BT-Drucksache 16/8913

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Dr. Diether Dehm, Monika Knoche, Hüseyin-Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/7375- Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes

Vom 23. April 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8913
16. Wahlperiode 23. 04. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Dr. Diether Dehm, Monika Knoche,
Hüseyin-Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/7375 –

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes

A. Problem

Nach dem gegenwärtig herrschenden Verfassungsverständnis sind Volksabstim-
mungen, außer zur Neugliederung des Bundesgebiets nach Artikel 29 des
Grundgesetzes (GG), ausgeschlossen, obwohl Artikel 20 Abs. 2 GG besagt, dass
das Volk seine Staatsgewalt nicht nur durch Wahlen und besondere Organe der
Gesetzgebung, sondern auch durch Abstimmungen ausübt.

Eine Ergänzung des Grundgesetzes zur Einführung von Volksinitiative, Volks-
begehren und Volksentscheid ist bisher noch nicht zustande gekommen. Dem
Deutschen Bundestag liegen drei entsprechende Anträge der Fraktionen FDP,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. vor. Die Fraktion der SPD hat
zusammen mit der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der 14. Wahlpe-
riode einen entsprechenden Antrag gestellt. Die Fraktion der FDP hat in der
15. Wahlperiode Gesetzesinitiativen zur Einführung eines Volksentscheids über
eine europäische Verfassung ergriffen. Die Ergänzung der parlamentarischen
Demokratie durch Elemente der direkten Demokratie ist also eine unter den im
Bundestag vertretenen Parteien verbreitete Option.

Gegenwärtig besteht dringender Handlungsbedarf, einen Volksentscheid über
den Vertrag zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Ver-
trags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft verfassungsrechtlich zu er-
möglichen. Der Reformvertrag beinhaltet grundlegende politische Entscheidun-
gen über Ziele, Institutionen, Politiken und Arbeitsweisen der Europäischen
Union. Solche grundlegenden Entscheidungen über die Europäische Union soll-
ten nicht von Bundestag und Bundesrat allein getroffen, sondern auch den Bür-
gerinnen und Bürgern zur direkten Mitentscheidung vorgelegt werden. Viele
Bürgerinnen und Bürger sowie Verbände und Bewegungen der Zivilgesellschaft

fordern ein solches Mitentscheidungsrecht. Nur so kann die demokratische Le-
gitimität der Europäischen Union gewährleistet werden.

Drucksache 16/8913 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

B. Lösung

Ergänzung des (Europa-)Artikels 23 GG durch die Einführung von Volksent-
scheiden über die vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union.

Ablehnung des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Annahme des Gesetzentwurfs.

D. Kosten

Die Kosten eines Volksentscheids sind mit den Kosten einer Bundestagswahl
vergleichbar.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8913

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Bundestagsdrucksache 16/7375 abzulehnen.

Berlin, den 23. April 2008

Der Innenausschuss

Sebastian Edathy
Vorsitzender

Ingo Wellenreuther
Berichterstatter

Michael Roth (Heringen)
Berichterstatter

Gisela Piltz
Berichterstatterin

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Wolfgang Wieland
Berichterstatter

Drucksache 16/8913 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Ingo Wellenreuther, Michael Roth (Heringen),
Gisela Piltz, Ulla Jelpke und Wolfgang Wieland

I. Zum Verfahren

Der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE. auf Druck-
sache 16/7375 wurde in der 133. Sitzung des Deutschen
Bundestages am 13. Dezember 2007 an den Innenausschuss
federführend sowie den Ausschuss für Wahlprüfung, Immu-
nität und Geschäftsordnung, den Rechtsausschuss und den
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
zur Mitberatung überwiesen.

Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Ge-
schäftsordnung hat in seiner 31. Sitzung am 10. April 2008
mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. empfohlen, den Gesetzentwurf auf Druck-
sache 16/7375 abzulehnen.

Der Rechtsausschuss hat in seiner 96. Sitzung am 23. April
2008 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung eines Mitglieds

Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf auf Bundestags-
drucksache 16/7375 in seiner 66. Sitzung am 23. April 2008
abschließend beraten und empfiehlt ihn mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. ab-
zulehnen.

II. Zur Begründung

Die Fraktion DIE LINKE. verweist auf die Begründung
ihres Antrags und erinnert daran, dass sie schon anlässlich
des Vertrags über eine Verfassung für Europa einen Volks-
entscheid für erforderlich gehalten habe. Der Vertrag von
Lissabon entspreche im Wesentlichen dem gescheiterten
Verfassungsvertrag und mache wegen seiner weitreichenden
Auswirkungen eine demokratische Legitimation durch
Volksentscheid besonders notwendig.

Die Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN lehnen den Antrag ab. Die Fraktion
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung
des Gesetzentwurfs empfohlen.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat in seiner 59. Sitzung am 23. April 2008 mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. empfohlen, den Gesetzentwurf abzuleh-
nen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betont dabei, dass sie für die
generelle Einführung der Möglichkeit einer Volksgesetzge-
bung auf Bundesebene sei. Solange dies aber nicht verwirk-
licht sei, lehne sie die Verankerung der Möglichkeit von
Volksentscheiden nur über die Frage der Neufassung oder
Änderung der vertraglichen Grundlagen der Europäischen
Union ab. Es gehe der Fraktion DIE LINKE. letztlich nur um
die Möglichkeit, auf diesem Weg die Ratifizierung des Ver-
trags von Lissabon zu verhindern.

Berlin, den 23. April 2008

Ingo Wellenreuther
Berichterstatter

Michael Roth (Heringen)
Berichterstatter

Gisela Piltz
Berichterstatterin

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Wolfgang Wieland
Berichterstatter

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