BT-Drucksache 16/8588

Die Hanns-Seidel-Stiftung und der Wahlkampf in El Salvador

Vom 14. März 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8588
16. Wahlperiode 14. 03. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Heike Hänsel, Wolfgang Gehrcke, Sevim Dag˘delen, Dr. Diether
Dehm, Kornelia Möller und der Fraktion DIE LINKE.

Die Hanns-Seidel-Stiftung und der Wahlkampf in El Salvador

2009 werden in El Salvador ein neuer Präsident/eine neue Präsidentin und ein
neues Parlament gewählt. Nach allen derzeitigen Umfragen liegt die Linkspar-
tei FMLN (Frente Farabundo Martí para la Liberación Nacional) mit ihrem
Spitzenkandidaten Mauricio Funes in Führung. Zweitstärkste Kraft wäre dem-
nach die rechtsgerichtete Partei ARENA (Alianza Republicana Nacionalista de
El Salvador) des amtierenden Präsidenten.

Eine jüngst an die Öffentlichkeit gelangte Studie, die der venezolanische Poli-
tikberater Alfredo Keller für das ARENA-nahe „Zentrum für politische Studien
José Antonio Rodríguez Porth“ erstellt hat, empfiehlt der ARENA, in ihrem
Wahlkampf auf die persönliche Verunglimpfung des erfolgreichen linken Kan-
didaten zu setzen, um ihren Rückstand aufzuholen. So solle dieser, obwohl ein
unabhängiger Kandidat mit einer sozialdemokratischen Agenda, als „Mario-
nette kommunistischer Hardliner“ dargestellt werden, der aus El Salvador ein
zweites Kuba machen wolle. Berichten aus dem Wahlkampf zufolge hat die
ARENA entsprechend dieser Empfehlung begonnen, eine Schmutzkampagne
gegen Funes zu entfalten (taz, 12. Februar 2008).

An die deutsche Hanns-Seidel-Stiftung wurde der Vorwurf gerichtet, die Erar-
beitung der genannten Studie unterstützt und damit aktiv in den Wahlkampf in
El Salvador eingegriffen zu haben (DW, 15. Februar 2008). Die Stiftung selber
räumt ein, dem „Zentrum für politische Studien“ den Autor vermittelt zu haben,
bestreitet jedoch, die Entstehung der Studie finanziell unterstützt zu haben.
Andererseits benannte der Autor der Studie die Stiftung als Auftraggeberin
(taz, 12. Februar 2008).

Die Zusammenarbeit der Hanns-Seidel-Stiftung mit der ARENA wird von vie-
len Beobachtern auch deshalb kritisiert, weil sich die ARENA bis heute nicht
von ihrem Gründer Roberto D’Aubuisson distanziert hat, der Ende der 70er und
in den 80er Jahren maßgeblich die berüchtigten Todesschwadronen organisiert
und u. a. die Ermordung des Erzbischofs Oscar Romero 1980 zu verantworten
hatte (Report of the UN Truth Commission on El Salvador 1993).
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Hat die Bundesregierung Kenntnis von der o. g. Studie des „Zentrums für
politische Studien“?

Drucksache 16/8588 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
2. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass im Zusammenhang mit der
Entstehung der o. g. Studie des „Zentrums für politische Studien“ finanzielle
Mittel des BMZ zum Einsatz gekommen sind?

a) Falls ja, aufgrund welcher Informationen schließt die Bundesregierung
dies aus, und wie bewertet die Bundesregierung die Aussage des Autors
der Studie, die Hanns-Seidel-Stiftung sei seine Auftraggeberin?

b) Falls nein, was wird die Bundesregierung unternehmen, um sich in dieser
Angelegenheit Klarheit zu verschaffen?

3. Sähe die Bundesregierung gegebenenfalls in der finanziellen Unterstützung
für die o. g. Studie einen Verstoß gegen das Stiftungsgesetz, und falls ja,
welche Konsequenz müsste nach Meinung der Bundesregierung einem sol-
chen Verstoß folgen?

4. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass der Umstand, dass die
Hanns-Seidel-Stiftung, wie sie selber einräumt, dem „Zentrum für politische
Studien“ den Autor für die o. g. Studie zugeführt hat, eine Einmischung in
den Wahlkampf in El Salvador darstellt und nicht mit dem Stiftungszweck
zu vereinbaren ist (bitte mit Begründung)?

5. Inwiefern erachtet die Bundesregierung die Zusammenarbeit einer aus Mit-
teln des BMZ finanzierten deutschen Stiftung mit der ARENA als einer Par-
tei, die in der Tradition ultrarechter Todesschwadronen steht und bis heute
keine Anstrengungen unternommen hat, dieses Erbe kritisch aufzuarbeiten,
auch aus politischen Gründen als problematisch?

Berlin, den 14. März 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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