BT-Drucksache 16/8062

zu dem Antrag der Abgeordneten Heike Hänsel, Wolfgang Gehrcke, Monika Knoche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/5678- Deutsche Kolumbien-Politik auf die Stärkung ziviler Friedensinitiativen und der sozialen, demokratischen und Menschenrechte ausrichten

Vom 13. Februar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8062
16. Wahlperiode 13. 02. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Heike Hänsel, Wolfgang Gehrcke,
Monika Knoche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/5678 –

Deutsche Kolumbien-Politik auf die Stärkung ziviler Friedensinitiativen und der
sozialen, demokratischen und Menschenrechte ausrichten

A. Problem

Kolumbien ist eines der Länder mit den größten sozialen Gegensätzen. Vor
diesem Hintergrund muss die seit mehr als 40 Jahren andauernde bewaffnete
Auseinandersetzung zwischen linken Guerilla-Gruppen, rechten paramilitäri-
schen Verbänden und der kolumbianischen Regierung mit verheerenden Folgen
für die Menschenrechtssituation im Lande gesehen werden.

In der Auseinandersetzung mit den Guerilla der FARC (Fuerzas Armadas
Revolucionarias de Colombia) setzt die Regierung unter Präsident Dr. Alvaro
Uribe Vélez auf eine Fortsetzung der militärischen Aktionen. Ohne die Einbe-
ziehung der FARC in den Friedensprozess wird jedoch kein dauerhafter Frieden
hergestellt werden können.

Abkommen mit rechten Paramilitärs sollten der Demobilisierung dienen, leis-
teten aber eher der Straflosigkeit, Neustrukturierung paramilitärischer Gruppen
und dem Ausbau ihres Einflusses in zivilen Institutionen und der Gesellschaft
Vorschub. Seit Jahren weisen Menschenrechtsorganisationen auf die engen Ver-
bindungen der Paramilitärs zu den staatlichen Streitkräften hin.

Opferverbände sehen in der Ausgestaltung des Demobilisierungsprozesses ihr
Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Entschädigung missachtet. Die wenigs-
ten Paramilitärs werden zur Rechenschaft gezogen. Land zur Rückgabe und
Entschädigung wird nur in sehr geringem Maße zur Verfügung gestellt und ob
es tatsächlich den Vertriebenen und Opfern zugute kommt, ist nicht geklärt.

Auch die von der Regierung auf den Weg gebrachten Änderungen des Gesetzes
zur Übertragung von Eigentumstiteln bieten den Binnenflüchtlingen keinen
Schutz, sondern unterstützen und sichern illegale Landaneignungen.

Der Plan Colombia treibt die Militarisierung sozialer Konflikte voran. Die wich-
tige Frage der Bodenreform wird durch die „Bekämpfung des illegalen Dro-
genanbaus“, die sich wesentlich gegen die auf den Kokaanbau angewiesenen
Kleinbauern richtet, überlagert.

Drucksache 16/8062 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Die Konzeption der Friedenslabors (Laboratorios de Paz) als bedeutendste Maß-
nahme der Entwicklungszusammenarbeit der EU mit Kolumbien und als Beitrag
zu einer zivilen Konfliktbewältigung, deren ursprünglicher Ansatz zu begrüßen
war, wurde seit Antritt der Regierung von Präsident Dr. Alvaro Uribe Vélez
deutlich verändert. Die Regionen, in denen sie tätig sind, stehen unter paramili-
tärischer Kontrolle, es herrscht Krieg und die Regierung ist Konfliktpartei. Die
Friedenslabors sollten kritisch reflektiert und diskutiert werden.

Als direkte Reaktion auf die kriegerischen Konflikte, die Vertreibungen und die
gewaltsame Landnahme entstand in den 90er Jahren das Konzept der Friedens-
gemeinden. Diese berufen sich auf das humanitäre Völkerrecht und wollen das
Recht der Zivilbevölkerung durchsetzen, nicht in kriegerische Konflikte ein-
bezogen zu werden. Sie sehen sich großem Druck und gewaltsamen Übergriffen
der Paramilitärs ausgesetzt. Organisationen, die die Friedensgemeinden in Ko-
lumbien unterstützen, werden massiv bedroht. Als wichtiger alternativer Ansatz
zur Überwindung von Gewalt in Kolumbien verdienen die Friedensgemeinden
internationale Unterstützung und Schutz.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimment-
haltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8062

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/5678 abzulehnen.

Berlin, den 23. Januar 2008

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Thilo Hoppe
Vorsitzender

Anette Hübinger
Berichterstatterin

Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Dr. Karl Addicks
Berichterstatter

Heike Hänsel
Berichterstatterin

Ute Koczy
Berichterstatterin

Heike Hänsel Ute Koczy

Berichterstatterin Berichterstatterin
II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Ausrichtung der deutschen Kolumbien-Politik auf die Stär-
kung ziviler Friedensinitiativen, sozialer und demokratischer
Rechte und der Menschenrechte.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag in seiner 56. Sit-
zung am 23. Januar 2008 beraten. Er empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. die Ablehnung.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe hat den Antrag in seiner 50. Sitzung am 23. Januar
2008 beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Abwesenheit der Frak-
tionen FDP und DIE LINKE. die Ablehnung.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnis
im federführenden Ausschuss

Die Fraktion DIE LINKE. betont, sie setze sich mit dem
Antrag dafür ein, zu einer staatlichen Entwicklungszusam-
menarbeit mit den Friedensgemeinden zu kommen. Diese
sollten auch von den Durchführungsorganisationen aktiv
unterstützt werden. Außerdem müsse der Druck durch die
Bundesregierung auf Präsident Dr. Alvaro Uribe Vélez, sich
an Menschenrechtsstandards zu orientieren sowie Men-

trag als richtig erkannt, die Gewaltbereitschaft in Kolumbien
sei aber zu hoch, um nur auf Friedensgemeinden und Frie-
denslabors zu setzen. Sie lehne den Antrag ab.

Die Fraktion der SPD erklärt, dass in der Problemstellung
und den Lösungsvorschlägen des Antrags zwar einige rich-
tige Punkte enthalten seien, insgesamt aber nur eine Seite der
Wirklichkeit in Kolumbien dargestellt werde. Objektiv gege-
bene Verbesserungen der Sicherheitslage, die bei allen Un-
zulänglichkeiten auch etwas mit der Regierungspolitik und
dem Demobilisierungsprozess der Paramilitärs zu tun hätten,
würden ausgeblendet und es würde sich zu wenig und unkri-
tisch mit der Rolle der brutalen Terrorgruppe FARC ausein-
andergesetzt. Deshalb lehne sie den Antrag ab.

Die Fraktion der FDP betont, den Antrag in einigen Punk-
ten unterstützen zu können. Aufgrund der Forderung, die
FARC von der Terrorliste zu streichen, sei er in seiner Ge-
samtheit aber nicht diskutabel. Erst wenn die FARC alle Gei-
seln freilasse und die Geiselnahmen, Entführungen und
Übergriffe beende, sei zu erwägen, sie längerfristig von der
Liste zu nehmen. Sie lehne den Antrag ab.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßt, dass
der Antrag eine Stärkung der Friedensinitiativen vorsieht.
Wegen der Forderung, die FARC von der Terrorliste zu strei-
chen, könne sie aber nicht zustimmen. Die FARC gehöre auf
diese Liste. Sie enthalte sich der Stimme.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat den Antrag in seiner 51. Sitzung am
12. Dezember 2007 beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die
Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.

Berlin, den 23. Januar 2008

Anette Hübinger
Berichterstatterin

Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Dr. Karl Addicks
Berichterstatter
Drucksache 16/8062 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Anette Hübinger, Dr. Sascha Raabe, Dr. Karl Addicks,
Heike Hänsel und Ute Koczy

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/5678 in seiner 108. Sitzung am 5. Juli 2007 zur Federfüh-
rung an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung und zur Mitberatung an den Auswärtigen
Ausschuss und den Ausschuss für Menschenrechte und hu-
manitäre Hilfe überwiesen.

schenrechtsaktivisten zu schützen und nicht zu gefährden,
erhöht werden. Die Forderung, die FARC von der Terrorliste
der EU zu nehmen, bezwecke, die Reisemöglichkeiten und
damit die Friedensverhandlungen zu erleichtern. Es gehe
nicht darum, Guerilla-Gruppen politisch reinzuwaschen.

Die Fraktion der CDU/CSU sieht viele Punkte in dem An-

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