde, wird mit möglichen Zählfehlern durch die
Belastung des Wahlabends erklärt. Die wegen Vertauschung
Fehler beim Austausch bzw. der Neuausstellung von Wahl-
unterlagen sowie im Wahllokal eingeräumt. So seien mit der
Folge von Zeitverzögerungen angesichts ungenauer Anga-

Einspruchsführer ein für die Sitzverteilung maßgeblicher
Einfluss auf das Zweitstimmenergebnis der CDU in Nord-
rhein-Westfalen nicht außerhalb jeder Möglichkeit. Bean-
2005 unterrichtete die Stadt Dortmund die Bevölkerung in
Radio und Fernsehen sowie mittels Presse über die Versen-
dung möglicherweise falscher Stimmzettel. Mit Schreiben
vom 6. September 2005 wurden dann alle von der Privat-
firma mit Briefwahlunterlagen Versorgten gebeten, den
jeweils erhaltenen Stimmzettel zu überprüfen. Außerdem
wurden sie über die Möglichkeiten zur korrekten Stimm-
abgabe informiert und es wurde auch – unter Hinweis auf die
Nutzung des E-Mail-Verkehrs, das städtische Call- Center
oder das Aufsuchen des kommunalen Wahlbüros oder des
Bürgerbüros – angeboten, den Stimmzettel auszutauschen
oder den bisherigen Wahlschein für ungültig erklären zu las-
sen und neue Briefwahlunterlagen zu erhalten.

In einem dem Wahlprüfungsausschuss vorliegenden Bericht
der Stadt Dortmund vom 23. September 2005 werden auch

ungültigen Erststimmen liegen mit 10 272 etwas niedriger.

Im Einspruch wird gerügt, dass der Fehler anfangs in sei-
nem Ausmaß verkannt worden sei. Das erwähnte Infor-
mationsschreiben an die Betroffenen sei erst auf Betreiben
der CDU ergangen. Viele Betroffene hätten ihre Bemühun-
gen um richtige Wahlunterlagen wegen der Schwierigkei-
ten, das städtische Call-Center zu erreichen, oder wegen
Überfüllung der Bezirksverwaltungsstellen aufgegeben. Be-
sonders gravierend sei, dass eine große Zahl der Wahl-
berechtigten wegen Ortsabwesenheit überhaupt nicht in den
Besitz der richtigen Wahlunterlagen habe kommen können
bzw. den Sachverhalt erst nach der Wahl erfahren habe.

Angesichts des Ausmaßes der Unregelmäßigkeit mit rund
12 000 für ungültig erklärten Stimmzetteln liegt für den
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/900

Anlage 1

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des CDU-Kreisverbandes Dortmund,
vertreten durch den Kreisvorsitzenden E. F. und den Geschäftsführer R. B.

– Az.: WP 93/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 10. Oktober 2005 hat der CDU-Kreis-
verband Dortmund, vertreten durch den Kreisvorsitzenden
E. F. und den Geschäftsführer R. B., gegen die Gültigkeit
der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag am 18. September
2005 Einspruch eingelegt.

Der Einspruch betrifft die in einer großen Zahl der Fälle zur
Ungültigkeit der abgegebenen Stimmen führenden Vertau-
schung von Stimmzetteln bei der Versendung von Brief-
wahlunterlagen in den beiden Dortmunder Wahlkreisen 143
und 144.

Die Stadt Dortmund ließ einen Teil der für die beiden
Wahlkreise zu versendenden Briefwahlunterlagen durch
eine Privatfirma verpacken und verschicken, ohne darauf
aufmerksam zu machen, dass die Stimmzettel getrennt nach
den beiden Wahlkreisen den Wahlunterlagen beizufügen
seien. Deshalb wurden am 2. September 2005 rund 50 000
Briefwahlunterlagen in den Postversand gegeben, ohne dass
darauf geachtet worden ist, ob jeweils ein der Anschrift des

und ein neuer ausgestellt werden sollte. Im Wahllokal hätten
Wähler nicht zugelassen werden können, die mit einem für
ungültig erklärten Wahlschein wählen wollten und erklärt
hätten, keine neuen Unterlagen bekommen zu haben. Es
habe auch Fehler bei der Zusendung der neuen Unterlagen
gegeben, was auf die enorme Belastung der Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter im betreffenden Zeitraum zurückzufüh-
ren sei.

Insgesamt sind laut Angaben der Landeswahlleiterin zwi-
schen 22 000 und 25 000 Stimmzettel ausgetauscht und ins-
gesamt 12 321 Wahlscheine, letztere teilweise auch aus an-
deren Gründen, für ungültig erklärt worden. Im Ergebnis ist
schließlich mit 10 533 vertauschten Stimmzetteln gewählt
worden; davon beruhte in 10 433 Fällen die Ungültigkeit
der Zweitstimme auf der Vertauschung und nicht – wie für
den Rest – auf anderen Gründen. Auf Nachfrage sind die
beiden Zahlenwerte – insgesamt 10 533, aber 10 433 nur
wegen Vertauschung ungültig – von der Landeswahlleiterin
bestätigt worden. Dass zunächst von insgesamt 10 504 un-
ben insbesondere im E-Mail-Verkehr neue Stimmzettel ver-
sandt worden, obwohl der Wahlschein für ungültig erklärt

tragt wird, die Wahl in den beiden Wahlkreisen für ungültig
zu erklären und eine Wiederholungswahl anzuordnen. Wei-

terhin sei der Wahlfehler festzustellen und darauf hinzu-
wirken, dass eine Wiederholung bei nachfolgenden Wahlen
ausgeschlossen ist.

Laut Landeswahlleiterin und Bundeswahlleiter sind die ver-
tauschten Stimmzettel gesondert ausgezählt worden. Nach
den dem Wahlprüfungsausschuss vorliegenden Modell-
rechnungen sowohl des Bundeswahlleiters als auch des
Landesamts für Datenverarbeitung und Statistik, erstellt im
Auftrag der Landeswahlleiterin, hätte sich auch bei Wertung
der ungültigen Zweitstimmen keine Veränderung bei der
Zuteilung der Sitze ergeben. So hat der Bundeswahlleiter in
einer ersten Modellrechnung die Zahl der wegen Vertau-
schung ungültigen Zweitstimmen der Parteien SPD, CDU,
GRÜNE, FDP, Die Linke. den jeweiligen Parteien zuge-
rechnet. (Zugerechnet wurden für SPD: 5 129; CDU: 3 043;
GRÜNE: 445; FDP: 648; Die Linke.: 810.) Dabei haben
sich keine mandatsrelevanten Verschiebungen bei der Ver-
teilung der Zweitstimmen auf die Listenverbindungen
(„Oberverteilung“) oder bei der Verteilung der Mandate der
Parteien auf ihre Landeslisten („Unterverteilung“) ergeben.
In einer zweiten Modellrechnung wurden die 10 433 Stim-
men jeweils insgesamt einer der genannten Parteien zuge-
rechnet. Auch dies bewirkte – abgesehen von der FDP –
keine Veränderungen. Im Falle der FDP würden 8 002
Zweitstimmen als einzige Auswirkung ein FDP-Mandat von
Sachsen nach Nordrhein-Westfalen verschieben.

Bezüglich der Erststimmen ist laut Landeswahlleiterin die
Vertauschung angesichts des mit jeweils über 40 000 Stim-
men deutlichen Vorsprungs der in den beiden Wahlkreisen
erfolgreichen Bewerber ohne Bedeutung.

Weder der Bundeswahlleiter noch die Landeswahlleiterin
des Landes Nordrhein-Westfalen sahen Anlass, in amtlicher
Eigenschaft gemäß § 2 Abs. 2 des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) Einspruch einzulegen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3
WPrüfG von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Die Versendung falscher Stimmzettel für die Teilnahme an
der Briefwahl in den Wahlkreisen Dortmund I und II stellt
einen Fehler bei der Vorbereitung und Durchführung der
Bundestagswahl dar. Dieser Fehler geht auf eine unterblie-
bene Information durch die Stadt Dortmund an die mit der
Verpackung und Versendung beauftragte Firma zurück. Im
Ergebnis hat dieser Fehler trotz der im Tatbestand angespro-
chenen Bemühungen um Abhilfe dazu geführt, dass wegen
Verwendung des falschen Stimmzettels die betroffenen
Erst- und Zweitstimmen zutreffend gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1
des Bundeswahlgesetzes als ungültig gewertet wurden.

Dennoch führt dieser Wahlfehler nicht zur Begründetheit
des Einspruchs. Nach ständiger Rechtsprechung des Bun-
desverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsaus-
schuss und der Deutsche Bundestag stets angeschlossen ha-

Beschlussempfehlung auf Bundestagsdrucksache 15/1850,
S. 158), können nämlich nur solche Wahlfehler einen Wahl-
einspruch erfolgreich begründen, die auf die Mandatsvertei-
lung von Einfluss sind oder hätten sein können. Infolgedes-
sen scheiden alle Verstöße von vornherein als unerheblich
aus, die die Ermittlung des Wahlergebnisses nicht berühren
(seit BVerfGE 4, 370, 372 ständige Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts). Selbst solche Wahlfehler, die
die Ermittlung des Wahlergebnisses betreffen, sind dann
unerheblich, wenn sie angesichts des Stimmenverhältnisses
keinen Einfluss auf die Mandatsverteilung haben können.

Die oben zitierten Modellrechnungen belegen eindeutig,
dass die wegen Vertauschung des Stimmzettels ungültigen
Stimmen ohne Einfluss auf die Verteilung der Mandate ge-
blieben sind. Dies gilt zunächst für die Berücksichtigung
der Zweitstimmen. So belegt z. B. die Modellrechnung des
Bundeswahlleiters, dass eine Berücksichtigung der vorsorg-
lich ausgezählten 10 433 ungültigen Zweitstimmen keine
Änderung bei den einzelnen Parteien bewirken würde. Zu-
gleich wird erkennbar, dass auch eine hypothetische Zuwei-
sung aller ungültigen Stimmen jeweils an eine Partei für die
Mandatsverteilung unerheblich wäre. Auch soweit im Falle
der FDP 8 002 zusätzliche Stimmen Auswirkungen zeigen
würden, ist dies als fern liegend zu vernachlässigen, da die
tatsächliche Auszählung nur 648 Zweitstimmen ergeben
hat.

Soweit es um die Berücksichtigung der Erststimmen geht,
fehlt es ebenfalls an einer Erheblichkeit. Im Wahlkreis 143
hat der erfolgreiche Bewerber einen Vorsprung von 42 259
Stimmen vor dem Zweitplatzierten, im Wahlkreis 144 be-
trägt dieser Vorsprung 43 842 Stimmen (vgl. Der Bundes-
wahlleiter, Wahl zum Deutschen Bundestag am 18. Septem-
ber 2005, Heft 3: Endgültige Ergebnisse nach Wahlkreisen,
S. 92 ff.).

Mangels Erheblichkeit kann auch offen bleiben, ob nach
Bekanntwerden der Vertauschung in zeitlicher und sachli-
cher Hinsicht die notwendigen Maßnahmen getroffen wor-
den sind, um möglichst vielen Wahlberechtigten noch eine
gültige Wahlteilnahme zu ermöglichen. Das Bundeswahl-
gesetz und die Bundeswahlordnung regeln die Bewältigung
vergleichbarer „Pannen“ nicht. Ohnehin erscheint es ausge-
schlossen, für eine derartige Sachlage generelle Vorgaben
anzuordnen. Die im Einzelfall zu treffenden Maßnahmen
hängen von der Art des Fehlers, seinem Ausmaß und der
noch zur Verfügung stehenden Zeit ab, die z. B. hier ange-
sichts der Bedingungen einer kurzfristig stattfindenden
Neuwahl knapp bemessen war. So erscheinen die in Dort-
mund getroffenen Maßnahmen als durchaus geeignet, den
Fehler rechtzeitig und weitestgehend zu korrigieren. Davon
abgesehen ist es angesichts des Ausmaßes des Fehlers, aber
auch der engen zeitlichen Bedingungen nachvollziehbar,
dass in Einzelfällen beim Austausch oder der Versendung
von Unterlagen oder im Wahllokal selbst keine wirksame
Abhilfe getroffen werden konnte.

Außerhalb des Wahlprüfungsverfahrens bleibt gesetzgebe-
risch zu erwägen, durch Änderung von § 39 Abs. 1 Nr. 1
des Bundeswahlgesetzes bei Vertauschung von Stimmzet-
teln in einem Bundesland jedenfalls die Zweitstimmen als
Drucksache 16/900 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
ben (vgl. z. B. für die Wahl zum 15. Deutschen Bundestag gültig werten zu können.

2005 unterrichtete die Stadt Dortmund die Bevölkerung in
Radio und Fernsehen sowie mittels Presse über die Versen-

Belastung des Wahlabends erklärt. Die wegen Vertauschung
ungültigen Erststimmen liegen mit 10 272 etwas niedriger.
Folge von Zeitverzögerungen angesichts ungenauer Anga-
ben insbesondere im E-Mail-Verkehr neue Stimmzettel ver-
sandt worden, obwohl der Wahlschein für ungültig erklärt

tauschten Stimmzettel gesondert ausgezählt worden. Nach
den dem Wahlprüfungsausschuss vorliegenden Modell-
rechnungen sowohl des Bundeswahlleiters als auch des
dung möglicherweise falscher Stimmzettel. Mit Schreiben
vom 6. September 2005 wurden dann alle von der Privat-
firma mit Briefwahlunterlagen Versorgten gebeten, den
jeweils erhaltenen Stimmzettel zu überprüfen. Außerdem
wurden sie über die Möglichkeiten zur korrekten Stimm-
abgabe informiert und es wurde auch – unter Hinweis auf die
Nutzung des E-Mail-Verkehrs, das städtische Call-Center
oder das Aufsuchen des kommunalen Wahlbüros oder des
Bürgerbüros – angeboten, den Stimmzettel auszutauschen
oder den bisherigen Wahlschein für ungültig erklären zu las-
sen und neue Briefwahlunterlagen zu erhalten.

In einem dem Wahlprüfungsausschuss vorliegenden Bericht
der Stadt Dortmund vom 23. September 2005 werden auch
Fehler beim Austausch bzw. der Neuausstellung von Wahl-
unterlagen sowie im Wahllokal eingeräumt. So seien mit der

Der Einspruchsführer, dessen Erstwohnsitz sich im Wahl-
kreis 143 befindet, trägt vor, an der Briefwahl mit einem
Stimmzettel für den Wahlkreis 144 teilgenommen zu haben.
Hinweise der Stadt Dortmund in der örtlichen Presse oder
per Brief hätten ihn aber nicht erreicht, da er sich als Stu-
dent in den Semesterferien in Lollar (Hessen) aufgehalten
habe. Dies sei dem Dortmunder Wahlamt durch seinen
online gestellten Briefwahlantrag bekannt gewesen; die
falschen Briefwahlunterlagen seien auch korrekt an seine
Adresse in Lollar geschickt worden. Falls er unter seiner
Dortmunder Adresse angeschrieben worden sein sollte,
hätte er dies nicht wahrnehmen können. Erst am 20. Sep-
tember habe er durch eine Meldung in einer Gießener Zei-
tung von dem Vorgang erfahren.

Laut Landeswahlleiterin und Bundeswahlleiter sind die ver-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/900

Anlage 2

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn S. D., 35457 Lollar
– Az.: WP 31/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 20. September 2005 hat der Einspruchs-
führer gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen
Bundestag am 18. September 2005 Einspruch eingelegt.

Der Einspruch betrifft die in einer großen Zahl der Fälle zur
Ungültigkeit der abgegebenen Stimmen führenden Vertau-
schung von Stimmzetteln bei der Versendung von Brief-
wahlunterlagen in den beiden Dortmunder Wahlkreisen 143
und 144.

Die Stadt Dortmund ließ einen Teil der für die beiden
Wahlkreise zu versendenden Briefwahlunterlagen durch
eine Privatfirma verpacken und verschicken, ohne darauf
aufmerksam zu machen, dass die Stimmzettel getrennt nach
den beiden Wahlkreisen den Wahlunterlagen beizufügen
seien. Deshalb wurden am 2. September 2005 rund 50 000
Briefwahlunterlagen in den Postversand gegeben, ohne dass
darauf geachtet worden ist, ob jeweils ein der Anschrift des
Briefwählers entsprechender Stimmzettel beigefügt worden
war. Nach Bekanntwerden des Fehlers am 3. September

ungültig erklärten Wahlschein wählen wollten und erklärt
hätten, keine neuen Unterlagen bekommen zu haben. Es
habe auch Fehler bei der Zusendung der neuen Unterlagen
gegeben, was auf die enorme Belastung der Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter im betreffenden Zeitraum zurückzufüh-
ren sei.

Insgesamt sind laut Angaben der Landeswahlleiterin zwi-
schen 22 000 und 25 000 Stimmzettel ausgetauscht und ins-
gesamt 12 321 Wahlscheine, letztere teilweise auch aus an-
deren Gründen, für ungültig erklärt worden. Im Ergebnis ist
schließlich mit 10 533 vertauschten Stimmzetteln gewählt
worden; davon beruhte in 10 433 Fällen die Ungültigkeit
der Zweitstimme auf der Vertauschung und nicht – wie für
den Rest – auf anderen Gründen. Auf Nachfrage sind die
beiden Zahlenwerte – insgesamt 10 533, aber 10 433 nur
wegen Vertauschung ungültig – von der Landeswahlleiterin
bestätigt worden. Dass zunächst von insgesamt 10 504 un-
gültigen Stimmen ausgegangen und dies später auf 10 533
korrigiert wurde, wird mit möglichen Zählfehlern durch die
und ein neuer ausgestellt werden sollte. Im Wahllokal hätten
Wähler nicht zugelassen werden können, die mit einem für

Landesamts für Datenverarbeitung und Statistik, erstellt im
Auftrag der Landeswahlleiterin, hätte sich auch bei Wertung

einer ersten Modellrechnung die Zahl der wegen Vertau-
schung ungültigen Zweitstimmen der Parteien SPD, CDU,
GRÜNE, FDP, Die Linke. den jeweiligen Parteien zuge-
rechnet. (Zugerechnet wurden für SPD: 5 129; CDU: 3 043;
GRÜNE: 445; FDP: 648; Die Linke.: 810.) Dabei haben
sich keine mandatsrelevanten Verschiebungen bei der Ver-
teilung der Zweitstimmen auf die Listenverbindungen
(„Oberverteilung“) oder bei der Verteilung der Mandate der
Parteien auf ihre Landeslisten („Unterverteilung“) ergeben.
In einer zweiten Modellrechnung wurden die 10 433 Stim-
men jeweils insgesamt einer der genannten Parteien zuge-
rechnet. Auch dies bewirkte – abgesehen von der FDP –
keine Veränderungen. Im Falle der FDP würden 8 002
Zweitstimmen als einzige Auswirkung ein FDP-Mandat von
Sachsen nach Nordrhein-Westfalen verschieben.

Bezüglich der Erststimmen ist laut Landeswahlleiterin die
Vertauschung angesichts des mit jeweils über 40 000 Stim-
men deutlichen Vorsprungs der in den beiden Wahlkreisen
erfolgreichen Bewerber ohne Bedeutung.

Weder der Bundeswahlleiter noch die Landeswahlleiterin
des Landes Nordrhein-Westfalen sahen Anlass, in amtlicher
Eigenschaft gemäß § 2 Abs. 2 des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) Einspruch einzulegen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3
WPrüfG von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Die Versendung falscher Stimmzettel für die Teilnahme an
der Briefwahl in den Wahlkreisen Dortmund I und II stellt
einen Fehler bei der Vorbereitung und Durchführung der
Bundestagswahl dar. Dieser Fehler geht auf eine unterblie-
bene Information durch die Stadt Dortmund an die mit der
Verpackung und Versendung beauftragte Firma zurück. Im
Ergebnis hat dieser Fehler trotz der im Tatbestand angespro-
chenen Bemühungen um Abhilfe dazu geführt, dass wegen
Verwendung des falschen Stimmzettels die betroffenen
Erst- und Zweitstimmen zutreffend gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1
des Bundeswahlgesetzes als ungültig gewertet wurden.

Dennoch führt dieser Wahlfehler nicht zur Begründetheit
des Einspruchs. Nach ständiger Rechtsprechung des Bun-
desverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsaus-
schuss und der Deutsche Bundestag stets angeschlossen ha-
ben (vgl. z. B. für die Wahl zum 15. Deutschen Bundestag
Beschlussempfehlung auf Bundestagsdrucksache 15/1850,
S. 158), können nämlich nur solche Wahlfehler einen Wahl-
einspruch erfolgreich begründen, die auf die Mandatsvertei-
lung von Einfluss sind oder hätten sein können. Infolgedes-

(seit BVerfGE 4, 370, 372 ständige Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts). Selbst solche Wahlfehler, die
die Ermittlung des Wahlergebnisses betreffen, sind dann
unerheblich, wenn sie angesichts des Stimmenverhältnisses
keinen Einfluss auf die Mandatsverteilung haben können.

Die oben zitierten Modellrechnungen belegen eindeutig,
dass die wegen Vertauschung des Stimmzettels ungültigen
Stimmen ohne Einfluss auf die Verteilung der Mandate ge-
blieben sind. Dies gilt zunächst für die Berücksichtigung
der Zweitstimmen. So belegt z. B. die Modellrechnung des
Bundeswahlleiters, dass eine Berücksichtigung der vorsorg-
lich ausgezählten 10 433 ungültigen Stimmen keine Ände-
rung bei den einzelnen Parteien bewirken würde. Zugleich
wird erkennbar, dass auch eine hypothetische Zuweisung
aller ungültigen Stimmen jeweils an eine Partei für die Man-
datsverteilung unerheblich wäre. Auch soweit im Falle der
FDP 8 002 zusätzliche Stimmen Auswirkungen zeigen wür-
den, ist dies als fern liegend zu vernachlässigen, da die tat-
sächliche Auszählung nur 648 Zweitstimmen ergeben hat.

Soweit es um die Berücksichtigung der Erststimmen geht,
fehlt es ebenfalls an einer Erheblichkeit. Im Wahlkreis 143
hat der erfolgreiche Bewerber einen Vorsprung von 42 259
Stimmen vor dem Zweitplatzierten, im Wahlkreis 144 be-
trägt dieser Vorsprung 43 842 Stimmen (vgl. Der Bundes-
wahlleiter, Wahl zum Deutschen Bundestag am 18. Septem-
ber 2005, Heft 3: Endgültige Ergebnisse nach Wahlkreisen,
S. 92 ff.).

Mangels Erheblichkeit kann auch offen bleiben, ob nach
Bekanntwerden der Vertauschung in zeitlicher und sachli-
cher Hinsicht jegliche notwendigen Maßnahmen getroffen
worden sind, um möglichst vielen Wahlberechtigten noch
eine gültige Wahlteilnahme zu ermöglichen. Das Bundes-
wahlgesetz und die Bundeswahlordnung regeln die Bewälti-
gung vergleichbarer „Pannen“ nicht. Ohnehin erscheint es
ausgeschlossen, für eine derartige Sachlage generelle Vor-
gaben anzuordnen. Die im Einzelfall zu treffenden Maßnah-
men hängen von der Art des Fehlers, seinem Ausmaß und
der noch zur Verfügung stehenden Zeit ab, die z. B. hier an-
gesichts der Bedingungen einer kurzfristig stattfindenden
Neuwahl ohnehin knapp bemessen war. So erscheinen die in
Dortmund getroffenen Maßnahmen als durchaus geeignet,
den Fehler rechtzeitig und weitestgehend zu korrigieren.
Davon abgesehen ist es angesichts des Ausmaßes des
Fehlers, aber auch der engen zeitlichen Bedingungen nach-
vollziehbar, dass in Einzelfällen beim Austausch oder der
Versendung von Unterlagen oder im Wahllokal selbst keine
wirksame Abhilfe getroffen werden konnte.

Außerhalb des Wahlprüfungsverfahrens bleibt gesetzgebe-
risch zu erwägen, durch Änderung von § 39 Abs. 1 Nr. 1
des Bundeswahlgesetzes bei Vertauschung von Stimmzet-
teln in einem Bundesland jedenfalls die Zweitstimmen als
gültig werten zu können.
Drucksache 16/900 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

der ungültigen Zweitstimmen keine Veränderung bei der
Zuteilung der Sitze ergeben. So hat der Bundeswahlleiter in

sen scheiden alle Verstöße von vornherein als unerheblich
aus, die die Ermittlung des Wahlergebnisses nicht berühren

heit sei ihr dies aber nicht möglich gewesen. gesamt 12 321 Wahlscheine, letztere teilweise auch aus an-
deren Gründen, für ungültig erklärt worden. Im Ergebnis ist
wurden sie über die Möglichkeiten zur korrekten Stimm-
abgabe informiert und es wurde auch – unter Hinweis auf die
Nutzung des E-Mail-Verkehrs, das städtische Call-Center

Landesamts für Datenverarbeitung und Statistik, erstellt im
Auftrag der Landeswahlleiterin, hätte sich auch bei Wertung
der ungültigen Zweitstimmen keine Veränderung bei der
Die Stadt Dortmund ließ einen Teil der für die beiden
Wahlkreise zu versendenden Briefwahlunterlagen durch
eine Privatfirma verpacken und verschicken, ohne darauf
aufmerksam zu machen, dass die Stimmzettel getrennt nach
den beiden Wahlkreisen den Wahlunterlagen beizufügen
seien. Deshalb wurden am 2. September 2005 rund 50 000
Briefwahlunterlagen in den Postversand gegeben, ohne dass
darauf geachtet worden ist, ob jeweils ein der Anschrift des
Briefwählers entsprechender Stimmzettel beigefügt worden
war. Nach Bekanntwerden des Fehlers am 3. September
2005 unterrichtete die Stadt Dortmund die Bevölkerung in
Radio und Fernsehen sowie mittels Presse über die Versen-
dung möglicherweise falscher Stimmzettel. Mit Schreiben
vom 6. September 2005 wurden dann alle von der Privat-
firma mit Briefwahlunterlagen Versorgten gebeten, den
jeweils erhaltenen Stimmzettel zu überprüfen. Außerdem

schließlich mit 10 533 vertauschten Stimmzetteln gewählt
worden; davon beruhte in 10 433 Fällen die Ungültigkeit
der Zweitstimme auf der Vertauschung und nicht – wie für
den Rest – auf anderen Gründen. Auf Nachfrage sind die
beiden Zahlenwerte – insgesamt 10 533, aber 10 433 nur
wegen Vertauschung ungültig – von der Landeswahlleiterin
bestätigt worden. Dass zunächst von insgesamt 10 504 un-
gültigen Stimmen ausgegangen und dies später auf 10 533
korrigiert wurde, wird mit möglichen Zählfehlern durch die
Belastung des Wahlabends erklärt. Die wegen Vertauschung
ungültigen Erststimmen liegen mit 10 272 etwas niedriger.

Laut Landeswahlleiterin und Bundeswahlleiter sind die ver-
tauschten Stimmzettel gesondert ausgezählt worden. Nach
den dem Wahlprüfungsausschuss vorliegenden Modell-
rechnungen sowohl des Bundeswahlleiters als auch des
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/900

Anlage 3

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

der Frau U. H., 44319 Dortmund
– Az.: WP 46/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 19. September 2005, gerichtet an den
Kreiswahlleiter der Stadt Dortmund und von dort an den
Deutschen Bundestag weitergeleitet, hat die Einspruchsfüh-
rerin gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen
Bundestag am 18. September 2005 Einspruch eingelegt.

Der Einspruch betrifft die in einer großen Zahl der Fälle zur
Ungültigkeit der abgegebenen Stimmen führenden Vertau-
schung von Stimmzetteln bei der Versendung von Brief-
wahlunterlagen in den beiden Dortmunder Wahlkreisen 143
und 144.

Die Einspruchsführerin trägt vor, an der Briefwahl teilge-
nommen zu haben, da sie vom 4. bis 18. September 2005
nicht in Deutschland gewesen sei. Am 18. September 2005
habe sie festgestellt, dass sie erneut angeschrieben worden
sei mit der Mitteilung, sich bis zum 16. September 2005 zu
melden, um neue Briefwahlunterlagen zu erhalten, da die al-
ten fehlerhaft gewesen sein könnten. Wegen ihrer Abwesen-

oder den bisherigen Wahlschein für ungültig erklären zu las-
sen und neue Briefwahlunterlagen zu erhalten.

In einem dem Wahlprüfungsausschuss vorliegenden Bericht
der Stadt Dortmund vom 23. September 2005 werden auch
Fehler beim Austausch bzw. der Neuausstellung von Wahl-
unterlagen sowie im Wahllokal eingeräumt. So seien mit der
Folge von Zeitverzögerungen angesichts ungenauer Anga-
ben insbesondere im E-Mail-Verkehr neue Stimmzettel ver-
sandt worden, obwohl der Wahlschein für ungültig erklärt
und ein neuer ausgestellt werden sollte. Im Wahllokal hätten
Wähler nicht zugelassen werden können, die mit einem für
ungültig erklärten Wahlschein wählen wollten und erklärt
hätten, keine neuen Unterlagen bekommen zu haben. Es
habe auch Fehler bei der Zusendung der neuen Unterlagen
gegeben, was auf die enorme Belastung der Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter im betreffenden Zeitraum zurückzufüh-
ren sei.

Insgesamt sind laut Angaben der Landeswahlleiterin zwi-
schen 22 000 und 25 000 Stimmzettel ausgetauscht und ins-
oder das Aufsuchen des kommunalen Wahlbüros oder des
Bürgerbüros – angeboten, den Stimmzettel auszutauschen

Zuteilung der Sitze ergeben. So hat der Bundeswahlleiter in
einer ersten Modellrechnung die Zahl der wegen Vertau-

rechnet. (Zugerechnet wurden für SPD: 5 129; CDU: 3 043;
GRÜNE: 445; FDP: 648; Die Linke.: 810.) Dabei haben
sich keine mandatsrelevanten Verschiebungen bei der Ver-
teilung der Zweitstimmen auf die Listenverbindungen
(„Oberverteilung“) oder bei der Verteilung der Mandate der
Parteien auf ihre Landeslisten („Unterverteilung“) ergeben.
In einer zweiten Modellrechnung wurden die 10 433 Stim-
men jeweils insgesamt einer der genannten Parteien zuge-
rechnet. Auch dies bewirkte – abgesehen von der FDP –
keine Veränderungen. Im Falle der FDP würden 8 002
Zweitstimmen als einzige Auswirkung ein FDP-Mandat von
Sachsen nach Nordrhein-Westfalen verschieben.

Bezüglich der Erststimmen ist laut Landeswahlleiterin die
Vertauschung angesichts des mit jeweils über 40 000 Stim-
men deutlichen Vorsprungs der in den beiden Wahlkreisen
erfolgreichen Bewerber ohne Bedeutung.

Weder der Bundeswahlleiter noch die Landeswahlleiterin
des Landes Nordrhein-Westfalen sahen Anlass, in amtlicher
Eigenschaft gemäß § 2 Abs. 2 des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) Einspruch einzulegen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3
WPrüfG von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Die Versendung falscher Stimmzettel für die Teilnahme an
der Briefwahl in den Wahlkreisen Dortmund I und II stellt
einen Fehler bei der Vorbereitung und Durchführung der
Bundestagswahl dar. Dieser Fehler geht auf eine unterblie-
bene Information durch die Stadt Dortmund an die mit der
Verpackung und Versendung beauftragte Firma zurück. Im
Ergebnis hat dieser Fehler trotz der im Tatbestand angespro-
chenen Bemühungen um Abhilfe dazu geführt, dass wegen
Verwendung des falschen Stimmzettels die betroffenen
Erst- und Zweitstimmen zutreffend gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1
des Bundeswahlgesetzes als ungültig gewertet wurden.
Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob auch der
von der Einspruchsführerin tatsächlich verwendete Stimm-
zettel falsch war und daher für ungültig erklärt worden ist.

Dennoch führt dieser Wahlfehler nicht zur Begründetheit
des Einspruchs. Nach ständiger Rechtsprechung des Bun-
desverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsaus-
schuss und der Deutsche Bundestag stets angeschlossen ha-
ben (vgl. z. B. für die Wahl zum 15. Deutschen Bundestag
Beschlussempfehlung auf Bundestagsdrucksache 15/1850,
S. 158), können nämlich nur solche Wahlfehler einen Wahl-
einspruch erfolgreich begründen, die auf die Mandatsvertei-
lung von Einfluss sind oder hätten sein können. Infolgedes-

(seit BVerfGE 4, 370, 372 ständige Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts). Selbst solche Wahlfehler, die
die Ermittlung des Wahlergebnisses betreffen, sind dann
unerheblich, wenn sie angesichts des Stimmenverhältnisses
keinen Einfluss auf die Mandatsverteilung haben können.

Die oben zitierten Modellrechnungen belegen eindeutig,
dass die wegen Vertauschung des Stimmzettels ungültigen
Stimmen ohne Einfluss auf die Verteilung der Mandate ge-
blieben sind. Dies gilt zunächst für die Berücksichtigung
der Zweitstimmen. So belegt z. B. die Modellrechnung des
Bundeswahlleiters, dass eine Berücksichtigung der vorsorg-
lich ausgezählten 10 433 ungültigen Stimmen keine Ände-
rung bei den einzelnen Parteien bewirken würde. Zugleich
wird erkennbar, dass auch eine hypothetische Zuweisung
aller ungültigen Stimmen jeweils an eine Partei für die Man-
datsverteilung unerheblich wäre. Auch soweit im Falle der
FDP 8 002 zusätzliche Stimmen Auswirkungen zeigen wür-
den, ist dies als fern liegend zu vernachlässigen, da die tat-
sächliche Auszählung nur 648 Zweitstimmen ergeben hat.

Soweit es um die Berücksichtigung der Erststimmen geht,
fehlt es ebenfalls an einer Erheblichkeit. Im Wahlkreis 143
hat der erfolgreiche Bewerber einen Vorsprung von 42 259
Stimmen vor dem Zweitplatzierten, im Wahlkreis 144 be-
trägt dieser Vorsprung 43 842 Stimmen (vgl. Der Bundes-
wahlleiter, Wahl zum Deutschen Bundestag am 18. Septem-
ber 2005, Heft 3: Endgültige Ergebnisse nach Wahlkreisen,
S. 92 ff.).

Mangels Erheblichkeit kann auch offen bleiben, ob nach
Bekanntwerden der Vertauschung in zeitlicher und sachli-
cher Hinsicht jegliche notwendigen Maßnahmen getroffen
worden sind, um möglichst vielen Wahlberechtigten noch
eine gültige Wahlteilnahme zu ermöglichen. Das Bundes-
wahlgesetz und die Bundeswahlordnung regeln die Bewälti-
gung vergleichbarer „Pannen“ nicht. Ohnehin erscheint es
ausgeschlossen, für eine derartige Sachlage generelle Vor-
gaben anzuordnen. Die im Einzelfall zu treffenden Maßnah-
men hängen von der Art des Fehlers, seinem Ausmaß und
der noch zur Verfügung stehenden Zeit ab, die z. B. hier an-
gesichts der Bedingungen einer kurzfristig stattfindenden
Neuwahl ohnehin knapp bemessen war. So erscheinen die in
Dortmund getroffenen Maßnahmen als durchaus geeignet,
den Fehler rechtzeitig und weitestgehend zu korrigieren.
Davon abgesehen ist es angesichts des Ausmaßes des Feh-
lers, aber auch der engen zeitlichen Bedingungen nachvoll-
ziehbar, dass in Einzelfällen beim Austausch oder der Ver-
sendung von Unterlagen oder im Wahllokal selbst keine
wirksame Abhilfe getroffen werden konnte.

Außerhalb des Wahlprüfungsverfahrens bleibt gesetzgebe-
risch zu erwägen, durch Änderung von § 39 Abs. 1 Nr. 1
des Bundeswahlgesetzes bei Vertauschung von Stimmzet-
teln in einem Bundesland jedenfalls die Zweitstimmen als
gültig werten zu können.
Drucksache 16/900 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

schung ungültigen Zweitstimmen der Parteien SPD, CDU,
GRÜNE, FDP, Die Linke. den jeweiligen Parteien zuge-

sen scheiden alle Verstöße von vornherein als unerheblich
aus, die die Ermittlung des Wahlergebnisses nicht berühren

senheit sei ihr dies aber nicht möglich gewesen.

Die Stadt Dortmund ließ einen Teil der für die beiden Wahl-
gesamt 12 321 Wahlscheine, letztere teilweise auch aus an-
deren Gründen, für ungültig erklärt worden. Im Ergebnis ist
wurden sie über die Möglichkeiten zur korrekten Stimm-
abgabe informiert und es wurde auch – unter Hinweis auf die
Nutzung des E-Mail-Verkehrs, das städtische Call-Center

Landesamts für Datenverarbeitung und Statistik, erstellt im
Auftrag der Landeswahlleiterin, hätte sich auch bei Wertung
der ungültigen Zweitstimmen keine Veränderung bei der
kreise zu versendenden Briefwahlunterlagen durch eine Pri-
vatfirma verpacken und verschicken, ohne darauf aufmerk-
sam zu machen, dass die Stimmzettel getrennt nach den bei-
den Wahlkreisen den Wahlunterlagen beizufügen seien.

Deshalb wurden am 2. September 2005 rund 50 000 Brief-
wahlunterlagen in den Postversand gegeben, ohne dass
darauf geachtet worden ist, ob jeweils ein der Anschrift des
Briefwählers entsprechender Stimmzettel beigefügt worden
war. Nach Bekanntwerden des Fehlers am 3. September
2005 unterrichtete die Stadt Dortmund die Bevölkerung in
Radio und Fernsehen sowie mittels Presse über die Versen-
dung möglicherweise falscher Stimmzettel. Mit Schreiben
vom 6. September 2005 wurden dann alle von der Privat-
firma mit Briefwahlunterlagen Versorgten gebeten, den
jeweils erhaltenen Stimmzettel zu überprüfen. Außerdem

schließlich mit 10 533 vertauschten Stimmzetteln gewählt
worden; davon beruhte in 10 433 Fällen die Ungültigkeit
der Zweitstimme auf der Vertauschung und nicht – wie für
den Rest – auf anderen Gründen. Auf Nachfrage sind die
beiden Zahlenwerte – insgesamt 10 533, aber 10 433 nur
wegen Vertauschung ungültig – von der Landeswahlleiterin
bestätigt worden. Dass zunächst von insgesamt 10 504 un-
gültigen Stimmen ausgegangen und dies später auf 10 533
korrigiert wurde, wird mit möglichen Zählfehlern durch die
Belastung des Wahlabends erklärt. Die wegen Vertauschung
ungültigen Erststimmen liegen mit 10 272 etwas niedriger.

Laut Landeswahlleiterin und Bundeswahlleiter sind die ver-
tauschten Stimmzettel gesondert ausgezählt worden. Nach
den dem Wahlprüfungsausschuss vorliegenden Modell-
rechnungen sowohl des Bundeswahlleiters als auch des
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/900

Anlage 4

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

der Frau A. H., 44319 Dortmund
– Az.: WP 47/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 19. September 2005, gerichtet an den
Kreiswahlleiter der Stadt Dortmund und von dort an den
Deutschen Bundestag weitergeleitet, hat die Einspruchsfüh-
rerin gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen
Bundestag am 18. September 2005 Einspruch eingelegt.

Der Einspruch betrifft die in einer großen Zahl der Fälle zur
Ungültigkeit der abgegebenen Stimmen führenden Vertau-
schung von Stimmzetteln bei der Versendung von Brief-
wahlunterlagen in den beiden Dortmunder Wahlkreisen 143
und 144.

Die Einspruchsführerin trägt vor, an der Briefwahl teilge-
nommen zu haben, da sie vom 4. bis 18. September 2005
nicht in Deutschland gewesen sei. Am 18. September 2005
habe sie festgestellt, dass sie erneut angeschrieben worden
sei mit der Mitteilung, sich bis zum 16. September 2005 zu
melden, um neue Briefwahlunterlagen zu erhalten, da die
alten fehlerhaft gewesen sein könnten. Wegen ihrer Abwe-

oder den bisherigen Wahlschein für ungültig erklären zu las-
sen und neue Briefwahlunterlagen zu erhalten.

In einem dem Wahlprüfungsausschuss vorliegenden Bericht
der Stadt Dortmund vom 23. September 2005 werden auch
Fehler beim Austausch bzw. der Neuausstellung von Wahl-
unterlagen sowie im Wahllokal eingeräumt. So seien mit der
Folge von Zeitverzögerungen angesichts ungenauer Anga-
ben insbesondere im E-Mail-Verkehr neue Stimmzettel ver-
sandt worden, obwohl der Wahlschein für ungültig erklärt
und ein neuer ausgestellt werden sollte. Im Wahllokal hätten
Wähler nicht zugelassen werden können, die mit einem für
ungültig erklärten Wahlschein wählen wollten und erklärt
hätten, keine neuen Unterlagen bekommen zu haben. Es
habe auch Fehler bei der Zusendung der neuen Unterlagen
gegeben, was auf die enorme Belastung der Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter im betreffenden Zeitraum zurückzufüh-
ren sei.

Insgesamt sind laut Angaben der Landeswahlleiterin zwi-
schen 22 000 und 25 000 Stimmzettel ausgetauscht und ins-
oder das Aufsuchen des kommunalen Wahlbüros oder des
Bürgerbüros – angeboten, den Stimmzettel auszutauschen

Zuteilung der Sitze ergeben. So hat der Bundeswahlleiter in
einer ersten Modellrechnung die Zahl der wegen Vertau-

rechnet. (Zugerechnet wurden für SPD: 5 129; CDU: 3 043;
GRÜNE: 445; FDP: 648; Die Linke.: 810.) Dabei haben
sich keine mandatsrelevanten Verschiebungen bei der Ver-
teilung der Zweitstimmen auf die Listenverbindungen
(„Oberverteilung“) oder bei der Verteilung der Mandate der
Parteien auf ihre Landeslisten („Unterverteilung“) ergeben.
In einer zweiten Modellrechnung wurden die 10 433 Stim-
men jeweils insgesamt einer der genannten Parteien zuge-
rechnet. Auch dies bewirkte – abgesehen von der FDP –
keine Veränderungen. Im Falle der FDP würden 8 002
Zweitstimmen als einzige Auswirkung ein FDP-Mandat von
Sachsen nach Nordrhein-Westfalen verschieben.

Bezüglich der Erststimmen ist laut Landeswahlleiterin die
Vertauschung angesichts des mit jeweils über 40 000 Stim-
men deutlichen Vorsprungs der in den beiden Wahlkreisen
erfolgreichen Bewerber ohne Bedeutung.

Weder der Bundeswahlleiter noch die Landeswahlleiterin
des Landes Nordrhein-Westfalen sahen Anlass, in amtlicher
Eigenschaft gemäß § 2 Abs. 2 des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) Einspruch einzulegen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3
WPrüfG von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Die Versendung falscher Stimmzettel für die Teilnahme an
der Briefwahl in den Wahlkreisen Dortmund I und II stellt
einen Fehler bei der Vorbereitung und Durchführung der
Bundestagswahl dar. Dieser Fehler geht auf eine unterblie-
bene Information durch die Stadt Dortmund an die mit der
Verpackung und Versendung beauftragte Firma zurück. Im
Ergebnis hat dieser Fehler trotz der im Tatbestand angespro-
chenen Bemühungen um Abhilfe dazu geführt, dass wegen
Verwendung des falschen Stimmzettels die betroffenen
Erst- und Zweitstimmen zutreffend gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1
des Bundeswahlgesetzes als ungültig gewertet wurden.
Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob auch der
von der Einspruchsführerin tatsächlich verwendete Stimm-
zettel falsch war und daher für ungültig erklärt worden ist.

Dennoch führt dieser Wahlfehler nicht zur Begründetheit
des Einspruchs. Nach ständiger Rechtsprechung des Bun-
desverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsaus-
schuss und der Deutsche Bundestag stets angeschlossen ha-
ben (vgl. z. B. für die Wahl zum 15. Deutschen Bundestag
Beschlussempfehlung auf Bundestagsdrucksache 15/1850,
S. 158), können nämlich nur solche Wahlfehler einen Wahl-
einspruch erfolgreich begründen, die auf die Mandatsvertei-
lung von Einfluss sind oder hätten sein können. Infolgedes-
sen scheiden alle Verstöße von vornherein als unerheblich

Bundesverfassungsgerichts). Selbst solche Wahlfehler, die
die Ermittlung des Wahlergebnisses betreffen, sind dann
unerheblich, wenn sie angesichts des Stimmenverhältnisses
keinen Einfluss auf die Mandatsverteilung haben können.

Die oben zitierten Modellrechnungen belegen eindeutig,
dass die wegen Vertauschung des Stimmzettels ungültigen
Stimmen ohne Einfluss auf die Verteilung der Mandate ge-
blieben sind. Dies gilt zunächst für die Berücksichtigung
der Zweitstimmen. So belegt z. B. die Modellrechnung des
Bundeswahlleiters, dass eine Berücksichtigung der vorsorg-
lich ausgezählten 10 433 ungültigen Zweitstimmen keine
Änderung bei den einzelnen Parteien bewirken würde. Zu-
gleich wird erkennbar, dass auch eine hypothetische Zuwei-
sung aller ungültigen Stimmen jeweils an eine Partei für die
Mandatsverteilung unerheblich wäre. Auch soweit im Falle
der FDP 8 002 zusätzliche Stimmen Auswirkungen zeigen
würden, ist dies als fern liegend zu vernachlässigen, da die
tatsächliche Auszählung nur 648 Zweitstimmen ergeben
hat.

Soweit es um die Berücksichtigung der Erststimmen geht,
fehlt es ebenfalls an einer Erheblichkeit. Im Wahlkreis 143
hat der erfolgreiche Bewerber einen Vorsprung von 42 259
Stimmen vor dem Zweitplatzierten, im Wahlkreis 144 be-
trägt dieser Vorsprung 43 842 Stimmen (vgl. Der Bundes-
wahlleiter, Wahl zum Deutschen Bundestag am 18. Septem-
ber 2005, Heft 3: Endgültige Ergebnisse nach Wahlkreisen,
S. 92 ff.).

Mangels Erheblichkeit kann auch offen bleiben, ob nach
Bekanntwerden der Vertauschung in zeitlicher und sachli-
cher Hinsicht jegliche notwendigen Maßnahmen getroffen
worden sind, um möglichst vielen Wahlberechtigten noch
eine gültige Wahlteilnahme zu ermöglichen. Das Bundes-
wahlgesetz und die Bundeswahlordnung regeln die Bewälti-
gung vergleichbarer „Pannen“ nicht. Ohnehin erscheint es
ausgeschlossen, für eine derartige Sachlage generelle Vor-
gaben anzuordnen. Die im Einzelfall zu treffenden Maßnah-
men hängen von der Art des Fehlers, seinem Ausmaß und
der noch zur Verfügung stehenden Zeit ab, die z. B. hier an-
gesichts der Bedingungen einer kurzfristig stattfindenden
Neuwahl ohnehin knapp bemessen war. So erscheinen die in
Dortmund getroffenen Maßnahmen als durchaus geeignet,
den Fehler rechtzeitig und weitestgehend zu korrigieren.
Davon abgesehen ist es angesichts des Ausmaßes des Feh-
lers, aber auch der engen zeitlichen Bedingungen nachvoll-
ziehbar, dass in Einzelfällen beim Austausch oder der Ver-
sendung von Unterlagen oder im Wahllokal selbst keine
wirksame Abhilfe getroffen werden konnte.

Außerhalb des Wahlprüfungsverfahrens bleibt gesetzgebe-
risch zu erwägen, durch Änderung von § 39 Abs. 1 Nr. 1
des Bundeswahlgesetzes bei Vertauschung von Stimmzet-
teln in einem Bundesland jedenfalls die Zweitstimmen als
gültig werten zu können.
Drucksache 16/900 – 12 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

schung ungültigen Zweitstimmen der Parteien SPD, CDU,
GRÜNE, FDP, Die Linke. den jeweiligen Parteien zuge-

aus, die die Ermittlung des Wahlergebnisses nicht berühren
(seit BVerfGE 4, 370, 372 ständige Rechtsprechung des

ihm dies aber nicht möglich gewesen. gesamt 12 321 Wahlscheine, letztere teilweise auch aus an-
deren Gründen, für ungültig erklärt worden. Im Ergebnis ist
wurden sie über die Möglichkeiten zur korrekten Stimm-
abgabe informiert und es wurde auch – unter Hinweis auf die
Nutzung des E-Mail-Verkehrs, das städtische Call-Center

Auftrag der Landeswahlleiterin, hätte sich auch bei Wertung
der ungültigen Zweitstimmen keine Veränderung bei der
Zuteilung der Sitze ergeben. So hat der Bundeswahlleiter in
Die Stadt Dortmund ließ einen Teil der für die beiden
Wahlkreise zu versendenden Briefwahlunterlagen durch
eine Privatfirma verpacken und verschicken, ohne darauf
aufmerksam zu machen, dass die Stimmzettel getrennt nach
den beiden Wahlkreisen den Wahlunterlagen beizufügen
seien. Deshalb wurden am 2. September 2005 rund 50 000
Briefwahlunterlagen in den Postversand gegeben, ohne dass
darauf geachtet worden ist, ob jeweils ein der Anschrift des
Briefwählers entsprechender Stimmzettel beigefügt worden
war. Nach Bekanntwerden des Fehlers am 3. September
2005 unterrichtete die Stadt Dortmund die Bevölkerung in
Radio und Fernsehen sowie mittels Presse über die Versen-
dung möglicherweise falscher Stimmzettel. Mit Schreiben
vom 6. September 2005 wurden dann alle von der Privat-
firma mit Briefwahlunterlagen Versorgten gebeten, den
jeweils erhaltenen Stimmzettel zu überprüfen. Außerdem

schließlich mit 10 533 vertauschten Stimmzetteln gewählt
worden; davon beruhte in 10 433 Fällen die Ungültigkeit
der Zweitstimme auf der Vertauschung und nicht – wie für
den Rest – auf anderen Gründen. Auf Nachfrage sind die
beiden Zahlenwerte – insgesamt 10 533, aber 10 433 nur
wegen Vertauschung ungültig – von der Landeswahlleiterin
bestätigt worden. Dass zunächst von insgesamt 10 504 un-
gültigen Stimmen ausgegangen und dies später auf 10 533
korrigiert wurde, wird mit möglichen Zählfehlern durch die
Belastung des Wahlabends erklärt.

Laut Landeswahlleiterin und Bundeswahlleiter sind die ver-
tauschten Stimmzettel gesondert ausgezählt worden. Nach
den dem Wahlprüfungsausschuss vorliegenden Modell-
rechnungen sowohl des Bundeswahlleiters als auch des
Landesamts für Datenverarbeitung und Statistik, erstellt im
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 13 – Drucksache 16/900

Anlage 5

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn C. H., 44319 Dortmund
– Az.: WP 48/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 19. September 2005, gerichtet an den
Kreiswahlleiter der Stadt Dortmund und von dort an den
Deutschen Bundestag weitergeleitet, hat der Einspruchsfüh-
rer gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bun-
destag am 18. September 2005 Einspruch eingelegt.

Der Einspruch betrifft die in einer großen Zahl der Fälle zur
Ungültigkeit der abgegebenen Stimmen führenden Vertau-
schung von Stimmzetteln bei der Versendung von Brief-
wahlunterlagen in den beiden Dortmunder Wahlkreisen 143
und 144.

Der Einspruchsführer trägt vor, an der Briefwahl teilgenom-
men zu haben, da er vom 4. bis 18. September nicht in
Deutschland gewesen sei. Am 18. September 2005 habe er
festgestellt, dass er erneut angeschrieben worden sei mit der
Mitteilung, sich bis zum 16. September 2005 zu melden, um
neue Briefwahlunterlagen zu erhalten, da die alten fehler-
haft gewesen sein könnten. Wegen seiner Abwesenheit sei

oder den bisherigen Wahlschein für ungültig erklären zu las-
sen und neue Briefwahlunterlagen zu erhalten.

In einem dem Wahlprüfungsausschuss vorliegenden Bericht
der Stadt Dortmund vom 23. September 2005 werden auch
Fehler beim Austausch bzw. der Neuausstellung von Wahl-
unterlagen sowie im Wahllokal eingeräumt. So seien mit der
Folge von Zeitverzögerungen angesichts ungenauer Anga-
ben insbesondere im E-Mail-Verkehr neue Stimmzettel ver-
sandt worden, obwohl der Wahlschein für ungültig erklärt
und ein neuer ausgestellt werden sollte. Im Wahllokal hätten
Wähler nicht zugelassen werden können, die mit einem für
ungültig erklärten Wahlschein wählen wollten und erklärt
hätten, keine neuen Unterlagen bekommen zu haben. Es
habe auch Fehler bei der Zusendung der neuen Unterlagen
gegeben, was auf die enorme Belastung der Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter im betreffenden Zeitraum zurückzufüh-
ren sei.

Insgesamt sind laut Angaben der Landeswahlleiterin zwi-
schen 22 000 und 25 000 Stimmzettel ausgetauscht und ins-
oder das Aufsuchen des kommunalen Wahlbüros oder des
Bürgerbüros – angeboten, den Stimmzettel auszutauschen

einer ersten Modellrechnung die Zahl der wegen Vertau-
schung ungültigen Zweitstimmen der Parteien SPD, CDU,

sich keine mandatsrelevanten Verschiebungen bei der Ver-
teilung der Zweitstimmen auf die Listenverbindungen
(„Oberverteilung“) oder bei der Verteilung der Mandate der
Parteien auf ihre Landeslisten („Unterverteilung“) ergeben.
In einer zweiten Modellrechnung wurden die 10 433 Stim-
men jeweils insgesamt einer der genannten Parteien zuge-
rechnet. Auch dies bewirkte – abgesehen von der FDP –
keine Veränderungen. Im Falle der FDP würden 8 002
Zweitstimmen als einzige Auswirkung ein FDP-Mandat von
Sachsen nach Nordrhein-Westfalen verschieben.

Bezüglich der Erststimmen ist laut Landeswahlleiterin die
Vertauschung angesichts des mit jeweils über 40 000 Stim-
men deutlichen Vorsprungs der in den beiden Wahlkreisen
erfolgreichen Bewerber ohne Bedeutung.

Weder der Bundeswahlleiter noch die Landeswahlleiterin
des Landes Nordrhein-Westfalen sahen Anlass, in amtlicher
Eigenschaft gemäß § 2 Abs. 2 des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) Einspruch einzulegen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3
WPrüfG von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Die Versendung falscher Stimmzettel für die Teilnahme an
der Briefwahl in den Wahlkreisen Dortmund I und II stellt
einen Fehler bei der Vorbereitung und Durchführung der
Bundestagswahl dar. Dieser Fehler geht auf eine unterblie-
bene Information durch die Stadt Dortmund an die mit der
Verpackung und Versendung beauftragte Firma zurück. Im
Ergebnis hat dieser Fehler trotz der im Tatbestand angespro-
chenen Bemühungen um Abhilfe dazu geführt, dass wegen
Verwendung des falschen Stimmzettels die betroffenen
Erst- und Zweitstimmen zutreffend gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1
des Bundeswahlgesetzes als ungültig gewertet wurden.
Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob auch der
vom Einspruchsführer tatsächlich verwendete Stimmzettel
falsch war und daher für ungültig erklärt worden ist.

Dennoch führt dieser Wahlfehler nicht zur Begründetheit
des Einspruchs. Nach ständiger Rechtsprechung des Bun-
desverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsaus-
schuss und der Deutsche Bundestag stets angeschlossen ha-
ben (vgl. z. B. für die Wahl zum 15. Deutschen Bundestag
Beschlussempfehlung auf Bundestagsdrucksache 15/1850,
S. 158), können nämlich nur solche Wahlfehler einen Wahl-
einspruch erfolgreich begründen, die auf die Mandatsvertei-
lung von Einfluss sind oder hätten sein können. Infolgedes-
sen scheiden alle Verstöße von vornherein als unerheblich

die Ermittlung des Wahlergebnisses betreffen, sind dann
unerheblich, wenn sie angesichts des Stimmenverhältnisses
keinen Einfluss auf die Mandatsverteilung haben können.

Die oben zitierten Modellrechnungen belegen eindeutig,
dass die wegen Vertauschung des Stimmzettels ungültigen
Stimmen ohne Einfluss auf die Verteilung der Mandate ge-
blieben sind. Dies gilt zunächst für die Berücksichtigung
der Zweitstimmen. So belegt z. B. die Modellrechnung des
Bundeswahlleiters, dass eine Berücksichtigung der vorsorg-
lich ausgezählten 10 433 ungültigen Stimmen keine Ände-
rung bei den einzelnen Parteien bewirken würde. Zugleich
wird erkennbar, dass auch eine hypothetische Zuweisung
aller ungültigen Stimmen jeweils an eine Partei für die Man-
datsverteilung unerheblich wäre. Auch soweit im Falle der
FDP 8 002 zusätzliche Stimmen Auswirkungen zeigen wür-
den, ist dies als fern liegend zu vernachlässigen, da die tat-
sächliche Auszählung nur 648 Zweitstimmen ergeben hat.

Soweit es um die Berücksichtigung der Erststimmen geht,
fehlt es ebenfalls an einer Erheblichkeit. Im Wahlkreis 143
hat der erfolgreiche Bewerber einen Vorsprung von 42 259
Stimmen vor dem Zweitplatzierten, im Wahlkreis 144 be-
trägt dieser Vorsprung 43 842 Stimmen (vgl. Der Bundes-
wahlleiter, Wahl zum Deutschen Bundestag am 18. Septem-
ber 2005, Heft 3: Endgültige Ergebnisse nach Wahlkreisen,
S. 92 ff.).

Mangels Erheblichkeit kann auch offen bleiben, ob nach
Bekanntwerden der Vertauschung in zeitlicher und sachli-
cher Hinsicht jegliche notwendigen Maßnahmen getroffen
worden sind, um möglichst vielen Wahlberechtigten noch
eine gültige Wahlteilnahme zu ermöglichen. Das Bundes-
wahlgesetz und die Bundeswahlordnung regeln die Bewälti-
gung vergleichbarer „Pannen“ nicht. Ohnehin erscheint es
ausgeschlossen, für eine derartige Sachlage generelle Vor-
gaben anzuordnen. Die im Einzelfall zu treffenden Maßnah-
men hängen von der Art des Fehlers, seinem Ausmaß und
der noch zur Verfügung stehenden Zeit ab, die z. B. hier an-
gesichts der Bedingungen einer kurzfristig stattfindenden
Neuwahl ohnehin knapp bemessen war. So erscheinen die in
Dortmund getroffenen Maßnahmen als durchaus geeignet,
den Fehler rechtzeitig und weitestgehend zu korrigieren.
Davon abgesehen ist es angesichts des Ausmaßes des Feh-
lers, aber auch der engen zeitlichen Bedingungen nachvoll-
ziehbar, dass in Einzelfällen beim Austausch oder der Ver-
sendung von Unterlagen oder im Wahllokal selbst keine
wirksame Abhilfe getroffen werden konnte.

Außerhalb des Wahlprüfungsverfahrens bleibt gesetzgebe-
risch zu erwägen, durch Änderung von § 39 Abs. 1 Nr. 1
des Bundeswahlgesetzes bei Vertauschung von Stimmzet-
teln in einem Bundesland jedenfalls die Zweitstimmen als
gültig werten zu können.
Drucksache 16/900 – 14 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

GRÜNE, FDP, Die Linke. den jeweiligen Parteien zuge-
rechnet. (Zugerechnet wurden für SPD: 5 129; CDU: 3 043;
GRÜNE: 445; FDP: 648; Die Linke.: 810.) Dabei haben

aus, die die Ermittlung des Wahlergebnisses nicht berühren
(seit BVerfGE 4, 370, 372 ständige Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts). Selbst solche Wahlfehler, die

Schreiben der Stadt Dortmund zugegangen. gesamt 12 321 Wahlscheine, letztere teilweise auch aus an-
deren Gründen, für ungültig erklärt worden. Im Ergebnis ist
wurden sie über die Möglichkeiten zur korrekten Stimm-
abgabe informiert und es wurde auch – unter Hinweis auf die
Nutzung des E-Mail-Verkehrs, das städtische Call-Center

Landesamts für Datenverarbeitung und Statistik, erstellt im
Auftrag der Landeswahlleiterin, hätte sich auch bei Wertung
der ungültigen Zweitstimmen keine Veränderung bei der
Die Stadt Dortmund ließ einen Teil der für die beiden
Wahlkreise zu versendenden Briefwahlunterlagen durch
eine Privatfirma verpacken und verschicken, ohne darauf
aufmerksam zu machen, dass die Stimmzettel getrennt nach
den beiden Wahlkreisen den Wahlunterlagen beizufügen
seien. Deshalb wurden am 2. September 2005 rund 50 000
Briefwahlunterlagen in den Postversand gegeben, ohne dass
darauf geachtet worden ist, ob jeweils ein der Anschrift des
Briefwählers entsprechender Stimmzettel beigefügt worden
war. Nach Bekanntwerden des Fehlers am 3. September
2005 unterrichtete die Stadt Dortmund die Bevölkerung in
Radio und Fernsehen sowie mittels Presse über die Versen-
dung möglicherweise falscher Stimmzettel. Mit Schreiben
vom 6. September 2005 wurden dann alle von der Privat-
firma mit Briefwahlunterlagen Versorgten gebeten, den
jeweils erhaltenen Stimmzettel zu überprüfen. Außerdem

schließlich mit 10 533 vertauschten Stimmzetteln gewählt
worden; davon beruhte in 10 433 Fällen die Ungültigkeit
der Zweitstimme auf der Vertauschung und nicht – wie für
den Rest – auf anderen Gründen. Auf Nachfrage sind die
beiden Zahlenwerte – insgesamt 10 533, aber 10 433 nur
wegen Vertauschung ungültig – von der Landeswahlleiterin
bestätigt worden. Dass zunächst von insgesamt 10 504 un-
gültigen Stimmen ausgegangen und dies später auf 10 533
korrigiert wurde, wird mit möglichen Zählfehlern durch die
Belastung des Wahlabends erklärt. Die wegen Vertauschung
ungültigen Erststimmen liegen mit 10 272 etwas niedriger.

Laut Landeswahlleiterin und Bundeswahlleiter sind die ver-
tauschten Stimmzettel gesondert ausgezählt worden. Nach
den dem Wahlprüfungsausschuss vorliegenden Modell-
rechnungen sowohl des Bundeswahlleiters als auch des
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 15 – Drucksache 16/900

Anlage 6

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn F. J., 44379 Dortmund
– Az.: WP 51/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 19. September 2005, gerichtet an den
Kreiswahlleiter der Stadt Dortmund und von dort an den
Deutschen Bundestag weitergeleitet, hat der Einspruchsfüh-
rer gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bun-
destag am 18. September 2005 Einspruch eingelegt.

Der Einspruch richtet sich gegen die in einer großen Zahl
der Fälle zur Ungültigkeit der abgegebenen Stimmen füh-
rende Vertauschung von Stimmzetteln bei der Versendung
von Briefwahlunterlagen in den beiden Dortmunder Wahl-
kreisen 143 und 144.

Der Einspruchsführer trägt vor, an der Briefwahl teilgenom-
men und erst am 18. September 2005 erfahren zu haben,
dass die ihm zugestellten Briefwahlunterlagen falsch gewe-
sen seien und somit seine Stimme ungültig sei. Da er nicht
in Dortmund gewesen sei, habe er weder durch die Zeitung
noch durch den örtlichen Sender vom Fehler erfahren; ihm
sei auch kein auf den Fehler aufmerksam machendes

oder den bisherigen Wahlschein für ungültig erklären zu las-
sen und neue Briefwahlunterlagen zu erhalten.

In einem dem Wahlprüfungsausschuss vorliegenden Bericht
der Stadt Dortmund vom 23. September 2005 werden auch
Fehler beim Austausch bzw. der Neuausstellung von Wahl-
unterlagen sowie im Wahllokal eingeräumt. So seien mit der
Folge von Zeitverzögerungen angesichts ungenauer Anga-
ben insbesondere im E-Mail-Verkehr neue Stimmzettel ver-
sandt worden, obwohl der Wahlschein für ungültig erklärt
und ein neuer ausgestellt werden sollte. Im Wahllokal hätten
Wähler nicht zugelassen werden können, die mit einem für
ungültig erklärten Wahlschein wählen wollten und erklärt
hätten, keine neuen Unterlagen bekommen zu haben. Es
habe auch Fehler bei der Zusendung der neuen Unterlagen
gegeben, was auf die enorme Belastung der Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter im betreffenden Zeitraum zurückzufüh-
ren sei.

Insgesamt sind laut Angaben der Landeswahlleiterin zwi-
schen 22 000 und 25 000 Stimmzettel ausgetauscht und ins-
oder das Aufsuchen des kommunalen Wahlbüros oder des
Bürgerbüros – angeboten, den Stimmzettel auszutauschen

Zuteilung der Sitze ergeben. So hat der Bundeswahlleiter in
einer ersten Modellrechnung die Zahl der wegen Vertau-

rechnet. (Zugerechnet wurden für SPD: 5 129; CDU: 3 043;
GRÜNE: 445; FDP: 648; Die Linke.: 810.) Dabei haben
sich keine mandatsrelevanten Verschiebungen bei der Ver-
teilung der Zweitstimmen auf die Listenverbindungen
(„Oberverteilung“) oder bei der Verteilung der Mandate der
Parteien auf ihre Landeslisten („Unterverteilung“) ergeben.
In einer zweiten Modellrechnung wurden die 10 433 Stim-
men jeweils insgesamt einer der genannten Parteien zuge-
rechnet. Auch dies bewirkte – abgesehen von der FDP –
keine Veränderungen. Im Falle der FDP würden 8 002
Zweitstimmen als einzige Auswirkung ein FDP-Mandat von
Sachsen nach Nordrhein-Westfalen verschieben.

Bezüglich der Erststimmen ist laut Landeswahlleiterin die
Vertauschung angesichts des mit jeweils über 40 000 Stim-
men deutlichen Vorsprungs der in den beiden Wahlkreisen
erfolgreichen Bewerber ohne Bedeutung.

Weder der Bundeswahlleiter noch die Landeswahlleiterin
des Landes Nordrhein-Westfalen sahen Anlass, in amtlicher
Eigenschaft gemäß § 2 Abs. 2 des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) Einspruch einzulegen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3
WPrüfG von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Die Versendung falscher Stimmzettel für die Teilnahme an
der Briefwahl in den Wahlkreisen Dortmund I und II stellt
einen Fehler bei der Vorbereitung und Durchführung der
Bundestagswahl dar. Dieser Fehler geht auf eine unterblie-
bene Information durch die Stadt Dortmund an die mit der
Verpackung und Versendung beauftragte Firma zurück. Im
Ergebnis hat dieser Fehler trotz der im Tatbestand angespro-
chenen Bemühungen um Abhilfe dazu geführt, dass wegen
Verwendung des falschen Stimmzettels die betroffenen
Erst- und Zweitstimmen zutreffend gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1
des Bundeswahlgesetzes als ungültig gewertet wurden.
Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob auch der
vom Einspruchsführer tatsächlich verwendete Stimmzettel
falsch war und daher für ungültig erklärt worden ist.

Der festgestellte Wahlfehler führt nicht zur Begründetheit
des Einspruchs. Nach ständiger Rechtsprechung des Bun-
desverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsaus-
schuss und der Deutsche Bundestag stets angeschlossen ha-
ben (vgl. z. B. für die Wahl zum 15. Deutschen Bundestag
Beschlussempfehlung auf Bundestagsdrucksache 15/1850,
S. 158), können nämlich nur solche Wahlfehler einen Wahl-
einspruch erfolgreich begründen, die auf die Mandatsvertei-
lung von Einfluss sind oder hätten sein können. Infolgedes-

(seit BVerfGE 4, 370, 372 ständige Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts). Selbst solche Wahlfehler, die
die Ermittlung des Wahlergebnisses betreffen, sind dann
unerheblich, wenn sie angesichts des Stimmenverhältnisses
keinen Einfluss auf die Mandatsverteilung haben können.

Die oben zitierten Modellrechnungen belegen eindeutig,
dass die wegen Vertauschung des Stimmzettels ungültigen
Stimmen ohne Einfluss auf die Verteilung der Mandate ge-
blieben sind. Dies gilt zunächst für die Berücksichtigung
der Zweitstimmen. So belegt z. B. die Modellrechnung des
Bundeswahlleiters, dass eine Berücksichtigung der vorsorg-
lich ausgezählten 10 433 ungültigen Stimmen keine Ände-
rung bei den einzelnen Parteien bewirken würde. Zugleich
wird erkennbar, dass auch eine hypothetische Zuweisung
aller ungültigen Stimmen jeweils an eine Partei für die Man-
datsverteilung unerheblich wäre. Auch soweit im Falle der
FDP 8 002 zusätzliche Stimmen Auswirkungen zeigen wür-
den, ist dies als fern liegend zu vernachlässigen, da die tat-
sächliche Auszählung nur 648 Zweitstimmen ergeben hat.

Soweit es um die Berücksichtigung der Erststimmen geht,
fehlt es ebenfalls an einer Erheblichkeit. Im Wahlkreis 143
hat der erfolgreiche Bewerber einen Vorsprung von 42 259
Stimmen vor dem Zweitplatzierten, im Wahlkreis 144 be-
trägt dieser Vorsprung 43 842 Stimmen (vgl. Der Bundes-
wahlleiter, Wahl zum Deutschen Bundestag am 18. Septem-
ber 2005, Heft 3: Endgültige Ergebnisse nach Wahlkreisen,
S. 92 ff.).

Mangels Erheblichkeit kann auch offen bleiben, ob nach
Bekanntwerden der Vertauschung in zeitlicher und sachli-
cher Hinsicht jegliche notwendigen Maßnahmen getroffen
worden sind, um möglichst vielen Wahlberechtigten noch
eine gültige Wahlteilnahme zu ermöglichen. Das Bundes-
wahlgesetz und die Bundeswahlordnung regeln die Bewälti-
gung vergleichbarer „Pannen“ nicht. Ohnehin erscheint es
ausgeschlossen, für eine derartige Sachlage generelle Vor-
gaben anzuordnen. Die im Einzelfall zu treffenden Maßnah-
men hängen von der Art des Fehlers, seinem Ausmaß und
der noch zur Verfügung stehenden Zeit ab, die z. B. hier an-
gesichts der Bedingungen einer kurzfristig stattfindenden
Neuwahl ohnehin knapp bemessen war. So erscheinen die in
Dortmund getroffenen Maßnahmen als durchaus geeignet,
den Fehler rechtzeitig und weitestgehend zu korrigieren.
Davon abgesehen ist es angesichts des Ausmaßes des Feh-
lers, aber auch der engen zeitlichen Bedingungen nachvoll-
ziehbar, dass in Einzelfällen beim Austausch oder der Ver-
sendung von Unterlagen oder im Wahllokal selbst keine
wirksame Abhilfe getroffen werden konnte.

Außerhalb des Wahlprüfungsverfahrens bleibt gesetzgebe-
risch zu erwägen, durch Änderung von § 39 Abs. 1 Nr. 1
des Bundeswahlgesetzes bei Vertauschung von Stimmzet-
teln in einem Bundesland jedenfalls die Zweitstimmen als
gültig werten zu können.
Drucksache 16/900 – 16 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

schung ungültigen Zweitstimmen der Parteien SPD, CDU,
GRÜNE, FDP, Die Linke. den jeweiligen Parteien zuge-

sen scheiden alle Verstöße von vornherein als unerheblich
aus, die die Ermittlung des Wahlergebnisses nicht berühren

Die Stadt Dortmund ließ einen Teil der für die beiden
Wahlkreise zu versendenden Briefwahlunterlagen durch

schließlich mit 10 533 vertauschten Stimmzetteln gewählt
worden; davon beruhte in 10 433 Fällen die Ungültigkeit
Nutzung des E-Mail-Verkehrs, das städtische Call-Center
oder das Aufsuchen des kommunalen Wahlbüros oder des
Bürgerbüros – angeboten, den Stimmzettel auszutauschen

der ungültigen Zweitstimmen keine Veränderung bei der
Zuteilung der Sitze ergeben. So hat der Bundeswahlleiter in
einer ersten Modellrechnung die Zahl der wegen Vertau-
eine Privatfirma verpacken und verschicken, ohne darauf
aufmerksam zu machen, dass die Stimmzettel getrennt nach
den beiden Wahlkreisen den Wahlunterlagen beizufügen
seien. Deshalb wurden am 2. September 2005 rund 50 000
Briefwahlunterlagen in den Postversand gegeben, ohne dass
darauf geachtet worden ist, ob jeweils ein der Anschrift des
Briefwählers entsprechender Stimmzettel beigefügt worden
war. Nach Bekanntwerden des Fehlers am 3. September
2005 unterrichtete die Stadt Dortmund die Bevölkerung in
Radio und Fernsehen sowie mittels Presse über die Versen-
dung möglicherweise falscher Stimmzettel. Mit Schreiben
vom 6. September 2005 wurden dann alle von der Privat-
firma mit Briefwahlunterlagen Versorgten gebeten, den
jeweils erhaltenen Stimmzettel zu überprüfen. Außerdem
wurden sie über die Möglichkeiten zur korrekten Stimm-
abgabe informiert und es wurde auch – unter Hinweis auf die

der Zweitstimme auf der Vertauschung und nicht – wie für
den Rest – auf anderen Gründen. Auf Nachfrage sind die
beiden Zahlenwerte – insgesamt 10 533, aber 10 433 nur
wegen Vertauschung ungültig – von der Landeswahlleiterin
bestätigt worden. Dass zunächst von insgesamt 10 504 un-
gültigen Stimmen ausgegangen und dies später auf 10 533
korrigiert wurde, wird mit möglichen Zählfehlern durch die
Belastung des Wahlabends erklärt. Die wegen Vertauschung
ungültigen Erststimmen liegen mit 10 272 etwas niedriger.

Laut Landeswahlleiterin und Bundeswahlleiter sind die ver-
tauschten Stimmzettel gesondert ausgezählt worden. Nach
den dem Wahlprüfungsausschuss vorliegenden Modell-
rechnungen sowohl des Bundeswahlleiters als auch des
Landesamts für Datenverarbeitung und Statistik, erstellt im
Auftrag der Landeswahlleiterin, hätte sich auch bei Wertung
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 17 – Drucksache 16/900

Anlage 7

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

der Frau A. v. L., 44225 Dortmund
– Az.: WP 53/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 23. September 2005 hat die Einspruchs-
führerin gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen
Bundestag am 18. September 2005 Einspruch eingelegt.

Der Einspruch betrifft die in einer großen Zahl der Fälle zur
Ungültigkeit der abgegebenen Stimmen führenden Vertau-
schung von Stimmzetteln bei der Versendung von Brief-
wahlunterlagen in den beiden Dortmunder Wahlkreisen 143
und 144.

Die Einspruchsführerin trägt vor, an der Briefwahl teilge-
nommen und erst nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub das
Schreiben der Stadt Dortmund vom 6. September 2005 vor-
gefunden zu haben, dem sie entnehme, dass ihr Stimmzettel
aufgrund des der Stadt Dortmund unterlaufenen Fehlers
als ungültig gewertet werden müsse. Aufgrund ihrer Ur-
laubsabwesenheit habe sie von den angebotenen Berichti-
gungsmöglichkeiten keinen Gebrauch machen können.

In einem dem Wahlprüfungsausschuss vorliegenden Bericht
der Stadt Dortmund vom 23. September 2005 werden auch
Fehler beim Austausch bzw. der Neuausstellung von Wahl-
unterlagen sowie im Wahllokal eingeräumt. So seien mit der
Folge von Zeitverzögerungen angesichts ungenauer Anga-
ben insbesondere im E-Mail-Verkehr neue Stimmzettel ver-
sandt worden, obwohl der Wahlschein für ungültig erklärt
und ein neuer ausgestellt werden sollte. Im Wahllokal hätten
Wähler nicht zugelassen werden können, die mit einem für
ungültig erklärten Wahlschein wählen wollten und erklärt
hätten, keine neuen Unterlagen bekommen zu haben. Es
habe auch Fehler bei der Zusendung der neuen Unterlagen
gegeben, was auf die enorme Belastung der Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter im betreffenden Zeitraum zurückzufüh-
ren sei.

Insgesamt sind laut Angaben der Landeswahlleiterin zwi-
schen 22 000 und 25 000 Stimmzettel ausgetauscht und ins-
gesamt 12 321 Wahlscheine, letztere teilweise auch aus an-
deren Gründen, für ungültig erklärt worden. Im Ergebnis ist
oder den bisherigen Wahlschein für ungültig erklären zu las-
sen und neue Briefwahlunterlagen zu erhalten.

schung ungültigen Zweitstimmen der Parteien SPD, CDU,
GRÜNE, FDP, Die Linke. den jeweiligen Parteien zuge-

teilung der Zweitstimmen auf die Listenverbindungen
(„Oberverteilung“) oder bei der Verteilung der Mandate der
Parteien auf ihre Landeslisten („Unterverteilung“) ergeben.
In einer zweiten Modellrechnung wurden die 10 433 Stim-
men jeweils insgesamt einer der genannten Parteien zuge-
rechnet. Auch dies bewirkte – abgesehen von der FDP –
keine Veränderungen. Im Falle der FDP würden 8 002
Zweitstimmen als einzige Auswirkung ein FDP-Mandat von
Sachsen nach Nordrhein-Westfalen verschieben.

Bezüglich der Erststimmen ist laut Landeswahlleiterin die
Vertauschung angesichts des mit jeweils über 40 000 Stim-
men deutlichen Vorsprungs der in den beiden Wahlkreisen
erfolgreichen Bewerber ohne Bedeutung.

Weder der Bundeswahlleiter noch die Landeswahlleiterin
des Landes Nordrhein-Westfalen sahen Anlass, in amtlicher
Eigenschaft gemäß § 2 Abs. 2 des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) Einspruch einzulegen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3
WPrüfG von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Die Versendung falscher Stimmzettel für die Teilnahme an
der Briefwahl in den Wahlkreisen Dortmund I und II stellt
einen Fehler bei der Vorbereitung und Durchführung der
Bundestagswahl dar. Dieser Fehler geht auf eine unterblie-
bene Information durch die Stadt Dortmund an die mit der
Verpackung und Versendung beauftragte Firma zurück. Im
Ergebnis hat dieser Fehler trotz der im Tatbestand angespro-
chenen Bemühungen um Abhilfe dazu geführt, dass wegen
Verwendung des falschen Stimmzettels die betroffenen
Erst- und Zweitstimmen zutreffend gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1
des Bundeswahlgesetzes als ungültig gewertet wurden.
Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob auch der
von der Einspruchsführerin tatsächlich verwendete Stimm-
zettel falsch war und daher für ungültig erklärt worden ist.

Der festgestellte Wahlfehler führt nicht zur Begründetheit
des Einspruchs. Nach ständiger Rechtsprechung des Bun-
desverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsaus-
schuss und der Deutsche Bundestag stets angeschlossen ha-
ben (vgl. z. B. für die Wahl zum 15. Deutschen Bundestag
Beschlussempfehlung auf Bundestagsdrucksache 15/1850,
S. 158), können nämlich nur solche Wahlfehler einen Wahl-
einspruch erfolgreich begründen, die auf die Mandatsvertei-
lung von Einfluss sind oder hätten sein können. Infolgedes-
sen scheiden alle Verstöße von vornherein als unerheblich

die Ermittlung des Wahlergebnisses betreffen, sind dann
unerheblich, wenn sie angesichts des Stimmenverhältnisses
keinen Einfluss auf die Mandatsverteilung haben können.

Die oben zitierten Modellrechnungen belegen eindeutig,
dass die wegen Vertauschung des Stimmzettels ungültigen
Stimmen ohne Einfluss auf die Verteilung der Mandate ge-
blieben sind. Dies gilt zunächst für die Berücksichtigung
der Zweitstimmen. So belegt z. B. die Modellrechnung des
Bundeswahlleiters, dass eine Berücksichtigung der vorsorg-
lich ausgezählten 10 433 ungültigen Stimmen keine Ände-
rung bei den einzelnen Parteien bewirken würde. Zugleich
wird erkennbar, dass auch eine hypothetische Zuweisung
aller ungültigen Stimmen jeweils an eine Partei für die Man-
datsverteilung unerheblich wäre. Auch soweit im Falle der
FDP 8 002 zusätzliche Stimmen Auswirkungen zeigen wür-
den, ist dies als fern liegend zu vernachlässigen, da die tat-
sächliche Auszählung nur 648 Zweitstimmen ergeben hat.

Soweit es um die Berücksichtigung der Erststimmen geht,
fehlt es ebenfalls an einer Erheblichkeit. Im Wahlkreis 143
hat der erfolgreiche Bewerber einen Vorsprung von 42 259
Stimmen vor dem Zweitplatzierten, im Wahlkreis 144 be-
trägt dieser Vorsprung 43 842 Stimmen (vgl. Der Bundes-
wahlleiter, Wahl zum Deutschen Bundestag am 18. Septem-
ber 2005, Heft 3: Endgültige Ergebnisse nach Wahlkreisen,
S. 92 ff.).

Mangels Erheblichkeit kann auch offen bleiben, ob nach
Bekanntwerden der Vertauschung in zeitlicher und sachli-
cher Hinsicht jegliche notwendigen Maßnahmen getroffen
worden sind, um möglichst vielen Wahlberechtigten noch
eine gültige Wahlteilnahme zu ermöglichen. Das Bundes-
wahlgesetz und die Bundeswahlordnung regeln die Bewälti-
gung vergleichbarer „Pannen“ nicht. Ohnehin erscheint es
ausgeschlossen, für eine derartige Sachlage generelle Vor-
gaben anzuordnen. Die im Einzelfall zu treffenden Maßnah-
men hängen von der Art des Fehlers, seinem Ausmaß und
der noch zur Verfügung stehenden Zeit ab, die z. B. hier an-
gesichts der Bedingungen einer kurzfristig stattfindenden
Neuwahl ohnehin knapp bemessen war. So erscheinen die in
Dortmund getroffenen Maßnahmen als durchaus geeignet,
den Fehler rechtzeitig und weitestgehend zu korrigieren.
Davon abgesehen ist es angesichts des Ausmaßes des Feh-
lers, aber auch der engen zeitlichen Bedingungen nachvoll-
ziehbar, dass in Einzelfällen beim Austausch oder der Ver-
sendung von Unterlagen oder im Wahllokal selbst keine
wirksame Abhilfe getroffen werden konnte.

Außerhalb des Wahlprüfungsverfahrens bleibt gesetzgebe-
risch zu erwägen, durch Änderung von § 39 Abs. 1 Nr. 1
des Bundeswahlgesetzes bei Vertauschung von Stimmzet-
teln in einem Bundesland jedenfalls die Zweitstimmen als
gültig werten zu können.
Drucksache 16/900 – 18 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

rechnet. (Zugerechnet wurden für SPD: 5 129; CDU: 3 043;
GRÜNE: 445; FDP: 648; Die Linke.: 810.) Dabei haben
sich keine mandatsrelevanten Verschiebungen bei der Ver-

aus, die die Ermittlung des Wahlergebnisses nicht berühren
(seit BVerfGE 4, 370, 372 ständige Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts). Selbst solche Wahlfehler, die

2005 unterrichtete die Stadt Dortmund die Bevölkerung in
Radio und Fernsehen sowie mittels Presse über die Versen-

Belastung des Wahlabends erklärt. Die wegen Vertauschung
ungültigen Erststimmen liegen mit 10 272 etwas niedriger.
Folge von Zeitverzögerungen angesichts ungenauer Anga-
ben insbesondere im E-Mail-Verkehr neue Stimmzettel ver-
sandt worden, obwohl der Wahlschein für ungültig erklärt

die Listenverbindungen („Oberverteilung“) oder bei der
Verteilung der Mandate der Parteien auf ihre Landeslisten
(„Unterverteilung“) ergeben. In einer zweiten Modell-
dung möglicherweise falscher Stimmzettel. Mit Schreiben
vom 6. September 2005 wurden dann alle von der Privat-
firma mit Briefwahlunterlagen Versorgten gebeten, den
jeweils erhaltenen Stimmzettel zu überprüfen. Außerdem
wurden sie über die Möglichkeiten zur korrekten Stimm-
abgabe informiert und es wurde auch – unter Hinweis auf die
Nutzung des E-Mail-Verkehrs, das städtische Call-Center
oder das Aufsuchen des kommunalen Wahlbüros oder des
Bürgerbüros – angeboten, den Stimmzettel auszutauschen
oder den bisherigen Wahlschein für ungültig erklären zu las-
sen und neue Briefwahlunterlagen zu erhalten.

In einem dem Wahlprüfungsausschuss vorliegenden Bericht
der Stadt Dortmund vom 23. September 2005 werden auch
Fehler beim Austausch bzw. der Neuausstellung von Wahl-
unterlagen sowie im Wahllokal eingeräumt. So seien mit der

Laut Landeswahlleiterin und Bundeswahlleiter sind die ver-
tauschten Stimmzettel gesondert ausgezählt worden. Nach
den dem Wahlprüfungsausschuss vorliegenden Modellrech-
nungen sowohl des Bundeswahlleiters als auch des Landes-
amtes für Datenverarbeitung und Statistik, erstellt im Auf-
trag der Landeswahlleiterin, hätte sich auch bei Wertung der
ungültigen Zweitstimmen keine Veränderung bei der Zutei-
lung der Sitze ergeben.

So hat der Bundeswahlleiter in einer ersten Modellrechnung
die Zahl der wegen Vertauschung ungültigen Zweitstimmen
der Parteien SPD, CDU, GRÜNE, FDP, Die Linke. den
jeweiligen Parteien zugerechnet. (Zugerechnet wurden für
SPD: 5 129; CDU: 3 043; GRÜNE: 445; FDP: 648; Die
Linke.: 810.) Dabei haben sich keine mandatsrelevanten
Verschiebungen bei der Verteilung der Zweitstimmen auf
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19 – Drucksache 16/900

Anlage 8

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

der Frau E. F. und des Herrn A. F., 44287 Dortmund
– Az.: WP 83/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 4. Oktober 2005 haben die Einspruchs-
führer gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen
Bundestag am 18. September 2005 Einspruch eingelegt.

Der Einspruch betrifft die in einer großen Zahl der Fälle zur
Ungültigkeit der abgegebenen Stimmen führende Vertau-
schung von Stimmzetteln bei der Versendung von Brief-
wahlunterlagen in den beiden Dortmunder Wahlkreisen 143
und 144.

Die Stadt Dortmund ließ einen Teil der für die beiden
Wahlkreise zu versendenden Briefwahlunterlagen durch
eine Privatfirma verpacken und verschicken, ohne darauf
aufmerksam zu machen, dass die Stimmzettel getrennt nach
den beiden Wahlkreisen den Wahlunterlagen beizufügen
seien. Deshalb wurden am 2. September 2005 rund 50 000
Briefwahlunterlagen in den Postversand gegeben, ohne dass
darauf geachtet worden ist, ob jeweils ein der Anschrift des
Briefwählers entsprechender Stimmzettel beigefügt worden
war. Nach Bekanntwerden des Fehlers am 3. September

ungültig erklärten Wahlschein wählen wollten und erklärt
hätten, keine neuen Unterlagen bekommen zu haben. Es
habe auch Fehler bei der Zusendung der neuen Unterlagen
gegeben, was auf die enorme Belastung der Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter im betreffenden Zeitraum zurückzufüh-
ren sei.

Insgesamt sind laut Angaben der Landeswahlleiterin zwi-
schen 22 000 und 25 000 Stimmzettel ausgetauscht und ins-
gesamt 12 321 Wahlscheine, letztere teilweise auch aus an-
deren Gründen, für ungültig erklärt worden. Im Ergebnis ist
schließlich mit 10 533 vertauschten Stimmzetteln gewählt
worden; davon beruhte in 10 433 Fällen die Ungültigkeit
der Zweitstimme auf der Vertauschung und nicht – wie für
den Rest – auf anderen Gründen. Auf Nachfrage sind die
beiden Zahlenwerte – insgesamt 10 533, aber 10 433 nur
wegen Vertauschung ungültig – von der Landeswahlleiterin
bestätigt worden. Dass zunächst von insgesamt 10 504 un-
gültigen Stimmen ausgegangen und dies später auf 10 533
korrigiert wurde, wird mit möglichen Zählfehlern durch die
und ein neuer ausgestellt werden sollte. Im Wahllokal hätten
Wähler nicht zugelassen werden können, die mit einem für

rechnung wurden die 10 433 Stimmen jeweils insgesamt ei-
ner der genannten Parteien zugerechnet. Auch dies bewirkte

des Landes Nordrhein-Westfalen sahen Anlass, in amtlicher
Eigenschaft gemäß § 2 Abs. 2 des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) Einspruch einzulegen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3
WPrüfG von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Die Versendung falscher Stimmzettel für die Teilnahme an
der Briefwahl in den Wahlkreisen Dortmund I und II stellt
einen Fehler bei der Vorbereitung und Durchführung der
Bundestagswahl dar. Dieser Fehler geht auf eine unterblie-
bene Information durch die Stadt Dortmund an die mit der
Verpackung und Versendung beauftragte Firma zurück. Im
Ergebnis hat dieser Fehler trotz der im Tatbestand angespro-
chenen Bemühungen um Abhilfe dazu geführt, dass wegen
Verwendung des falschen Stimmzettels die betroffenen
Erst- und Zweitstimmen zutreffend gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1
des Bundeswahlgesetzes als ungültig gewertet wurden.

Der festgestellte Wahlfehler führt nicht zur Begründetheit
des Einspruchs. Nach ständiger Rechtsprechung des Bun-
desverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsaus-
schuss und der Deutsche Bundestag stets angeschlossen ha-
ben (vgl. z. B. für die Wahl zum 15. Deutschen Bundestag
Beschlussempfehlung auf Bundestagsdrucksache 15/1850,
S. 158), können nämlich nur solche Wahlfehler einen Wahl-
einspruch erfolgreich begründen, die auf die Mandatsvertei-
lung von Einfluss sind oder hätten sein können. Infolgedes-
sen scheiden alle Verstöße von vornherein als unerheblich
aus, die die Ermittlung des Wahlergebnisses nicht berühren
(seit BVerfGE 4, 370, 372 ständige Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts). Selbst solche Wahlfehler, die
die Ermittlung des Wahlergebnisses betreffen, sind dann
unerheblich, wenn sie angesichts des Stimmenverhältnisses
keinen Einfluss auf die Mandatsverteilung haben können.

aller ungültigen Stimmen jeweils an eine Partei für die Man-
datsverteilung unerheblich wäre. Auch soweit im Falle der
FDP 8 002 zusätzliche Stimmen Auswirkungen zeigen wür-
den, ist dies als fern liegend zu vernachlässigen, da die tat-
sächliche Auszählung nur 648 Zweitstimmen ergeben hat.

Soweit es um die Berücksichtigung der Erststimmen geht,
fehlt es ebenfalls an einer Erheblichkeit. Im Wahlkreis 143
hat der erfolgreiche Bewerber einen Vorsprung von 42 259
Stimmen vor dem Zweitplatzierten, im Wahlkreis 144 be-
trägt dieser Vorsprung 43 842 Stimmen (vgl. Der Bundes-
wahlleiter, Wahl zum Deutschen Bundestag am 18. Septem-
ber 2005, Heft 3: Endgültige Ergebnisse nach Wahlkreisen,
S. 92 ff.).

Mangels Erheblichkeit kann auch offen bleiben, ob nach
Bekanntwerden der Vertauschung in zeitlicher und sachli-
cher Hinsicht jegliche notwendigen Maßnahmen getroffen
worden sind, um möglichst vielen Wahlberechtigten noch
eine gültige Wahlteilnahme zu ermöglichen. Das Bundes-
wahlgesetz und die Bundeswahlordnung regeln die Bewälti-
gung vergleichbarer „Pannen“ nicht. Ohnehin erscheint es
ausgeschlossen, für eine derartige Sachlage generelle Vor-
gaben anzuordnen. Die im Einzelfall zu treffenden Maßnah-
men hängen von der Art des Fehlers, seinem Ausmaß und
der noch zur Verfügung stehenden Zeit ab, die z. B. hier an-
gesichts der Bedingungen einer kurzfristig stattfindenden
Neuwahl ohnehin knapp bemessen war. So erscheinen die in
Dortmund getroffenen Maßnahmen als durchaus geeignet,
den Fehler rechtzeitig und weitestgehend zu korrigieren.
Davon abgesehen ist es angesichts des Ausmaßes des Feh-
lers, aber auch der engen zeitlichen Bedingungen nachvoll-
ziehbar, dass in Einzelfällen beim Austausch oder der Ver-
sendung von Unterlagen oder im Wahllokal selbst keine
wirksame Abhilfe getroffen werden konnte.

Außerhalb des Wahlprüfungsverfahrens bleibt gesetzgebe-
risch zu erwägen, durch Änderung von § 39 Abs. 1 Nr. 1
des Bundeswahlgesetzes bei Vertauschung von Stimmzet-
teln in einem Bundesland jedenfalls die Zweitstimmen als
gültig werten zu können.
Drucksache 16/900 – 20 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

– abgesehen von der FDP – keine Veränderungen. Im Falle
der FDP würden 8 002 Zweitstimmen als einzige Auswir-
kung ein FDP-Mandat von Sachsen nach Nordrhein-West-
falen verschieben.

Bezüglich der Erststimmen ist laut Landeswahlleiterin die
Vertauschung angesichts des mit jeweils über 40 000 Stim-
men deutlichen Vorsprungs der in den beiden Wahlkreisen
erfolgreichen Bewerber ohne Bedeutung.

Weder der Bundeswahlleiter noch die Landeswahlleiterin

Die oben zitierten Modellrechnungen belegen eindeutig,
dass die wegen Vertauschung des Stimmzettels ungültigen
Stimmen ohne Einfluss auf die Verteilung der Mandate ge-
blieben sind. Dies gilt zunächst für die Berücksichtigung
der Zweitstimmen. So belegt z. B. die Modellrechnung des
Bundeswahlleiters, dass eine Berücksichtigung der vorsorg-
lich ausgezählten 10 433 ungültigen Stimmen keine Ände-
rung bei den einzelnen Parteien bewirken würde. Zugleich
wird erkennbar, dass auch eine hypothetische Zuweisung

Briefwählers entsprechender Stimmzettel beigefügt worden
war. Nach Bekanntwerden des Fehlers am 3. September

gültigen Stimmen ausgegangen und dies später auf 10 533
korrigiert wurde, wird mit möglichen Zählfehlern durch die
Belastung des Wahlabends erklärt. Die wegen Vertauschung
Fehler beim Austausch bzw. der Neuausstellung von Wahl-
unterlagen sowie im Wahllokal eingeräumt. So seien mit der
Folge von Zeitverzögerungen angesichts ungenauer Anga-

Linke.: 810.) Dabei haben sich keine mandatsrelevanten
Verschiebungen bei der Verteilung der Zweitstimmen auf
die Listenverbindungen („Oberverteilung“) oder bei der
2005 unterrichtete die Stadt Dortmund die Bevölkerung in
Radio und Fernsehen sowie mittels Presse über die Versen-
dung möglicherweise falscher Stimmzettel. Mit Schreiben
vom 6. September 2005 wurden dann alle von der Privat-
firma mit Briefwahlunterlagen Versorgten gebeten, den
jeweils erhaltenen Stimmzettel zu überprüfen. Außerdem
wurden sie über die Möglichkeiten zur korrekten Stimm-
abgabe informiert und es wurde auch – unter Hinweis auf die
Nutzung des E-Mail-Verkehrs, das städtische Call-Center
oder das Aufsuchen des kommunalen Wahlbüros oder des
Bürgerbüros – angeboten, den Stimmzettel auszutauschen
oder den bisherigen Wahlschein für ungültig erklären zu las-
sen und neue Briefwahlunterlagen zu erhalten.

In einem dem Wahlprüfungsausschuss vorliegenden Bericht
der Stadt Dortmund vom 23. September 2005 werden auch

ungültigen Erststimmen liegen mit 10 272 etwas niedriger.

Laut Landeswahlleiterin und Bundeswahlleiter sind die ver-
tauschten Stimmzettel gesondert ausgezählt worden. Nach
den dem Wahlprüfungsausschuss vorliegenden Modellrech-
nungen sowohl des Bundeswahlleiters als auch des Landes-
amtes für Datenverarbeitung und Statistik, erstellt im Auf-
trag der Landeswahlleiterin, hätte sich auch bei Wertung der
ungültigen Zweitstimmen keine Veränderung bei der Zutei-
lung der Sitze ergeben.

So hat der Bundeswahlleiter in einer ersten Modellrechnung
die Zahl der wegen Vertauschung ungültigen Zweitstimmen
der Parteien SPD, CDU, GRÜNE, FDP, Die Linke. den
jeweiligen Parteien zugerechnet. (Zugerechnet wurden für
SPD: 5 129; CDU: 3 043; GRÜNE: 445; FDP: 648; Die
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 21 – Drucksache 16/900

Anlage 9

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn H. K., 33649 Bielefeld
– Az.: WP 122/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 7. Oktober 2005 an den Vorsitzenden
der Fraktion der SPD, weitergeleitet an den Wahlprüfungs-
ausschuss, hat der Einspruchsführer gegen die Gültigkeit
der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag am 18. September
2005 Einspruch eingelegt.

Der Einspruch richtet sich gegen die in einer großen Zahl
der Fälle zur Ungültigkeit der abgegebenen Stimmen füh-
rende Vertauschung von Stimmzetteln bei der Versendung
von Briefwahlunterlagen in den beiden Dortmunder Wahl-
kreisen 143 und 144.

Die Stadt Dortmund ließ einen Teil der für die beiden
Wahlkreise zu versendenden Briefwahlunterlagen durch
eine Privatfirma verpacken und verschicken, ohne darauf
aufmerksam zu machen, dass die Stimmzettel getrennt nach
den beiden Wahlkreisen den Wahlunterlagen beizufügen
seien. Deshalb wurden am 2. September 2005 rund 50 000
Briefwahlunterlagen in den Postversand gegeben, ohne dass
darauf geachtet worden ist, ob jeweils ein der Anschrift des

und ein neuer ausgestellt werden sollte. Im Wahllokal hätten
Wähler nicht zugelassen werden können, die mit einem für
ungültig erklärten Wahlschein wählen wollten und erklärt
hätten, keine neuen Unterlagen bekommen zu haben. Es
habe auch Fehler bei der Zusendung der neuen Unterlagen
gegeben, was auf die enorme Belastung der Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter im betreffenden Zeitraum zurückzufüh-
ren sei.

Insgesamt sind laut Angaben der Landeswahlleiterin zwi-
schen 22 000 und 25 000 Stimmzettel ausgetauscht und ins-
gesamt 12 321 Wahlscheine, letztere teilweise auch aus an-
deren Gründen, für ungültig erklärt worden. Im Ergebnis ist
schließlich mit 10 533 vertauschten Stimmzetteln gewählt
worden; davon beruhte in 10 433 Fällen die Ungültigkeit
der Zweitstimme auf der Vertauschung und nicht – wie für
den Rest – auf anderen Gründen. Auf Nachfrage sind die
beiden Zahlenwerte – insgesamt 10 533, aber 10 433 nur
wegen Vertauschung ungültig – von der Landeswahlleiterin
bestätigt worden. Dass zunächst von insgesamt 10 504 un-
ben insbesondere im E-Mail-Verkehr neue Stimmzettel ver-
sandt worden, obwohl der Wahlschein für ungültig erklärt

Verteilung der Mandate der Parteien auf ihre Landeslisten
(„Unterverteilung“) ergeben. In einer zweiten Modell-

men deutlichen Vorsprungs der in den beiden Wahlkreisen
erfolgreichen Bewerber ohne Bedeutung.

Weder der Bundeswahlleiter noch die Landeswahlleiterin
des Landes Nordrhein-Westfalen sahen Anlass, in amtlicher
Eigenschaft gemäß § 2 Abs. 2 des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) Einspruch einzulegen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3
WPrüfG von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Die Versendung falscher Stimmzettel für die Teilnahme an
der Briefwahl in den Wahlkreisen Dortmund I und II stellt
einen Fehler bei der Vorbereitung und Durchführung der
Bundestagswahl dar. Dieser Fehler geht auf eine unterblie-
bene Information durch die Stadt Dortmund an die mit der
Verpackung und Versendung beauftragte Firma zurück. Im
Ergebnis hat dieser Fehler trotz der im Tatbestand angespro-
chenen Bemühungen um Abhilfe dazu geführt, dass wegen
Verwendung des falschen Stimmzettels die betroffenen
Erst- und Zweitstimmen zutreffend gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1
des Bundeswahlgesetzes als ungültig gewertet wurden.

Der festgestellte Wahlfehler führt nicht zur Begründetheit
des Einspruchs. Nach ständiger Rechtsprechung des Bun-
desverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsaus-
schuss und der Deutsche Bundestag stets angeschlossen ha-
ben (vgl. z. B. für die Wahl zum 15. Deutschen Bundestag
Beschlussempfehlung auf Bundestagsdrucksache 15/1850,
S. 158), können nämlich nur solche Wahlfehler einen Wahl-
einspruch erfolgreich begründen, die auf die Mandatsvertei-
lung von Einfluss sind oder hätten sein können. Infolgedes-
sen scheiden alle Verstöße von vornherein als unerheblich
aus, die die Ermittlung des Wahlergebnisses nicht berühren
(seit BVerfGE 4, 370, 372 ständige Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts). Selbst solche Wahlfehler, die
die Ermittlung des Wahlergebnisses betreffen, sind dann

lich ausgezählten 10 433 ungültigen Stimmen keine Ände-
rung bei den einzelnen Parteien bewirken würde. Zugleich
wird erkennbar, dass auch eine hypothetische Zuweisung
aller ungültigen Stimmen jeweils an eine Partei für die Man-
datsverteilung unerheblich wäre. Auch soweit im Falle der
FDP 8 002 zusätzliche Stimmen Auswirkungen zeigen wür-
den, ist dies als fern liegend zu vernachlässigen, da die tat-
sächliche Auszählung nur 648 Zweitstimmen ergeben hat.

Soweit es um die Berücksichtigung der Erststimmen geht,
fehlt es ebenfalls an einer Erheblichkeit. Im Wahlkreis 143
hat der erfolgreiche Bewerber einen Vorsprung von 42 259
Stimmen vor dem Zweitplatzierten, im Wahlkreis 144 be-
trägt dieser Vorsprung 43 842 Stimmen (vgl. Der Bundes-
wahlleiter, Wahl zum Deutschen Bundestag am 18. Septem-
ber 2005, Heft 3: Endgültige Ergebnisse nach Wahlkreisen,
S. 92 ff.).

Mangels Erheblichkeit kann auch offen bleiben, ob nach
Bekanntwerden der Vertauschung in zeitlicher und sachli-
cher Hinsicht jegliche notwendigen Maßnahmen getroffen
worden sind, um möglichst vielen Wahlberechtigten noch
eine gültige Wahlteilnahme zu ermöglichen. Das Bundes-
wahlgesetz und die Bundeswahlordnung regeln die Bewälti-
gung vergleichbarer „Pannen“ nicht. Ohnehin erscheint es
ausgeschlossen, für eine derartige Sachlage generelle Vor-
gaben anzuordnen. Die im Einzelfall zu treffenden Maßnah-
men hängen von der Art des Fehlers, seinem Ausmaß und
der noch zur Verfügung stehenden Zeit ab, die z. B. hier an-
gesichts der Bedingungen einer kurzfristig stattfindenden
Neuwahl ohnehin knapp bemessen war. So erscheinen die in
Dortmund getroffenen Maßnahmen als durchaus geeignet,
den Fehler rechtzeitig und weitestgehend zu korrigieren.
Davon abgesehen ist es angesichts des Ausmaßes des Feh-
lers, aber auch der engen zeitlichen Bedingungen nachvoll-
ziehbar, dass in Einzelfällen beim Austausch oder der Ver-
sendung von Unterlagen oder im Wahllokal selbst keine
wirksame Abhilfe getroffen werden konnte.

Außerhalb des Wahlprüfungsverfahrens bleibt gesetzgebe-
risch zu erwägen, durch Änderung von § 39 Abs. 1 Nr. 1
des Bundeswahlgesetzes bei Vertauschung von Stimmzet-
teln in einem Bundesland jedenfalls die Zweitstimmen als
gültig werten zu können.
Drucksache 16/900 – 22 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

rechnung wurden die 10 433 Stimmen jeweils insgesamt
einer der genannten Parteien zugerechnet. Auch dies be-
wirkte – abgesehen von der FDP – keine Veränderungen. Im
Falle der FDP würden 8 002 Zweitstimmen als einzige Aus-
wirkung ein FDP-Mandat von Sachsen nach Nordrhein-
Westfalen verschieben.

Bezüglich der Erststimmen ist laut Landeswahlleiterin die
Vertauschung angesichts des mit jeweils über 40 000 Stim-

unerheblich, wenn sie angesichts des Stimmenverhältnisses
keinen Einfluss auf die Mandatsverteilung haben können.

Die oben zitierten Modellrechnungen belegen eindeutig,
dass die wegen Vertauschung des Stimmzettels ungültigen
Stimmen ohne Einfluss auf die Verteilung der Mandate ge-
blieben sind. Dies gilt zunächst für die Berücksichtigung
der Zweitstimmen. So belegt z. B. die Modellrechnung des
Bundeswahlleiters, dass eine Berücksichtigung der vorsorg-

Rechtmäßigkeit der Bundestagswahl an und fragt, wer für
die Panne verantwortlich und wie das Fehlverhalten ge-

Insgesamt sind laut Angaben der Landeswahlleiterin zwi-
schen 22 000 und 25 000 Stimmzettel ausgetauscht und ins-
firma mit Briefwahlunterlagen Versorgten gebeten, den
jeweils erhaltenen Stimmzettel zu überprüfen. Außerdem
wurden sie über die Möglichkeiten zur korrekten Stimm-

den dem Wahlprüfungsausschuss vorliegenden Modell-
rechnungen sowohl des Bundeswahlleiters als auch des
Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik, erstellt im
ahndet worden sei.

Die Stadt Dortmund ließ einen Teil der für die beiden
Wahlkreise zu versendenden Briefwahlunterlagen durch
eine Privatfirma verpacken und verschicken, ohne darauf
aufmerksam zu machen, dass die Stimmzettel getrennt nach
den beiden Wahlkreisen den Wahlunterlagen beizufügen
seien. Deshalb wurden am 2. September 2005 rund 50 000
Briefwahlunterlagen in den Postversand gegeben, ohne dass
darauf geachtet worden ist, ob jeweils ein der Anschrift des
Briefwählers entsprechender Stimmzettel beigefügt worden
war. Nach Bekanntwerden des Fehlers am 3. September
2005 unterrichtete die Stadt Dortmund die Bevölkerung in
Radio und Fernsehen sowie mittels Presse über die Versen-
dung möglicherweise falscher Stimmzettel. Mit Schreiben
vom 6. September 2005 wurden dann alle von der Privat-

gesamt 12 321 Wahlscheine, letztere teilweise auch aus an-
deren Gründen, für ungültig erklärt worden. Im Ergebnis ist
schließlich mit 10 533 vertauschten Stimmzetteln gewählt
worden; davon beruhte in 10 433 Fällen die Ungültigkeit
der Zweitstimme auf der Vertauschung und nicht – wie für
den Rest – auf anderen Gründen. Auf Nachfrage sind die
beiden Zahlenwerte – insgesamt 10 533, aber 10 433 nur
wegen Vertauschung ungültig – von der Landeswahlleiterin
bestätigt worden. Dass zunächst von insgesamt 10 504 un-
gültigen Stimmen ausgegangen und dies später auf 10 533
korrigiert wurde, wird mit möglichen Zählfehlern durch die
Belastung des Wahlabends erklärt. Die wegen Vertauschung
ungültigen Erststimmen liegen mit 10 272 etwas niedriger.

Laut Landeswahlleiterin und Bundeswahlleiter sind die ver-
tauschten Stimmzettel gesondert ausgezählt worden. Nach
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 23 – Drucksache 16/900

Anlage 10

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn A. K., 57392 Schmallenberg
– Az.: WP 136/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 1. November 2005 hat der Einspruchs-
führer gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen
Bundestag am 18. September 2005 Einspruch eingelegt.

Der Einspruch betrifft die in einer großen Zahl der Fälle zur
Ungültigkeit der abgegebenen Stimmen führende Vertau-
schung von Stimmzetteln bei der Versendung von Brief-
wahlunterlagen in den beiden Dortmunder Wahlkreisen 143
und 144.

Der Einspruchsführer trägt vor, als Briefwähler aufgrund
seiner Abwesenheit keine Chance gehabt zu haben, an der
Wahl erneut teilzunehmen. Da er seine Telefonnummer bei
Beantragung der Briefwahl mitgeteilt habe, hätten die Ver-
antwortlichen die Möglichkeit gehabt, ihn zeitnah auf eine
erneute Beantragung hinzuweisen. Da die korrekten Unter-
lagen aber erst so spät ausgeliefert worden seien, habe er
keine Möglichkeit zur Stimmabgabe mehr gehabt. Selbst
die Abgabe der Wahlunterlagen in einem anderen Wahllokal
sei ihm verwehrt worden. Der Einspruchsführer zweifelt die

oder das Aufsuchen des kommunalen Wahlbüros oder des
Bürgerbüros – angeboten, den Stimmzettel auszutauschen
oder den bisherigen Wahlschein für ungültig erklären zu las-
sen und neue Briefwahlunterlagen zu erhalten.

In einem dem Wahlprüfungsausschuss vorliegenden Bericht
der Stadt Dortmund vom 23. September 2005 werden auch
Fehler beim Austausch bzw. der Neuausstellung von Wahl-
unterlagen sowie im Wahllokal eingeräumt. So seien mit der
Folge von Zeitverzögerungen angesichts ungenauer Anga-
ben insbesondere im E-Mail-Verkehr neue Stimmzettel ver-
sandt worden, obwohl der Wahlschein für ungültig erklärt
und ein neuer ausgestellt werden sollte. Im Wahllokal hätten
Wähler nicht zugelassen werden können, die mit einem für
ungültig erklärten Wahlschein wählen wollten und erklärt
hätten, keine neuen Unterlagen bekommen zu haben. Es
habe auch Fehler bei der Zusendung der neuen Unterlagen
gegeben, was auf die enorme Belastung der Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter im betreffenden Zeitraum zurückzufüh-
ren sei.
abgabe informiert und es wurde auch – unter Hinweis auf die
Nutzung des E-Mail-Verkehrs, das städtische Call-Center

Auftrag der Landeswahlleiterin, hätte sich auch bei Wertung
der ungültigen Zweitstimmen keine Veränderung bei der

Drucksache 16/900 – 24 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Zuteilung der Sitze ergeben. So hat der Bundeswahlleiter in
einer ersten Modellrechnung die Zahl der wegen Vertau-
schung ungültigen Zweitstimmen der Parteien SPD, CDU,
GRÜNE, FDP, Die Linke. den jeweiligen Parteien zuge-
rechnet. (Zugerechnet wurden für SPD: 5 129; CDU: 3 043;
GRÜNE: 445; FDP: 648; Die Linke.: 810.) Dabei haben
sich keine mandatsrelevanten Verschiebungen bei der Ver-
teilung der Zweitstimmen auf die Listenverbindungen
(„Oberverteilung“) oder bei der Verteilung der Mandate der
Parteien auf ihre Landeslisten („Unterverteilung“) ergeben.
In einer zweiten Modellrechnung wurden die 10 433 Stim-
men jeweils insgesamt einer der genannten Parteien zuge-
rechnet. Auch dies bewirkte – abgesehen von der FDP –
keine Veränderungen. Im Falle der FDP würden 8 002
Zweitstimmen als einzige Auswirkung ein FDP-Mandat von
Sachsen nach Nordrhein-Westfalen verschieben.

Der Einspruchsführer hält es entgegen Bundeswahlleiter
und Landeswahlleiterin für unrichtig, bezüglich der rele-
vanten ungültigen Stimmzettel von 10 433 auszugehen. Da
z. B. er selbst seine Stimme nicht mehr erneut habe abgeben
können, entspreche die Zahl der ungültigen Stimmen der
Summe der fehlerhaften Stimmzettel abzüglich derer, die
nachträglich einen richtigen Stimmzettel abgegeben hätten.
Weiterhin sei es anmaßend zu unterstellen, dass es in höchs-
tem Maße unwahrscheinlich sei, dass von den 10 433
Zweitstimmen 8 002 für die FDP abgegeben worden wären.
Im Übrigen seien die speziellen Hintergründe seines Falles
nicht aufgeklärt und nicht auf alle an den Wahlprüfungsaus-
schuss gerichteten Fragen geantwortet worden.

Bezüglich der Erststimmen ist laut Landeswahlleiterin die
Vertauschung angesichts des mit jeweils über 40 000 Stim-
men deutlichen Vorsprungs der in den beiden Wahlkreisen
erfolgreichen Bewerber ohne Bedeutung.

Weder der Bundeswahlleiter noch die Landeswahlleiterin
des Landes Nordrhein-Westfalen sahen Anlass, in amtlicher
Eigenschaft gemäß § 2 Abs. 2 des Wahlprüfungsgesetzes
(WPrüfG) Einspruch einzulegen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3
WPrüfG von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Die Versendung falscher Stimmzettel für die Teilnahme an
der Briefwahl in den Wahlkreisen Dortmund I und II stellt
einen Fehler bei der Vorbereitung und Durchführung der
Bundestagswahl dar. Dieser Fehler geht auf eine unterblie-
bene Information durch die Stadt Dortmund an die mit der
Verpackung und Versendung beauftragte Firma zurück. Im
Ergebnis hat dieser Fehler trotz der im Tatbestand angespro-
chenen Bemühungen um Abhilfe dazu geführt, dass wegen
Verwendung des falschen Stimmzettels die betroffenen
Erst- und Zweitstimmen zutreffend gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1
des Bundeswahlgesetzes als ungültig gewertet wurden.

Der festgestellte Wahlfehler führt nicht zur Begründetheit

schuss und der Deutsche Bundestag stets angeschlossen ha-
ben (vgl. z. B. für die Wahl zum 15. Deutschen Bundestag
Beschlussempfehlung auf Bundestagsdrucksache 15/1850,
S. 158), können nämlich nur solche Wahlfehler einen Wahl-
einspruch erfolgreich begründen, die auf die Mandatsvertei-
lung von Einfluss sind oder hätten sein können. Infolgedes-
sen scheiden alle Verstöße von vornherein als unerheblich
aus, die die Ermittlung des Wahlergebnisses nicht berühren
(seit BVerfGE 4, 370, 372 ständige Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts). Selbst solche Wahlfehler, die
die Ermittlung des Wahlergebnisses betreffen, sind dann
unerheblich, wenn sie angesichts des Stimmenverhältnisses
keinen Einfluss auf die Mandatsverteilung haben können.

Die oben zitierten Modellrechnungen belegen eindeutig,
dass die wegen Vertauschung des Stimmzettels ungültigen
Stimmen ohne Einfluss auf die Verteilung der Mandate ge-
blieben sind. Dies gilt zunächst für die Berücksichtigung
der Zweitstimmen. So belegt z. B. die Modellrechnung des
Bundeswahlleiters, dass eine Berücksichtigung der vorsorg-
lich ausgezählten 10 433 ungültigen Stimmen keine Ände-
rung bei den einzelnen Parteien bewirken würde. Zugleich
wird erkennbar, dass auch eine hypothetische Zuweisung
aller ungültigen Stimmen jeweils an eine Partei für die Man-
datsverteilung unerheblich wäre.

Auch gegen die Grundannahmen der vorliegenden Modell-
rechnungen greifen Einwände nicht durch. Sicherlich ist –
wie vom Einspruchsführer selbst dargetan – in bestimmten
Fällen eine Stimmabgabe trotz Erhalt neuer Wahlunterlagen
nicht mehr möglich gewesen. Abgesehen davon, dass in sol-
chen Fällen die Nichtabgabe der Stimme nicht notwendig
als Wahlfehler eingestuft werden muss, sondern auch dem
Verhalten des Wahlberechtigten zuzurechnen sein könnte,
ist die Zahl dieser Fälle auch nicht bezifferbar. Vor allem
aber lassen die den obigen Modellrechnungen zugrunde lie-
genden Ausgangswerte erkennen, dass auch unter Berück-
sichtigung derartiger Fallgestaltungen eine Mandatsrele-
vanz jenseits der Wahrscheinlichkeit liegt.

Daher muss es ohne Bedeutung bleiben, dass die nicht ab-
gegebene Stimme des Einspruchsführers unberücksichtigt
bleiben musste.

Auch soweit sich im Falle der FDP Auswirkungen ab einer
Größenordnung von 8 002 zusätzlichen Stimmen ergeben
würden, ist dies hier entgegen der Auffassung des Ein-
spruchsführers als fern liegend zu behandeln, da die tatsäch-
liche Auszählung der vertauscht ungültigen Stimmen nur
648 Zweitstimmen ergeben hat und somit einen beträcht-
lichen Abstand zum Grenzwert von 8 002 aufweist.

Soweit es um die Berücksichtigung der Erststimmen geht,
fehlt es ebenfalls an einer Erheblichkeit. Im Wahlkreis 143
hat der erfolgreiche Bewerber einen Vorsprung von 42 259
Stimmen vor dem Zweitplatzierten, im Wahlkreis 144 be-
trägt dieser Vorsprung 43 842 Stimmen (vgl. Der Bundes-
wahlleiter, Wahl zum Deutschen Bundestag am 18. Septem-
ber 2005, Heft 3: Endgültige Ergebnisse nach Wahlkreisen,
S. 92 ff.).

Mangels Erheblichkeit kann auch offen bleiben, ob nach
Bekanntwerden der Vertauschung in zeitlicher und sachli-
cher Hinsicht jegliche notwendigen Maßnahmen getroffen
des Einspruchs. Nach ständiger Rechtsprechung des Bun-
desverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsaus-

worden sind, um möglichst vielen Wahlberechtigten noch
eine gültige Wahlteilnahme zu ermöglichen. Das Bundes-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25 – Drucksache 16/900

wahlgesetz und die Bundeswahlordnung regeln die Bewälti-
gung vergleichbarer „Pannen“ nicht. Ohnehin erscheint es
ausgeschlossen, für eine derartige Sachlage generelle Vor-
gaben anzuordnen. Die im Einzelfall zu treffenden Maßnah-
men hängen von der Art des Fehlers, seinem Ausmaß und
der noch zur Verfügung stehenden Zeit ab, die z. B. hier an-
gesichts der Bedingungen einer kurzfristig stattfindenden
Neuwahl ohnehin knapp bemessen war. So erscheinen die in
Dortmund getroffenen Maßnahmen als durchaus geeignet,
den Fehler rechtzeitig und weitestgehend zu korrigieren.
Davon abgesehen ist es angesichts des Ausmaßes des Feh-
lers, aber auch der engen zeitlichen Bedingungen nachvoll-
ziehbar, dass in Einzelfällen beim Austausch oder der Ver-
sendung von Unterlagen oder im Wahllokal selbst keine
wirksame Abhilfe getroffen werden konnte.

Außerhalb des Wahlprüfungsverfahrens bleibt gesetzgebe-
risch zu erwägen, durch Änderung von § 39 Abs. 1 Nr. 1
des Bundeswahlgesetzes bei Vertauschung von Stimmzet-
teln in einem Bundesland jedenfalls die Zweitstimmen als
gültig werten zu können.

Soweit der Einspruchsführer rügt, die neuen Wahlunterla-
gen seien verspätet mit der Folge übersandt worden, dass er
seine Stimme nicht mehr habe abgeben können, fehlt es in-

soweit an einer näheren, substantiierten Darlegung eines
möglichen Wahlfehlers der Stadt Dortmund.

Da auch gerügt wird, die Annahme der Wahlunterlagen in
einem anderen Wahllokal sei verweigert worden, muss sich
der Einspruchsführer am Wahltag im Besitz der Wahlunter-
lagen befunden haben. Dies begründet die Möglichkeit, den
Wahlbrief noch bis 18 Uhr beim Wahlamt oder die Stimme
in einem Wahllokal abzugeben. Soweit allerdings eine Ver-
weigerung der Abgabe der Wahlunterlagen in einem ande-
ren Wahllokal beanstandet wird, spricht dies – auch wenn
Näheres nicht vorgetragen ist – für eine Verletzung von § 14
Abs. 3 Buchstabe a des Bundeswahlgesetzes. Danach kann
der Besitzer eines Wahlscheins in einem beliebigen Wahl-
bezirk des Wahlkreises, in dem der Wahlschein ausgestellt
worden ist, seine Stimme abgeben. Einem Wahlfehler we-
gen Verletzung von § 14 BWG fehlte es jedoch aus den
oben beschriebenen Gründen an der für eine Begründetheit
des Einspruchs erforderlichen Erheblichkeit.

Soweit schließlich eine Aufklärung erwartet wird, wer für
die Panne in Dortmund verantwortlich war und wie das
Fehlverhalten geahndet worden ist, geht dies an den Aufga-
ben der Wahlprüfung vorbei.

Teilwahlsysteme zugestanden hätten. Bei den Direktkandi-
daten hätten CDU und CSU mit 125 Mandaten eine Quote
von 41,8 Prozent, bei den 247 Listenmandaten eine Quote

Wahlfehler ist also nicht festzustellen. Die Bestimmungen
des BWG hat das Bundesverfassungsgericht durch Urteil
obwohl sie 14,7 Prozent der Wahlkreise und 7,7 Prozent
aller relevanten Zweitstimmen gewonnen habe. Unter Zu-
grundlegung von 7,7 Prozent als das schlechtere der beiden

dass das Bundesverfassungsgericht Überhangmandate nur
unter der Bedingung für zulässig erklärt habe, dass die bei-
den Teilwahlsysteme sachgerecht zusammenwirken, bezieht
von 41,4 Prozent erreicht. In der Kombination beider Wahl-
systeme hätten CDU und CSU also schlechter abgeschnitten
als in jedem einzelnen.

Der vorgenannte, auf die Wahlrechtsgleichheit gestützte
Einwand ist laut Einspruchsführer auch Gegenstand einer
Wahlprüfungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsge-
richt (2 BvC 1/04), gerichtet gegen die vom Deutschen Bun-
destag beschlossene Zurückweisung seines Wahleinspruchs
gegen die Gültigkeit der Bundestagswahl 2002 (Bundes-
tagsdrucksache 15/1850, Anlage 8).

Auch beim jetzigen „zweiten Versuch einer Wahl zum
15. Deutschen Bundestag“ habe die CSU durch die Kombi-
nation der Systeme schlechter abgeschnitten als in jedem
der beiden. So stelle sie nur 7,5 Prozent aller Abgeordneten,

vom 10. April 1997 als mit dem Grundgesetz (GG) verein-
bar festgestellt und ausdrücklich ausgeführt, dass die Er-
möglichung von Überhangmandaten ohne Ausgleich für an-
dere Parteien den Anforderungen der Wahlgleichheit nach
Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG genügt und die Chancengleich-
heit der Parteien wahrt (BVerfGE 95, 335, 357).

Die vom Einspruchsführer vorgetragenen Abweichungen
hinsichtlich eines proportionalen Vergleichs des Gesamt-
ergebnisses einer Partei mit den Ergebnissen beim Erwerb
von Direktmandaten einerseits und Listenmandaten ande-
rerseits sind durch das Entstehen von Überhangmandaten
bedingt. Entgegen der Auffassung des Einspruchsführers
lässt sich den Grundsätzen des Urteils nicht entnehmen,
dass die eingetretenen Abweichungen die Wahlrechtsgleich-
heit verletzen. Soweit der Einspruchsführer davon ausgeht,
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 27 – Drucksache 16/900

Anlage 11

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn S. R., 90489 Nürnberg
– Az.: WP 57/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit einem am 28. September 2005 beim Deutschen Bun-
destag eingegangenen Schreiben sowie einem weiteren, am
25. Oktober 2005 eingegangenen Schreiben hat der Ein-
spruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum
16. Deutschen Bundestag eingelegt.

In der Begründung wird darauf verwiesen, dass das Bundes-
verfassungsgericht 1997 Überhangmandate zwar für zuläs-
sig erklärt habe, aber nur unter der Bedingung, dass die bei-
den Teilwahlsysteme – Wahl der Direktkandidaten in den
Wahlkreisen und Wahl der Parteien nach Landeslisten –
sachgerecht zusammenwirkten.

Diese Bedingung ist nach Auffassung des Einspruchsfüh-
rers schon beim „ersten Versuch“ einer Wahl zum 15. Deut-
schen Bundestag 2002 nicht erfüllt worden. So hätten CDU
und CSU wegen der vier SPD-Überhangmandate mit
41,1 Prozent aller Abgeordneten eine niedrigere Proportio-
nalquote erreicht, als ihnen nach den Quoten der jeweiligen

infolge ihrer neun Überhangmandate einen höheren Anteil
an Abgeordneten stelle (36,2 Prozent bzw. 222 von 614 Sit-
zen) als ihr nach dem Zweitstimmenanteil (35,6 Prozent)
zustehe. Eine tabellarische Übersicht führt eine vergleich-
bare verfassungswidrige Benachteiligung der CSU für die
letzten acht Bundestagswahlen an.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des
Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen
Verhandlung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Die Zuteilung von neun Überhangmandaten an die SPD und
von sieben an die CDU beruht auf einer korrekten Anwen-
dung der §§ 6 und 7 des Bundeswahlgesetzes (BWG). Ein
Teilwahlergebnisse müsste die CSU 47 statt 46 Mandate er-
halten. Die Schlechterstellung beruhe darauf, dass die SPD

er sich auf einen Obersatz bei der Darlegung des dem Ge-
setzgeber eingeräumten breiten Entscheidungsspielraums

im jeweiligen Teilsystem gewahrt wird, die Systeme sach-
gerecht zusammenwirken und Unmittelbarkeit und Freiheit
der Wahl nicht gefährdet werden (BVerfGE 95, 354). Abge-
sehen davon, dass das Urteil dieses Gebot eines sachgerech-
ten Zusammenwirkens der Systeme nur für die ebenfalls als
zulässig gehaltenen „anderen Kombinationen“ als des gel-
tenden oder eines Grabenwahlsystems ausgesprochen haben
könnte, wird an späterer Stelle – auch in Auseinanderset-
zung mit früheren Entscheidungen – die Existenz von nicht
auszugleichenden Überhangmandaten als im Einklang mit
Artikel 38 GG gesehen. Als Zulässigkeitsbedingungen für
Überhangmandate werden dort aber nur Anforderungen an
die Größe der Wahlkreise und die Höchstzahl an Überhang-
mandaten aufgestellt (BVerfGE 95, 363 ff., 366). Es findet
sich aber keine Ableitung aus einem Gebot eines sachge-
rechten Zusammenwirkens, das die vom Einspruchsführer
vorgetragenen Abweichungen untersagt.

Wird in diesen vom Gesetz zugelassenen und vom Ein-
spruchsführer gerügten Abweichungen dennoch ein Verstoß
gegen den Grundsatz der Wahlgleichheit gesehen, so ist zu-
nächst daran zu erinnern, dass sich der Wahlprüfungsaus-
schuss und der Deutsche Bundestag in ständiger Praxis
nicht als berufen ansehen, eine Verfassungswidrigkeit dieser
Bestimmungen festzustellen. Diese Kontrolle ist stets – so
zuletzt in der Dritten Beschlussempfehlung der 15. Wahl-
periode, Bundestagsdrucksache 15/2400, S. 49 – dem Bun-
desverfassungsgericht vorbehalten worden.

Unbeschadet dessen kann hier daran erinnert werden, dass
sich der Deutsche Bundestag wiederholt mit den durch
Überhangmandate aufgeworfenen Fragen befasst, aber kei-
nen Änderungsbedarf ermittelt hat. Bereits vor dem Urteil
des Bundesverfassungsgerichts hatte sich der Deutsche
Bundestag intensiv mit den Regelungen beschäftigt und sie
unter Hinzuziehung von Sachverständigen auf ihre Verfas-
sungsmäßigkeit überprüft. So war in der 13. Wahlperiode
die Reformkommission zur Größe des Deutschen Bundes-

sprüche gegen die Bundestagswahl 1998 mit 13 Überhang-
mandaten und – mehrheitlich – gegen die Bundestagswahl
2002 mit fünf Überhangmandaten zurückgewiesen worden
(vgl. Bundestagsdrucksache 14/1560, z. B. Anlagen 29, 31
und 32 sowie Bundestagsdrucksache 15/1850 – z. B. An-
lagen 3 bis 5, 7). Zum anderen fanden Gesetzentwürfe der
13. Wahlperiode, die die Kompensation von Überhang-
mandaten vorsahen (vgl. Bundestagsdrucksache 13/5750;
Plenarprotokoll 13/129 vom 11. Oktober 1996; S. 11631 ff.)
ebenso wenig eine Mehrheit wie eine Initiative in der 14.
Wahlperiode (vgl. Bundestagsdrucksache 14/2150; Plenar-
protokoll 14/134 vom 23. November 1999, S. 12992 ff.).

Für den Gesetzgeber bestand angesichts der Entwicklungen
seit dem Urteil von 1997 kein Anlass, die wahlrechtlichen
Bedingungen für Überhangmandate zu ändern. Soweit laut
Bundesverfassungsgericht der Gesetzgeber darauf zu achten
hat, dass sich die Zahl der Überhangmandate in Grenzen
hält, hat das Gericht bezüglich eines gesetzgeberischen
Handlungsbedarfs auf das 5-Prozent-Quorum zurückgegrif-
fen (BVerfGE 95, 366). Fünf Überhangmandate bei der
Bundestagswahl 2002 blieben jedoch ebenso unter dieser
Grenze wie 13 bei der Wahl 1998. Bezüglich der Wahlkreis-
größen enthält § 3 BWG Maßgaben für die Einteilung der
Wahlkreise. So soll die Bevölkerungszahl eines Wahlkreises
von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl der Wahl-
kreise nicht um mehr als 15 Prozent nach oben oder unten
abweichen; beträgt die Abweichung mehr als 25 Prozent, ist
neu abzugrenzen. Diese Regelung in § 3 BWG hat auch der
Neuabgrenzung der Wahlkreise für die Wahl zum 16. Deut-
schen Bundestag zugrunde gelegen (so im Siebzehnten Ge-
setz zur Änderung des BWG vom 11. März 2005 – BGBl. I
S. 674).

Ob für kommende Wahlen die bisherigen Regelungen ver-
ändert werden sollen, ist nicht im Wahlprüfungsverfahren
zu entscheiden, sondern nach Einbringung entsprechender
Initiativen im Gesetzgebungsverfahren zu beraten.
Drucksache 16/900 – 28 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

bei der Ausgestaltung des Wahlsystems. Es handelt sich
aber nicht um konkrete Anforderungen an Rahmenbedin-
gungen für Überhangmandate. Als Obersatz stellt das Urteil
fest, dass Artikel 38 Abs. 3 GG einen breiten Entschei-
dungsspielraum einräumt, der eine Wahl jeweils hälftig
nach dem Mehrheits- und dem Verhältniswahlprinzip (Gra-
bensystem) zulässt, eine Erstreckung des Verhältniswahl-
prinzips auf die gesamte Sitzverteilung unter Vorbehalt
angemessener Gewichtung der Direktmandate, wie im gel-
tenden Wahlrecht vorgesehen, gestattet, aber auch andere
Kombinationen erlaubt, wenn dabei die Gleichheit der Wahl

tages zu dem Ergebnis gekommen, dass die betreffenden
wahlrechtlichen Regelungen verfassungsgemäß seien und
keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit bestehe, Über-
hangmandate z. B. durch Ausgleichsmandate oder eine Ver-
rechnung bei den verbundenen Landeslisten auszugleichen
(vgl. Bundestagsdrucksache 13/4560). In dem nach dem
Urteil des Bundesverfassungsgerichts vorgelegten Schluss-
bericht ist einvernehmlich keine Änderung des BWG vorge-
schlagen worden (Bundestagsdrucksache 13/7950). Auch in
der Folge hat sich der Deutsche Bundestag wiederholt mit
Überhangmandaten beschäftigt. Zum einen sind Wahlein-

Nach einer 1963 vom Bundesverfassungsgericht verlangten
Anpassung der Wahlkreiseinteilung und einer zunehmenden

Entscheidung tragenden Richter hätten immerhin gefordert,
dass sich die Zahl der Überhangmandate in Grenzen halten
nahme an der Sitzverteilung erkläre neben der neuen Wahl-
kreiseinteilung den vorübergehenden Rückgang der Über-
hangmandate bei der Bundestagswahl 2002. Die unter-

sonsten das System auf den Landeslisten aufgebaut sei.
Schließlich stelle sich die Frage der Verfassungswidrigkeit,
wenn erst durch Überhangmandate Regierungsmehrheiten
Konzentration der Wählerstimmen auf die beiden großen
Parteien habe es für 1965 bis 1987 – abgesehen von Baden-
Württemberg – keine Überhangmandate in den bevölke-
rungsstarken Bundesländern gegeben. In den bevölkerungs-
schwachen Ländern – mit Ausnahme des Saarlandes – sei
am Ende dieser Periode je ein Überhangmandat angefallen,
wozu auch der Erfolg der GRÜNEN bei der Bundestags-
wahl 1987 beigetragen habe. Seit 1990 habe sich die Zahl
der Überhangmandate drastisch erhöht, vor allem in den
neuen Bundesländern. Der Faktor „bevölkerungsarmes
Bundesland“ müsse jetzt verfassungsrechtlich stärker be-
wertet werden, da die neuen Bundesländer fast alle zu dieser
Kategorie gehörten. Ein weiterer wichtiger Faktor sei die
Vermehrung kleinerer, an der Sitzverteilung teilnehmender
Parteien. 1990 sei die PDS hinzugekommen, die stark auf
die neuen Bundesländer konzentriert sei. Ihre Nichtteil-

müsse. Würden diese überschritten, weil sich Verhältnisse
einstellten, unter denen Überhangmandate regelmäßig in
größerer Zahl anfielen, entferne sich das Wahlverhalten von
den gesetzlichen Grundentscheidungen. Aus diesen Anfor-
derungen an das Wahlverfahren könnten sich eine Schranke
für den gesetzgeberischen Gestaltungsraum sowie auch ein
Handlungsauftrag aufgrund der geänderten tatsächlichen
Verhältnisse ergeben.

Abschließend erörtert der Einspruchsführer mögliche Ab-
hilfen. Eine Mindeststimmenzahl für die Wahl im Wahlkreis
bei Drohen von Überhangmandaten könnte die mit Aus-
gleichsmandaten verbundenen Probleme ersparen. Gegen
die Auffassung, dass die Verzerrung der föderativen Reprä-
sentanz durch Überhangmandate bedeutungslos sei, weil bei
einer Bundestagswahl nicht erforderlich, spreche, dass an-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 29 – Drucksache 16/900

Anlage 12

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn H. R., 72070 Tübingen
– Az.: WP 177/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 15. November 2005 hat der Einspruchs-
führer gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen
Bundestag Einspruch eingelegt. Gerügt wird der Erwerb
von insgesamt 16 Überhangmandaten (sieben für die CDU,
neun für die SPD) ohne Mandatsausgleich nach dem Zweit-
stimmenverhältnis oder Streichung der Überhangmandate
als Verletzung des Grundsatzes der Gleichheit der Wahl.

Als mögliche Ursachen der Überhangmandate nennt der
Einspruchsführer die Wahlkreiseinteilung, die Anzahl der
Parteien ohne Direktmandat, die unterschiedliche Vertei-
lung von Erst- und Zweitstimmen auf zwei Parteien, eine
geringere Wahlbeteiligung im betreffenden Bundesland so-
wie eine unterschiedliche, bei der Wahlkreiseinteilung nicht
berücksichtigte Bevölkerungsstruktur bezüglich des Anteils
der Wahlberechtigten. In einer historischen Betrachtung
führt der Einspruchsführer für die Bundestagswahlen 1949
bis 1961 das Entstehen der Überhangmandate vorherr-
schend auf eine stark verzerrte Wahlkreiseinteilung zurück.

einzustufen; festzustellen sei aber eine merklich unterdurch-
schnittliche Wahlbeteiligung in den neuen Bundesländern.
Eine Belohnung einer geringeren Wahlbeteiligung durch
Überhangmandate sei für ein demokratisches Wahlsystem
bedenklich. Das zunehmende Splitting könne man einerseits
als demokratische Reife im Hinblick auf die Persönlich-
keitswahl und die Wahlkreisbindung ansehen; andererseits
sei es auch mit Blick auf Überhangmandate als Manipu-
lationsmittel missbrauchbar. Zur Groteske werde es, wenn
– wie bei der Nachwahl in Dresden – auf einen niedrigeren
Zweitstimmenanteil hingearbeitet werden müsse, um ein
Überhangmandat zu gewinnen. Die jetzt erneut hohe Zahl
an Überhangmandaten deute darauf hin, dass sich Wahl-,
Wähler- und Parteienlandschaft für eine Anfälligkeit zu
Überhangmandaten strukturell verändert habe und sich
wohl weiter verändern werde. Damit werde die Frage der
Verfassungswidrigkeit dringlich. Der Einspruchsführer erin-
nert sodann an die Entscheidung des Bundesverfassungs-
gerichts von 1997 (BVerfGE 95, 335 ff.) und die insoweit
unterschiedlichen Auffassungen im Zweiten Senat. Die die
schiedliche Wahlbeteiligung sei als Faktor zwar geringer erlangt werden könnten.

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Soweit der Einspruchsführer eine Verfassungswidrigkeit der
das Entstehen von Überhangmandaten ermöglichenden § 6
Abs. 4 und 5 des Bundeswahlgesetzes (BWG) geltend
macht, lässt sich hieraus kein Wahlfehler ableiten. Die Ver-
teilung der Sitze nach der Bundestagswahl 2005 beruht auf
einer korrekten Anwendung des geltenden Rechts.

Wie auch dem Einspruchsführer bekannt, lehnt es der Deut-
sche Bundestag im Verhältnis zum Bundesverfassungs-
gericht ab, die Verfassungswidrigkeit von Wahlrechtsnor-
men festzustellen. Davon abgesehen werden die erhobenen
verfassungsrechtlichen Bedenken nicht geteilt.

Die den Überhangmandaten zugrunde liegenden Vorschrif-
ten hat das Bundesverfassungsgericht 1997 als mit dem
Grundgesetz (GG) vereinbar festgestellt und ausdrücklich
ausgeführt, dass die Ermöglichung von Überhangmandaten
ohne Ausgleich für andere Parteien den Anforderungen der
Wahlgleichheit nach Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG genügt
und die Chancengleichheit der Parteien wahrt (BVerfGE 95,
335, 357).

Der Deutsche Bundestag hat sich wiederholt mit den durch
Überhangmandate aufgeworfenen Fragen befasst, aber kei-
nen Änderungsbedarf ermittelt. Bereits vor dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts hatte sich der Deutsche Bundes-
tag intensiv mit den Regelungen beschäftigt und sie unter
Hinzuziehung von Sachverständigen auf ihre Verfassungs-
mäßigkeit überprüft. So war in der 13. Wahlperiode die Re-
formkommission zur Größe des Deutschen Bundestages zu
dem Ergebnis gekommen, dass die betreffenden wahlrecht-
lichen Regelungen verfassungsgemäß seien und keine ver-
fassungsrechtliche Notwendigkeit bestehe, Überhangman-
date z. B. durch Ausgleichsmandate oder eine Verrechnung
bei den verbundenen Landeslisten auszugleichen (vgl. Bun-
destagsdrucksache 13/4560). In dem nach dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts vorgelegten Schlussbericht ist
einvernehmlich keine Änderung des Bundeswahlgesetzes
vorgeschlagen worden (Bundestagsdrucksache 13/7950).
Auch in der Folge hat sich der Deutsche Bundestag wie-
derholt mit Überhangmandaten beschäftigt. Zum einen
sind Wahleinsprüche gegen die Bundestagswahl 1998 mit
13 Überhangmandaten und – mehrheitlich – gegen die

Initiative in der 14. Wahlperiode (vgl. Bundestagsdruck-
sache 14/2150; Plenarprotokoll 14/134 vom 23. November
1999, S. 12992 ff.).

Für den Gesetzgeber bestand angesichts der Entwicklungen
seit dem Urteil von 1997 kein Anlass, die wahlrechtlichen
Bedingungen für Überhangmandate zu ändern. Soweit laut
Bundesverfassungsgericht der Gesetzgeber darauf zu achten
hat, dass sich die Zahl der Überhangmandate in Grenzen
hält, hat das Gericht bezüglich eines gesetzgeberischen
Handlungsbedarfs auf die 5-Prozent-Grenze zurückgegrif-
fen (BVerfGE 95, 366). Fünf Überhangmandate bei der
Bundestagswahl 2002 blieben jedoch ebenso unter dieser
Grenze wie 13 bei der Wahl 1998. Das Gleiche gilt für die
nunmehr 16 Überhangmandate. Bezüglich der Wahlkreis-
größen enthält § 3 BWG Maßgaben für die Einteilung der
Wahlkreise. So soll die Bevölkerungszahl eines Wahlkreises
von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl der Wahl-
kreise nicht um mehr als 15 Prozent nach oben oder unten
abweichen; beträgt die Abweichung mehr als 25 Prozent, ist
neu abzugrenzen. Diese Regelung in § 3 BWG hat auch der
Neuabgrenzung der Wahlkreise für die Wahl zum 16. Deut-
schen Bundestag zugrunde gelegen (so im Siebzehnten Ge-
setz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 11. März
2005 – BGBl. I S. 674).

Soweit schließlich der Einspruchsführer eine Verfassungs-
widrigkeit erörtert, falls die Überhangmandate über die –
bei der jetzigen Bundestagswahl hiervon allerdings un-
abhängige – Mehrheitsbildung entscheiden, war dies dem
Bundesverfassungsgericht als Problem bewusst, ohne
daraus aber Konsequenzen abzuleiten. So müsse der Ge-
setzgeber die besonderen Anforderungen der Wahlrechts-
gleichheit im Zusammenhang mit der Wahlkreisgröße be-
achten, wenn er sich entscheide, dass nicht alle errungenen
Wahlkreismandate nach dem Zweitstimmenproporz zu ver-
rechnen seien, sondern dass nicht ausgleichsfähige Wahl-
kreismandate die Gesamtzahl des Deutschen Bundestages
erhöhen und „damit die Frage von Mehrheit und Minderheit
beeinflussen“ könnten (BVerfGE 95, 335, 363).

Ob künftig die Regelungen verändert werden sollen, ist
nicht im Wahlprüfungsverfahren zu entscheiden, sondern
nach Einbringung entsprechender Initiativen im Gesetz-
gebungsverfahren zu beraten.
Drucksache 16/900 – 30 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des
Wahlprüfungsgesetzes von der Anberaumung einer münd-
lichen Verhandlung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Bundestagswahl 2002 mit fünf Überhangmandaten zurück-
gewiesen worden (vgl. Bundestagsdrucksache 14/1560,
z. B. Anlagen 29, 31 und 32 sowie Bundestagsdrucksache
15/1850, z. B. Anlagen 3 bis 5, 7). Zum anderen fanden
Gesetzentwürfe der 13. Wahlperiode, die die Kompensation
von Überhangmandaten vorsahen (vgl. Bundestagsdruck-
sache 13/5750; Plenarprotokoll 13/129 vom 11. Oktober
1996, S. 11631 ff.) ebenso wenig eine Mehrheit wie eine

und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des
Wahlprüfungsgesetzes von der Anberaumung einer münd-

mandate z. B. durch Ausgleichsmandate oder eine Verrech-
nung bei den verbundenen Landeslisten auszugleichen (vgl.
Wie auch dem Einspruchsführer bekannt, lehnt es der Deut-
sche Bundestag im Verhältnis zum Bundesverfassungs-
gericht ab, die Verfassungswidrigkeit von Wahlrechtsnor-

ode (vgl. Bundestagsdrucksache 14/2150; Plenarprotokoll
14/134 vom 23. November 1999, S. 12992 ff.).
lichen Verhandlung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Soweit der Einspruchsführer eine Verfassungswidrigkeit der
das Entstehen von Überhangmandaten ermöglichenden § 6
Abs. 4 und 5 des Bundeswahlgesetzes (BWG) sowie der ge-
setzlichen Festlegung des Berechnungsverfahrens Hare/
Niemeyer geltend macht, lässt sich hieraus kein Wahlfehler
ableiten. Die Verteilung der Sitze nach der Bundestagswahl
2005 beruht auf einer korrekten Anwendung des geltenden
Rechts.

Bundestagsdrucksache 13/4560). In dem nach dem Urteil
des Bundesverfassungsgerichts vorgelegten Schlussbericht
ist einvernehmlich keine Änderung des BWG vorgeschla-
gen worden (Bundestagsdrucksache 13/7950). Auch in der
Folge hat sich der Deutsche Bundestag wiederholt mit Über-
hangmandaten beschäftigt. Zum einen sind Wahleinsprüche
gegen die Bundestagswahl 1998 mit 13 Überhangmandaten
und – mehrheitlich – gegen die Bundestagswahl 2002 mit
fünf Überhangmandaten zurückgewiesen worden (vgl. Bun-
destagsdrucksache 14/1560, z. B. Anlagen 29, 31 und 32
sowie Bundestagsdrucksache 15/1850 – z. B. Anlagen 3 bis
5, 7). Zum anderen fanden Gesetzentwürfe der 13. Wahl-
periode, die die Kompensation von Überhangmandaten vor-
sahen (vgl. Bundestagsdrucksache 13/5750; Plenarprotokoll
13/129 vom 11. Oktober 1996, S. 11631 ff.) ebenso we-
nig eine Mehrheit wie eine Initiative in der 14. Wahlperi-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 31 – Drucksache 16/900

Anlage 13

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn M. C., 22089 Hamburg
– Az.: WP 180/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit einem am selben Tag eingegangenen Schreiben vom
18. November 2005 hat der Einspruchsführer gegen die
Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag Ein-
spruch eingelegt. Zum einen wird durch die insgesamt sech-
zehn Überhangmandate (sieben für die CDU, neun für die
SPD), die nicht vom Proporz der Zweitstimmen getragen
seien, eine Verletzung der Erfolgswertgleichheit i. S. d.
Grundsatzes der Wahlrechtsgleichheit gerügt. Zum anderen
genüge, ohne dies näher auszuführen, das Zuteilungsverfah-
ren Hare/Niemeyer nicht den Anforderungen der Erfolgs-
wertgleichheit. Dabei geht der Einspruchsführer selbst da-
von aus, dass eine Mandatsrelevanz ohne Einbeziehung
anderer Wahlfehler bei dieser Wahl nicht gegeben sei. Beide
Einwände hatte der Einspruchsführer bereits gegen die
Bundestagswahl 2002 erhoben (vgl. Bundestagsdrucksache
15/1850, S. 29 ff.; eine Wahlprüfungsbeschwerde beim
Bundesverfassungsgericht ist noch anhängig).

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-

Die den Überhangmandaten zugrunde liegenden Vorschrif-
ten hat das Bundesverfassungsgericht 1997 als mit dem
Grundgesetz (GG) vereinbar festgestellt und ausdrücklich
ausgeführt, dass die Ermöglichung von Überhangmandaten
ohne Ausgleich für andere Parteien den Anforderungen der
Wahlgleichheit nach Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG genügt
und die Chancengleichheit der Parteien wahrt (BVerfGE 95,
335, 357).

Der Deutsche Bundestag hat sich wiederholt mit den durch
Überhangmandate aufgeworfenen Fragen befasst, aber kei-
nen Änderungsbedarf ermittelt. Bereits vor dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts hatte sich der Deutsche Bundes-
tag intensiv mit den Regelungen beschäftigt und sie unter
Hinzuziehung von Sachverständigen auf ihre Verfassungs-
mäßigkeit überprüft. So war in der 13. Wahlperiode die
Reformkommission zur Größe des Deutschen Bundestages
zu dem Ergebnis gekommen, dass die betreffenden wahl-
rechtlichen Regelungen verfassungsgemäß seien und keine
verfassungsrechtliche Notwendigkeit bestehe, Überhang-
men festzustellen. Davon abgesehen werden die erhobenen
verfassungsrechtlichen Bedenken nicht geteilt.

Für den Gesetzgeber bestand angesichts der Entwicklungen
seit dem Urteil von 1997 kein Anlass, die wahlrechtlichen

Drucksache 16/900 – 32 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bedingungen für Überhangmandate zu ändern. Soweit laut
Bundesverfassungsgericht der Gesetzgeber darauf zu achten
hat, dass sich die Zahl der Überhangmandate in Grenzen
hält, hat das Gericht bezüglich eines gesetzgeberischen
Handlungsbedarfs auf das 5-Prozent-Quorum zurückgegrif-
fen (BVerfGE 95, 366). Fünf Überhangmandate bei der
Bundestagswahl 2002 blieben jedoch ebenso unter dieser
Grenze wie 13 bei der Wahl 1998. Das Gleiche gilt für die
nunmehr 16 Überhangmandate. Bezüglich der Wahlkreis-
größen enthält § 3 BWG Maßgaben für die Einteilung der
Wahlkreise. So soll die Bevölkerungszahl eines Wahlkreises
von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl der Wahl-
kreise nicht um mehr als 15 Prozent nach oben oder unten
abweichen; beträgt die Abweichung mehr als 25 Prozent, ist
neu abzugrenzen. Diese Regelung in § 3 BWG hat auch der
Neuabgrenzung der Wahlkreise für die Wahl zum 16. Deut-
schen Bundestag zugrunde gelegen (so im Siebzehnten Ge-
setz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 11. März
2005 – BGBl. I S. 674).

Ob künftig die Regelungen verändert werden sollen, ist
nicht im Wahlprüfungsverfahren, sondern nach Einbringung
entsprechender Initiativen im Gesetzgebungsverfahren zu
beraten.

Auch mit der Frage des verfassungsrechtlich richtigen Be-
rechnungsverfahrens hat sich der Deutsche Bundestag im

Rahmen der Wahlprüfung zu den Bundestagswahlen 1998
und 2002 befasst (vgl. Bundestagsdrucksachen 14/1560,
S. 178, 15/1850, S. 31). Zu bekräftigen ist die seinerzeitige
Bewertung, dass sich mit keinem der drei üblichen Verfah-
ren mathematisch absolut exakt die Stimmenverhältnisse
auf die Verteilung der Sitze im Deutschen Bundestag über-
tragen lassen. Gewisse Abstriche sind bei der Erfolgswert-
gleichheit aller Stimmen hinzunehmen. Dies liegt daran,
dass die jeweiligen Ansprüche zwar bruchteilsmäßig genau
berechnet werden können, dass aber auch auf bruchteilsmä-
ßig berechnete Ansprüche nur ganze Sitze zugeteilt werden
können. Jedes Verfahren erfordert daher Rundungen, deren
Methode sich je nach Verfahren unterscheidet. Sind aber
Ungenauigkeiten nach jedem Verfahren unvermeidbar, liegt
die Auswahl des Verfahrens im Ermessen des Gesetzgebers.
Das Bundesverfassungsgericht hat 1988 gerade mit Blick
auf das Verfahren Hare/Niemeyer festgestellt, dass die Ver-
teilung von Resten ganzer Zahlen auf zu vergebende ganze
Sitze zwangsläufig zu einem real unterschiedlichen Erfolgs-
wert der für die einzelnen Parteien abgegebenen Stimmen
führt und im Ergebnis die Entscheidung für ein bestimmtes
System der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers überlassen
bleibt (BVerfGE 79, 169/171).

Hiervon zu trennen – und nicht Gegenstand des Wahlprü-
fungsverfahrens – ist die Frage, ob zum Verfahren Sainte
Laguë/Schepers gewechselt werden sollte.

Berücksichtigung der Sperrklausel vor. 15/4750, Anlagen 5, 9, 18, 20, 21, 22). Auch das Bundes-
verfassungsgericht hat die Sperrklausel stets für verfas-
Wegen des weiteren Vortrags wird auf den Akteninhalt

Bezug genommen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3
WPrüfG von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

sungskonform erklärt. Die Sicherung der Funktionsfähig-
keit der zu wählenden Volksvertretung ist ein hinreichend
zwingender Grund, der Differenzierungen bei der Wahl-
rechtsgleichheit im System der Verhältniswahl rechtfertigt
(vgl. BVerfGE 82, 322/338 und BVerfGE 95, 335/366).
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem an den Bundeswahllei-
ter gerichteten Schreiben vom 9. Oktober 2005, das beim
Deutschen Bundestag am 13. Oktober 2005 eingegangen ist,
Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deut-
schen Bundestag am 18. September 2005 eingelegt.

Er wendet sich gegen die 5-Prozent-Sperrklausel, die er für
verfassungswidrig hält. Sinngemäß macht er unter Bezug-
nahme auf die Artikel 3, 19, 20 Grundgesetz (GG) geltend,
dass die Gleichheit des Erfolgswerts aller Stimmen durch
die Sperrklausel beeinträchtigt werde, da diejenigen Wähle-
rinnen und Wähler, die eine Partei gewählt hätten, die mit
ihrer Stimmenzahl unterhalb der Sperrklausel geblieben sei,
keinen Einfluss auf die Sitzverteilung des Parlaments
ausüben könnten. Hierfür mangele es an einer verfassungs-
rechtlichen Grundlage. Die Anwendung der 5-Prozent-
Sperrklausel führe so zu einer Benachteiligung von sieben
kleineren Parteien. Darüber hinaus legt der Einspruchs-
führer eine alternative Berechnung der Sitzverteilung ohne

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Der Vortrag des Einspruchsführers lässt einen Wahlfehler
nicht erkennen. Die 5-Prozent-Sperrklausel ist bei der Bun-
destagswahl 2005 gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 des Bundes-
wahlgesetzes (BWG) zu Recht angewandt worden. Danach
werden bei der Verteilung der Sitze der Landeslisten nur
Parteien berücksichtigt, die mindestens fünf vom Hundert
der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen
erhalten oder in mindestens drei Wahlkreisen einen Sitz er-
rungen haben. § 6 Abs. 6 Satz 1 BWG war von den Wahl-
organen als geltendes Recht anzuwenden. Diese Rechtsauf-
fassung liegt auch mehreren Wahlprüfungsentscheidungen
zu den Bundestagswahlen 1994, 1998, 2002 und der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der
Bundesrepublik Deutschland 2004 zugrunde (vgl. zuletzt
Bundestagsdrucksachen 15/1850, Anlagen 9 und 47, und
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 33 – Drucksache 16/900

Anlage 14

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn G. N., 25795 Weddingstedt
– Az.: WP 99/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag

ankerte Quorum von 200 Unterstützungsunterschriften im
Falle einer Auflösung des Deutschen Bundestages nicht

formen Auslegung zu einem Anwendungsverbot der Vor-
schrift bei einer auf Artikel 68 Abs. 1 GG gestützten Bun-
Abs. 3 BWG für „andere“, d. h. nicht von Parteien ein-
gereichte Kreiswahlvorschläge geregelte Obliegenheit, den
Wahlvorschlägen 200 Unterstützungsunterschriften beizufü-

ran bestehen, dass es sich um einen ernst zu nehmenden
Wahlvorschlag gehandelt habe.
gelte. Der Kreiswahlausschuss hat den Kreiswahlvorschlag
in seiner Sitzung vom 19. August 2005 wegen fehlender
197 Unterstützungsunterschriften gemäß § 26 BWG zu-
rückgewiesen. Die gegen die Zurückweisung erhobene Be-
schwerde wies der Landeswahlausschuss in seiner Sitzung
vom 25. August 2005 zurück. In einer Pressemitteilung vom
selben Tage verweist der Landeswahlleiter hierzu auf den zu
den Organklagen gegen die Bundestagsauflösung ergange-
nen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Au-
gust 2005 (2 BvE 5/05), aus dem sich ergebe, dass das
Erfordernis der Unterstützungsunterschriften auch bei einer
vorgezogenen Wahl gelte.

Nach Auffassung des Einspruchsführers stellt die Nichtzu-
lassung seines Wahlvorschlags aufgrund ihrer Rechtswid-
rigkeit einen mandatsrelevanten Wahlfehler dar. Die in § 20

destagsauflösung. Es sei Einzelbewerbern nämlich schon
deshalb nicht möglich, in der kurzen Zeit die erforderlichen
Unterstützungsunterschriften zu sammeln, weil die Wahl-
berechtigung jedes Unterzeichners von der Gemeindever-
waltung bescheinigt werden müsse. Der Einspruchsführer
behauptet, ohne die Auflösung des Deutschen Bundestages
wäre es ihm möglich gewesen, die Unterstützungsunter-
schriften beizubringen. Dies beweise bereits seine Bürger-
meisterkandidatur in der Stadt Amöneburg im Juli 2005, für
die er in der 5 318 Einwohner zählenden Stadt knapp acht-
zig Unterstützungsunterschriften habe sammeln können.
Berücksichtige man, dass die Bevölkerung von Amöneburg
nur einen Anteil von ca. 2 Prozent der Bevölkerung des
Wahlkreises Nr. 173 habe, könne in Anlehnung an die Ent-
scheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Oktober
1990 (BVerfGE 82, S. 353 ff.) kein ernsthafter Zweifel da-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 35 – Drucksache 16/900

Anlage 15

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn J. R. W., 35037 Marburg
– Az.: WP 86/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat durch Schreiben seines Verfah-
rensbevollmächtigten vom 11. Oktober 2005 Einspruch ge-
gen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005 eingelegt. Er sieht sich unter den
Bedingungen einer vorzeitigen Parlamentsauflösung durch
die Regelungen über die Beibringung von Unterstützungs-
unterschriften in seinem passiven Wahlrecht sowie in sei-
nem Recht auf Chancengleichheit bei der Wahl verletzt.

Der Einspruchsführer hat als Wahlkreisbewerber unter dem
15. August 2005 einen von drei Wahlberechtigten persön-
lich und handschriftlich unterzeichneten Kreiswahlvor-
schlag mit dem Kennwort „Wahlrecht“ beim Kreiswahl-
leiter des Wahlkreises 173 (Marburg) eingereicht und sich
als Vertrauensperson des Wahlvorschlags benannt. Mit an-
waltlichem Schreiben vom 18. August 2005 hat er weiterhin
beim Kreiswahlausschuss die Zulassung des Kreiswahl-
vorschlags beantragt und sinngemäß geltend gemacht, dass
das in § 20 Abs. 3 des Bundeswahlgesetzes (BWG) ver-

der Festsetzung von Neuwahlen innerhalb der 60-Tage-Frist
des Artikels 39 Abs. 1 Satz 4 GG. Nach Ansicht des Ein-
spruchsführers enthält das Bundeswahlgesetz eine Rege-
lungslücke, weil es über keine mit der in § 52 Abs. 3 BWG
geregelten Ermächtigung zur Abkürzung von Fristen und
Terminen vergleichbare Regelung für die Beibringung der
Unterstützungsunterschriften verfüge. Dieses gesetzgeberi-
sche Versäumnis könne jedoch im Wege der systematischen
Auslegung geschlossen werden. Weil das Bundeswahlgesetz
nämlich keine Regelung darüber enthalte, ab welchem
Zeitpunkt Unterstützungsunterschriften für „andere Kreis-
wahlvorschläge“ gesammelt werden dürften, während § 21
Abs. 3 Satz 4 BWG für Bewerber einer Partei vorschreibe,
dass diese frühestens 32 Monate nach Beginn der Wahlperi-
ode gewählt werden dürften, werde deutlich, dass diese Re-
gelung nur für die „reguläre Beendigung“ der Wahlperiode
gelte. Weil eine Anwendung von § 20 Abs. 3 BWG in Fällen
eines vorzeitigen Endes der Wahlperiode zu einer „Aufhe-
bung“ des passiven Wahlrechts führte, gelange man auch im
Wege einer Artikel 38 berücksichtigenden verfassungskon-
gen, gelte nicht für den Fall einer Auflösung des Deutschen
Bundestages nach Artikel 68 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und

Es verletze die Chancengleichheit und sein passives Wahl-
recht, wenn ihm eine Kandidatur zum Deutschen Bundestag

Drucksache 16/900 – 36 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

wegen des Festhaltens an dem Erfordernis der Unterstüt-
zungsunterschriften faktisch unmöglich gemacht werde,
während dies gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 i.V. m. § 18 Abs. 2
BWG nicht für Parteien gelte, die im Deutschen Bundestag
oder einem Landtag mit mindestens fünf Abgeordneten ver-
treten waren.

Darüber hinaus könne dem Einspruchsführer nicht vor-
geworfen werden, dass er zu spät mit dem Sammeln der
Unterstützungsunterschriften begonnen habe. So ergebe
sich aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz, dass auch Ein-
zelbewerber mit der Sammlung der Unterstützungsunter-
schriften erst zu dem gemäß § 21 Abs. 3 Satz 4 BWG für
die Kreiswahlvorschläge der Parteien maßgeblichen Zeit-
punkt, nämlich frühestens 32 Monate nach Wahlperioden-
beginn – also ab dem 18. Juni 2005 – beginnen dürften.
Überdies habe der Einspruchsführer aus Respekt vor dem
Amt des Bundespräsidenten bis zum 21. Juli 2005 nicht von
einer Bundestagsauflösung ausgehen können. Auch das
Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung vom
15. Juni 2005 (2 BvQ 18/05), die das Verfahren des
2. Untersuchungsausschusses der 15. Wahlperiode betraf,
festgestellt, dass bis zu diesem Zeitpunkt nicht von einer
Bundestagsauflösung auszugehen sei. Schließlich habe es in
Folge der gegen die Auflösungsentscheidung des Bundes-
präsidenten erhobenen Organklagen auch der Respekt vor
dem Bundesverfassungsgericht verboten, vor der Entschei-
dungsverkündung am 25. August 2005 von Neuwahlen aus-
zugehen.

Da es weiterhin das Bundesverfassungsgericht in seinem
vom Landeswahlleiter zitierten Beschluss vom 25. August
2005 lediglich aus formalen Gründen abgelehnt habe, die
Ungültigkeit der Unterschriftenquoren festzustellen, sei
über deren Gültigkeit nicht judiziert worden.

Hinsichtlich des weiteren Vortrags wird auf den Inhalt der
Akten Bezug genommen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des
Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen
Verhandlung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deutschen
Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch offensicht-
lich unbegründet.

Die auf § 26 BWG gestützte Zurückweisung des Kreiswahl-
vorschlags durch den Kreiswahlausschuss war rechtmäßig
und stellt daher keinen Wahlfehler dar. Anders als der
Einspruchsführer annimmt, enthält das Bundeswahlgesetz
hinsichtlich der Frage, ob „andere Kreiswahlvorschläge“
i. S. d. § 20 Abs. 3 BWG auch im Falle einer vorzeitigen
Bundestagsauflösung der Beibringung von 200 Unterstüt-
zungsunterschriften bedürfen, keine durch ein unbewusstes
Unterlassen des Gesetzgebers entstandene Regelungslücke,
die der Schließung im Wege einer verfassungskonformen
Auslegung bedürfte.

Das Erfordernis der Beibringung von – damals 500 – Unter-

sung vom 13. März 1924 (RGBl. I S. 173) und wurde durch
§ 11 Abs. 1 des Wahlgesetzes zum ersten Bundestag und zur
ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutsch-
land vom 15. Juni 1949 (BGBl. I S. 21) für Wahlvorschläge
unabhängiger Kandidaten übernommen (vgl. hierzu
BVerfGE 3, 19 ff.). In der Folge hat der Bundesgesetzgeber
das Beibringungserfordernis im Hinblick auf die Anzahl der
erforderlichen Unterstützungsunterschriften und eine Diffe-
renzierung nach den Trägern des Wahlvorschlagsrechts
mehrfach geändert. Mit dem Gesetz zur Änderung des Bun-
deswahlgesetzes vom 24. Juni 1975 (BGBl. I S. 1593) und
dem Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom
8. März 1985 (BGBl. I S. 521) hat der Bundesgesetzgeber
weiterhin zum Ausdruck gebracht, an dem Erfordernis eines
Unterschriftenquorums ausnahmslos – und damit auch im
Fall der Wahlvorbereitung nach einer Auflösung des Deut-
schen Bundestages – festhalten zu wollen (vgl. hierzu
BVerfG, 2 BvE 5/05 vom 23. August 2005, Absatz 21 und
43). Durch die Einführung des heutigen § 21 Abs. 3 Satz 4
BWG hat der Gesetzgeber nämlich eine Sonderregelung in
Bezug auf die Frist des § 21 Abs. 3 Satz 4 Halbsatz 1 BWG
für den Fall der vorzeitigen Beendigung der Wahlperiode
geschaffen. Danach gelten die Fristen, nach deren Ablauf
die Parteien frühestens mit der Aufstellung von Partei-
bewerbern beginnen dürfen, nicht im Fall des vorzeitigen
Endes der Wahlperiode. Mit dieser auch auf den Auf-
lösungsfall nach Artikel 68 GG anzuwendenden Sonder-
regelung (vgl. Bundestagsdrucksache 7/2873, S. 39) hat der
Gesetzgeber deutlich gemacht, dass er die wahlrechtlichen
Folgen einer Bundestagsauflösung nach Artikel 68 GG, die
aus der Fristverkürzung des Artikels 39 Abs. 1 Satz 4 GG
resultieren, bedacht hat. Dabei hat er davon abgesehen, ent-
sprechende Ausnahmetatbestände zum Erfordernis der Un-
terstützungsunterschriften – z. B. in Form einer Absenkung
oder Suspendierung des Quorums – zu schaffen.

Der Wahlprüfungsausschuss sieht sich nicht berufen, diese
Entscheidung des Gesetzgebers auf ihre Verfassungskonfor-
mität hin zu überprüfen. Er hat dies stets dem Bundesverfas-
sungsgericht vorbehalten. Davon abgesehen bestehen an der
Verfassungskonformität von § 20 Abs. 3 BWG in seiner
oben dargestellten Auslegung keine Zweifel. Das Bundes-
verfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung aner-
kannt, dass Zulassungsbedingungen zur Bundestagswahl
aufgestellt werden dürfen. Im Hinblick auf das Unterschrif-
tenquorum hat es festgestellt, dass dieses unter bestimmten
Voraussetzungen mit den Grundsätzen der formalen Wahl-
rechtsgleichheit, der Allgemeinheit der Wahl, der Geheim-
haltung der Wahl, der Wettbewerbschancengleichheit der
Parteien sowie der Garantie des passiven Wahlrechts verein-
bar ist (vgl. u. a. BVerfGE 1, S. 208, 248; 3, S. 19, 25 ff.;
71, S. 81, 96 f; 85, S. 264, 293 sowie Schreiber, Handbuch
des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag, 7. Auflage,
2002, § 20 Rn. 8, 9, 16 m. w. N.). Bei der zahlenmäßigen
Festlegung des Quorums steht dem Gesetzgeber ein Ermes-
sensspielraum zu. Das auf 200 Unterstützungsunterschriften
abgesenkte Quorum hat das Bundesverfassungsgericht aus-
drücklich als verfassungskonform bestätigt (BVerfGE 24,
S. 260, 265; 60, S. 162, 168 f., 172, 175; 67, S. 369, 380).
Das Unterschriftenquorum dient dem Nachweis der
Ernsthaftigkeit der Bewerbung und dem Ausscheiden nicht
stützungsunterschriften für Kreiswahlvorschläge findet sich
bereits in § 15 Abs. 3 des Reichswahlgesetzes in der Fas-

ernsthaft gemeinter oder von vornherein aussichtsloser
Wahlvorschläge. Durch das Quorum soll im Interesse der

tischem Rückhalt in der Wählerschaft begründete potenti-
elle Erfolgsaussicht als Zulassungsbedingung beschrieben,
die politisch kurzlebige Zufallsbildungen von einer Teil-
nahme am Wahlkampf ausschließt. Dem Erfordernis der
Unterstützungsunterschriften wohnt damit das Motiv der
„Sicherung des Charakters der Wahl als eines auf die Bil-
dung funktionsfähiger Verfassungsorgane gerichteten Inte-
grationsvorganges“ zugrunde (BVerfGE 14, 121, 135).
Indem das Unterschriftenquorum indirekt bereits vor der
Wahl der Stimmenzersplitterung entgegenwirkt, verfolgt es
– wie die 5-Prozent-Sperrklausel – den Zweck, die Bil-
dung staatspolitisch erwünschter Mehrheitsverhältnisse und
handlungsfähiger sowie die wesentlichen politischen An-
schauungen widerspiegelnder Verfassungsorgane zu ermög-
lichen (Schreiber, Handbuch des Wahlrechts zum Deut-
schen Bundestag, 7. Auflage, 2002, § 20 Rn. 8 m. w. N.).
Auch aus der Anwendbarkeit des Quorums auf den Fall ei-
ner Auflösung des Deutschen Bundestages nach Artikel 68
Abs. 1 GG und die Festsetzung von Neuwahlen innerhalb
der 60-Tage-Frist des Artikels 39 Abs. 1 Satz 4 GG ergeben
sich keine Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit
von § 20 Abs. 3 BWG. Wie das Bundesverfassungsgericht
bereits zu der ersten gesamtdeutschen Wahl festgestellt hat,
kommt es nach dem Zweck des Quorums gerade nicht dar-
auf an, ob den an einer Kandidatur Interessierten genügend
Zeit für die Vorbereitung der Kandidatur verbleibt oder sie
an der Einreichung von Wahlvorschlägen nur deswegen
gehindert sind, weil es ihnen aufgrund organisatorischer
Schwierigkeiten in der Kürze der Zeit nicht gelingt, die
Unterstützungsunterschriften zu sammeln (BVerfGE 82,
S. 353, 364). Der Ausschluss ihrer Wahlbewerbung entspre-
che auch in diesen Fällen gerade dem oben dargestellten
Sinn des Unterschriftenquorums. Die mit der Beibringung
der Unterstützungsunterschriften verbundene Vermutung,
dass hinter dem Wahlvorschlag eine ernst zu nehmende po-
litische Gruppe steht, die sich mit diesem Wahlvorschlag am
Wahlkampf zu beteiligen wünscht, oder dass politisch Inte-
ressierte ihm ernsthaft die Chance einräumen wollen, die in
der Beteiligung am Wahlkampf liegt, sei nicht begründet,
wenn die Unterstützungsunterschriften nicht beigebracht
würden. In seiner zur ersten gesamtdeutschen Wahl ergan-

trittsländern verfügten, für die uneingeschränkte Anwend-
barkeit des Quorums ohne rechtlichen Belang war, so wird
dies erst recht für den vorliegenden Fall gelten, in dem die
an einer Kandidatur Interessierten in keiner Weise gehindert
waren, sich rechtzeitig des notwendigen politischen Rück-
halts in der Wählerschaft zu vergewissern. Wegen der Aus-
richtung des Quorums auf einen objektiven Rückhalt des
Wahlvorschlags in der Wählerschaft kommt es – anders als
vom Einspruchsführer vertreten – gerade nicht auf den Zeit-
punkt an, ab wann der potentielle Wahlbewerber frühestens
von der Auflösung des Deutschen Bundestages ausgehen
kann. Gerade wegen der im Grundgesetz vorgesehenen
Möglichkeiten einer vorgezogenen Bundestagswahl orien-
tieren sich die Regelungen des Bundeswahlgesetzes daran,
ob die in einem Mindestmaß an politischem Rückhalt in der
Wählerschaft begründete potentielle Erfolgsaussicht tat-
sächlich vorliegt, nicht, ob sie theoretisch vorliegen und
nach einiger Zeit erreicht werden könnte. Im Übrigen hat
das Bundesverfassungsgericht in der zitierten Entscheidung
auch darauf hingewiesen, dass „äußerst knappe Zeiträume“
hinzunehmen seien, „wenn sie – wie etwa bei vorzeitiger
Auflösung des Bundestages – für alle betroffenen Parteien
im gesamten Wahlgebiet in gleicher Weise gelten“
(BVerfGE 82, S. 353, 368). Diese Voraussetzungen sind im
vorliegenden Fall erfüllt. Somit bestehen an der Vereinbar-
keit von § 20 Abs. 3 BWG mit den Wahlrechtsgrundsätzen
und der Garantie des passiven Wahlrechts keine Zweifel.

Weil der Kreiswahlvorschlag des Einspruchsführers damit
den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprach, waren die
Wahlorgane zu dessen Zurückweisung verpflichtet. Auf die
Einlassung des Einspruchsführers, ihm wäre es ohne Auf-
lösung des Deutschen Bundestages möglich gewesen, die
erforderlichen Unterstützungsunterschriften beizubringen,
kommt es nach der eindeutigen Rechtslage ebenso wenig
an, wie auf die Gründe, die er für den späten Beginn der
Unterschriftensammlung benennt. Die Frage, in welcher
Weise der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Quorums
seinen Ermessensspielraum auch anders hätte ausüben kön-
nen bzw. wie er diesen noch ausüben könnte, ist nicht
Gegenstand der Wahlprüfung.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 37 – Drucksache 16/900

Durchführbarkeit der Wahlen gewährleistet werden, dass
nur solche Wahlvorschläge zugelassen werden, von denen
zumindest vermutet werden kann, dass hinter ihnen eine
ernst zu nehmende politische Gruppe steht, die sich mit die-
sem Wahlvorschlag am Wahlkampf zu beteiligen wünscht,
oder dass politisch Interessierte ihm ernsthaft die Chance
einräumen wollen, die in der Beteiligung am Wahlkampf
liegt (BVerfGE 4, 375, 381 f.). Neben dem Kriterium der
Ernsthaftigkeit ist damit eine in einem Mindestmaß an poli-

genen Entscheidung bezog sich das Bundesverfassungs-
gericht zwar lediglich auf die kurzfristige Ausdehnung des
Wahlgebiets auf die neuen Bundesländer und somit auf
einen besonderen Aspekt der Kurzfristigkeit. Wenn aber
bereits die mit der Sondersituation der deutschen Einigung
verbundene Tatsache, dass die an einer Kandidatur interes-
sierten Parteien, die zuvor lediglich auf dem Gebiet der
„alten Bundesländer tätig waren und damit über keinerlei
organisatorische Strukturen und Bekanntheit in den Bei-

Grundsatz der gleichen Wahl (Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG),
soweit doppeltes Stimmgewicht nicht stets ausgeschlossen § 6 Abs. 4 Satz 1 BWG, wonach die im Land gewonnenen
den nicht splittenden Wählern zu sowie bei der in § 6 Abs. 1
Satz 2 BWG geregelten Konstellation, wonach die Zweit-
stimmen derjenigen Wähler nicht berücksichtigt werden,

Um die Verhältniswahl zu personalisieren, sei die Differen-
zierung des Erfolgswerts der Stimmen, wie sie im geltenden
sei. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bun-
desverfassungsgerichts seien Differenzierungen des Er-
folgswerts der Wählerstimmen grundsätzlich ausgeschlos-
sen. Die Unmittelbarkeit der Wahl bedeute auch, dass jede
Stimme entsprechend dem Wählerwillen bestimmten oder
bestimmbaren Wahlbewerbern zugerechnet werden müsse.

Anhand verschiedener Fallgruppen zeigt der Einspruchs-
führer nach seiner Auffassung gegebene Verletzungen des
Gleichheits- wie Unmittelbarkeitsgrundsatzes auf. So
komme es zu einem doppelten Stimmgewicht solcher
Wähler, die Erst- und Zweitstimme „splitteten“, sofern die
gesplitteten Erststimmen für den Erfolg im Wahlkreis
maßgebend seien. Verdeutlicht wird dies an einem Beispiel
und Konstellationen in 16 näher betrachteten Wahlkreisen.
Demgegenüber komme ein einfaches Stimmgewicht nur

Direktmandate von der für jede Liste ermittelten Abgeord-
netenzahl abgerechnet werden, verstoße gegen den Unmit-
telbarkeitsgrundsatz, da den Wählern einer Landesliste auch
solche erfolgreichen Wahlkreisbewerber zugerechnet wür-
den, die nicht auf der Landesliste nominiert und folglich
auch nicht von den Wählern der Landesliste unmittelbar ge-
wählt seien. Insoweit geht der Einspruchsführer von 80 er-
folgreichen, aber nicht auf einer Landesliste nominierten
Direktkandidaten aus.

Da Wahlen nur dann demokratische Legitimation verleihen
könnten, wenn das Wahlrecht alle einschlägigen Verfas-
sungsnormen konkretisiert habe, seien solche Bewerber
nicht legitimiert, deren Sitzzuteilung auf Stimmen von
Wählern mit doppeltem Stimmgewicht oder auf Verletzun-
gen anderer Verfassungsnormen beruhe.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 39 – Drucksache 16/900

Anlage 16

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn K. P., 65193 Wiesbaden
– Az.: WP 172/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 14. November 2005 hat der Einspruchs-
führer gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen
Bundestag am 18. September 2005 Einspruch eingelegt.

Der Einspruch wendet sich im Wesentlichen gegen Aspekte
der Ausgestaltung der Bundestagswahl durch das Bundes-
wahlgesetz und sieht insoweit Verletzungen der Grundsätze
der Unmittelbarkeit und Gleichheit der Wahl sowie des Ver-
bots der bloßen Parteienwahl. Dabei werden teilweise Ein-
wände aufgegriffen, die schon gegen die Bundestagswahl
2002 gerichtet waren (vgl. insoweit Beschlussempfehlung
des Wahlprüfungsausschusses vom 30. Januar 2004 – Bun-
destagsdrucksache 15/2400, S. 47 ff.).

Zwei-Stimmen-Verfahren
(mögliches doppeltes Stimmgewicht)

Die Ausgestaltung des „Zwei-Stimmen-Verfahrens“ gemäß
§ 6 des Bundeswahlgesetzes (BWG) verletze in Verbindung
mit dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl den

Stimmgewicht hätten diejenigen Wähler, die – wie bei der
Bundestagswahl 2002 in zwei Berliner Wahlkreisen – ihre
Erststimme einem erfolgreichen Bewerber geben, dessen
Partei jedoch an der 5-Prozent-Hürde scheitert, und ihre
Zweitstimme einer anderen Partei geben.

In diesem Zusammenhang verletze auch § 6 Abs. 1 Satz 2
BWG, wonach die Zweitstimmen solcher Wähler unberück-
sichtigt bleiben, die ihre Erststimme für einen im Wahlkreis
erfolgreichen Einzelbewerber abgeben, die Wahlrechts-
gleichheit mit Blick auf das passive Wahlrecht. So könnten
potentielle Wähler des Direktbewerbers abgeschreckt wer-
den, da im Erfolgsfall die an sich „maßgebende“ Zweit-
stimme nicht zähle.

Eine verfassungswidrige Regelungslücke folge weiterhin
daraus, dass ein splittender Wähler über § 6 Abs. 6 BWG
zwei Parteien zum Erfolg verhelfen könne, indem die Erst-
stimme die Grundmandatsklausel wirksam werden und die
für eine andere Partei abgegebene Zweitstimme die 5-Pro-
zent-Hürde überwinden lasse.
die ihre Erststimme für einen im Wahlkreis erfolgreichen
Einzelbewerber abgegeben haben. Wiederum doppeltes

Wahlrecht erfolge, nicht zwingend erforderlich. Es gebe an-
dere Systeme der personalisierten Verhältniswahl, die den

Drucksache 16/900 – 40 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Grundsatz der gleichen Wahl nicht verletzten wie z. B. das
einigen Kommunalwahlrechten bekannte Panaschieren.

Verbindung von Landeslisten

Die Verbindung von Landeslisten gemäß § 7 BWG verletze
den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl. Dieser Grund-
satz verlange, dass für den Wähler die Wirkung seiner Stim-
mabgabe erkennbar sei. Jede Stimme müsse bestimmten
oder bestimmbaren Wahlbewerbern zugerechnet werden.
Dies müsse für den Wähler vor der Wahl hinreichend er-
kennbar sein. Daran fehle es jedoch, wenn der Wähler mit
der Stimmabgabe für eine bestimmte Landesliste ggf. einem
Bewerber einer Landesliste in einem nicht vorher bestimm-
baren Bundesland zu einem Mandat verhelfen könne. Es
fehle auch an einem entsprechenden Hinweis auf dem
Stimmzettel. Es sei nicht einmal möglich, vor der Wahl fik-
tive Bundeslisten zusammenzustellen, aus denen erkennbar
wäre, wie die Sitze den Bewerbern zugeteilt würden.

Überdies sei es widersprüchlich, jedenfalls bei der Wahl-
kreiseinteilung die föderale Struktur strikt zu berücksichti-
gen, dann aber Reststimmen über Landesgrenzen hinweg
„auszuleihen“. Ein aufgrund „ausgeliehener“ Reststimmen
gewählter Bewerber sei somit nicht unmittelbar gewählt.
Die möglichen Auswirkungen der Listenverbindung bei der
Stimmabgabe in einem einzigen Wahlkreis auf die Listenbe-
werber in anderen Bundesländern veranschaulicht der Ein-
spruchsführer am Beispiel der Nachwahl im Wahlkreis 160.
Schließlich unterstelle das Institut der Listenverbindung
implizit, dass die Bundestagswahl eine Parteienwahl sei, in-
dem die Stimmen für die konkreten Bewerber einer Landes-
liste als bloße Parteistimmen angesehen würden. Eine bloße
Parteienwahl sei jedoch laut Bundesverfassungsgericht aus-
geschlossen.

Bundesweite Ermittlung des Proporzes
(sog. Oberverteilung)

Das Verfahren zur bundesweiten Ermittlung des Proporzes
gemäß § 6 BWG (sog. Oberverteilung) verletze in Verbin-
dung mit dem Prinzip der Landeslisten den Unmittelbar-
keitsgrundsatz sowie das Repräsentationsprinzip. Für den
Wähler seien die Wirkungen seiner Stimmabgabe nicht hin-
reichend transparent. Der Stimmzettel erwecke den Ein-
druck, dass es bei der Zweitstimme darum gehe, allein auf
Landesebene zu bestimmen, welche Kandidaten der im je-
weiligen Bundesland zugelassenen Listen einen Sitz erhal-
ten sollen. Tatsächlich werde jedoch zunächst eine bundes-
weite Auswertung durchgeführt (Oberverteilung). Daneben
verstießen die mittelbaren Einflüsse aus anderen Bundeslän-
dern bei der Frage, wer einen Sitz erhalte, gegen den Grund-
satz der Abgeordnetenwahl, da das bundesweite Proporz-
verfahren implizit eine Parteienwahl unterstelle. Das Reprä-
sentationsprinzip und der Gleichheitsgrundsatz verlangten,
sich bei der Untergliederung des Wahlgebiets an der Be-
völkerungszahl zu orientieren. Der Gleichheitsgrundsatz
werde verletzt, wenn die Bundesländer nicht proportional
zur Bevölkerungszahl im Deutschen Bundestag vertreten
seien. Das aus dem Gleichheitsgrundsatz abgeleitete Erfor-
dernis der gleichen Größe der Wahlkreise müsse auch für
die Zahl der jedem Bundesland zuzuteilenden Listenplätze
gelten, so dass im Ergebnis die Zahl der im Wahlkreis

mandate verringern, sondern auch den Effekt der sog. nega-
tiven Stimmgewichte vermeiden.

Generelle Ausgestaltung
des Zwei-Stimmen-Wahlverfahrens

Generell sei das „Zwei-Stimmen-Verfahren“ mit dem De-
mokratieprinzip und den Wahlgrundsätzen unvereinbar, so-
weit die sich im Wahlakt vollziehende Willensbildung der
Staatsbürger und damit die Verwirklichung des Demokratie-
prinzips durch verfahrensbedingte Wahlrechtseigenheiten
unterlaufen würden. So würden die Stimmzettel anders aus-
gewertet, als es der sich aus ihrer Gestaltung ergebenden
Fragestellung entsprechen würde. Nach einer repräsentati-
ven Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen im Sommer
2005 sei rund der Hälfte der Wahlberechtigten nicht be-
kannt, dass die Zweitstimme die maßgebende sei. Entspre-
chend dem Aufdruck links auf dem Stimmzettel („hier eine
Stimme für die Wahl eines/einer Wahlkreisabgeordneten“)
seien für den Wähler die Erststimmen für die Verteilung der
Wahlkreissitze maßgebend. Mit dem Hinweis rechts auf
dem Stimmzettel auf die „maßgebende Stimme“ sei abwei-
chend vom Wortlaut gemeint, dass die Zweitstimmen für
den gesamten zahlenmäßigen Sitzanspruch der einzelnen
Parteien maßgebend seien. Im Widerspruch hierzu stehe der
vorangehende Hinweis („hier eine Stimme für die Wahl
einer Landesliste“), also einer Stimme für die unmittelbare
Wahl von Abgeordneten der angekreuzten Landesliste. Aus
dem Stimmzettel ergebe sich auch nicht, dass nach gesetz-
geberischer Intention im Ergebnis nur eine Stimme wirksam
werden solle.

Weiterhin entspreche die Bemessungsgrundlage für die Er-
mittlung des Parteienproporzes weder der Ausgestaltung
des Stimmzettels noch den Erfordernissen einer unmittelba-
ren Abgeordnetenwahl. Wenn ein Wähler splitte, bedenke er
Bewerber verschiedener Parteien. Daher müsse sich auf den
Parteienproporz ebenfalls auswirken, wenn nur eine Erst-
stimme abgegeben werde.

Schließlich entfalte eine Erststimme für einen erfolgreichen
Bewerber eine nicht ohne weiteres erkennbare antagonisti-
sche Wirkung auf die Zweitstimme. So gebe es – wegen der
Anrechnung gewonnener Direktmandate – neun Landeslis-
ten mit insgesamt 5 594 720 Zweitstimmen, ohne hierdurch
einen einzigen Landeslistenbewerber zu legitimieren. Der-
artige nicht erkennbare Auswirkungen der Stimmabgabe
könnten jedoch nicht des Wählers Wille sein. Wiederholt
wird der Einwand, dass es auch dem Unmittelbarkeits-
grundsatz widerspreche, dass angesichts einer Listenverbin-
dung eine Stimme auch einem Bewerber auf einer anderen
Liste dieser Verbindung zugute kommen könne. Die
Schwierigkeit für den Wähler, bestimmte Konstellationen
vorauszusehen, wird am Beispiel des Spitzenkandidaten der
niedersächsischen SPD-Landesliste veranschaulicht. So
verdanke Gerhard Schröder bei der Sitzzuteilung auf die
Landesliste seinen Sitz letztlich nur dem Umstand, dass die
SPD-Kandidaten der Wahlkreise 26 und 38 knapp verloren
hätten.

Diese „Verengungen der Entschließungsfreiheit des Wäh-
lers“ seien vermeidbar und schon deshalb mit dem Grund-
Gewählten mit derjenigen über Listen Gewählten identisch
sein müsse. Dies würde nicht nur die Zahl der Überhang-

satz der freien Wahl nicht vereinbar. Beispielsweise könne
– wie in manchen Kommunalwahlgesetzen – ein Panaschie-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41 – Drucksache 16/900

ren ermöglicht oder zu einem Grabenwahlsystem gewech-
selt werden.

Sitzverteilung nach Bruchteilen

Die Sitzverteilung gemäß § 6 Abs. 2 BWG verletze den
Grundsatz der gleichen Wahl dann, wenn einer Liste, auf die
kein „ganzer“ Sitz entfällt, ein „Bruchteilsitz“ zugeteilt
wird. Unter beispielhafter Berechnung des Stimmenge-
wichts der Wähler sieht der Einspruchsführer angesichts des
Hare/Niemeyer-Verfahrens gemäß § 6 Abs. 2 BWG ein star-
kes Indiz für eine Verletzung des Grundsatzes der gleichen
Wahl, wenn es in ein und demselben „Legitimationsgebiet“
Wähler gebe, die im Vergleich mit anderen Wählern mit
zweifachem Stimmgewicht Bewerber legitimieren könnten,
bzw. wenn es in ein und demselben „Legitimationsgebiet“
Listenbewerber gebe, die zu ihrer Legitimation nur halb so
viele Wählerstimmen wie auf andere erfolgreiche Listenbe-
werber benötigen. Die Verletzung des Gleichheitsgrundsat-
zes zeige sich zum Beispiel beim Vergleich der Landeslisten
von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Während in Meck-
lenburg-Vorpommern 39 379 Stimmen für einen Sitz genüg-
ten, hätte in Rheinland-Pfalz die knapp viereinhalbfache
Stimmenzahl nur für zwei Sitze gereicht. Verfassungsrecht-
lich geboten sie vielmehr ein gleich großes Mindeststim-
menquorum innerhalb desselben Legitimationsgebiets für
alle Wähler und Bewerber.

Kandidatur in zwei Bundesländern

Gerügt wird eine Regelungslücke im Bundeswahlgesetz,
wonach ein Bewerber in zwei Bundesländern kandidieren
könne, und zwar in einem Wahlkreis als Direktkandidat und
auf einer Liste in einem anderen Bundesland. Gesetzlich
ausgeschlossen seien nur Doppelkandidaturen in zwei
Wahlkreisen oder auf zwei Landeslisten. Die gerügte Dop-
pelkandidatur verletze den Grundsatz der Unmittelbarkeit,
da bei der Kandidatur in zwei völlig unabhängigen Legi-
timationsgebieten von vornherein feststehe, dass der
„Doppelbewerber“ bei doppeltem Erfolg nicht jedem der
beiden Legitimationssubjekte zurechenbar sei. Es finde
auch ein die Wahlrechtsgleichheit verletzender Gestaltungs-
missbrauch statt, durch den sich Spitzenkandidaten einen
Wettbewerbsvorteil verschafften. Häufig erzielten Spit-
zenkandidaten in der Region ihrer Kandidatur überdurch-
schnittliche Ergebnisse, die sich – bei einer Wahlkreiskandi-
datur – durch nicht splittende Wähler auch auf das Ergebnis
der Landesliste auswirkten.

Nichtberücksichtigung eines aus der Partei Ausgeschiede-
nen im Nachrückfall

Weiterhin wird die Regelung in § 48 Abs. 1 Satz 2 BWG
gerügt, wonach bei der Nachfolge eines ausgeschiedenen
Abgeordneten diejenigen Listenbewerber unberücksichtigt
bleiben, die seit der Aufstellung der Landesliste aus dieser
Partei ausgeschieden sind. Auch für derartige Nachfolge-
fälle müsse der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl ge-
wahrt werden. Der Parteiwille ende mit der Aufstellung der
Kandidaten.

Lasse das Wahlgesetz im Falle einer Nachfolge Ersatzleute
eintreten, seien, wie vom Bundesverfassungsgericht betont
(BVerfGE 97, 317, 323), die Voraussetzungen einer Wahl

menhang werde durch § 48 Abs. 1 Satz 2 BWG durchbro-
chen. Auch Ersatzleute könnten die ihnen vom Wähler un-
mittelbar verliehene Legitimation nur aus denselben Grün-
den wieder verlieren, die für gewählte Abgeordnete
maßgebend seien. Der Einspruchsführer beantragt daher
festzustellen, dass alle Ersatzleute ohne Vorbehalt der Par-
teimitgliedschaft als Ersatzleute gewählt seien.

Zahl der ungültigen Stimmen

Da die Zahl ungültiger Stimmen im Vergleich zur Bundes-
tagswahl 2002 um knapp 170 000 bzw. 29 Prozent zuge-
nommen habe, während die Zahl der Wähler um knapp
540 000 zurückgegangen sei, wird beantragt, in allen Wahl-
kreisen mit besonders hohem Anteil ungültiger Stimmen so-
wie in einer Stichprobe der übrigen Wahlkreise die Gründe
für die hohe Zahl untersuchen zu lassen. Dabei sollte ge-
prüft werden, ob es immer eindeutig gewesen sei, dass un-
gültig gewählt oder sich enthalten werden sollte. Weiterhin
sei zu prüfen, ob Stimmen leichtfertig für ungültig erklärt
wurden, es Gründe in der Verantwortung der Wahlorgane
gegeben habe und wie viele Fälle es jeweils betroffen habe.
In einem Anhang gibt der Einspruchsführer die ungültigen
Zweitstimmen aller Wahlkreise, in denen 2002 und/oder
2005 deren Anteil 2 Prozent und mehr betrug, sowie aller
Länder wieder.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Ein-
spruchsführers wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des
Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen
Verhandlung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Ein Wahlfehler ist aufgrund des Vortrags des Einspruchs-
führers nicht feststellbar. Dies ergibt sich bereits daraus,
dass der Einspruchsführer keine konkreten Mängel bei der
Wahlvorbereitung und der Wahldurchführung beanstandet,
sondern – abgesehen von der Frage der ungültigen Stimmen
– die Verfassungswidrigkeit wahlrechtlicher Vorschriften
und des Wahlsystems geltend macht. Insoweit ist zunächst
daran zu erinnern, dass sich der Deutsche Bundestag im
Rahmen der Wahlprüfung nicht als berufen ansieht, die
Verfassungswidrigkeit von Wahlrechtsvorschriften festzu-
stellen. Diese Kontrolle ist stets – vgl. zuletzt zur Bundes-
tagswahl 2002 in Bundestagsdrucksache 15/2400, S. 49 –
dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten worden (vgl.
insoweit auch BVerfGE 89, 291, 300). Davon abgesehen
werden die gegen die Ausgestaltung des Wahlsystems erho-
benen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht geteilt.

Zwei-Stimmen-Verfahren
(mögliches doppeltes Stimmgewicht)

Soweit der Einspruchsführer einen seiner Ansicht nach un-
gleichen Erfolgswert bestimmter Wählerstimmen rügt, sind
die einschlägigen Vorschriften zur Verteilung der Sitze auf-
nur gewahrt, wenn die Ersatzleute schon am Wahltag mitge-
wählt worden seien. Dieser verfassungsrechtliche Zusam-

grund der abgegebenen Wählerstimmen verfassungsrecht-
lich nicht zu beanstanden. Die vom Einspruchsführer darge-

Drucksache 16/900 – 42 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

stellten Auswirkungen des gegenwärtigen Wahlrechts hal-
ten sich im Rahmen des dem Gesetzgeber eingeräumten und
vom Bundesverfassungsgericht bekräftigten Gestaltungs-
spielraums und der Entscheidung für die personalisierte
Verhältniswahl, die Hälfte der Abgeordneten in Wahlkreisen
und die andere Hälfte über Parteilisten zu wählen (vgl.
BVerfGE 95, 335, 354).

Die Möglichkeit der Vergabe von Erst- und Zweitstimme
gemäß § 4 BWG schließt ein sog. Stimmensplitting ein.
Dass ein Wähler mit Erst- und Zweitstimme jeweils
Einfluss geltend machen kann, liegt im geltenden Wahl-
system begründet. Die Zulässigkeit des Stimmensplittings
hat das Bundesverfassungsgericht bei der Prüfung der Über-
hangmandate ausdrücklich als durch den im Demokratie-
prinzip wurzelnden Repräsentationsgedanken gerechtfertigt
bezeichnet (BVerfGE 95, 335, 367). Dies schließt notwen-
dig auch die Zulässigkeit solcher Fallgestaltungen ein, die
vom Einspruchsführer als Verletzung der Grundsätze der
Gleichheit oder Unmittelbarkeit gerügt worden sind. § 6
Abs. 1 Satz 2 BWG ist vom Bundesverfassungsgericht
ausdrücklich im Hinblick auf die Wahlrechtsgleichheit als
verfassungsgemäß bestätigt worden (BVerfGE 79, 161,
166 ff.). In dieser Konstellation wird ein zwangsläufig dop-
pelter Erfolgswert beider Stimmen vermieden. In anderen
Fällen ist ein derartiger doppelter Erfolgswert bei einem
Stimmensplitting zwar möglich, tritt aber nicht zwangsläu-
fig ein (vgl. Schreiber, Wahlrecht, 7. Auflage, § 6 Rn. 4).

Bezüglich der bei der Bundestagswahl 2002 praktizierten
Berücksichtigung bestimmter Zweitstimmen bei Erfolg von
Direktkandidaten und gleichzeitigem Scheitern ihrer Partei
an der 5-Prozent-Hürde sei hier auf die einschlägigen
Wahlprüfungsentscheidungen zur Bundestagswahl 2002
verwiesen (vgl. Bundestagsdrucksache 15/1850, S. 3 ff.,
11 ff. u. a.).

Zwar erörtert das Bundesverfassungsgericht bei § 6 Abs. 1
Satz 2 BWG nicht das passive Wahlrecht des Direktkandi-
daten, das der Einspruchsführer wegen einer möglichen Ab-
schreckungswirkung als verletzt ansieht. Solche denkbaren
Auswirkungen durch die ansonsten verfassungsgemäße
Ausgestaltung des Wahlrechts sind jedoch als systemimma-
nent hinzunehmen. Weiterhin sind Zweifel an der Legitimi-
tät der erfolgreichen Wahlkreisbewerber, die nicht auf einer
Landesliste nominiert, beim Verhältnisausgleich aber ange-
rechnet werden, unbegründet. Abgesehen davon, dass ihre
Legitimation auf ihrem Erfolg im Wahlkreis beruht, verletzt
ihre Anrechnung nicht den Grundsatz der Unmittelbarkeit
der Wahl im Hinblick auf solche Wähler, die ihre Zweit-
stimme der betreffenden Partei gegeben habe. Für den Wäh-
ler, der seine Zweitstimme abgibt, ist, da er sich über das
geltende Wahlrecht informieren kann, erkennbar, dass die
Landesliste nicht alle Wahlkreiskandidaten aufführt und
dass erfolgreiche Direktkandidaten anzurechnen sind. Da-
her ist dem Unmittelbarkeitsgrundsatz, der verlangt, dass
für den Wähler die Wirkungen seiner Stimmabgabe erkenn-
bar sind (vgl. BVerfGE 97, 317, 326), Rechnung getragen.
Der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lassen
sich insoweit keine strengeren Maßstäbe entnehmen, da es
wiederholt das geltende Wahlrecht in seinen Grundsätzen

Verbindung von Landeslisten

Soweit sich der Einspruchsführer gegen die Verbindung von
Landeslisten gemäß § 7 BWG wendet, werden überzogene
Anforderungen aus dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der
Wahl abgeleitet (vgl. bereits Beschlussempfehlung – Bun-
destagsdrucksache 15/2400, S. 50). Dieser Grundsatz erfor-
dert, dass die abgegebenen Stimmen ohne weitere Zwi-
schenschritte zur Sitzverteilung herangezogen werden und
für den Wähler die Wirkungen seiner Stimmabgabe erkenn-
bar sind (vgl. z. B. BVerfGE 95, 335, 348). Insoweit ist es
verfassungsgemäß, dass laut § 7 BWG die Landeslisten der-
selben Partei als verbunden gelten und verbundene Listen
bei der Sitzverteilung im Verhältnis zu den übrigen Listen
als eine Liste gelten. Die Listenverbindung hat zur Folge,
dass sonst unter Umständen erfolglos bleibende Zweitstim-
men („Reststimmen“) „aufgefangen“ werden, d. h. wirksam
werden. Infolgedessen kommen die in einem Land für eine
Partei abgegebenen Stimmen im Endergebnis auch den an-
deren Landeslisten derselben Partei zu Gute (vgl. Schreiber,
Wahlrecht, 7. Auflage, § 7 Rn. 1). Diese Effekte sind für die
Wählerinnen und Wählern durchaus voraussehbar und
entsprechen zudem ihrem Wählervotum. Eine Kenntlich-
machung auf dem Stimmzettel ist nicht erforderlich und
würde überdies die Frage nach einer Erläuterung anderer
wahlrechtlicher Aspekte nach sich ziehen.

Die nähere Ausgestaltung der Listenverbindung schließt
notwendig auch Folgen im Verhältnis zu Listen anderer Par-
teien ein. Die Wahl wird entgegen der Auffassung des Ein-
spruchsführers auch nicht zu einer reinen Parteienwahl, da
es immer zu einer eindeutig vom Bundeswahlgesetz vorge-
gebenen Zuteilung kommt. Im Übrigen erwähnt auch das
Bundesverfassungsgericht die hier angesprochene Listen-
verbindung bei der Darstellung der Berechnungsschritte
nach § 6 ff. BWG, ohne insoweit vorfassungsrechtliche
Vorbehalte anzudeuten (BVerfGE 97, 317, 324).

Bundesweite Ermittlung des Proporzes
(sog. Oberverteilung)

Auch das Verfahren zur bundesweiten Ermittlung des Pro-
porzes gemäß § 6 BWG (sog. Oberverteilung) verletzt nicht
den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl (ebenso bereits
Beschlussempfehlung – Bundestagsdrucksache 15/2400,
S. 50). Für die Wähler ist diese Oberverteilung als Wirkung
ihrer Stimmabgabe in den wesentlichen Grundzügen vor-
hersehbar. So enthält der Stimmzettel die Information, dass
die Zweitstimme die „maßgebende Stimme für die Vertei-
lung der Sitze insgesamt auf die einzelnen Parteien“ ist (An-
lage 26 zur BWO). Ebenso wenig führt die Oberverteilung
zu einer vom Bundesverfassungsgericht nicht gebilligten
reinen Parteienwahl. Auch soweit der Einspruchsführer for-
dert, dass die Bundesländer proportional zur jeweiligen Be-
völkerungsgröße im Deutschen Bundestag vertreten sein
müssten, so dass die Zahl der zuzuteilenden Listenplätze
derjenigen der Wahlkreise zu entsprechen habe, ist dies we-
der vom Repräsentationsprinzip noch dem Grundsatz der
Gleichheit der Wahl geboten. Dem Gesetzgeber steht es bei
einer Kombination von Mehrheitswahl im Wahlkreis und
Verhältniswahl über Listen frei, für die jeweilige Sitzzutei-
lung maßgeblich auf die tatsächlich abgegebenen Stimmen,
nicht aber abstrakt auf Bevölkerungsgröße bzw. die Zahl der
beschrieben hat, ohne verfassungsrechtliche Vorbehalte an-
zumelden (vgl. BVerfGE 97, 317, 323 ff.).

Wahlberechtigten abzustellen (vgl. auch Beschlussempfeh-
lung – Bundestagsdrucksache 15/2400, S. 50).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 43 – Drucksache 16/900

Generelle Ausgestaltung
des Zwei-Stimmen-Wahlverfahrens

Zu den generellen Einwänden gegen das Zwei-Stimmen-
Verfahren ist daran zu erinnern, dass dieses gesetzlich im
Einzelnen vorgegeben ist. Daher sind verfassungsrechtliche
Einwände – wie bereits oben betont – unbegründet und ent-
gegen der Auffassung des Einspruchsführers greifen, die
aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ab-
geleiteten Maßstäbe für eine Erkennbarkeit der Wirkungen
der Wahlentscheidung für den Wähler nicht durch. Auch die
Stimmzettel entsprechend Anlage 26 zur Bundeswahlord-
nung bedürfen keiner weiteren Hinweise auf die Bedeutung
der jeweiligen Stimmabgabe vor dem Hintergrund der Aus-
wertung gemäß § 6 ff. BWG. Im Zusammenhang mit der
in Frage gestellten Erkennbarkeit der Auswirkungen der
Stimmabgabe sei ergänzend darauf hingewiesen, dass dem
Bundesverfassungsgericht auch das vom Einspruchsführer
an anderer Stelle erwähnte Phänomen der sog. negativen
Stimmgewichte bewusst ist.

So weisen der Tatbestand und die mündliche Verhandlung
der Entscheidung zu den Überhangmandaten ausdrücklich
auf dieses Phänomen hin (vgl. BVerfGE 95, 335, 343, 346),
ohne dass dies aber für erörterungsbedürftig gehalten
wurde.

Sitzverteilung nach Bruchteilen

Der Einspruch kann schließlich auch keinen Erfolg haben,
soweit ein unterschiedliches Stimmgewicht als Folge der
Verteilung der Sitze nach Bruchteilen beanstandet wird. Bei
diesem sog. Hare/Niemeyer-Verfahren gemäß § 6 Abs. 2
Satz 4 BWG wird zunächst die Gesamtzahl der zu verge-
benden Sitze mit der Zahl der Zweitstimmen für die Landes-
listen im Wahlgebiet vervielfacht. Sodann wird das Produkt
durch die Gesamtzahl der Stimmen für die Parteien geteilt,
die die 5-Prozent-Hürde überwunden haben. Jede Partei er-
hält zunächst so viele Sitze, wie ganze Zahlen errechnet
worden sind. Verbleibende Sitze werden in der Reihenfolge
der höchsten Zahlenbruchteile nach dem Komma zugeteilt.
Das Bundesverfassungsgericht hat es unbeanstandet gelas-
sen, dass sich bei der Zuteilung von Sitzen nach Maßgabe
des festgelegten Berechnungsverfahrens zwangsläufig un-
terschiedliche Erfolgswerte ergeben könnten. Der Gestal-
tungsfreiheit des Gesetzgebers sei die Auswahl des Vertei-
lungsverfahrens überlassen (vgl. BVerfGE 79, 169, 71).
Unabhängig von der Wahlprüfung bleibt, wie bereits in der
15. Wahlperiode anberaten, ein Wechsel zum Verfahren
Sainte Laguë/Schepers, Gegenstand einer möglichen Geset-
zesänderung.

Kandidatur in zwei Bundesländern

Auch die gerügte Möglichkeit zur Kandidatur eines Bewer-
bers sowohl in einem Wahlkreis als auch auf einer Landes-
liste in einem anderen Bundesland ist vom Bundeswahlge-
setz gestattet (vgl. bereits Beschlussempfehlung des Wahl-
prüfungsausschusses – Bundestagsdrucksache 13/3927, An-
lage 8; Seifert, § 20 Rn. 2; Schreiber, § 20 Rn. 2). Sie lässt
keinen Verfassungsverstoß erkennen. Die gerügte Doppel-
bewerbung ist mit dem gesetzlichen Verbot einer Mehrfach-
kandidatur auf Wahlkreis- oder Listenebene nicht vergleich-

schlag benannt werden. Für Landeslisten enthält § 27 Abs. 4
BWG eine vergleichbare Regelung.

Durch diese Regelungen sollen Mehrfachbewerbungen von
„Zugkandidaten“ verhindert werden, die nicht die Absicht
haben, das betreffende Mandat auszuüben, und auch nicht in
der Lage sind, mehrere Mandate auszuüben. (vgl. Seifert,
§ 20 Rn. 2; Schreiber, § 20 Rn. 2, § 27 Rn. 15, wonach ein
Auswahlrecht des Bewerbers gegen den Grundsatz der Un-
mittelbarkeit der Wahl verstoße).

Bereits ein 1955 erstellter Bericht einer vom Bundes-
minister des Innern eingesetzten Kommission – Grundlagen
eines deutschen Wahlrechts – hatte sich gegen die seinerzeit
noch zulässige Aufstellung eines Direktkandidaten auch in
Listen mehrerer Länder gewandt, da die Aufstellung in
mehreren Listen nur der Werbewirkung wegen geschehen
würde (Bericht, S. 84).

Fragen der Unmittelbarkeit der Wahl werden durch eine zu-
sätzliche Kandidatur auf einer Landesliste in einem anderen
Bundesland nicht aufgeworfen. Gemäß § 6 Abs. 4 Satz 3
BWG bleibt ausdrücklich ein im Wahlkreis erfolgreicher
Bewerber, der auch auf einer Landesliste aufgeführt ist,
insoweit unberücksichtigt. Der erfolgreiche Bewerber wird
somit dem „Legitimationssubjekt“ Wahlkreis zugeordnet.
Auch die Gleichheit der Wahl wird nicht verletzt. Mögliche
Wettbewerbsvorteile, die sich durch den höheren Bekannt-
heitsgrad eines Spitzenkandidaten ergeben könnten, sind
innerhalb des geltenden Wahlrechts hinzunehmen.

Daneben ist die Beschränkung wichtig für die Sitzanrech-
nung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 BWG, wonach von der für
jede Landesliste ermittelten Abgeordnetenzahl die Zahl der
von der Partei in den Wahlkreisen des Landes errungenen
Sitze abgerechnet wird. Würde ein Bewerber zwei oder
mehr Wahlkreise gewinnen, wäre er unter Verzerrung der
Proportionen bezüglich der Gesamtzahl der Mandate bei der
Sitzanrechnung mehrfach zu berücksichtigen. Demgegen-
über ist die häufig zu beobachtende Kandidatur sowohl im
Wahlkreis als auch auf einer Landesliste zulässig.

Nichtberücksichtigung eines aus der Partei Ausgeschiede-
nen im Nachrückfall

Für § 48 Abs. 1 Satz 2 BWG, wonach bei Berufung eines
Nachrückers auf der Landesliste übersprungen wird, wer
zwischenzeitlich aus der Partei ausgeschieden ist, hat es im
Zusammenhang mit der Bundestagswahl 2005 (bisher) kei-
nen Anwendungsfall gegeben. Der Einspruch wendet sich
nur gegen eine erst künftig mögliche Anwendung. Hieraus
ableitbare Zulässigkeitsbedenken sind aber zurückzustellen,
da das Bundesverfassungsgericht die Vorschrift 1957 als
verfassungsmäßig erachtet hat (BVerfGE 7, 63, 72 f.). Der
Unmittelbarkeitsgrundsatz schließe nicht aus, im Wahl-
gesetz allgemeine, sachlich bestimmte Voraussetzungen für
die Übernahme des Abgeordnetenmandats (z. B. Mindest-
alter) vorzusehen. Das Gleiche müsse auch für die Fort-
dauer der Parteizugehörigkeit gelten. Die Vorschrift sei auch
mit dem Prinzip der Personenwahl aus Artikel 38 Abs. 1
GG vereinbar, da die Abgeordneten zugleich, zumindest
soweit sie auf starren Listen gewählt würden, auch Expo-
nenten ihrer Parteien seien. Soweit dies der Fall sei, sei die
Parteizugehörigkeit den anderen objektiven Eigenschaften
bar. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 BWG kann jeder Bewerber
nur in einem Wahlkreis und hier nur in einem Kreiswahlvor-

gleichzustellen, die ein Bewerber erfüllen müsse, um in das
Parlament einrücken zu können. Auch ein vom Einspruchs-

Drucksache 16/900 destag – 16. Wahlperiode
– 44 – Deutscher Bun

führer in Bezug genommenes Urteil von 1998 (BVerfGE 97,
317 ff.) zum Nachrücken bei vorhandenen Überhangmanda-
ten deutet keine Abkehr von der früheren Entscheidung an.
Vielmehr wird diese mehrfach zitiert, ohne Vorbehalte anzu-
bringen (vgl. S. 323 und 329). Im Übrigen ist auch der
Deutsche Bundestag bei der Mandatsprüfung von der Wirk-
samkeit der Vorschrift ausgegangen (vgl. Bundestagsdruck-
sachen 7/5185 und 14/6201).

Zahl der ungültigen Stimmen

Zutreffend weist der Einspruchsführer zwar auf einen
Anstieg ungültiger Stimmen hin. Nach dem vom Bundes-
wahlausschuss am 7. Oktober 2005 festgestellten amtlichen
Endergebnis betrug bei einer Wahlbeteiligung von 77,7 Pro-
zent (2002: 79,1 Prozent) der Anteil der ungültigen Erst-
stimmen 1,8 Prozent (2002: 1,5 Prozent) und der ungültigen
Zweitstimmen 1,6 Prozent (2002: 1,2 Prozent). Abgesehen
davon, dass die Abgabe einer ungültigen Stimme eine be-
wusste Entscheidung des Wählers sein kann, sind Wahlfeh-
ler nicht zu erkennen, die die beantragten Nachprüfungen
veranlassen könnten. Die Wahlprüfung findet weder von
Amts wegen statt noch erfolgt sie in Gestalt einer Durchprü-
fung der gesamten Wahl. Vielmehr erfolgt sie nur auf einen
zu begründenden Einspruch hin, der genügend substan-
tiierte Tatsachen enthalten muss (vgl. unter Bezugnahme auf
die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts BVerfGE
40, 11, 30 – z. B. zuletzt Beschlussempfehlungen des Wahl-
prüfungsausschusses in Bundestagsdrucksachen 15/2400,
S. 43 ff., 15/4250, S. 31). Es kann daher mangels konkreter
Hinweise auf etwaige Wahlfehler zuständiger Stellen nicht
Aufgabe der Wahlprüfung sein, u. a. durch Stichproben
etwaige Gründe für die Ungültigkeit von Stimmen auf-
zuspüren oder zu untersuchen, ob fälschlich Stimmen als
ungültig gewertet worden sind.

spruchsführer nicht möglich und zumutbar gewesen, in der
Wahlkabine entsprechende Sachaufklärung zu betreiben.

II.

Ein Verstoß gegen wahlrechtliche Vorschriften liegt auch
tragener Verein ist, stand ihrer Teilnahme an der Bundes-
tagswahl 2005 nicht entgegen.

Nach § 18 Abs. 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG) können

der Annahme des Einspruchsführers handelt es sich bei der
politischen Partei „CSU“ und dem eingetragenen Verein
„CSU“ nicht um unterschiedliche juristische Personen.
Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des
Wahlprüfungsgesetzes von einer mündlichen Verhandlung
abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Weder der Umstand, dass die CSU ein eingetragener
Verein ist, noch der Umstand, dass sie auch als solcher auf
den Stimmzetteln bezeichnet wurde, stellt einen Verstoß ge-
gen Vorschriften des Wahlrechts dar.

I.

Der Umstand, dass die CSU der Rechtsform nach ein einge-

nicht darin, dass die CSU auf dem Stimmzettel als „Christ-
lich-Soziale Union in Bayern e.V.“ bezeichnet wurde. Nach
§ 30 Abs. 2 BWG hat der Stimmzettel die Namen der vor-
schlagenden Parteien, und zwar – wie sich aus § 4 Abs. 1
Satz 2 PartG ergibt – den satzungsmäßigen Namen zu
enthalten (vgl. auch Schreiber, Wahlrecht, 7. Auflage, § 20
Rn. 21 i.V. m. § 30 Rn. 3). Eben dieser Name wurde im
Falle der CSU auf den Stimmzetteln verwendet. Denn nach
§ 2 Satz 1 ihrer Satzung führt die CSU den Namen „Christ-
lich-Soziale Union in Bayern e.V.“.

Die Bezeichnung als „e.V.“ führte auch keineswegs, wie der
Einspruchsführer behauptet, dazu, dass für den Wähler nicht
erkennbar war, „ob und inwieweit sich Parteiaussagen mit
Vereinszielen decken, welche Personen in den verschiede-
nen Gremien agieren und dominieren usw.“ Denn entgegen
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 45 – Drucksache 16/900

Anlage 17

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn J. L., 83115 Neubeuern
– Az.: WP 105/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 3. Oktober 2005, das beim Deutschen
Bundestag am 5. Oktober 2005 eingegangen ist, hat der Ein-
spruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum
16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005 eingelegt.

Die CSU, die der Rechtsform nach ein eingetragener Verein
ist und nach § 2 Satz 1 ihrer Satzung in der Fassung vom
20. November 2004 den Namen „Christlich-Soziale Union
in Bayern e.V.“ führt, habe zu Unrecht an der Wahl teilge-
nommen. Dies habe nur Parteien zugestanden, nicht einge-
tragenen Vereinen. Auf jeden Fall habe aber auf den Stimm-
zetteln, auf denen zu lesen war: „CSU Christlich-Soziale
Union in Bayern e.V.“, das „e.V.“ nicht erscheinen dürfen.
Dadurch sei für den Wähler nicht erkennbar gewesen, „ob
und inwieweit sich Parteiaussagen mit Vereinszielen de-
cken, welche Personen in den verschiedenen Gremien agie-
ren und dominieren usw., da es sich hierbei um unterschied-
liche juristische Personen handelt, die völlig unabhängig
voneinander in Erscheinung treten können.“ Es sei dem Ein-

unbeschadet der Tatsache, dass sie als eingetragener Verein
organisiert ist, eine Partei im Sinne dieser Vorschrift.

Parteien sind nach der auch für das Wahlrecht maßgeblichen
Definition des § 2 Abs. 1 Satz 1 des Parteiengesetzes (PartG)
Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit
für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politi-
sche Willensbildung Einfluss nehmen und an der Vertretung
des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mit-
wirken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächli-
chen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit
ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach
ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende
Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten. Eine
„Vereinigung von Bürgern“ kann auch mit Hilfe der Rechts-
form des eingetragenen Vereins organisiert werden (vgl.
Schreiber, Wahlrecht, 7. Auflage, § 18 Rn. 4). Die CSU ist
solch eine als eingetragener Verein organisierte Vereinigung
von Bürgern, die offenkundig auch die anderen in § 2 Abs. 1
Satz 1 PartGgenanntenMerkmaledesParteienbegriffs erfüllt.
Wahlvorschläge nur von Parteien und nach Maßgabe des
§ 20 von Wahlberechtigten eingereicht werden. Die CSU ist

Vielmehr ist der eingetragene Verein „CSU“ mit der politi-
schen Partei „CSU“ identisch.

schaftskonzept, das nicht einmal geprüft worden sei. gestellt, dass die Entscheidungen des Bundespräsidenten,
den 15. Deutschen Bundestag aufzulösen und den Termin
Zu den Einzelheiten des Vortrags aus den Zuschriften wird
auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

der Neuwahl festzusetzen, mit dem Grundgesetz vereinbar
waren (2 BvE 4/05, 2 BvE 7/05).
Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 19. September 2005 sowie mit einem
weiteren Schreiben vom 2. Oktober 2005, mit dem er die
Wahlanfechtung aus „grundsätzlichen Gründen“ begründet,
hat der Einspruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl zum
16. Deutschen Bundestag Einspruch eingelegt.

Er trägt vor, dass die aus seiner Sicht „permanente Verlet-
zung des Amtseides und des Grundgesetzes“ zur Folge
habe, dass „gegen das eigene Volk regiert“ werde. Weiterhin
ist er der Auffassung, dass die Herbeiführung der Neuwahl
„augenscheinlich“ manipuliert worden sei.

In den genannten Schreiben sowie in anschließenden weite-
ren Zuschriften nimmt der Einspruchsführer zu verschiede-
nen politischen Themen Stellung und erörtert unter anderem
Fragen des Parteiensystems, der Realisierung der deutschen
Einheit, der Agenda 2010, des Hartz IV-Konzepts sowie des
Rüstungsexports. Dabei nimmt er u. a. Bezug auf sein Wirt-

Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage hat der Wahlprü-
fungsausschuss beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des
Wahlprüfungsgesetzes von einer mündlichen Verhandlung
abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Der Vortrag des Einspruchsführers lässt keinen Wahlfehler
erkennen, da er keine substantiierte Darlegung möglicher
Fehler bei der Vorbereitung und Durchführung der Bundes-
tagswahl umfasst. Die angesprochenen Themen können
nicht zum Gegenstand eines Wahlprüfungsverfahrens ge-
macht werden.

Auch die am 18. September 2005 durchgeführte Wahl
beruht nicht auf einer Manipulation. So hat das Bundes-
verfassungsgericht mit Urteil vom 25. August 2005 fest-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 47 – Drucksache 16/900

Anlage 18

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn L. K., 14772 Brandenburg/Havel
– Az.: WP 06/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des
Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen
Verhandlung abzusehen.

beachten, dass die im Wahlkampf getätigten Aussagen ihrer
Natur nach mit objektiven Maßstäben schwer zu würdi-
Frage ihrer Zulassung zur Bundestagswahl einen Fehler bei
der Anwendung der für die Wahl geltenden Vorschriften
und Rechtsgrundsätze nicht erkennen.

Anhaltspunktes. Die Wahlvorschlagsberechtigung der SPD
für die Bundestagswahl 2005 richtet sich nach § 18 Abs. 4
Nr. 1 des Bundeswahlgesetzes und wurde vom Bundeswahl-
Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbe-
gründet.

Es erscheint zwar als zweifelhaft, ob die Einspruchsbegrün-
dung dem Erfordernis einer hinreichenden Substantiierung
gemäß § 2 Abs. 3 WPrüfG genügt. Diese Frage kann im Er-
gebnis jedoch dahingestellt bleiben, weil der Einspruch je-
denfalls offensichtlich unbegründet ist.

Der Vortrag des Einspruchsführers lässt hinsichtlich der be-
haupteten Beeinflussung der Bundestagswahl und der gel-
tend gemachten Verfassungsfeindlichkeit der SPD sowie der

gende Wertungen und Einschätzungen enthalten. Der Wahl-
wettbewerb überlässt es als der parlamentarischen Demo-
kratie immanentes Prinzip den konkurrierenden Parteien
und Bewerbern, das Meinungsbild durch alternative Wahl-
kampfaussagen zu modifizieren. Nach dem Vorstehenden ist
eine Verletzung der Grundsätze der Wahlfreiheit und Wahl-
gleichheit nicht ersichtlich. Über die Frage einer etwaigen
Verfassungswidrigkeit der SPD war nicht zu entschei-
den, weil diese Entscheidung gemäß Artikel 21 Abs. 2 des
Grundgesetzes dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten
ist.

Unabhängig davon, dass bis zu einer solchen Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichts niemand die Verfassungs-
widrigkeit einer Partei rechtlich geltend machen kann, ent-
behrt die Einspruchsbegründung diesbezüglich jeglichen
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49 – Drucksache 16/900

Anlage 19

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn E. H., 48636 Iserlohn
– Az.: WP 113/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit Schreiben vom 15. Oktober
2005 sowie mit einem ergänzenden Schreiben vom 9. No-
vember 2005 Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum
16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005 eingelegt.

Er macht sinngemäß geltend, die Bundestagswahl 2005 sei
durch die unwahre Behauptung der SPD, die CDU wolle
den Sozialstaat abschaffen, unzulässig beeinflusst worden.
Darüber hinaus habe die SPD als antidemokratische, mar-
xistische Partei verboten werden müssen. Im Vorfeld der
Wahl habe er deshalb beim Bundeswahlleiter beantragt, der
SPD die Zulassung zur Bundestagswahl zu verweigern.

Hinsichtlich des weiteren Vortrags, insbesondere zu allge-
meinen politischen Themen, die einen unmittelbaren Bezug
zur Bundestagswahl vermissen lassen, und zu einem als An-
lage beigefügten Schreiben an den Bundeswahlleiter, wird
auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-

– die Tatsache ihrer Äußerung unterstellt – nur dann eine
unzulässige Wahlbeeinflussung darstellen, wenn durch sie
die Grundsätze der Wahlfreiheit und Wahlgleichheit verletzt
worden wären (BVerfGE 40, 11/39). Dabei ist anerkannt,
dass diese Grundsätze nicht nur für den Wahlvorgang selbst
gelten, sondern auch schon für die Wahlvorbereitung und
die in diesem Zusammenhang erfolgende Wahlwerbung
(BVerfGE 44, 125/146).

Der Deutsche Bundestag und der Wahlprüfungsausschuss
unterziehen im Wahlkampf getätigte Aussagen jedoch
grundsätzlich keiner inhaltlichen Überprüfung. Es ist Sache
der Parteien und Kandidaten, mit welchen Aussagen sie im
Wahlwettbewerb auftreten. Wahlkampfaussagen sind in ei-
ner Demokratie wie der Bundesrepublik Deutschland als
Werbung für eine „gezielte“ Stimmabgabe unerlässlich. Sie
dienen in aller Regel der Willensbildung und Entschlie-
ßungsfreiheit der Wählerinnen und Wähler und sind nicht
gegen diese gerichtet (Schreiber, Kommentar zum Bundes-
wahlgesetz, 7. Auflage, § 1 Rn. 15). Darüber hinaus ist zu
Die vom Einspruchsführer behauptete Wahlkampfäußerung
der SPD, die CDU wolle den Sozialstaat abschaffen, könnte

ausschuss in seiner Sitzung vom 12. August 2005 rechtsfeh-
lerfrei festgestellt.

nenwahl teilnehmen zu können. Nach Hinzuziehung des
Gemeindewahlleiters und Erörterung der Sachlage wurde

44 (Celle-Uelzen) ausgestellt war. Sie legten den Wahl-
schein vor. Zweifel an der Gültigkeit der Wahlscheine oder
Entscheidungsgründe

dadurch verhindern, dass er bis spätestens 15 Uhr des Wahl-
tages die Ausstellung eines Wahlscheins beantragt (vgl.
auch § 56 Abs. 6 Satz 2 BWO). Dies war im Falle des Ein-
dem Einspruchsführer und seiner Ehefrau die Stimmabgabe
endgültig verweigert.

Der Einspruchsführer meint, die Verweigerung der Stimm-
abgabe sei zu Unrecht erfolgt. Dieser Einschätzung tritt der
Niedersächsische Landeswahlleiter, der zu dem Einspruch
schriftlich Stellung genommen hat, bei. Der Einspruchsfüh-
rer hat von der Möglichkeit, sich zu der Stellungnahme des
Landeswahlleiters zu äußern, Gebrauch gemacht. Im Hin-
blick auf die Einzelheiten des Vortrags des Einspruchsfüh-
rers und des Landeswahlleiters wird auf den Inhalt der Ak-
ten Bezug genommen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des
Wahlprüfungsgesetzes von einer mündlichen Verhandlung
abzusehen.

den rechtmäßigen Besitz der Wahlscheininhaber bestanden
nicht. Es gab auch keinen Zurückweisungsgrund nach § 56
Abs. 6 BWO. Gemäß § 56 Abs. 6 Nr. 2 BWO bewirkt die
Eintragung eines Wahlscheinvermerks im Wählerverzeich-
nis – anders als der Wahlvorstand meinte – nur dann eine
„Sperrung“ von der Urnenwahl, wenn der Wähler keinen
Wahlschein vorlegt. Der Einspruchsführer und seine Ehe-
frau legten jedoch einen Wahlschein vor.

Der Einspruchsführer und seine Ehefrau waren auch nicht
gehalten, bis spätestens 15 Uhr im Wahllokal zu erscheinen.
Eine 15-Uhr-Frist ist lediglich dann zu beachten, wenn der
Wahlberechtigte weder im Wählerverzeichnis eingetragen
ist noch einen Wahlschein besitzt. Dann kann er gemäß § 27
Abs. 4 Satz 2 BWO seine endgültige Zurückweisung von
der Wahl nach § 56 Abs. 6 Nr. 1 BWO unter Umständen
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 51 – Drucksache 16/900

Anlage 20

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn C. L., 29308 Winsen/Aller
– Az.: WP 125/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2005, das am 31. Oktober
2005 beim Deutschen Bundestag eingegangen ist, hat der
Einspruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 16. Deutschen Bundestag eingelegt. Gegenstand des
Einspruchs ist die Zurückweisung des Einspruchsführers
und seiner Ehefrau von der Stimmabgabe in einem Wahl-
lokal des Wahlkreises 44 (Celle-Uelzen).

Der Einspruchsführer und seine Ehefrau hatten zum Zwecke
der Briefwahl Wahlscheine beantragt, die ihnen auch zuge-
sandt wurden. Am 18. September 2005 gegen 17.50 Uhr
suchten beide das in ihrer Wahlbenachrichtigung genannte
Wahllokal auf, um doch unter Vorlage des Wahlscheins an
der Urnenwahl teilzunehmen. Der Wahlvorstand teilte ihnen
daraufhin mit, dass eine Stimmabgabe im Wahllokal nicht
mehr möglich sei. Durch die Zusendung des Wahlscheins
und der Briefwahlunterlagen sei eine „Sperrung“ im Wäh-
lerverzeichnis eingetreten. Der Einspruchsführer und seine
Ehefrau hätten bis 15 Uhr erscheinen müssen, um an der Ur-

ner Ehefrau von der Stimmabgabe im Wahllokal stellt zwar
einen Wahlfehler dar. Dieser Wahlfehler hat sich aber nicht
auf die Sitzverteilung im Deutschen Bundestag ausgewirkt.

Gemäß § 14 Abs. 3 des Bundeswahlgesetzes (BWG) kann
derjenige, der einen Wahlschein hat, an der Wahl des Wahl-
kreises, in dem der Wahlschein ausgestellt ist, entweder
durch Briefwahl oder durch Stimmabgabe in einem beliebi-
gen Wahlbezirk dieses Wahlkreises teilnehmen. Entscheidet
er sich für die Stimmabgabe im Wahllokal, muss er nach
§ 59 Satz 1 der Bundeswahlordnung (BWO) seinen Wahl-
schein vorlegen. Eine Zurückweisung des Wahlscheininha-
bers von der Stimmabgabe ist dann möglich, wenn gemäß
§ 59 Satz 3 BWO Zweifel über die Gültigkeit des Wahl-
scheines oder über den rechtmäßigen Besitz entstehen oder
einer der in § 56 Abs. 6 und 7 BWO geregelten Zurückwei-
sungsgründe vorliegt.

Hiernach hätten der Einspruchsführer und seine Ehefrau zur
Stimmabgabe zugelassen werden müssen. Sie befanden sich
jeweils im Besitz eines Wahlscheins, der für den Wahlkreis
Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbe-
gründet. Die Zurückweisung des Einspruchsführers und sei-

spruchsführers und seiner Frau aber nicht erforderlich, weil
sie bereits gültige Wahlscheine besaßen.

Drucksache 16/900 destag – 16. Wahlperiode
– 52 – Deutscher Bun

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungs-
gerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der Deut-
sche Bundestag stets angeschlossen haben, kann eine Wahl-
anfechtung jedoch nur dann Erfolg haben, wenn sie auf
Wahlfehler gestützt wird, die auf die Sitzverteilung von Ein-
fluss sind oder sein können (vgl. nur BVerfGE 89, 243
[254]; Bundestagsdrucksache 15/1150, Anlage 37). Dies ist
hier nicht der Fall. Eine Stimmabgabe des Einspruchs-
führers und seiner Ehefrau hätte das Ergebnis der Bundes-
tagswahl 2005 nur so geringfügig verändert, dass ein Ein-
fluss auf die Sitzverteilung ausgeschlossen werden kann.

Um vergleichbaren Vorkommnissen bei künftigen Wahlen
entgegenzuwirken, erwartet der Wahlprüfungsausschuss,
dass die zuständigen Wahlorgane in geeigneter Weise auf
die hier einschlägigen Regelungen hingewiesen werden.

Namen gewählt habe. Dies sei nur möglich gewesen, weil
die Wahlhelfer keinen Identitätsnachweis verlangt hätten.

Schließlich beanstandet der Einspruchsführer, dass es aus
der Partei Die Linke. mindestens sieben Abgeordnete gebe,
zettel-Kuverts gesammelt und unter Nennung der Namen
der Wahlberechtigten im Wahllokal abgegeben worden sein.
Nach vermeintlich plausiblen Erklärungen hätten die Wahl-

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Soweit der Einspruchsführer sich auf fehlende Identitäts-
Soweit aus dem Büro des Bundeswahlleiters der fortdau-
ernde Verzicht in der Bundeswahlordnung auf eine notwen-
dige Ausweiskontrolle damit begründet worden sei, auch
einen Wähler ohne Ausweis noch kurz vor Schließung
des Wahllokals wählen lassen zu können, wendet der Ein-
spruchsführer ein, dass jeder Bürger bußgeldbewehrt einen
amtlichen Ausweis mit sich führen müsse. Obwohl die in
Freiburg i. Br. verwendete Wahlbenachrichtigung dazu auf-
gefordert habe, einen Personalausweis oder Reisepass bereit
zu halten, habe es keine strikte Überprüfung der Identität
gegeben.

Im großen Stil sollen für Wahlberechtigte ohne deren Wis-
sen Briefwahlunterlagen angefordert und die Stimmzettel
ausgefüllt worden sein. Mitunter sollen diese falschen Wäh-
lerstimmen auch erst am Wahltag in verschlossenen Stimm-

die als Informelle Mitarbeiter (IM) für den Staatssicher-
heitsdienst der ehemaligen DDR Mitbürger systematisch
bespitzelt hätten. Es sei mit einem Rechtsstaat nicht verein-
bar, dass es die frühere Regierung in sieben Jahren nicht ge-
schafft habe, alle Mitglieder des Bundestages auf eine Stasi-
Vergangenheit zu überprüfen und ggf. aus dem Deutschen
Bundestag auszuschließen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des
Wahlprüfungsgesetzes von der Anberaumung einer münd-
lichen Verhandlung abzusehen.

Entscheidungsgründe
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 53 – Drucksache 16/900

Anlage 21

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn Dr. Dr. N. J., 79100 Freiburg
– Az.: WP 55/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit einem Schreiben vom 25. September 2005 hat der Ein-
spruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl zum 15. Deut-
schen Bundestag Einspruch eingelegt und sich auf mehrere
Gründe gestützt.

Da die Wähler bei der Stimmabgabe nicht ihren Personal-
ausweis oder Reisepass vorzulegen hätten und auch ihre
Identität nicht überprüft werde, sei die Möglichkeit des
Wahlbetrugs und der Wahlfälschung auf einfachste Weise
gegeben. Bereits im Zusammenhang mit der Bundestags-
wahl 2002 sei auf diesen gesetzgeberischen Mangel bzw.
Missstand hingewiesen worden. Der Einspruchsführer will
hiervon auch über die Presse und persönliche Gespräche mit
Bekannten Kenntnis erhalten haben. Danach hätten Mit-
glieder der Parteien BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, PDS
und SPD besonders bei Wählern hohen Alters und Pflege-
bedürftigen in Altersheimen, aber auch nicht parteimäßig
organisierte Sympathisanten Wahlfälschungen begangen,
indem man sich Wahlunterlagen besorgt und unter falschem

Noch „dreisteren“ Wahlbetrug solle es besonders in den
neuen Bundesländern, insbesondere in den drei bei der Bun-
destagswahl 2002 zuletzt ausgezählten Wahlbezirken am
östlichen Rande Deutschlands, gegeben haben. Hier seien
anscheinend, insbesondere auch unter Mithilfe von ehema-
ligen Stasi-Angehörigen, noch nach Schließung der Wahl-
lokale die bekannt gewordenen Nichtwähler zu Briefwäh-
lern umdeklariert worden. Ohne deren Kenntnis seien deren
Stimmzettel unter aktiver Mitwirkung der Wahlhelfer miss-
bräuchlich in den regulären Umschlägen den Wahlurnen
beigemischt und ausgezählt worden.

Auch sei berichtet worden, dass zunehmend Wählerstim-
men bzw. Wahlbenachrichtigungen insbesondere von Dro-
gensüchtigen und „bekennenden Arbeitsverweigerern“ ver-
kauft bzw. von Sympathisanten der vorgenannten Parteien
angekauft und missbräuchlich verwendet worden seien.
Diese Wahlfälschungen seien nicht nur 2002, sondern auch
bei der Bundestagswahl 2005 in erheblichem Maße vorge-
kommen.
helfer dies akzeptiert; mitunter sei es bereits im Vorhinein
mit ihnen abgesprochen gewesen.

kontrollen in manchen Wahllokalen bezieht, liegt kein
Wahlfehler vor (ebenso bereits Beschlussempfehlungen des

des Einspruchsführers keine Pflicht des Bürgers, in der
Öffentlichkeit einen amtlichen Ausweis mit zu führen. § 1
des Personalausweisgesetzes verpflichtet nur dazu, einen
Personalausweis zu besitzen und ihn auf Verlangen einer zur
Prüfung der Personalien ermächtigten Behörde vorzulegen.

Substantiierte Hinweise, dass es in diesem Zusammenhang
zu Wahlfälschungen gekommen ist, hat der Einspruchsfüh-
rer nicht gegeben, sondern sich auf Gespräche oder nicht
näher bezeichnete Berichte bezogen. Soweit der Ein-
spruchsführer dabei auch die Bundestagswahl 2002 an-
spricht, kann diese wegen Ablaufs der 15. Wahlperiode
nicht mehr Gegenstand einer Wahlprüfung sein. Vor allem
aber fehlt es an substantiierten Hinweisen auf konkrete Vor-
gänge, die eine notwendige Voraussetzung sind, um im Rah-
men der Wahlprüfung in eine nähere Untersuchung eintre-
ten zu können. Die Wahlprüfung findet weder von Amts
wegen noch in Gestalt einer Durchprüfung der gesamten
Wahl statt. Vielmehr erfolgt sie nur auf zu begründenden
Einspruch hin, wobei der Einspruch mindestens den Tatbe-
stand, auf den die Anfechtung gestützt wird, erkennen las-

prüfung nicht nachgegangen werden.

Im Übrigen enthält § 44c des Abgeordnetengesetzes ein
spezielles Verfahren zur Überprüfung auf eine mögliche
Stasi-Verstrickung entweder auf Antrag eines Abgeordneten
oder auf Grund eines Beschlusses des zuständigen Aus-
schusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsord-
nung bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für den Ver-
dacht einer solchen Tätigkeit oder Verantwortung. Ebenso
wenig ist es rechtsstaatswidrig, dass die Bundestagsmehr-
heit in den beiden vorauf gegangenen Wahlperioden keine
Überprüfung aller Mitglieder des Bundestages auf eine
Stasi-Vergangenheit und ggf. einen Ausschluss aus dem
Deutschen Bundestag erreicht habe. Die bereits skizzierte
Ausgestaltung einer möglichen Überprüfung auf eine Stasi-
Verstrickung, die keinen Ausschluss aus dem Deutschen
Bundestag umfasst, ist das Ergebnis einer ausführlichen
Beratung in der 12. Wahlperiode auch unter Einbeziehung
der aus Artikel 38 des Grundgesetzes resultierenden Rechts-
stellung der Abgeordneten (vgl. z. B. Braun/Jantsch/Klante,
Abgeordnetengesetz, 2002, § 44b Rn. 7 ff.).
Drucksache 16/900 – 54 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wahlprüfungsausschusses zur Bundestagswahl 1998 und
2002 – vgl. nur Bundestagsdrucksachen 14/1560, S. 106,
15/2400, S. 46). Vielmehr entspricht dies dem geltenden
Recht.

Nach § 56 Abs. 3 der Bundeswahlordnung (BWO) gibt der
Wähler am Tisch des Wahlvorstands seine Wahlbenachrich-
tigung ab. Auf Verlangen, insbesondere wenn er seine Wahl-
benachrichtigung nicht vorlegt, hat er sich über seine Person
auszuweisen. Ist der Name des Wählers im Wählerverzeich-
nis aufgeführt und die Wahlberechtigung festgestellt und be-
steht außerdem kein Anlass zur Zurückweisung des Wäh-
lers, gibt der Wahlvorsteher die Wahlurne frei (§ 56 Abs. 4
Satz 1 BWO). In der Regel ist somit die Vorlage der Wahl-
benachrichtigung zur Feststellung der Identität des Wahl-
berechtigten ausreichend. Es liegt im Ermessen des Wahl-
vorstands, sich einen Ausweis oder ein sonstiges amtliches
Dokument vorlegen zu lassen. Dies geschieht regelmäßig
dann, wenn die Wahlbenachrichtigungskarte nicht vorgelegt
werden kann. Im Übrigen existiert entgegen der Annahme

sen und genügend substantiierte Tatsachen enthalten muss
(vgl. Bundesverfassungsgericht, BVerfGE 40, 11, 30).

Ebenso wenig wird die notwendige Substantiierungspflicht
durch nur abstrakt beschriebene angebliche Missbräuche bei
der Briefwahl erfüllt. Das Gleiche gilt für die behaupteten
Wahlfälschungen in drei Wahlkreisen in den neuen Bundes-
ländern sowie den behaupteten Kauf oder Verkauf von
Wählerstimmen. Soweit es dabei um angebliche Vorgänge
bei der Bundestagswahl 2002 geht, kann diesen ohnehin
– wie bereits erwähnt – nicht mehr nachgegangen werden
(vgl. im Übrigen zum Vorwurf des Stimmenkaufs bzw. der
Weitergabe von Briefwahlunterlagen im Zusammenhang
mit der Bundestagswahl 2002 nur Beschlussempfehlung –
Bundestagsdrucksache 15/2400, S. 13).

Eine mögliche Tätigkeit einzelner Abgeordneter für den
Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR kann keinen
Fehler bei der Vorbereitung oder Durchführung der Bundes-
tagswahl darstellen. Ihr kann daher im Rahmen der Wahl-

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des
Wahlprüfungsgesetzes von der Anberaumung einer münd-

Wahlberechtigten ausreichend. Es liegt im Ermessen des
Wahlvorstands, sich einen Ausweis oder ein sonstiges amt-
lichen Verhandlung abzusehen.
liches Dokument vorlegen zu lassen. Dies geschieht regel-
mäßig dann, wenn die Wahlbenachrichtigungskarte nicht
vorgelegt werden kann. Es bestehen keine Zweifel daran,
dass diese Regelung mit dem Bundeswahlgesetz und mit
dem Grundgesetz vereinbar ist.

Die sonstigen Anregungen und Erwägungen im Einspruchs-
schreiben können mangels Bezugs zur Vorbereitung und
Durchführung einer Bundestagswahl nicht Gegenstand
eines Wahlprüfungsverfahrens sein.
des Herrn E. H., 99427 Weimar
– Az.: WP 148/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit einem an den Bundespräsidenten gerichteten Schreiben
vom 23. Oktober 2005 hat der Einspruchsführer gegen die
Gültigkeit der Wahl zum 15. Deutschen Bundestag Ein-
spruch eingelegt.

Als Begründung wurde angeführt, dass bei der Stimm-
abgabe in einigen Wahlbezirken keine Ausweispapiere, son-
dern nur die Wahlbenachrichtigungen verlangt worden
seien. So sei eine Teilnahme an der Wahl durch eine andere
Person möglich gewesen.

Weiterhin enthält das Einspruchsschreiben eine Reihe von
Anregungen für staatliches Handeln und Politikgestaltung.
So sollten im Verkehrministerium Personen als Experten
tätig sein, die selbst auf die Nutzung öffentlicher Verkehrs-
mittel angewiesen seien. Junge Menschen sollten Deutsch-
land führen, damit es wirklich aufwärts gehe. Steuer-
erhebungen seien nicht förderlich und es müssten endlich
Arbeitsplätze geschaffen werden.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Soweit der Einspruchsführer sich auf fehlende Identitäts-
kontrollen in manchen Wahllokalen bezieht, liegt kein
Wahlfehler vor (ebenso bereits Beschlussempfehlungen des
Wahlprüfungsausschusses zur Bundestagswahl 1998 und
2002 – vgl. Bundestagsdrucksachen 14/1560, S. 106, 15/
2400, S. 46). Vielmehr entspricht dies dem geltenden Recht.
Nach § 56 Abs. 3 der Bundeswahlordnung (BWO) gibt der
Wähler am Tisch des Wahlvorstands seine Wahlbenachrich-
tigung ab. Auf Verlangen, insbesondere wenn er seine
Wahlbenachrichtigung nicht vorlegt, hat er sich über seine
Person auszuweisen. Ist der Name des Wählers im Wähler-
verzeichnis aufgeführt und die Wahlberechtigung festge-
stellt und besteht außerdem kein Anlass zur Zurückweisung
des Wählers, gibt der Wahlvorsteher die Wahlurne frei (§ 56
Abs. 4 Satz 1 BWO). In der Regel ist somit die Vorlage der
Wahlbenachrichtigung zur Feststellung der Identität des
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 55 – Drucksache 16/900

Anlage 22

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

1998 um Prüfung gebeten, ob § 50 Abs. 2 BWO dahin ge-
hend geändert werden solle, dass Bleistifte nicht mehr als
drucksachen 14/1560, Anlagen 46, 50 und 52, 15/1150,
Anlage 31 und 32, 15/4250, Anlage 13). Dort wird bereits

den Stimmzettel nicht ungültig machen. Unabhängig hier-
von bleibt die Auslage und Verwendung von radierfähigen,
Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Die Verwendung von radierfähigen, nicht dokumentenech-
ten Bleistiften als Schreibgerät in der Wahlzelle begründet
keinen Wahlfehler.

Gemäß § 50 Abs. 2 der Bundeswahlordnung (BWO) soll in
der Wahlzelle ein Schreibstift bereitliegen. Als Schreibstift
im Sinne dieser Vorschrift ist auch ein nicht dokumenten-
echter, radierfähiger Bleistift anzusehen. Diese Rechtsauf-
fassung liegt auch mehreren Wahlprüfungsentscheidungen
zu den Bundestagswahlen 1998, 2002 und der Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bun-
desrepublik Deutschland 2004 zu Grunde (Bundestags-

Schreibstifte zugelassen werden. Der hierzu vom Bundes-
ministerium des Innern im August 2002 vorgelegte Bericht
ist in der 15. Wahlperiode vom Wahlprüfungsausschuss zu-
stimmend zur Kenntnis genommen worden. In dem Bericht
wird dargelegt, dass eine Regelung, welche die Art der
Schreibstifte gesetzlich vorschreibt, nach einer Länder-
Umfrage des Bundesministeriums des Innern mehrheitlich
abgelehnt wurde, weil diese bei der Verwendung anderer
Stifte zu einer ungültigen Stimmabgabe führte.

Das Bundesministerium des Innern hat in der Folge jedoch
eine Anregung des Bundeswahlleiters an die Innenressorts
der Länder weitergegeben, wonach den Gemeindebehörden
empfohlen werde solle, nicht radierfähige Schreibstifte in
den Wahlzellen auszulegen. Hierbei sollte gleichzeitig da-
rauf hingewiesen werden, dass Bleistiftkennzeichnungen
Anlage 23

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn G. U., 66539 Neunkirchen-Furpach
– Az.: WP 37/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit Schreiben vom 20. September
2005 Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum
16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005 eingelegt.

Er wendet sich gegen die Verwendung von Bleistiften bei
der Stimmabgabe. Zur Begründung führt er aus, dass in dem
von ihm aufgesuchten Wahllokal Bleistifte zum Ausfüllen
der Stimmzettel ausgelegt worden seien. Hierdurch sei der
Eindruck entstanden, dass die Stimmabgabe nur mit den
ausgelegten Bleistiften zu erfolgen habe. Nach seiner Auf-
fassung stelle die Verwendung nicht dokumentenechter
Schreibmittel jedoch wegen der Gefahr nachträglicher
Manipulationen einen eklatanten Fehler in der Wahl-
organisation dar, der das Vertrauen der Wähler in die
korrekte Durchführung der Wahl erschüttere.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des
Wahlprüfungsgesetzes von einer mündlichen Verhandlung
abzusehen.

zur Kennzeichnung des Stimmzettels verwendet werden
darf. Voraussetzung für die Stimmabgabe ist, dass mittels
eines Schreibstiftes deutlich kenntlich gemacht wird, wel-
chem Wahlvorschlag die Erst- und welchem die Zweit-
stimme gelten soll. Dem Wähler steht es grundsätzlich frei,
das bereitliegende Schreibmittel zu benutzen oder den
Stimmzettel mit einem eigenen, mitgebrachten Schreibgerät
zu kennzeichnen. Da sowohl die Wahlhandlung als auch die
Auszählung der Stimmen öffentlich erfolgen, erscheint die
Gefahr, dass die mit Bleistift gekennzeichneten Stimmzettel
manipuliert werden könnten, als nahezu ausgeschlossen.

Im Rahmen des Wahlprüfungsverfahrens ist darüber hinaus
nicht zu entscheiden, ob es etwa sinnvoll sein könnte, unter
dem Gesichtspunkt, das Vertrauen der Wählerinnen und
Wähler in die Korrektheit des Wahlvorgangs und der Stim-
menauszählung zu erhöhen, nicht dokumentenechte, radier-
fähige Bleistifte als Schreibgeräte für die Stimmabgabe zu
verbieten. Der Deutsche Bundestag hatte die Bundesregie-
rung jedoch anlässlich der Prüfung der Bundestagswahl
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57 – Drucksache 16/900
ausgeführt, dass jede Art von funktionsfähigem Schreibstift nicht dokumentenechten Bleistiften jedoch zulässig.

Der Einspruchsführer trägt nicht vor, dass die verwendeten
Stimmzettel diesen Anforderungen nicht entsprochen hät-
ten. Insofern bestehen keine Zweifel daran, dass die ver-

wendeten Stimmzettel den im Bundeswahlgesetz und der
Bundeswahlordnung normierten Gestaltungsvoraussetzun-
gen genügt haben. Der von Seiten des Einspruchsführers
geltend gemachte Verstoß gegen die guten Sitten entbehrt
jeglichen Anhaltspunktes.
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 26. September 2005 hat der Einspruchs-
führer Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum
16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005 eingelegt.

Zur Begründung trägt er sinngemäß vor, die Gestaltung der
Stimmzettel habe gegen die guten Sitten verstoßen, weil die
Wahlkreisbewerber und Landeslisten ohne besondere An-
rede wie z. B. Frau, Fräulein, Dame, Herr, Person oder
Firma aufgeführt worden seien.

Mit gleichen Gründen hatte der Einspruchsführer gegen die
Wahl zum 15. Deutschen Bundestag Einspruch eingelegt
(Bundestagsdrucksache 15/1850 – Anlage 40).

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des
Wahlprüfungsgesetzes von einer mündlichen Verhandlung
abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Eine Verletzung wahlrechtlicher Vorschriften ist aus dem
vorgetragenen Sachverhalt nicht ersichtlich.

Die bei der Bundestagswahl verwendeten Stimmzettel
müssen gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 1 des Bundeswahlgesetzes
i.V. m. § 45 Abs. 1 Nr. 1, 2 der Bundeswahlordnung u. a.
Angaben über Familiennamen, Vornamen, Beruf oder
Stand, die Anschrift des Hauptwohnsitzes der für die Wahl
zugelassenen Kreiswahlbewerber und den Parteinamen so-
wie – für die Wahl nach Landeslisten – die zugelassenen
Landeslisten unter Angabe des Namens der Partei, ggf. mit
Kurzbezeichnung, sowie die Familiennamen und Vornamen
der ersten fünf Bewerber enthalten. Die Verwendung einer
besonderen Höflichkeitsform ist nicht vorgesehen und er-
scheint auch nicht im Sinne einer besseren Identifizierung
als wünschenswert.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 59 – Drucksache 16/900

Anlage 24

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn W. M., 26340 Neuenburg
– Az.: WP 27/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag

1998 um Prüfung gebeten, ob § 50 Abs. 2 BWO dahin ge-
hend geändert werden solle, dass Bleistifte nicht mehr als
desrepublik Deutschland 2004 zu Grunde (Bundestags-
drucksachen 14/1560, Anlagen 46, 50 und 52, 15/1150,
Anlage 31 und 32, 15/4250, Anlage 13). Dort wird bereits

zettel nicht ungültig machen. Unabhängig hiervon bleibt die
Auslage und Verwendung von radierfähigen, nicht doku-
mentenechten Bleistiften jedoch zulässig.
Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Die Verwendung von radierfähigen, nicht dokumentenech-
ten Bleistiften als Schreibgerät in der Wahlzelle begründet
keinen Wahlfehler.

Gemäß § 50 Abs. 2 der Bundeswahlordnung (BWO) soll in
der Wahlzelle ein Schreibstift bereitliegen. Als Schreibstift
im Sinne dieser Vorschrift ist auch ein nicht dokumenten-
echter, radierfähiger Bleistift anzusehen. Diese Rechtsauf-
fassung liegt auch mehreren Wahlprüfungsentscheidungen
zu den Bundestagswahlen 1998, 2002 und der Wahl der
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bun-

Schreibstifte zugelassen werden. Der hierzu vom Bundes-
ministerium des Innern im August 2002 vorgelegte Bericht
ist in der 15. Wahlperiode vom Wahlprüfungsausschuss zu-
stimmend zur Kenntnis genommen worden. In dem Bericht
wird dargelegt, dass eine Regelung, welche die Art der
Schreibstifte gesetzlich vorschreibt, nach einer Länder-Um-
frage des Bundesministeriums des Innern mehrheitlich ab-
gelehnt wurde, weil diese bei der Verwendung anderer Stifte
zu einer ungültigen Stimmabgabe führte. Das Bundes-
ministerium des Innern hat in der Folge jedoch eine Anre-
gung des Bundeswahlleiters an die Innenressorts der Länder
weitergegeben, wonach den Gemeindebehörden empfohlen
werde solle, nicht radierfähige Schreibstifte in den Wahl-
zellen auszulegen. Hierbei sollte gleichzeitig darauf hinge-
wiesen werden, dass Bleistiftkennzeichnungen den Stimm-
Anlage 25

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn E. L., 30966 Hemmingen
– Az.: WP 70/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit Schreiben vom 1. Oktober
2005 Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum
16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005 eingelegt.

Er wendet sich gegen die Verwendung von Bleistiften und
anderen nicht dokumentenechten Stiften bei der Stimm-
abgabe. Er macht sinngemäß geltend, dass die Verwendung
uneinheitlicher, nicht dokumentenechter Schreibmittel
wegen der Gefahr nachträglicher Manipulationen zu so
massiven Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Wahldurch-
führung führe, dass die Durchführung von Neuwahlen
notwendig sei. Hinsichtlich des weiteren Vortrags, ins-
besondere zu allgemeinen politischen Themen, die einen
unmittelbaren Bezug zur Bundestagswahl vermissen lassen,
wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des
Wahlprüfungsgesetzes von einer mündlichen Verhandlung
abzusehen.

ausgeführt, dass jede Art von funktionsfähigem Schreibstift
zur Kennzeichnung des Stimmzettels verwendet werden
darf. Voraussetzung für die Stimmabgabe ist, dass mittels
eines Schreibstiftes deutlich kenntlich gemacht wird, wel-
chem Wahlvorschlag die Erst- und welchem die Zweit-
stimme gelten soll. Dem Wähler steht es grundsätzlich frei,
das bereitliegende Schreibmittel zu benutzen oder den
Stimmzettel mit einem eigenen, mitgebrachten Schreibgerät
zu kennzeichnen. Da sowohl die Wahlhandlung als auch die
Auszählung der Stimmen öffentlich erfolgen, erscheint die
Gefahr, dass die mit Bleistift gekennzeichneten Stimmzettel
manipuliert werden könnten, als nahezu ausgeschlossen.

Im Rahmen des Wahlprüfungsverfahrens ist darüber hinaus
nicht zu entscheiden, ob es etwa sinnvoll sein könnte, unter
dem Gesichtspunkt, das Vertrauen der Wählerinnen und
Wähler in die Korrektheit des Wahlvorgangs und der Stim-
menauszählung zu erhöhen, nicht dokumentenechte, radier-
fähige Bleistifte als Schreibgeräte für die Stimmabgabe zu
verbieten. Der Deutsche Bundestag hatte die Bundesregie-
rung jedoch anlässlich der Prüfung der Bundestagswahl
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 61 – Drucksache 16/900

sei, neben der mittleren Wahlzelle auch die äußeren Wahl-
zellen dadurch aufzusuchen, dass man an der offenen Seite

eine wirklich freie Entscheidung ist nur garantiert, wenn
sich der Wähler darauf verlassen kann, dass Sanktionen ge-
Landeswahlleiters geäußert und seinen oben dargestellten
Vortrag bekräftigt. Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage
hat der Wahlprüfungsausschuss beschlossen, gemäß § 6

beobachtet fühlen können (Bundestagsdrucksache 15/4250,
Anlage 11, S. 29; Anlage 12, S. 34; Schreiber a. a. O.).

Die Einrichtung der Wahlzellen im Wahllokal des Wahl-
der anderen Wahlzellen vorbeiging. Beim Passieren der
Wahlzellen an ihrer offenen Seite sei es unproblematisch
möglich gewesen, die Stimmabgabe desjenigen zu beobach-
ten, der sich gerade in der Wahlzelle befand.

Der Landeswahlleiter des Landes Brandenburg, der zu dem
Einspruch eine Stellungnahme abgegeben hat, erklärt dage-
gen, die äußeren Wahlzellen haben nur direkt, von jeweils
einer Seite aufgesucht werden können. Ein Beobachten der
Stimmabgabe sei einer Person, die auf dem Weg zur mittle-
ren Wahlzelle eine der äußeren passiert habe, außerdem nur
dann möglich gewesen, wenn sie sich bewusst über die
Schulter des Wählers, der gerade seinen Stimmzettel aus-
füllt, gebeugt hätte.

Der Einspruchsführer hat sich zu der Stellungnahme des

gen ihn schon deshalb nicht möglich sind, weil niemand er-
fahren kann, wie er seine Stimme wirklich abgegeben hat
(Maunz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Artikel 38 Rn. 54).
Dieser Zusammenhang gebietet eine strenge Auslegung des
§ 33 Abs. 1 Satz 1 BWG, § 50 Abs. 1 Satz 1 BWO.

Zwar dürfen an den Sichtschutz keine unverhältnismäßigen
Anforderungen gestellt werden (Bundestagsdrucksache 15/
4250, Anlage 11, S. 29; Schreiber, Handbuch des Wahl-
rechts, 7. Auflage, 2002, § 33 Rn. 3). Dass registriert wer-
den kann, wer sich in der Wahlzelle aufhält, stellt beispiels-
weise keinen Verstoß gegen das Wahlgeheimnis dar (Schrei-
ber a. a. O.). Gewährleistet sein muss aber auf jeden Fall,
dass unter normalen Umständen niemand beobachten kann,
ob und wie der Stimmzettel ausgefüllt wird. Der Wähler
muss sich aufgrund der konkreten örtlichen Verhältnisse un-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63 – Drucksache 16/900

Anlage 26

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn P. D., 15320 Neuhardenberg
– Az.: WP 75/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat am 7. Oktober 2005 Einspruch ge-
gen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
eingelegt. Gegenstand des Einspruchs ist die Anordnung der
Wahlzellen im Wahllokal des Wahlbezirks 002 des Wahl-
kreises 59 (Märkisch – Oderland – Barnim II).

In diesem Wahllokal wurden drei Wahlzellen eingerichtet.
Hierzu wurden drei Tische aneinander gestellt. Zwei Tische
standen nebeneinander. Der dritte Tisch stand im rechten
Winkel dazu. Auf jedem Tisch stand eine nach hinten offene
Sichtblende. Die Tische waren unmittelbar aneinanderge-
rückt. Die mittlere Wahlzelle konnte deshalb nur erreicht
werden, wenn man an der offenen Seite einer der beiden
äußeren Wahlzellen vorbeiging. Der Wahlvorstand konnte
alle Wahlzellen überblicken. Während des gesamten Wahl-
vorgangs beschwerte sich nicht ein einziger Wähler beim
Wahlvorstand über die Anordnung der Wahlzellen.

Der Einspruchsführer behauptet, dass es möglich gewesen

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Die Anordnung der Wahlzellen entsprach zwar nicht
den Vorgaben des § 33 Abs. 1 Satz 1 des Bundeswahlgeset-
zes (BWG), § 50 Abs. 1 Satz 1 der Bundeswahlordnung
(BWO) (I.). Es handelt sich indes nicht um einen Verstoß,
der auf die Sitzverteilung im Deutschen Bundestag von Ein-
fluss ist oder nach der allgemeinen Lebenserfahrung von
Einfluss sein könnte (II.).

I.

Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 BWG, § 50 Abs. 1 Satz 1 BWO
sind Vorkehrungen dafür zu treffen, insbesondere die Wahl-
zellen so einzurichten, dass der Wähler den Stimmzettel
unbeobachtet kennzeichnen und falten kann. Diese Vor-
schriften konkretisieren den in Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 des
Grundgesetzes verankerten Grundsatz der geheimen Wahl.
Dieser stellt seinerseits den „wichtigsten institutionellen
Schutz der Wahlfreiheit“ dar (BVerfGE 99, 1 [13]). Denn
Abs. 1a Nr. 3 des Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) von
einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

bezirks 002 des Wahlkreises 59 entsprach nicht diesen An-
forderungen. Ein Wähler kann sich bei der Stimmabgabe

Widerspruch zu § 33 Abs. 1 Satz 1 BWG, § 50 Abs. 1
Satz 1 BWO.

Eine den § 33 Abs. 1 Satz 1 BWG, § 50 Abs. 1 Satz 1 BWO
entsprechende Einrichtung der Wahlzellen wäre auch ohne
unverhältnismäßigen Aufwand möglich gewesen. Es hätten
einfach nur die drei Tische so auseinandergerückt werden
müssen, dass jede Wahlzelle direkt – ohne Passieren einer
anderen Wahlzelle von hinten – erreichbar gewesen wäre.

trächtigen ließen, dass andere Wähler ohne weiteres das
„Ob“ ihrer Stimmabgabe beobachten konnten. Das gilt
umso mehr, als sich während des gesamten Wahlvorgangs
kein einziger Wähler beim Wahlvorstand über die Anord-
nung der Wahlzellen beschwerte. Nicht einmal der Ein-
spruchsführer behauptet, durch die Beobachtungsmöglich-
keit in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt gewesen
zu sein.
Drucksache 16/900 – 64 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

nicht unbeobachtet fühlen, wenn hinter seinem Rücken an-
dere Wähler entlang gehen müssen, um die anderen Wahl-
zellen zu erreichen, und der einzige Sichtschutz insoweit
sein eigener Rücken ist (insoweit Abweichung von Bundes-
tagsdrucksache 15/2400, Anlage 10, S. 46).

Dabei kommt es nicht auf die zwischen Einspruchsführer
und Landeswahlleiter umstrittene Frage an, ob jemand, der
eine der Wahlzellen von hinten passierte, sich extra über den
sich in der Wahlzelle befindlichen Wähler beugen musste,
um erkennen zu können, wie dieser den Stimmzettel aus-
füllt. Denn anhand der Armbewegungen des in der Wahl-
zelle befindlichen Wählers (vgl. dazu Schreiber a. a. O. § 1
Rn. 24) konnte ein hinter diesem Vorbeigehender jedenfalls
ohne große Mühe erkennen, ob er Veränderungen auf dem
Stimmzettel vornimmt oder nicht. Auch das „Ob“ des Aus-
füllens des Stimmzettels, nicht nur das „Wie“ ist aber – wie
gesehen – vom Grundsatz der geheimen Wahl geschützt.

Ebenfalls unerheblich ist, ob – wie der Landeswahlleiter be-
hauptet – ein „Hinten-vorbei-Gehen“ nur zum Erreichen der
mittleren Wahlzelle möglich war oder – wie der Einspruchs-
führer behauptet – darüber hinaus auch zum Erreichen der
beiden äußeren. Schon dass bloß eine von mehreren Wahl-
zellen nur dadurch erreicht werden konnte, dass hinter einer
anderen Wahlzelle vorbeigegangen werden musste, steht im

II.

Es ist nicht feststellbar, ob der Wahlfehler auf die Sitzver-
teilung im Deutschen Bundestag von Einfluss gewesen ist.
Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist solch ein Ein-
fluss des Wahlfehlers aber fern liegend (vgl. zu diesem Er-
fordernis BVerfGE 89, 243 [254]).

Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass die Wähler im Wahl-
lokal des Wahlbezirks 002 des Wahlkreises 59 anders ge-
wählt hätten, wenn die Wahlzellen in einer den Vorgaben
des § 33 Abs. 1 Satz 1 BWG, § 50 Abs. 1 Satz 1 BWO ent-
sprechenden Art und Weise eingerichtet gewesen wären.
Eine solche Annahme wäre nur dann ernsthaft in Erwägung
zu ziehen, wenn es Anhaltspunkte dafür gäbe, dass die
durch die Einrichtung der Wahlzellen geschaffene Beobach-
tungsmöglichkeit – gegebenenfalls im Zusammenwirken
mit anderen Faktoren – die Entschließungsfreiheit von
Wählern tatsächlich beeinträchtigt hat. Solche Anhalts-
punkte gibt es nicht. Die Situation der betroffenen Wähler
war vielmehr vergleichbar mit der von Bankkunden, die
Geld von einem Geldautomaten abheben. Obwohl in dieser
Situation regelmäßig andere beobachten können, dass der
Bankkunde seine Geheimzahl eingibt, lässt sich dieser da-
von in seinem Entschluss, Geld abzuheben, nicht beirren.
Ebenso wenig ist anzunehmen, dass sich die Wähler des
Wahlbezirks 002 in ihrer Wahlentscheidung dadurch beein-

Das Wiederaufleben des Gesetzes gegen die Neubildung
von Parteien in Berlin begründet der Einspruchsführer sinn-

nicht im Einklang mit einer später erlassenen und zudem
höherrangigen Norm steht – dem Grundgesetz.
doch das Kontrollratsgesetz auch in Berlin weggefallen und
somit das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien wieder
aufgelebt.

Artikel 28 Abs. 1 Satz 2 GG fordern, in einer modernen par-
lamentarischen Demokratie nicht möglich (BVerfGE 91,
262 [267 f.]; 91, 276 [284 f.]). Das Grundgesetz erlaubt
gemäß wie folgt:

Das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien sei durch
das Kontrollratsgesetz Nr. 1 betreffend die Aufhebung von
NS-Recht vom 20. September 1945 (Amtsblatt des Kon-
trollrats in Deutschland S. 6) zunächst „verboten“ worden.
An die Stelle des Kontrollratsgesetzes sei später das Erste
Gesetz zur Aufhebung des Besatzungsrechts vom 30. Mai
1956 (BGBl. I S. 437) getreten. Dieses habe das Kontroll-
ratsgesetz aufgehoben und seinerseits die durch das Kon-
trollratsgesetz „verbotenen Gesetze … verboten“. In Berlin
habe das Erste Gesetz zur Aufhebung des Besatzungsrechts
jedoch nie gegolten. Folglich sei die Nichtgeltung des Ge-
setzes gegen die Neubildung von Parteien dort weiterhin
vom Kontrollratsgesetz Nr. 1 abhängig gewesen. Mit dem
Wegfall des „Besatzungsstatus“ am 3. Oktober 1990 sei je-

Das Gesetz über die Neubildung von Parteien verbot die
Existenz mehrerer politischer Parteien. Damit schrieb es –
zusammen mit dem Gesetz zur Sicherung der Einheit von
Partei und Staat vom 1. Dezember 1933 (RGBl. I S. 1016) –
die Ein-Parteien-Herrschaft der NSDAP gesetzesförmlich
fest (vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Artikel 21 Rn. 78 f.
[Stand: März 2001]). Demgegenüber ist nach Artikel 21
Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) die Gründung von
Parteien frei. Diese Gründungsfreiheit wird, wie Artikel 21
Abs. 1 Satz 1 GG bestätigt, auch und gerade im Hinblick
auf die Ausübung der Staatsgewalt durch das Volk in Wah-
len (Artikel 20 Abs. 2 Satz 2 GG) garantiert. Denn ohne die
Existenz mehrerer miteinander konkurrierender als „Wahl-
vorbereitungsorganisationen“ fungierender Parteien sind
freie Wahlen, wie sie Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG und
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 65 – Drucksache 16/900

Anlage 27

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn S. D., 72574 Bad Urach
– Az.: WP 115/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit einem per Telefax übermittelten Schreiben, das beim
Wahlprüfungsausschuss am 20. Oktober 2005 eingegangen
ist, hat der Einspruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit
der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag am 18. September
2005 eingelegt.

Der Einspruchsführer ist der Ansicht, mit dem Wegfall der
Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte in Bezug
auf Berlin und Deutschland als Ganzes am 3. Oktober 1990
(vgl. New Yorker Deutschlanderklärung vom 1. Oktober
1990, BGBl. II S. 1331) sei das Gesetz gegen die Neubil-
dung von Parteien vom 14. Juli 1933 (RGBl. I S. 479) je-
denfalls in Berlin wieder aufgelebt. § 1 dieses Gesetzes, der
besagt: „In Deutschland besteht als einzige politische Partei
die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei“, habe
somit in Berlin einer Beteiligung anderer Parteien an der
Bundestagswahl entgegengestanden. Folglich seien „alle
Wahllisten mit auch nur einem Berliner Abgeordneten für
Berlin illegal … und dadurch bundesweit ungültig“.

Wahlprüfungsgesetzes von einer mündlichen Verhandlung
abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Die Teilnahme mehrerer Parteien an der Bundestagswahl
stellt keinen Wahlfehler dar. Denn entgegen der Ansicht des
Einspruchsführers ist das Gesetz gegen die Neubildung von
Parteien vom 14. Juli 1933 nicht wieder aufgelebt – weder
in Berlin noch im sonstigen Wahlgebiet. Das gilt unabhän-
gig davon, ob die Argumentation des Einspruchsführers
überhaupt auf zutreffenden Annahmen über das Wieder-
aufleben aufgehobenen Rechts im Allgemeinen und das
Wiederaufleben von durch Besatzungsrecht aufgehobenen
Rechts im Besonderen beruht. Denn jedenfalls das Gesetz
über die Neubildung von Parteien aus dem Jahre 1933 kann
schon deshalb nicht wieder aufgelebt sein, weil sein Inhalt
Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des

und wünscht also die Existenz mehrerer politischer Parteien
sowie deren Beteiligung an Wahlen.

Das Wiederaufleben des Gesetzes gegen die Neubildung
von Parteien in Berlin begründet die Einspruchsführerin

nicht im Einklang mit einer später erlassenen und zudem
höherrangigen Norm steht – dem Grundgesetz.
doch das Kontrollratsgesetz auch in Berlin weggefallen und
somit das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien wieder
aufgelebt.

Artikel 28 Abs. 1 Satz 2 GG fordern, in einer modernen par-
lamentarischen Demokratie nicht möglich (BVerfGE 91,
262 [267 f.]; 91, 276 [284 f.]). Das Grundgesetz erlaubt
sinngemäß wie folgt:

Das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien sei durch
das Kontrollratsgesetz Nr. 1 betreffend die Aufhebung von
NS-Recht vom 20. September 1945 (Amtsblatt des Kon-
trollrats in Deutschland S. 6) zunächst „verboten“ worden.
An die Stelle des Kontrollratsgesetzes sei später das Erste
Gesetz zur Aufhebung des Besatzungsrechts vom 30. Mai
1956 (BGBl. I S. 437) getreten. Dieses habe das Kontroll-
ratsgesetz aufgehoben und seinerseits die durch das Kon-
trollratsgesetz „verbotenen Gesetze … verboten“. In Berlin
habe das Erste Gesetz zur Aufhebung des Besatzungsrechts
jedoch nie gegolten. Folglich sei die Nichtgeltung des Ge-
setzes gegen die Neubildung von Parteien dort weiterhin
vom Kontrollratsgesetz Nr. 1 abhängig gewesen. Mit dem
Wegfall des „Besatzungsstatus“ am 3. Oktober 1990 sei je-

Das Gesetz über die Neubildung von Parteien verbot die
Existenz mehrerer politischer Parteien. Damit schrieb es –
zusammen mit dem Gesetz zur Sicherung der Einheit von
Partei und Staat vom 1. Dezember 1933 (RGBl. I S. 1016) –
die Ein-Parteien-Herrschaft der NSDAP gesetzesförmlich
fest (vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Artikel 21 Rn. 78 f.
[Stand: März 2001]). Demgegenüber ist nach Artikel 21
Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) die Gründung von
Parteien frei. Diese Gründungsfreiheit wird, wie Artikel 21
Abs. 1 Satz 1 GG bestätigt, auch und gerade im Hinblick
auf die Ausübung der Staatsgewalt durch das Volk in Wah-
len (Artikel 20 Abs. 2 Satz 2 GG) garantiert. Denn ohne die
Existenz mehrerer miteinander konkurrierender als „Wahl-
vorbereitungsorganisationen“ fungierender Parteien sind
freie Wahlen, wie sie Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG und
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 67 – Drucksache 16/900

Anlage 28

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

der Frau A. F., 92260 Ammerthal
– Az.: WP 131/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2005, das beim Wahlprü-
fungsausschuss am 2. November 2005 eingegangen ist, hat
die Einspruchsführerin Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 16. Deutschen Bundestag am 18. September
2005 eingelegt.

Die Einspruchsführerin ist der Ansicht, mit dem Wegfall der
Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte in Bezug
auf Berlin und Deutschland als Ganzes am 3. Oktober 1990
(vgl. New Yorker Deutschlanderklärung vom 1. Oktober
1990, BGBl. II S. 1331) sei das Gesetz gegen die Neubil-
dung von Parteien vom 14. Juli 1933 (RGBl. I S. 479) je-
denfalls in Berlin wieder aufgelebt. § 1 dieses Gesetzes, der
besagt: „In Deutschland besteht als einzige politische Partei
die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei“, habe
somit in Berlin einer Beteiligung anderer Parteien an der
Bundestagswahl entgegengestanden. Folglich seien „alle
Wahllisten mit auch nur einem Berliner Abgeordneten für
Berlin illegal … und dadurch bundesweit ungültig“.

Wahlprüfungsgesetzes von einer mündlichen Verhandlung
abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Die Teilnahme mehrerer Parteien an der Bundestagswahl
stellt keinen Wahlfehler dar. Denn entgegen der Ansicht der
Einspruchsführerin ist das Gesetz gegen die Neubildung
von Parteien vom 14. Juli 1933 nicht wieder aufgelebt – we-
der in Berlin noch im sonstigen Wahlgebiet. Das gilt unab-
hängig davon, ob die Argumentation der Einspruchsführerin
überhaupt auf zutreffenden Annahmen über das Wieder-
aufleben aufgehobenen Rechts im Allgemeinen und das
Wiederaufleben von durch Besatzungsrecht aufgehobenen
Rechts im Besonderen beruht. Denn jedenfalls das Gesetz
über die Neubildung von Parteien aus dem Jahre 1933 kann
schon deshalb nicht wieder aufgelebt sein, weil sein Inhalt
Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des

und wünscht also die Existenz mehrerer politischer Parteien
sowie deren Beteiligung an Wahlen.

Das Wiederaufleben des Gesetzes gegen die Neubildung
von Parteien in Berlin begründet der Einspruchsführer sinn-

nicht im Einklang mit einer später erlassenen und zudem
höherrangigen Norm steht – dem Grundgesetz.
doch das Kontrollratsgesetz auch in Berlin weggefallen und
somit das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien wieder
aufgelebt.

Artikel 28 Abs. 1 Satz 2 GG fordern, in einer modernen par-
lamentarischen Demokratie nicht möglich (BVerfGE 91,
262 [267 f.]; 91, 276 [284 f.]). Das Grundgesetz erlaubt
gemäß wie folgt:

Das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien sei durch
das Kontrollratsgesetz Nr. 1 betreffend die Aufhebung von
NS-Recht vom 20. September 1945 (Amtsblatt des Kon-
trollrats in Deutschland S. 6) zunächst „verboten“ worden.
An die Stelle des Kontrollratsgesetzes sei später das Erste
Gesetz zur Aufhebung des Besatzungsrechts vom 30. Mai
1956 (BGBl. I S. 437) getreten. Dieses habe das Kontroll-
ratsgesetz aufgehoben und seinerseits die durch das Kon-
trollratsgesetz „verbotenen Gesetze … verboten“. In Berlin
habe das Erste Gesetz zur Aufhebung des Besatzungsrechts
jedoch nie gegolten. Folglich sei die Nichtgeltung des Ge-
setzes gegen die Neubildung von Parteien dort weiterhin
vom Kontrollratsgesetz Nr. 1 abhängig gewesen. Mit dem
Wegfall des „Besatzungsstatus“ am 3. Oktober 1990 sei je-

Das Gesetz über die Neubildung von Parteien verbot die
Existenz mehrerer politischer Parteien. Damit schrieb es –
zusammen mit dem Gesetz zur Sicherung der Einheit von
Partei und Staat vom 1. Dezember 1933 (RGBl. I S. 1016) –
die Ein-Parteien-Herrschaft der NSDAP gesetzesförmlich
fest (vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Artikel 21 Rn. 78 f.
[Stand: März 2001]). Demgegenüber ist nach Artikel 21
Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) die Gründung von
Parteien frei. Diese Gründungsfreiheit wird, wie Artikel 21
Abs. 1 Satz 1 GG bestätigt, auch und gerade im Hinblick
auf die Ausübung der Staatsgewalt durch das Volk in Wah-
len (Artikel 20 Abs. 2 Satz 2 GG) garantiert. Denn ohne die
Existenz mehrerer miteinander konkurrierender als „Wahl-
vorbereitungsorganisationen“ fungierender Parteien sind
freie Wahlen, wie sie Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG und
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 69 – Drucksache 16/900

Anlage 29

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn B.-J. F., 92260 Ammerthal
– Az.: WP 132/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2005, das beim Wahlprü-
fungsausschuss am 2. November 2005 eingegangen ist, hat
der Einspruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 16. Deutschen Bundestag am 18. September
2005 eingelegt.

Der Einspruchsführer ist der Ansicht, mit dem Wegfall der
Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte in Bezug
auf Berlin und Deutschland als Ganzes am 3. Oktober 1990
(vgl. New Yorker Deutschlanderklärung vom 1. Oktober
1990, BGBl. II S. 1331) sei das Gesetz gegen die Neubil-
dung von Parteien vom 14. Juli 1933 (RGBl. I S. 479) je-
denfalls in Berlin wieder aufgelebt. § 1 dieses Gesetzes, der
besagt: „In Deutschland besteht als einzige politische Partei
die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei“, habe
somit in Berlin einer Beteiligung anderer Parteien an der
Bundestagswahl entgegengestanden. Folglich seien „alle
Wahllisten mit auch nur einem Berliner Abgeordneten für
Berlin illegal … und dadurch bundesweit ungültig“.

Wahlprüfungsgesetzes von einer mündlichen Verhandlung
abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Die Teilnahme mehrerer Parteien an der Bundestagswahl
stellt keinen Wahlfehler dar. Denn entgegen der Ansicht des
Einspruchsführers ist das Gesetz gegen die Neubildung von
Parteien vom 14. Juli 1933 nicht wieder aufgelebt – weder
in Berlin noch im sonstigen Wahlgebiet. Das gilt unab-
hängig davon, ob die Argumentation des Einspruchsführers
überhaupt auf zutreffenden Annahmen über das Wieder-
aufleben aufgehobenen Rechts im Allgemeinen und das
Wiederaufleben von durch Besatzungsrecht aufgehobenen
Rechts im Besonderen beruht. Denn jedenfalls das Gesetz
über die Neubildung von Parteien aus dem Jahre 1933 kann
schon deshalb nicht wieder aufgelebt sein, weil sein Inhalt
Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des

und wünscht also die Existenz mehrerer politischer Parteien
sowie deren Beteiligung an Wahlen.

Stimme entweder gar nicht erst an der Wahl teilnähmen
oder „als kleineres Übel“ eine „Notlösung“ wählten.

erst am 22. November 2005 – und damit nach Ablauf der
zweimonatigen Einspruchsfrist – ein.
Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit Schreiben vom 15. November
2005, dessen Postwertzeichen am 18. November 2005 ge-
stempelt wurde und das beim Deutschen Bundestag am
22. November 2005 eingegangen ist, Einspruch gegen die
Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag am
18. September 2005 eingelegt.

Er wendet sich gegen die 5-Prozent-Sperrklausel, die er für
verfassungswidrig hält. Sinngemäß macht er unter Bezug-
nahme auf die Artikel 3 und 38 des Grundgesetzes geltend,
dass die Gleichheit des Erfolgswerts aller Stimmen durch
die Sperrklausel beeinträchtigt werde, da diejenigen Wähle-
rinnen und Wähler, die eine Partei gewählt hätten, die mit
ihrer Stimmenzahl unterhalb der Sperrklausel geblieben sei,
keinen Einfluss auf die Sitzverteilung des Parlaments aus-
üben könnten. Die Sperrklausel führe darüber hinaus unter
Verletzung des Grundsatzes der Freiheit der Wahl zu „ver-
zerrten Wahlergebnissen“, da Wählerinnen und Wähler zur
Vermeidung einer im Ergebnis nicht berücksichtigten

Wegen des weiteren Vortrags wird auf den Akteninhalt Be-
zug genommen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 1 des
Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen
Verhandlung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist wegen Verfristung unzulässig.

Gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 WPrüfG müssen Wahleinsprüche
binnen einer Frist von zwei Monaten nach dem Wahltag
beim Deutschen Bundestag eingehen. Bei der Wahl zum
16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005 lief diese
Frist am 18. November 2005 ab. Wie sich aus der Stem-
pelung des Postwertzeichens ergibt, wurde der Einspruch
erst am 18. November von der Deutschen Post zur Beför-
derung angenommen. Beim Deutschen Bundestag ging er
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 71 – Drucksache 16/900

Anlage 30

Beschlussempfehlung

Zu dem Wahleinspruch

des Herrn S. K., 85080 Gaimersheim
– Az.: WP 153/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird als unzulässig zurückgewiesen.

spruchsführerin in Druckbuchstaben.

Die Einspruchsführerin wurde mit Schreiben vom 29. Sep-

reits mehrfach entschieden, dass jedenfalls eine „einfache“
E- Mail, die – wie hier – nicht einmal eine eingescannte Un-
terschrift enthält, nicht den Anforderungen des § 2 Abs. 3
tember 2005 durch das Ausschusssekretariat unter Hinweis
auf den Ablauf der Einspruchsfrist am 18. November 2005
darauf aufmerksam gemacht, dass durch die fehlende Unter-
schrift das Schriftformerfordernis nicht gewahrt sei und da-
her die übermittelte E-Mail noch kein formgültiger Ein-
spruch sei. Mit Vorsitzendenschreiben vom 17. Oktober
2005 wurde die Einspruchsführerin aufgefordert, bis spätes-
tens 18. November 2005 eine eigenhändig unterschriebene

WPrüfG entspricht (vgl. Bundestagsdrucksache 15/1850,
Anlagen 41 und 55; 15/4250, Anlagen 10, 16 und 17). Es
sind keine Gründe dafür ersichtlich, von dieser inzwischen
gefestigten Auslegung, die sowohl mit Blick auf in anderen
Verfahrensordnungen geltende Grundsätze als auch unter
Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben entwi-
ckelt worden ist (vgl. insbesondere Bundestagsdrucksache
15/4250, Anlage 17), abzuweichen.
der Frau L. R.-T., 74219 Möckmühl
– Az.: WP 50/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird als unzulässig zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit einer an den Bundeswahlleiter gerichteten E-Mail vom
18. September 2005, die an den Deutschen Bundestag wei-
tergeleitet worden ist und beim Wahlprüfungsausschuss am
27. September 2005 eingegangen ist, hat die Einspruchs-
führerin Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum
16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005 eingelegt.
Mit einer weiteren E-Mail vom 29. September 2005 hat sie
dessen Begründung ergänzt.

Zur Begründung führt sie aus, dass sie, ihr Mann und ihre
beiden Söhne keine Briefwahlunterlagen erhalten hätten.
Dabei habe die Einspruchsführerin die Kuverts mit der An-
forderung der Briefwahlunterlagen persönlich am 12. Sep-
tember 2005 dem Briefträger mitgegeben. Da diese aber nie
angekommen seien, stelle sich für die Einspruchsführerin
die Frage, ob die Post systematisch solche Briefe ver-
schwinden lasse.

Der Text der E-Mails schließt mit dem Namen der Ein-

Einspruchsschrift einzureichen. Die Einspruchsführerin hat
sich danach nicht mehr gemeldet.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 2 des
Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen
Verhandlung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist unzulässig. Die E-Mails der Einspruchs-
führerin genügen nicht dem Schriftformerfordernis des § 2
Abs. 3 WPrüfG.

Es entspricht ständiger Praxis des Wahlprüfungsausschusses
und des Deutschen Bundestages, dass zur Schriftform des
§ 2 Abs. 3 WPrüfG grundsätzlich auch die eigenhändige
Unterschrift des Einspruchsführers oder seines Verfah-
rensbevollmächtigten gehört. Vor diesem Hintergrund ha-
ben Wahlprüfungsausschuss und Deutscher Bundestag be-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 73 – Drucksache 16/900

Anlage 31

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

Der Einspruchsführer wurde mit Schreiben vom 21. Sep-
tember 2005 durch das Ausschusssekretariat unter Hinweis
auf den Ablauf der Einspruchsfrist am 18. November 2005

reits mehrfach entschieden, dass jedenfalls eine „einfache“
E- Mail, die – wie hier – nicht einmal eine eingescannte Un-
terschrift enthält, nicht den Anforderungen des § 2 Abs. 3
darauf aufmerksam gemacht, dass durch die fehlende Unter-
schrift das Schriftformerfordernis nicht gewahrt sei und da-
her die übermittelte E-Mail noch kein formgültiger Ein-
spruch sei. Mit Vorsitzendenschreiben vom 17. Oktober
2005 wurde der Einspruchsführer aufgefordert, bis spätes-
tens 18. November 2005 eine eigenhändig unterschriebene
Einspruchsschrift einzureichen. Hierauf hat der Einspruchs-
führer zwar per E-Mail mitgeteilt, dass der „endgültige

WPrüfG entspricht (vgl. Bundestagsdrucksache 15/1850,
Anlagen 41 und 55; 15/4250, Anlagen 10, 16 und 17). Es
sind keine Gründe dafür ersichtlich, von dieser inzwischen
gefestigten Auslegung, die sowohl mit Blick auf in anderen
Verfahrensordnungen geltende Grundsätze als auch unter
Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben entwi-
ckelt worden ist (vgl. insbesondere Bundestagsdrucksache
15/4250, Anlage 17), abzuweichen.
des Herrn J. B., 23858 Reinfeld/Holstein
– Az.: WP 12/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 9. März 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird als unzulässig zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit einer an den Deutschen Bundestag gerichteten E-Mail
vom 18. September 2005, die beim Wahlprüfungsausschuss
am 20. September 2005 eingegangen ist, hat der Ein-
spruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum
16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005 eingelegt.

Zur Begründung führt er aus, dass die Bekanntgabe des vor-
läufigen Wahlergebnisses am Wahltag nicht zulässig gewe-
sen sei. Seiner Ansicht nach sei nach dem Bundeswahlge-
setz die Bekanntgabe von Prognosen, Hochrechnungen und
vorläufigen Ergebnissen nicht gestattet, solange noch nicht
alle Wahllokale geschlossen seien. Der Einspruchsführer
beantragt, „die Wahl sofort für ungültig zu erklären“.

Die Einspruchsschrift wurde vom Einspruchsführer nicht
unterschrieben. Sie enthält am Ende des Textes lediglich in
Druckbuchstaben dessen Vor- und Familiennamen sowie
die postalische Anschrift.

Wahleinspruch“ in den „nächsten Tagen“ zugehe. Danach
hat er sich jedoch nicht mehr gemeldet.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach-
und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 2 des
Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen
Verhandlung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist unzulässig. Die E-Mail des Einspruchs-
führers vom 18. September 2005 genügt nicht dem Schrift-
formerfordernis des § 2 Abs. 3 WPrüfG.

Es entspricht ständiger Praxis des Wahlprüfungsausschusses
und des Deutschen Bundestages, dass zur Schriftform des
§ 2 Abs. 3 WPrüfG grundsätzlich auch die eigenhändige
Unterschrift des Einspruchsführers oder seines Verfah-
rensbevollmächtigten gehört. Vor diesem Hintergrund ha-
ben Wahlprüfungsausschuss und Deutscher Bundestag be-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 75 – Drucksache 16/900

Anlage 32

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

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