BT-Drucksache 16/7942

zu der Verordnung der Bundesregierung -16/7605, 16/7793 Nr. 2.2- Siebenunddreißigste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung zur Absicherung von Luftqualitätsanforderungen - 37. BImSchV)

Vom 29. Januar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7942
16. Wahlperiode 29. 01. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(16. Ausschuss)

zu der Verordnung der Bundesregierung
– Drucksachen 16/7605, 16/7793 Nr. 2.2 –

Siebenunddreißigste Verordnung zur Durchführung des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung zur Absicherung
von Luftqualitätsanforderungen – 37. BImSchV)

A. Problem

Die Verordnung zielt auf die Absicherung von Luftqualtitätsanforderungen ab
und dient der Umsetzung der Eckpunkte für ein Integriertes Energie- und
Klimaprogramm (IEKP) der Bundesregierung. Sie beinhaltet im Wesentlichen:

– die Absenkung der Emissionsfrachten für Stickstoffoxide,

– die frühzeitige Vorgabe von Rahmenbedingungen für die Planung neuer
Anlagen.

B. Lösung

Zustimmung zur Verordnung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/7942 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

der Verordnung der Bundesregierung auf Drucksache 16/7605 zuzustimmen.

Berlin, den 23. Januar 2008

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Petra Bierwirth
Vorsitzende

Andreas Jung (Konstanz)
Berichterstatter

Detlef Müller (Chemnitz)
Berichterstatter

Michael Kauch
Berichterstatter

Lutz Heilmann
Berichterstatter

Sylvia Kotting-Uhl
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7942

Bericht der Abgeordneten Andreas Jung (Konstanz), Detlef Müller (Chemnitz),
Michael Kauch, Lutz Heilmann und Sylvia Kotting-Uhl

I.
Die Verordnung der Bundesregierung auf Drucksache
16/7605 wurde gemäß § 92 der Geschäftsordnung des
Deutschen Bundestages am 18. Januar 2008 mit Drucksache
16/7793 Nr. 2.2 zur federführenden Beratung an den Aus-
schuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
überwiesen.

II.
Die Verordnung zielt auf die Absicherung von Luftqualitäts-
anforderungen ab und dient der Umsetzung der Eckpunkte
für ein Integriertes Energie- und Klimaprogramm (IEKP)
der Bundesregierung. Sie beinhaltet im Wesentlichen:

– die Absenkung der Emissionsfrachten für Stickstoff-
oxide,

– die frühzeitige Vorgabe von Rahmenbedingungen für die
Planung neuer Anlagen.

III.
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat die Verordnung der Bundesregierung auf
Drucksache 16/7605 in seiner 53. Sitzung am 23. Januar
2008 abschließend beraten.

Die Fraktion der CDU/CSU begrüßte die Festlegung von
Grenzwerten für Stickstoffoxide in der Luft. Die in Rede
stehende Verordnung ziele auf die Absicherung der Luft-
qualtitätsanforderungen und die Verminderung der Schad-
stofffrachten aus Feuerungsanlagen. Betroffen von der Ver-
ordnung seien Großfeuerungs- und Gasturbinenanlagen.
Auch Abfallverbrennungs- und Mitverbrennungsanlagen
würden erfasst. Die Verordnung gehe auf zwei europäische
Richtlinien zurück und erfolge des Weiteren im Zuge der
Umsetzung des Integrierten Energie- und Klimaprogramms
der Bundesregierung. Unter A. Problem und Ziel heiße es
im dritten Satz: „Vor dem Hintergrund des Atomausstiegs
ist der Einsatz fossiler Brennstoffe unverzichtbar. Das
gleichzeitige Bemühen um eine klimaneutrale Energiepro-
duktion, insbesondere durch die Abscheidung und Speiche-
rung von CO2, führt – zumindest vorübergehend – durch
den erhöhten Einsatz fossiler Energieträger zu einem ver-
stärkten Ausstoß von Luftschadstoffen.“ Diese Formulie-
rung werde zum Anlass genommen, klarzustellen, dass die
Fraktion der CDU/CSU nicht für einen Atomausstieg sei,
der zu einer Erhöhung der CO2-Emissionen führe.

Die Fraktion der SPD stellte klar, sie halte an der gelten-
den Rechtslage hinsichtlich des Atomausstiegs fest. Auf-
grund des Bestrebens, klimaneutrale Energie zu erzeugen
werde es zu einer Reduzierung des CO2-Ausstoßes kom-
men, jedoch sei nicht ausgeschlossen, dass andere Luft-
schadstoffe verstärkt emittiert werden könnten. Vor diesem
Hintergrund werde eine Verringerung der Hintergrundbelas-
tung notwendig. Die vorliegende Verordnung sei Bestand-
teil des Integrierten Energie- und Klimaschutzprogramms
(IEKP) und sei am 5. Dezember 2007 im Kabinett beschlos-

sen worden. Sie gelte hauptsächlich für Großfeuerungsanla-
gen und Anlagen zur Verbrennung oder Mitverbrennung
von Abfällen. Etwa 1 000 Anlagen seien von der Ver-
ordnung betroffen.

Die Fraktion der FDP machte deutlich, neben einer all-
gemeinen Luftqualitätsverbesserung gehe es vorliegend da-
rum, dass durch die aufgrund einer Abscheidung von CO2
verursachten geringeren Wirkungsgrade durch einen höhe-
ren Brennstoffeinsatz ausgeglichen werden müssten. Ande-
renfalls sei eine dauerhafte Nutzung der Kohle nicht verant-
wortbar. Vor diesem Hintergrund sei ein erhöhter Brennstoff-
einsatz auch gerechtfertigt. In der Verordnung der Bundes-
regierung werde berücksichtigt, dass es neben der CO2-
Reduzierung weitere Ziele zur Verminderung von Luft-
schadstoffzielen gebe. Die Fraktion der FDP halte die getrof-
fenen Regelungen für notwendig und angemessen.

Die Fraktion DIE LINKE. stimmte der Intention der Bun-
desregierung im Grundsatz zu, dass es verstärkter Anstren-
gungen, insbesondere bei Stickoxiden bedürfe, um die Ein-
haltung der nationalen Emissionshöchstwerte der NEC-
Richtlinie zu garantieren. Wenn man aber an die geplante
Verschärfung der NEC-Richtlinie denke, werfe diese Ver-
ordnung mehr Fragen auf als sie beantworten könne. Die
Begründung der Verordnung sei jedenfalls unzureichend.
Die Verordnung sei nichts Halbes und nicht Ganzes. Des
Weiteren sei auch der Zeitpunkt ihrer Beschlussfassung
fragwürdig. Strengere Grenzwerte für neue oder wesentlich
geänderte Anlagen ab 2013 könnten absolut keinen Beitrag
dazu leisten, dass 2010 nationale Emissionshöchstwerte ein-
gehalten werden könnten. Im April 2008 beabsichtige die
EU-Kommission einen Vorschlag für eine überarbeitete
NEC-Richtlinie vorzulegen. Die Bundesregierung wäre da-
her gut beraten, solange zu warten, bis der Kommissions-
vorschlag vorliege. Nach Informationen der Fraktion DIE
LINKE. solle diese um Feinstaub erweitert werden und es
sollten die Emissionshöchstwerte gesenkt werden. Es sei
daher unwahrscheinlich, dass es auch für andere Schad-
stoffe zusätzlicher Maßnahmen bedürfe. Deshalb sollten
diese entweder vorsorgend in der VO integriert oder die
Verordnung solle bis April 2008 auf Wiedervorlage gelegt
werden bis die Anforderungen der überarbeitenden NEC-
Richtlinie bekannt seien. Der Bezug zum Klimaschutz in
der Verordnungsbegründung bleibe unklar. Fakt sei, dass
die Minderung von Stickoxiden nicht unmittelbar zum Kli-
maschutz beitrage. Möglicherweise wolle die Bundesregie-
rung mit dieser Verordnung aber auch der Vielzahl der ge-
planten Kohlekraftwerke entgegenwirken. Dies sollte sie
dann aber deutlich machen. Ohne Klarstellung blieben Sinn
und Zweck der Verordnung nebulös. In jeden Falle gebe es
deutlich effektivere Methoden. Die Fraktion DIE LINKE.
enthalte sich der Stimme. Damit erkenne sie an, dass Grenz-
werte verschärft würden, nachdem die letzten zwei Jahre
vom Abbau gesetzlicher Anforderungen geprägt gewesen
seien. Unverständlich sei, dass die 37. BImSchV nur für
neue Kraftwerke gelten solle. Bestehende Kraftwerke und
Großanlagen würden damit geschont und könnten weiter
Schadstoffe emittieren. Mithin würden Dynamisierungs-

Drucksache 16/7942 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

pflichten, also die Verschärfung der Auflagen für Altanla-
gen mit den besten verfügbaren Techniken, wie sie durch
die IVU-Richtlinie gälten, außer Acht gelassen. Das grenze
an Rechtsbruch und sei unvertretbar. Interessanterweise
werde die Überarbeitung der IVU-Richtlinie von der EU-
Kommission damit begründet, dass die Anwendung der bes-
ten verfügbaren Techniken bei Altanlagen deshalb forciert
werden solle, weil sie erhebliche Mängel bei der Umsetzung
– auch in Deutschland – festgestellt habe. Die Dynamisie-
rung scheine für die Fraktionen der CDU/CSU und SPD ein
heißes Eisen zu sein. Darauf deuteten sowohl die Verord-
nung hin, die sich explizit nur auf Neuanlagen beziehe, als
auch die Entwürfe zum Umweltgesetzbuch, die bislang
keine schärferen Vorgaben zur Dynamisierung bei Anlagen
vorsähen. Auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE
LINKE. zum Umgang mit den bestehenden – aber unzurei-
chenden – Dynamisierungsvorschriften im Bundesimmis-
sionsschutzgesetz habe die Bundesregierung keine vernünf-
tige Antwort erteilt. Die Verschärfung der Auflagen für Alt-
anlagen biete ein wesentlich größeres Minderungspotential
für Luftschadstoffe und explizit für Stickoxide, als die ge-
wählte Beschränkung für Neuanlagen. Im Nationalen Pro-
gramm Luftreinhaltung 2010 zur Verminderung der Ozon-
konzentration und zur Einhaltung der Emissionshöchstmen-
gen heiße es auf Seite 25: „Nach Auslaufen der Übergangs-
vorschriften für Altanlagen ermöglicht die bereits im
Nationalen Programm 2002 erwähnte Konkretisierung der
Emissionsanforderung entsprechend der Entwicklung des
Standes der Technik (Dynamisierungsklausel) zusätzliche
Anforderungen zur NO-Emissionsminderung.“ Welche
Emissionsreduktionen konkret erreicht werden könnten,
zeige der dazugehörige Forschungsbericht. Bezogen auf alle
Großfeuerungsanlagen ließen sich mit der konsequenten
Nachrüstung aller Kraftwerke mit SCR-Entstickungsanla-
gen, über 40 Prozent der Stickoxidemissionen aus Kraftwer-
ken vermeiden. In absoluten Zahlen seien das fast 200 Kilo-
tonnen, das entspreche fast 20 Prozent der derzeitigen Stick-
oxidemissionen. Um das NEC einzuhalten, müssten aber
nur noch etwa 6 Prozent eingespart werden. Ein riesiges Po-
tential werde nicht genutzt. Das mit der Verordnung ange-
strebte Minderungspotential werde nicht konkret benannt.
Angaben im Begründungtext fehlten. Eine vernünftige Ge-
setzesfolgenabschätzung sei erforderlich.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nahm eben-
falls Bezug auf folgende Problem- und Zielbeschreibung:
„Vor dem Hintergrund des Atomausstiegs ist der Einsatz
fossiler Brennstoffe unverzichtbar. Das gleichzeitige Bemü-
hen um eine klimaneutrale Energieproduktion insbesondere
durch die Abscheidung und Speicherung von CO2 führt zu-
mindest vorübergehend durch den erhöhten Einsatz fossiler

Energieträger zu einem verstärkten Ausstoß von Luftschad-
stoffen.“ Diese Aussage enthalte offenbar Sprengkraft für
die Koalition. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sei gegen einen Atomausstieg, der die CO2-Belastung er-
höhe. Es gebe auch Möglichkeiten, einen Atomausstieg zu
vollziehen und dabei Klimaschutz zu praktizieren. Die
Fraktionen der CDU/CSU und SPD betrieben Konzernpoli-
tik. Die einen hielten Kohle, die anderen Atomkraft für un-
verzichtbar. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gehe bekanntermaßen den dritten Weg. Der Umstieg auf die
tatsächlich klimaneutrale Energieproduktion werde nicht
von den Konzernen betrieben, sondern vom Mittelstand.
Die 37. BImSchV sei Teil des von der Bundesregierung ver-
abschiedeten Klimaschutzpaketes, obwohl sie mit diesem
nicht in Sachzusammenhang stehe. Die Bundesregierung
setze mit der Speicherung von CO2 auf eine Technologie,
die noch nicht existiere, auf deren Grundlage aber bereits im
Vorfeld Vorratsbeschlüsse für die Genehmigung von Kohle-
kraftwerken erteilt würden. Das sei grob fahrlässig. Die
vorliegende Verordnung sei klimapolitisch unambitioniert
und kontraproduktiv. Dies gelte auch für die vorgesehenen
emissionschutzrechtlichen Anforderungen. Die geplanten
Grenzwerte für Stickoxide seien wenig anspruchsvoll und
die Verordnung komme viel zu spät. Die neuen Grenzwerte
gälten nur für Neuanlagen, die nach Ende 2012 in Betrieb
gingen. Die Mehrzahl der geplanten Kraftwerke sei daher
hiervon nicht betroffen. Es bestehe mithin die Gefahr des
verstärkten CO2- und Schadstoffausstoßes. Bei den Anfor-
derungen für die Stäube, die die Gesundheit besonders ge-
fährdeten, seien keine Änderungen vorgesehen. Auch nach
der Verabschiedung der 37. BImSchV könnten noch immer
20 Gramm pro Kubikmeter von Kohlekraftwerken emittiert
werden. Nach aktuellen Stand der Technik seien deutlich
unter 10 Gramm möglich. Interessant sei auch der Hinweis
des Normenkontrollrates, der keine Bedenken gegen das
vorgelegte Regelungsvorhaben erhebe. Bürokratie könne
aber mit Effizienzsteigerungen und erneuerbaren Energien
abgebaut werden. Eine 37. BImSchV bedürfe es dann nicht.
Über unzureichende Emissionsvorschriften fördere aber die
Bundesregierung weiterhin die Energieerzeugung aus
Kohle. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehne
den Verordnungsentwurf ab. Er gehe zu Lasten von Um-
welt, Gesundheit und Klima.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE. dem Deutschen Bundestag zu emp-
fehlen, der Verordnung der Bundesregierung auf Druck-
sache 16/7605 zuzustimmen.

Berlin, den 23. Januar 2008

Andreas Jung (Konstanz)
Berichterstatter

Detlef Müller (Chemnitz)
Berichterstatter

Michael Kauch
Berichterstatter

Lutz Heilmann
Berichterstatter

Sylvia Kotting-Uhl
Berichterstatterin

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