BT-Drucksache 16/8127

Folgen der erhöhten Beimischung für ethanoluntaugliche Pkw

Vom 13. Februar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8127
16. Wahlperiode 13. 02. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Patrick Döring, Michael Kauch, Horst Friedrich (Bayreuth),
Jan Mücke, Joachim Günther (Plauen), Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Uwe
Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Mechthild
Dyckmans, Ulrike Flach, Otto Fricke, Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael
Goldmann, Miriam Gruß, Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke
Hoff, Hellmut Königshaus, Gudrun Kopp, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk,
Harald Leibrecht, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Burkhardt Müller-Sönksen,
Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela
Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Dr. Konrad Schily, Dr. Hermann Otto Solms,
Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia
Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido
Westerwelle und der Fraktion der FDP

Folgen der erhöhten Beimischung für ethanoluntaugliche Pkws

Die Bundesregierung beabsichtigt offenbar, im Rahmen der Zehnten Verord-
nung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung
über die Beschaffenheit und die Auszeichnung der Qualitäten von Kraftstoffen –
10. BImSchV) vorzuschreiben, dass Ottokraftstoff (Normalbenzin) in Zukunft
im geschäftlichen Verkehr nur veräußert werden darf, wenn seine Eigenschaften
mindestens den Anforderungen des Entwurfs der DIN 51626-1, Ausgabe Januar
2008, und des Entwurfs der DIN 51626-2, Ausgabe Januar 2008, entsprechen.
Dies würde nach jetzigem Stand bedeuten, dass Normalbenzin nur noch mit
einer zehnprozentigen Ethanolbeimischung (E10-Kraftstoff) veräußert werden
dürfte. Als einziger Treibstoff mit der bisherigen Ethanolbeimischung von fünf
Prozent (E5) bliebe nach dem Entwurf nur der Kraftstoff SuperPlus erhalten.

Nach Recherchen des ZDF-Magazins „Frontal 21“ (29. Januar 2008) könnte
allerdings ein weit größerer Anteil deutscher Fahrzeuge nicht für die dauerhafte
Nutzung von E10-Kraftstoffen geeignet sein, als von der Bundesregierung bis-
her angenommen. Diese geht ausweislich der Begründung des Verordnungs-
entwurfes davon aus, dass etwa 375 000 Fahrzeuge in Deutschland für den Be-
trieb mit E10-Kraftstoffen ungeeignet sein dürften. Laut Frontal-21-Recherchen
sind nach Angaben der Hersteller jedoch zum Beispiel alle vor dem Juni 1997
zugelassenen Fahrzeuge der Marke Mercedes-Benz sowie alle vor 1998 zu-
gelassenen Fahrzeuge der Marke BMW nicht für den Einsatz von E10-Biosprit
geeignet. Bei VW und Ford sind demnach sogar alle vor 2006 gebauten Fahr-
zeuge nicht für Treibstoffe mit erhöhter Beimischung geeignet. Der ADAC
erwartet bei diesen Pkws Schäden durch Ethanol-Korrosion in Folge des Einsat-
zes von E10-Kraftstoffen. Als Alternative können die Fahrzeugeigner in Zu-
kunft nur noch auf SuperPlus-Kraftstoffe mit einem geringeren Beimischungs-

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anteil (E5) ausweichen. Dadurch würden allerdings Mehrkosten von bis zu
13 Cent je Liter Treibstoff entstehen.

Der Verband der Automobilindustrie hat dieser Darstellung in einer Presse-
mitteilung am 29. Januar 2008 umgehend widersprochen. Demnach wären nicht
bis zu zehn Millionen Pkws sondern maximal 1,6 Prozent des Fahrzeugbestan-
des in Deutschland betroffen. Für einen Großteil dieser Fahrzeuge habe der Her-
steller außerdem bereits von Anfang an den Betrieb mit SuperPlus vorge-
schrieben, so dass für den Halter keine Mehrkosten durch die Einführung der
E10-Treibstoffe entstünden.

Dieser offensichtliche Widerspruch zwischen den Angaben der Hersteller und
des Verbandes lässt daran zweifeln, ob die Folgen der erhöhten Ethanol-Bei-
mischung bisher richtig ein- und abgeschätzt werden konnten. Denn sollten sich
die Ergebnisse der ZDF-Recherchen als richtig herausstellen, „dann wäre es ein
Problem“ (Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Sigmar Gabriel). Von daher stellt sich die Frage, ob und welche Maßnahmen die
Bundesregierung getroffen hat bzw. treffen wird, um ein solches Problem aus-
zuschließen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie begründet die Bundesregierung ihre Absicht, die 10. BImschV für die
Umsetzung der Biokraftstoff-Beimischungsquote zu ändern, obwohl die
Beimischung nicht dem Immissionsschutz, sondern klima- und energiepoli-
tischen Zielsetzungen dient?

2. Wie begründet die Bundesregierung ihre Absicht, durch Änderung der
10. BImschV die Beimischungsquote nicht nur bezogen auf den Gesamt-
kraftstoffverbrauch, sondern auch noch einzeln für jeden Kraftstoff fest-
zulegen?

3. Was spricht gegen die Alternative, die Umsetzung der Beimischungsver-
pflichtung in einzelne Produkte den Herstellern zu überlassen, wenn diese
ansonsten die Bestimmungen der bisherigen 10. BImschV einhalten?

4. Welche Fahrzeuge (Marke, Modell, Baujahr) sind nach Kenntnis der Bun-
desregierung voraussichtlich nicht für E10-Treibstoffe geeignet?

5. Auf den Angaben welcher Verbände oder wissenschaftlichen Studien be-
ruhte die Annahme der Bundesregierung, dass 375 000 Kraftfahrzeuge in
Deutschland für E10-Treibstoffe ungeeignet seien?

6. Hat die Bundesregierung hierzu eigene Studien erstellt oder in Auftrag ge-
geben?

7. Wenn ja, welche?

8. Wenn nein, warum nicht?

9. Sind auch nach Deutschland importierte Fahrzeuge bereits in der Summe
von 375 000 E10-untauglichen Kfz enthalten?

10. Wie viele importierte Fahrzeuge sind nach Kenntnis der Bundesregierung
für den Einsatz mit E10-Kraftstoffen voraussichtlich nicht geeignet, und um
welche Fahrzeuge (Marke, Modell, Baujahr) handelt es sich?

11. Sofern die Bundesregierung nicht über Zahlen zu Importfahrzeugen verfügt,
wie bewertet Sie die Auswirkungen der Einführung von E10-Kraftstoffen
für solche Fahrzeuge sowie die davon betroffenen Unternehmen, und auf
welcher sachlichen und wissenschaftlichen Grundlage trifft die Bundes-
regierung diese Einschätzung?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8127

12. Aus welchen sachlichen Gründen hat die Bundesregierung sich dafür
ausgesprochen, einzig das teurere SuperPlus-Benzin in Zukunft noch als
E5-Treibstoff in Deutschland zuzulassen, und insbesondere welche öko-
logischen Gründe gaben gegenüber anderen, günstigeren Treibstoffen den
Ausschlag?

13. Wie bewertet die Bundesregierung die in der Vorbemerkung erwähnten
Angaben des ZDF-Magazins „Frontal 21“, die eine höhere Zahl an E10-un-
tauglichen Kraftfahrzeugen vermuten lassen?

14. Auf welcher sachlichen und wissenschaftlichen Grundlage nimmt die Bun-
desregierung diese Bewertung vor?

15. Wird die Bundesregierung die in der Medienberichterstattung erwähnten
Herstellerangaben über bis zu zehn Millionen E10-untaugliche Kraftfahr-
zeuge in Deutschland überprüfen?

16. Wenn ja, wie, und bis wann?

17. Wenn nein, warum nicht?

18. Sollte eine deutlich höhere Zahl an Fahrzeugen in Deutschland für den
Betrieb mit E10-Treibstoffen ungeeignet sein, wäre dies für die Bundes-
regierung Grund und Anlass, die geplante Beimischungspflicht oder deren
Ausgestaltung neu zu überdenken?

19. Wie bzw. durch wen sollen die Halter eines E10-ungeeigneten Fahrzeugs
darüber informiert werden, dass sie nur noch SuperPlus-Kraftstoff tanken
dürfen?

20. Wer haftet nach Ansicht der Bundesregierung, wenn nach Einführung der
E10-Treibstoffe in Deutschland ein Fahrzeug ohne Verschulden des Fahrers
bzw. Betankenden durch Ethanol-Korrosion beschädigt werden sollte?

21. Welche Nachweise muss der Halter eines beschädigten Fahrzeuges erbrin-
gen, um einen Haftungsanspruch geltend machen zu können?

22. Wie schätzt die Bundesregierung die Wahrscheinlichkeit ein, dass bei den
zumeist älteren Fahrzeugen, die durch Ethanol-Korrosion Schaden nehmen
könnten, ein solcher Nachweis zweifelsfrei gelingen kann, das heißt andere
Verschleißungs- und Alterserscheinungen ausgeschlossen werden können?

23. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Kosten, die dem Halter eines
Fahrzeuges durchschnittlich für Gutachten zur Erbringung eines solchen
Nachweises entstehen würden?

Berlin, den 13. Februar 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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