BT-Drucksache 16/8109

Privatisierung strafrechtlicher Ermittlungsverfahren und Auswirkungen auf den Datenschutz

Vom 13. Februar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8109
16. Wahlperiode 13. 02. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Gisela Piltz, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Uwe Barth,
Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring,
Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Dr. Edmund Peter
Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Christel Happach-Kasan, Elke Hoff, Hellmut Königshaus, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht,
Ina Lenke, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-
Sönksen, Dirk Niebel, Detlef Parr, Cornelia Pieper, Jörg Rohde, Frank Schäffler,
Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Florian Toncar,
Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Privatisierung strafrechtlicher Ermittlungsverfahren und Auswirkungen
auf den Datenschutz

Laut einem Bericht von „SPIEGEL-ONLINE“ vom 5. Februar 2008 lagern
deutsche Strafverfolgungsbehörden die Auswertung beschlagnahmter Speicher-
medien immer häufiger an private IT-Dienstleister aus. Anfragen hätten er-
geben, dass zunehmend auch sensible Daten, insbesondere im Bereich der
Kinderpornographie, nicht mehr von Behörden, sondern von gewerblichen
Anbietern ausgewertet werden würden. Datenschützer, wie der Leiter des
Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein, Dr. Thilo
Weichert, sehen erhebliche Risiken und befürchten Missbrauch. Kritik kommt
auch von Gewerkschaftsseite. Konrad Freiberg, Bundesvorsitzender der Ge-
werkschaft der Polizei (GdP), sieht ein „höheres Risiko der Korrumpierbarkeit“
und weist auf die Gefahr hin, dass sensible Daten, die an Unternehmen weiter-
gegeben werden, leicht nach außen gelangen können.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Haltung nimmt die Bundesregierung zur Auslagerung von Dienst-
leistungen im Zusammenhang mit der Auswertung beschlagnahmter Spei-
chermedien ein?

2. Wie beurteilt sie die Auswirkungen einer solchen Praxis unter dem Ge-
sichtspunkt des Datenschutzes?

3. Welche Haltung nimmt sie zu der von Dr. Thilo Weichert, Leiter des
Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein, vor-
gebrachten Kritik ein, im Bereich der Auswertung von Asservaten gebe es
Unternehmen, die nicht unbedingt seriös seien; zudem sei es bei Fällen
mit Tausenden Verdächtigen im Bereich Kinderpornographie nicht auszu-
schließen, dass „ausgerechnet die Leute engagiert würden, welche die Polizei

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eigentlich bekämpfen wolle“, so dass ein „Verschleierungsrisiko“ entste-
hen könne?

4. Teilt sie die Auffassung von Konrad Freiberg, Bundesvorsitzender der Ge-
werkschaft der Polizei (GdP), dass Verschwiegenheit und Sicherheit bei
externen Firmen schwerer zu gewährleisten seien als bei einer Bearbeitung
durch Behörden?

5. Wie ist die Praxis bei der Generalbundesanwaltschaft?

6. Trifft es zu, dass die bei den im September 2007 im Sauerland festgenom-
menen Tatverdächtigen gefundenen Festplatten und DVDs bis heute nicht
komplett ausgewertet werden konnten?

7. Wenn ja, welche Gründe sind hierfür ausschlaggebend, wann wird die
Auswertung voraussichtlich abgeschlossen sein, und wie will die Bundes-
regierung in Zukunft eine zügige Auswertung der Speichermedien sicher-
stellen?

8. Trifft die im „SPIEGEL-ONLINE“-Artikel erwähnte Äußerung von Bun-
desanwalt Michael Bruns zu, wonach die Generalbundesanwaltschaft we-
gen des Sparzwangs und der weiter wachsenden Datenmengen in Zukunft
darüber nachdenken müsse, externe Firmen für die Auswertung von be-
schlagnahmten Datenträgern heranzuziehen?

9. Wenn ja, welche Kontrollmechanismen wird die Bundesregierung vor-
sehen, und wie will sie die Belange des Datenschutzes darstellen?

10. Wie will die Bundesregierung eine Bewältigung der Datenmengen sicher-
stellen, wenn die Datenbestände zukünftig weiter anwachsen werden, etwa
durch Einführung neuer Befugnisse, wie beispielsweise die so genannte
Onlinedurchsuchung?

11. Wie stellt sich die Praxis in den Bundesländern dar?

12. Welche Gründe machen die Länder für die Auslagerung derartiger Dienst-
leistungen geltend?

13. Trifft es zu, dass die Gründe hierfür insbesondere in den großen Daten-
mengen, die bei Razzien anfallen, sowie einer dünnen Personaldecke bei
den Ermittlungsbehörden liegen?

14. Welche Kontrollmechanismen gibt es in den Ländern?

15. Gibt es Standards für die Lagerung und den Transport der Asservate?

16. Wie werden Zuverlässigkeit und Unabhängigkeit der beauftragten IT-
Dienstleister überprüft?

17. Werden ausschließlich Dienstleister beauftragt, die von der Industrie- und
Handelskammer öffentlich als Sachverständige bestellt und vereidigt sind?

Berlin, den 13. Februar 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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