BT-Drucksache 16/8414

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -16/6519, 16/6967, 16/7053 Nr. 7, 16/8256- Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten

Vom 5. März 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8414
16. Wahlperiode 05. 03. 2008

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Sibylle Laurischk, Ina Lenke, Miriam Gruß, Dr. Karl Addicks,
Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika
Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van
Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth),
Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Dr. Werner Hoyer,
Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Heinz Lanfermann,
Harald Leibrecht, Michael Link (Heilbronn), Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt,
Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr,
Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Dr. Konrad Schily,
Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia
Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle
und der Fraktion der FDP

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 16/6519, 16/6967, 16/7053 Nr. 7, 16/8256 –

Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Der vorliegende Gesetzentwurf wurde notwendig, weil das Bundesministe-
rium der Finanzen (BMF) von einer Umsatzsteuerpflicht zu Lasten der Trä-
ger bzw. Einsatzstellen des FSJ/FÖJ ausgeht. Diese wurde erstmals im Jahr
2004 bei einzelnen Trägern durch die jeweils zuständigen Finanzbehörden
angenommen. Hierbei ging es um die Frage, ob die Einsatzstellen selbststän-
dige Rechte und Pflichten aus der Freiwilligendienstevereinbarung gegen-
über dem Freiwilligen übernehmen können. Die vom BMF ausgesprochene
Nichtbeanstandungsregelung zur Umsatzsteuerpflicht galt eigentlich nur,
sofern bis zum 1. Januar 2008 eine Regelung zur Vermeidung der Umsatz-

steuerpflicht im FSJ-Gesetz getroffen wurde. Der Gesetzentwurf der Bun-
desregierung wird aber erst zum 1. Juni 2008 in Kraft treten. Ob aus diesem
Fristversäumnis der Koalition Nachteile für Träger und Einsatzstellen er-
wachsen und für einen gewissen Zeitraum eine Umsatzsteuerpflicht konstru-
iert wird, ist nicht auszuschließen.

Drucksache 16/8414 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. Die Koalition aus CDU/CSU und SPD beruft sich in der Zielsetzung des
vorliegenden Gesetzentwurfs auf den fraktionsübergreifend erarbeiteten
Antrag „Zukunft der Freiwilligendienste – Ausbau der Jugendfreiwilligen-
dienste und der generationsübergreifenden Freiwilligendienste als zivil-
gesellschaftlicher Generationenvertrag für Deutschland“ (Bundestagsdruck-
sache 15/5175) mit der Behauptung, dieses Gesetz würde den gesamten
Antrag umsetzen. Dies ist unrichtig, da das Hauptanliegen des damaligen
Antrags der quantitative Ausbau der Jugendfreiwilligendienste war.

In dem überfraktionellen Antrag wurde die Bundesregierung vorrangig auf-
gefordert,

– einen Ausbau der klassischen Jugendfreiwilligendienste vorzunehmen
und das Fördervolumen an die aktuellen Bewerberzahlen des Freiwilli-
gen Sozialen Jahres (FSJ), des Freiwilligen Ökologischen Jahres (FÖJ)
und der Auslandsdienste unter Einbeziehung des Europäischen Freiwilli-
gendienstes (EFD) anzupassen. Entsprechend dem Trägerangebot sollen
deren Zahl auf 30 000 erhöht und die Dienste weiterentwickelt werden;

– sozialrechtliche und aufenthaltsrechtliche Bestimmungen für Freiwilli-
gendienste in Europa und im außereuropäischen Ausland zu harmonisie-
ren.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wird diesen Forderungen nicht ge-
recht, da

– mit dem vorgelegten Gesetz die Anzahl der Plätze bei den Jugendfreiwil-
ligendiensten (FSJ/FÖJ) nicht erhöht wird;

– durch die Reduzierung des Gesetzes auf Regelungen im Bereich FSJ und
FÖJ die sozial- und sozialversicherungsrechtlichen Ungereimtheiten bei
den Jugendfreiwilligendiensten sogar noch verschärft werden. Beispiels-
weise regelt das Gesetz zwar den Kindergeldanspruch für den Teilneh-
merkreis des „weltwärts“-Programms, nicht aber die sozialversicherungs-
rechtlichen Fragestellungen. Eine solche Vereinheitlichung sah der
überfraktionelle Antrag (Bundestagsdrucksache 15/5175) allerdings vor.
Seitens der Koalition wird es als unnötig erachtet, dass für die Teilnehmer
von „weltwärts“ Rentenversicherungsbeiträge abgeführt werden. Ein
Novum, da die Teilnahme bis zu 2 Jahren dauern kann und dies eine
Schlechterstellung gegenüber anderen Freiwilligendiensten bedeutet. Es
ist bemerkenswert, dass das Renteneintrittsalter gerade um 2 Jahre mit
der Begründung angehoben wurde, dass die bisherige Einzahlungsdauer
in die Rentenversicherung nicht mehr ausreicht und nun die Bundesregie-
rung ihrer eigenen Analyse widerspricht.

3. Die Zusammenlegung der FSJ- und FÖJ-Gesetze ist im Grundsatz richtig,
bleibt aber Stückwerk, da alle anderen Jugendfreiwilligendienste nicht mit in
die Gesetzesvorlage einbezogen werden. Es ist skandalös, dass das Pro-
gramm „weltwärts“ mit 70 Mio. Euro Staatssubventionen somit weiterhin
keine Gesetzesgrundlage hat. Dies wäre einfach zu lösen, hätte die Koalition
das „weltwärts“-Programm und alle anderen Jugendfreiwilligendienste in
einem gemeinsamen Rahmengesetz zusammengefasst. Der Zeitrahmen zur
Erstellung eines solchen Gesetzes war vollkommen ausreichend.

4. Obwohl das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
(BMFSFJ) im ersten Halbjahr 2006 angekündigt hat, dass die Sonderzuwen-
dungen für FSJ/FÖJ-Plätze gemäß § 14c des Zivildienstgesetzes (ZDG) ge-
strichen werden und die eingesparten Finanzmittel der Förderung aller FSJ/
FÖJ-Plätze dienen sollen, ist dies nicht erfolgt. Der § 14c ZDG sieht neben
der Anerkennung des FSJ/FÖJ als Zivildienstersatz für anerkannte Zivil-

dienstleistende, eine außergewöhnlich gute Finanzierung dieser Personen-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8414

gruppe aus dem Bundeshaushalt vor. Im Gegensatz zu einem „normalen“
FSJ-ler bringen diese jungen Männer sozusagen ihre eigene Finanzierung
mit. Dies führt dazu, dass junge Männer gezielt von Trägern und Einsatzstel-
len angesprochen werden, ob sie nicht statt des Wehrdienstes ein freiwilliges
soziales Jahr ableisten wollen. Die hohe Finanzierung des FSJ-Platzes wird
aber nur für anerkannte Kriegsdienstverweigerer gewährt, also ist der junge
Mann gezwungen zu verweigern, um die begehrte Stelle und deren Finan-
zierung zu bekommen. Hierdurch wird die Gewissensentscheidung zur
Wehrdienstverweigerung ad absurdum geführt. Gleichzeitig wird jungen
Frauen verdeutlicht, dass sie diese Stelle nicht bekommen werden, da
Frauen nur die herkömmliche Förderung eines FSJ/FÖJ-Platzes erhalten und
die Träger dann auf die höhere Förderung nach § 14c ZDG verzichten müs-
sen. Die bestehende Regelung führt also auch zu einer erheblichen Schief-
lage zwischen den Geschlechtern bei begehrten FSJ/FÖJ-Plätzen. Über den
§ 14c Abs. 4 ZDG werden jährlich ca. 4 600 FSJ/FÖJ-Plätze für Männer mit
ca. 22 Mio. Euro finanziert. Die restlichen ca. 19 000 FSJ-Plätze für Männer
und Frauen werden ebenfalls mit ca. 20 Mio. Euro jährlich gefördert.

II. Der Bundestag wolle beschließen:

1. Trägern und Einsatzstellen des Freiwilligenjahres dürfen keine Nachteile aus
dem Fristversäumnis der Koalition bei der Umsetzung des vorliegenden Ge-
setzentwurfs bei der Nichtheranziehung zur Umsatzsteuer entstehen.

2. Der überfraktionell beschlossene Ausbau der Jugendfreiwilligendienste
(FSJ/FÖJ) ist umgehend umzusetzen (Bundestagsdrucksache 15/5175).

3. Ein gemeinsames Rahmengesetz für alle Jugendfreiwilligendienste ist vor-
zulegen. Dieses Gesetz muss sowohl die gesetzlich geregelten als auch die
„ungeregelten“ Freiwilligendienste umfassen, wie z. B. „weltwärts“ oder
den „Anderen Dienst im Ausland“.

4. Die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften aller Jugendfreiwilligen-
dienste sind zu vereinheitlichen. Dies gilt insbesondere für die Einführung
eines Rentenversicherungsanspruchs für „weltwärts“-Teilnehmer auf dem
Niveau der Teilnehmer im FSJ/FÖJ.

5. Die Sonderförderung von FSJ und FÖJ nach § 14c ZDG ist zu beenden und
die eingesparten Finanzmittel sind zur besseren finanziellen Ausstattung aller
bestehenden FSJ/FÖJ-Plätze zu verwenden.

Berlin, den 4. März 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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