BT-Drucksache 16/8136

zu dem Antrag der Abgeordneten Peter Bleser, Julia Klöckner, Uda Carmen Freia Heller, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Gustav Herzog, Volker Blumentritt, Dr. Gerhard Botz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD -16/6958- Schutz vor Pflanzenschutzmittelrückständen in Lebensmitteln verstärken

Vom 18. Februar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8136
16. Wahlperiode 18. 02. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
(10. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Peter Bleser, Julia Klöckner, Uda Carmen Freia
Heller, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Gustav Herzog, Volker Blumentritt, Dr. Gerhard Botz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 16/6958 –

Schutz vor Pflanzenschutzmittelrückständen in Lebensmitteln verstärken

A. Problem

Bei Lebensmitteln pflanzlichen Ursprungs, insbesondere bei Obst und Gemüse,
ist zu konstatieren, dass regelmäßig Pflanzenschutzmittelrückstände oberhalb
ihrer Grenzwerte festgestellt werden. Ferner ist in Europa ein kontinuierlicher
Anstieg von Mehrfachrückständen in Lebensmitteln zu verzeichnen, deren
Gesundheitsrelevanz nach wie vor nicht bewertbar ist. Um den festgestellten
Defiziten effektiv entgegenzuwirken, bedarf es einer umfassenden Strategie,
wie insbesondere der Verbesserung des Kontrollsystems und der Harmonisie-
rung bestehender Regelungen für in Deutschland erhältliche Nahrungsmittel auf
europäischer Ebene. Ziel muss sein, eine Versorgung mit gesunden Lebensmit-
teln und das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die Sicherheit
ihrer Lebensmittel weiterhin sicherzustellen.

B. Lösung

Annahme des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU,
SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktionen FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/6958.

D. Kosten

Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/8136 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/6958 anzunehmen.

Berlin, den 13. Februar 2008

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Ulrike Höfken
Vorsitzende

Julia Klöckner
Berichterstatterin

Gustav Herzog
Berichterstatter

Dr. Christel Happach-Kasan
Berichterstatterin

Karin Binder
Berichterstatterin

Cornelia Behm
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8136

Bericht der Abgeordneten Julia Klöckner, Gustav Herzog,
Dr. Christel Happach-Kasan, Karin Binder und Cornelia Behm

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
16/6958 in seiner 133. Sitzung am 13. Dezember 2007 bera-
ten und an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz zur federführenden Beratung und an
den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, den Aus-
schuss für Gesundheit sowie an den Ausschuss für die Ange-
legenheiten der Europäischen Union zur Mitberatung über-
wiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

In Deutschland erzeugte landwirtschaftliche Produkte wei-
sen einen hohen Sicherheits- und Qualitätsstandard auf.

Dennoch ist bei Lebensmitteln pflanzlichen Ursprungs,
insbesondere bei Obst und Gemüse, zu konstatieren, dass
regelmäßig Pflanzenschutzmittelrückstände oberhalb ihrer
Grenzwerte festgestellt werden. Ferner ist in Europa ein kon-
tinuierlicher Anstieg von Mehrfachrückständen in Lebens-
mitteln zu verzeichnen, deren Gesundheitsrelevanz nach wie
vor nicht bewertbar ist. Zudem ist festzustellen, dass immer
wieder Rückstände von in Deutschland und sogar EU-weit
nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln gefunden werden.

Ziel muss sein, eine Versorgung mit gesunden Lebensmitteln
und das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in
die Sicherheit der Lebensmittel weiterhin sicherzustellen.
Dies soll erreicht werden insbesondere durch eine Verstär-
kung von Kontrollen, eine Schwachstellenanalyse des beste-
henden Kontrollsystems, eine europäische Harmonisierung
bestehender Regelungen für in Deutschland erhältliche Nah-
rungsmittel und durch eine effektivere Ahndung von Ver-
stößen gegen das Pflanzenschutzrecht und insbesondere ge-
gen das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch.

Die Bundesregierung soll daher im Wesentlichen aufge-
fordert werden, zusammen mit den Ländern die Anstrengun-
gen zur Aufdeckung, Verfolgung und Rückführung von nicht
akzeptablen Belastungen der Lebensmittel mit Pflanzen-
schutzmittelrückständen zu verstärken und dabei im Wesent-
lichen folgende Punkte voranzubringen:

– die selbst gesetzten Ziele im Reduktionsprogramm che-
mischer Pflanzenschutz mit Nachdruck anzugehen und
mit Blick sowohl auf einheimische Agrarprodukte als
auch auf Importe aus anderen Mitgliedstaaten der Euro-
päischen Gemeinschaft und Drittstaaten umzusetzen;

– die Standardisierung der Kriterien der amtlichen Lebens-
mittelkontrolle fortzuentwickeln und innergemeinschaft-
lich weiter zu harmonisieren, die Erarbeitung gerichtsfes-
ter Daten zu vereinfachen und der Lebensmittelkontrolle
mehr Handhabe zu geben, Verstöße zu ahnden;

– durch bessere Koordinierung, Stärkung und zunehmende
Standardisierung der Kontrollen an den EU-Außengren-
zen die Lebensmittelkontrolle auf EU-Ebene zu verbes-
sern;

– eine zentrale Stelle beim Bundesamt für Verbraucher-
schutz und Lebensmittelsicherheit einzurichten zur Er-
fassung und wissenschaftlichen Bewertung von Daten
aus den Bundesländern, den Bundesämtern und aus EU-
und Drittländern;

– einen Entwurf zur Änderung des Pflanzenschutzgesetzes
vorzulegen, der eine verbindliche Meldepflicht für die
Bundesländer über Art und Dauer erteilter Genehmigun-
gen nach den §§ 18a und 18b des Pflanzenschutzgesetzes
festschreibt;

– sich dafür einzusetzen, dass eine wissenschaftliche Be-
wertung möglicher Risiken durch eine Belastung durch
Mehrfachrückstände vorangetrieben wird;

– die Forschung und Entwicklung, Vermarktung und den
Einsatz nichtchemischer Pflanzenschutzverfahren inten-
siv zu fördern.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat die
Vorlage auf Drucksache 16/6958 in seiner 55. Sitzung am
13. Februar 2008 beraten und empfiehlt die Annahme des
Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD
und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktionen FDP
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Der Ausschuss für Gesundheit hat die Vorlage auf Druck-
sache 16/6958 in seiner 76. Sitzung am 13. Februar 2008
beraten und empfiehlt die Annahme des Antrags mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD bei
Stimmenthaltung der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat die Vorlage auf Drucksache 16/6958 in seiner
50. Sitzung am 13. Februar 2008 beraten und empfiehlt die
Annahme des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktionen FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

IV. Beratungsverlauf im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 16/6958 in
seiner 69. Sitzung am 13. Februar 2008 beraten.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, das Hauptproblem im
Zusammenhang mit Lebensmittelrückständen bestehe nicht
bei in Deutschland produzierten Pflanzen, sondern bei im-
portierten Nahrungsmitteln. Daher sei eine zeitnahe Harmo-
nisierung der Regelungen auf europäischer Ebene unbedingt
anzustreben. Ferner gelte es, ein Verfahren zu entwickeln,
um diese Nahrungsmittelimporte vom deutschen Markt fern-
zuhalten. Ermutigend sei jedoch in diesem Zusammenhang,
dass Handelsorganisationen und Lebensmittelketten anfin-
gen, mit den betreffenden Herstellern entsprechende Pro-

Drucksache 16/8136 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
duktionssysteme aufzubauen, um einen Einsatz von in
Deutschland verbotenen Pflanzenschutzmitteln von vornher-
ein zu verhindern.

Die Fraktion der SPD hob hervor, zum Teil habe sich der
vorliegende und seit geraumer Zeit in Bearbeitung befind-
liche Antrag schon durch eigenes Handeln erledigt. So kön-
ne etwa davon ausgegangen werden, dass die Rückmeldun-
gen der Genehmigungen nach § 18b des Pflanzenschutz-
gesetzes sowie deren Erfassung in einer Datenbank bereits
am kommenden Freitag im Bundesrat beschlossen würden.
Auch mache man entsprechend Druck hinsichtlich der Ver-
folgung der Ziele des Reduktionsprogrammes und der Har-
monisierungsbestrebungen auf europäischer Ebene. Weiter
gehe man davon aus, dass auf EU-Ebene die Altwirkstoff-
prüfung und die Harmonisierung der Rückstandshöchst-
werte dieses Jahr zum Abschluss gebracht werden könnten.
Anzustreben sei weiterhin der Erhalt des in Europa vor-
bildlichen hohen Schutzniveaus von Nahrungsmitteln in
Deutschland. Dieses leiste insbesondere einen Beitrag zu
einem positiven Image und zu Marketingvorteilen gegen-
über anderen Ländern. Insgesamt sei man in dieser Angele-
genheit auf einem guten Weg.

Die Fraktion der FDP befand, die im vorliegenden Antrag
formulierten Forderungen seien im Wesentlichen unter-
stützungswürdig. Allerdings sei man mit der Botschaft des
Antrags, die Lebensmittelunsicherheit suggeriere, nicht ein-
verstanden. Angesichts der nachweislichen sehr hohen Le-
bensmittelsicherheit in Deutschland sei die Notwendigkeit,
Menschen bei deutschen Lebensmitteln zu schützen, insge-
samt nicht gegeben. Mit Blick auf die auf europäischer Ebe-
ne geführte Diskussion hinsichtlich der Verminderung von
Wirkstoffen sei auch zu bedenken, dass dies nicht unbedingt
eine Verbesserung des Pflanzenschutzes in Deutschland be-
deute, sondern auch gegenteilige Auswirkungen entfalten
könne. Es gehe darum, die Lebensmittelsicherheit in
Deutschland hochzuhalten und dabei sei man auf einem gu-
ten Weg. Deswegen dürfe man die Menschen nicht durch
Aussendung falscher Botschaften verunsichern. Trotz sinn-
voller Forderungen werde man sich daher bei diesem Antrag
der Stimme enthalten.

Die Fraktion DIE LINKE. erläuterte, eines der Hauptprob-
leme liege in den weltweit ca. 1 350 existierenden Wirkstof-
fen, von denen maximal die Hälfte in Deutschland mit Hilfe

qualifizierter Labors analysiert werden könne. Hier sehe
man insbesondere bei den kleineren, für die Lebensmittel-
kontrolle zuständigen Bundesländern Kapazitätsprobleme,
entsprechende Prüfungen durchführen zu können. Ange-
sichts dieser hohen Zahl an Wirkstoffen reiche eine Prüfung
von nur in der EU zugelassenen Wirkstoffen nicht aus. Er-
forderlich sei vielmehr eine handhabbare Prüfung auch auf
europäischer Ebene von Importen auf hochtoxische Stoffe
hin, insbesondere von hochbelastetem Obst und Gemüse.
Der Schutz des Grundwassers in Deutschland sowie die För-
derung des ökologischen Landbaus und des Rückgangs der
Verwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln im kon-
ventionellen Landbau seien weiterhin notwendig. Insgesamt
halte man die im Antrag aufgeführten Schritte zwar für rich-
tig, weshalb man diesem zustimmen wolle. Weitere Schritte
seien jedoch erforderlich.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN forderte mit
Blick auf die finanzielle Situation der Rückstandslabore, dass
die in Rede stehenden Lebensmittelkontrollen sich zu einer
kostengünstigen Routineuntersuchung entwickeln müssten.
Ferner sei eine zeitnahe Entwicklung von Analysemethoden
für bestimmte Pflanzenschutzmittel aus bestimmten Ländern
außerhalb der EU notwendig. Unterstützenswert im vorlie-
genden Antrag sei die Forderung nach Entwicklung von
Methoden zur Bewertung von Risiken durch Mehrfachrück-
stände, die Förderung der Forschungs- und Entwicklungsvor-
haben zu nichtchemischen Pflanzenschutzverfahren sowie
das Ziel, Pflanzenschutzmittelrückstände auf unter 1 Prozent
zu vermindern. Die weitergehenden Forderungen ihrer Frak-
tion seien jedoch, Rückstandshöchstmengen mit Blick auf
Messungenauigkeiten in den Laboratorien so festzulegen,
dass maximal zwei Drittel der akuten Referenzdosis und des
ADI erreichbar seien sowie ein grundsätzliches Verbot der
Ausbringung von Pestiziden aus der Luft. Schließlich solle
sich die Bundesregierung im Rahmen des Reduktionspro-
grammes auf quantitative Reduktionsziele und einen defi-
nierten Zeitrahmen mit den Akteuren verständigen. Weil der
Antrag diese Forderungen vermissen lasse, wolle man sich
der Stimme enthalten.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktionen FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den An-
trag auf Drucksache 16/6958 anzunehmen.

Berlin, den 13. Februar 2008

Julia Klöckner
Berichterstatterin

Gustav Herzog
Berichterstatter

Dr. Christel Happach-Kasan
Berichterstatterin

Karin Binder
Berichterstatterin

Cornelia Behm
Berichterstatterin

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.