BT-Drucksache 16/7645

zu dem Antrag der Abgeordneten Frank Schäffler, Martin Zeil, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP - 16/5786 - Konsequenzen aus dem Entschädigungsfall Phoenix Kapitaldienst GmbH

Vom 21. Dezember 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7645
16. Wahlperiode 21. 12. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Frank Schäffler, Martin Zeil, Dr. Karl Addicks,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/5786 –

Konsequenzen aus dem Entschädigungsfall Phoenix Kapitaldienst GmbH

A. Problem

Anlagebetrug bei der Phoenix Kapitaldienst GmbH führte zur Insolvenz des
Wertpapierhandelsunternehmens. Die Entschädigungseinrichtung der Wertpa-
pierhandelsunternehmen (EdW) muss die Anleger hierfür teilweise entschädi-
gen. Die dadurch bei der EdW entstehende Deckungslücke soll durch Sonder-
beiträge der Wertpapierhandelsunternehmen, die zum Zeitpunkt der Erhebung
der Umlage Mitglied der EdW sind, gedeckt werden. Vor diesem Hintergrund
wird befürchtet, dass Wertpapierhandelsunternehmen in das Ausland abwandern
bzw. sich gar nicht erst in Deutschland niederlassen, um so einer Mitgliedschaft
in der EdW bzw. einer Inanspruchnahme durch o. g. Sonderbeiträge zu entge-
hen. Hinzu kommt, dass Ansprüche geschädigter Anleger gegen Dritte nicht im
Wege der Legalzession auf die EdW übergehen, soweit diese Anleger entschä-
digt werden.

B. Lösung

Mit dem Antrag wird angestrebt, die Bundesregierung aufzufordern, unverzüg-
lich einen Gesetzentwurf zur Novellierung des Einlagensicherungs- und Anle-
gerentschädigungsgesetzes (EAEG) vorzulegen, in dem insbesondere der Über-
gang der Schadensersatzansprüche im Wege der Legalzession auf die EdW
gesetzlich festgelegt wird. Ferner soll vorgesehen werden, das bestehende Sys-
tem der Anlegerentschädigung dahingehend abzuändern, dass künftig die ver-
schiedenen Institute in einer gemeinsamen Entschädigungseinrichtung zusam-
mengefasst werden. Letztlich müsse diese Gesetzesänderung vor Beginn der
Auszahlungen durch die EdW in Kraft treten, um auch für die Abwicklung im

Falle der Phönix Kapitaldienst GmbH wirken zu können.

Ablehnung mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE
LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 16/7645 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Angaben zu den haushaltsmäßigen Auswirkungen der mit der Vorlage ange-
strebten Maßnahmen sind in dem Antrag nicht aufgeführt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7645

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/5786 abzulehnen.

Berlin, den 12. Dezember 2007

Der Finanzausschuss

Eduard Oswald
Vorsitzender

Leo Dautzenberg
Berichterstatter

Frank Schäffler
Berichterstatter

und am 12. Dezember 2007 die Beratung im Ausschuss ab- benen Gutachten zunächst einmal abzuwarten und gründlich

geschlossen.

Die antragstellende Fraktion der FDP betonte die Notwen-
digkeit, das System der Anlegerentschädigung in Deutschland

auszuwerten, bevor über etwaige strukturelle Änderungen
nachgedacht werde.

Die Fraktion DIE LINKE. machte deutlich, dass nach ihrer
Drucksache 16/7645 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Leo Dautzenberg und Frank Schäffler

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag der Fraktion der FDP
auf Drucksache 16/5786 in seiner 108. Sitzung am 5. Juli
2007 dem Finanzausschuss zur alleinigen Beratung überwie-
sen.

Der Finanzausschuss hat den Antrag in seiner 68. Sitzung am
19. September 2007 behandelt und seine Beratungen am
12. Dezember 2007 abgeschlossen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
In dem Antrag wird festgestellt, dass durch den Betrug bei
der Phoenix Kapitaldienst GmbH rund 30 000 Anleger ge-
schädigt worden seien. Der Schaden betrage fast 650 Mio.
Euro. Die zu erwartenden Entschädigungszahlungen durch
die EdW beliefen sich auf rund 180 Mio. Euro, denen zum
31. Dezember 2007 ein Kassenbestand von 5 Mio. Euro bei
der EdW gegenübersteht, weshalb beabsichtigt sei, die
Deckungslücke durch Sonderbeiträge zu schließen.

Wegen des gerichtlich bestätigten, aber von der Finanzmarkt-
aufsichtsbehörde nicht vollzogenen Bescheides über das Ver-
bot der Führung von Sammelkonten durch die Phoenix
Kapitaldienst GmbH kritisiert der Antrag mangelnde Auf-
sicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsauf-
sicht (BaFin) sowie die EdW und wirft der Bundesregierung
eine Mitverantwortung für diesen Anlagebetrugsskandal vor.

Am EAEG sei, so der Antrag weiter, zu kritisieren, dass die
Entschädigungssumme durch Sonderbeiträge der Institute,
die zum Zeitpunkt der Erhebung der Umlage Mitglied der
EdW sein werden, aufgebracht werden müsse. Immer mehr
insbesondere zahlungskräftige Mitglieder versuchten, sich
der EdW und damit der Haftung zu entziehen, Neugründun-
gen würden nur zurückhaltend vorgenommen. Im Ergebnis
werde der Finanzplatz Deutschland damit blockiert.

Im Übrigen werde eine Lösung des Falls der Phoenix Kapital-
dienst GmbH dadurch erschwert, dass bisher nicht gesetzlich
vorgesehen sei, Ansprüche, die geschädigte Anleger gegen
Dritte haben, im Wege der Legalzession auf die EdW über-
gehen zu lassen, soweit diese die Anleger entschädigt hat.

Die Bundesregierung sei daher aufgefordert, einen Vor-
schlag für eine Novellierung des EAEG vorzulegen, welcher
die o. g. Vorschläge aufnehme und zudem die verschiedenen
Institute künftig in einer gemeinsamen Entschädigungsein-
richtung für alle Institute vorsehe.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnis im
Ausschuss

Der Finanzausschuss hat die Beratung zu dem Antrag in
seiner 68. Sitzung am 19. September 2007 aufgenommen

umgänglich. Die bestehenden Entschädigungseinrichtungen
seien zusammenzufassen, womit ein entsprechend zahlungs-
kräftiges Anlegerentschädigungssystem geschaffen werde.
Dieses auch vor dem Hintergrund, dass der Bund entgegen sei-
ner ursprünglichen Ankündigung der EdW nunmehr keinen
Kredit über die Kreditanstalt für Wiederaufbau Bankengruppe
gewähre, nachdem vor kurzem der Haushaltsausschuss eine
entsprechende Ermächtigung nicht beschlossen habe.

Aufgrund der von der EdW in Aussicht genommenen Son-
derzahlungen würden immer mehr Mitglieder in das Aus-
land abwandern, um sich der Entrichtung ihres Sonderbeitra-
ges zu entziehen. Zum anderen sei festzustellen, dass aus
dem gleichen Grunde sich neue Wertpapierhandelsunterneh-
men auf dem deutschen Finanzmarkt nicht ansiedeln. Es ver-
bleibe als einzige Möglichkeit die Zusammenlegung der
Entschädigungseinrichtungen, um der EdW die notwendigen
finanziellen Mittel an die Hand zu geben und die Anleger an-
gemessen und frühzeitig, noch vor der endgültigen Fassung
des Insolvenzplanes, zu entschädigen. Ein solches Vorgehen
sei auch im Interesse der Mitglieder der EdW, da eine Erhe-
bung von existenzbedrohenden Sonderbeiträgen dann nicht
mehr notwendig sei. Gleichzeitig werde der Finanzstandort
Deutschland auf diesem Wege gestärkt.

Die Fraktion der FDP betonte ihre bereits im Antrag darge-
legte Forderung, im Entschädigungsfalle müsse ein gesetz-
licher Forderungsübergang auf die EdW in das zu ändernde
EAEG aufgenommen werden.

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD waren
sich darüber einig, dass neben einer angemessenen und mög-
lichst zeitnahen Entschädigung der Anleger auch die Interes-
sen der dem Sicherungsfonds angeschlossenen Finanz-
dienstleister zu berücksichtigen seien. Eine nach Abschluss
des Insolvenzplanverfahrens von der EdW geplante Erhe-
bung von Sonderbeiträgen müsse mit Augenmaß erfolgen
und die Leistungsfähigkeit eines jeden Mitgliedes in den
Blick nehmen. Als grobe Orientierung könne ein Rückgriff
auf die geltende Rechtslage bzw. die hieraus folgende Be-
messungsgrundlage der Beiträge dienen. Die Herbeiführung
einer Existenzgefährdung der Mitglieder sei in jedem Fall zu
vermeiden.

Die Schaffung eines einheitlichen Sicherungssystems weise
entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht den bes-
seren Weg. Bei einem Zusammenführen bestehender Siche-
rungseinrichtungen drohe das neue System eine Größe zu
erreichen, bei der Management, Risikokontrolle und Zusam-
menführen von Informationen bei Krisenlagen zu komplex
gerieten und eher undurchsichtig würden. Es bestehe die
Gefahr, künftige Krisen erst zu spät zu erkennen. Die beste-
henden Sicherungssysteme hätten sich – mit Ausnahme des
vorliegenden Falles – bewährt. Es sei deshalb sinnvoll, das
Ergebnis zu dem von der Bundesregierung in Auftrag gege-
zu reformieren. Hierzu sei die Novellierung des Einlagen-
sicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes (EAEG) un-

Auffassung im Fall Phoenix nicht nur die BaFin, sondern
auch die EdW selbst die Kontrolle ihrer Mitglieder unzurei-

fen zeigen. Aus den genannten Gründen lehne die Fraktion
DIE LINKE. den Antrag der Fraktion der FDP ab.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärte, eine
Zusammenlegung der bestehenden Sicherungssysteme sei
angesichts der heutigen Bankenlandschaft nicht zielführend.
Andererseits zeige sich der bestehende Anlegerschutz als
unzureichend. Komme es zum Schadensfall für die Anleger,
muss laut Vorgaben europäischen Rechts eine finanzstarke
und effektive Anlegerentschädigungseinrichtung mindes-
tens 90 Prozent der Anlagen bei einem Höchstbetrag von
20 000 Euro pro Anleger ersetzen. Der Fall Phoenix habe
lediglich Schwächen an diesem theoretisch sinnvollen An-
legerschutzkonstrukt offenbart. Hierdurch zeige sich, dass es
der EdW offensichtlich an der notwendigen Finanzstärke
mangele, was auf die zu geringe Anzahl von Mitgliedern und
deren Qualität als fast ausschließlich kleine Unternehmen
zurückzuführen sei. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN schließe sich daher im Ergebnis der Forderung
nach einer entsprechenden Änderung des EAEG an, wobei
nicht die Interessen der betroffenen Finanzdienstleister im
Vordergrund zu stehen hätten. Eine Novellierung des EAEG
müsse vielmehr die Rechte der Anleger stärken. Ein Novel-
lierungsvorschlag müsse eine Regelung enthalten, um Vor-
gaben der Insolvenzordnung mit einer zügigen Entschädi-
gungszahlung an die betroffenen Anleger in Einklang zu
bringen. Um die aktuell betroffenen Finanzdienstleister
durch Sonderbeiträge nicht in die Insolvenz zu drängen,
unterstütze die Fraktion den Vorschlag der Bundesregierung,
die Liquidität der EdW durch ein Darlehen der Kreditanstalt
für Wiederaufbau Bankengruppe zu gewährleisten. Des
Weiteren spreche sie sich zur finanziellen Stabilisierung
einer reformierten Anlegerentschädigungseinrichtung auch
für eine gesetzliche Legalzession aus. Ein derartiger Forde-

se. Daher stimme sie zu dem Antrag mit Enthaltung.

Die Bundesregierung stellte klar, dass bisher keine Sonder-
zahlungsbescheide seitens der EdW versandt worden seien.
Ein Abwandern auch nur eines Mitgliedes der EdW in das
Ausland sei ihr nicht bekannt. Entgegen der Behauptung der
Fraktion der FDP sei nur ein Unternehmen bekannt, welches
sich – durch den Erwerb einer Vollbanklizenz – auf diesem
Wege der Inanspruchnahme durch die EdW habe entziehen
können. Verstärkte Abwanderungen von Finanzinstituten in
das Ausland nach Bekanntwerden des Insolvenzfalles Phoe-
nix sowie die Ankündigung von Sonderbeiträgen seien eben-
so nicht festzustellen. Die Migration innerhalb der EdW sehe
für das Jahr 2007 58 Abgänge und 59 Zugänge vor; von einer
Flucht der Mitglieder aus der EdW könne daher keine Rede
sein. Die Bundesregierung appellierte im Weiteren an den
Ausschuss, den Antrag abzulehnen, und teilte hierzu mit,
sie habe ein Gutachten zu den Konsequenzen aus dem
Insolvenzfall Phoenix in Auftrag gegeben, mit dessen Ergeb-
nis frühestens im Januar kommenden Jahres zu rechnen sei.
Die Bundesregierung versicherte, die Ergebnisse hieraus
Ende Januar kommenden Jahres dem Finanzausschuss vor-
zulegen. Dagegen habe die Bundesregierung keinen Einfluss
auf den bisherigen Zeitlauf der Entschädigung der Anleger
im Falle Phoenix. Die Bundesregierung stellte des Weiteren
klar, dass die EdW beabsichtige, noch in diesem Jahr die
Sonderbeitragsbescheide an ihre Mitglieder zu versenden,
nachdem diese bisher lediglich Informationsschreiben hier-
zu erhalten hätten.

Der Ausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Frak-
tion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag abzulehnen.

Berlin, den 12. Dezember 2007

Leo Dautzenberg
Berichterstatter

Frank Schäffler
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/7645

chend wahrgenommen habe. Die Entschädigungseinrich-
tung sei unterfinanziert. Die Anleger hätten sich angesichts
der hohen Renditeversprechen zudem blenden lassen, was
die Frage bewirke, ob derart risikobereite Anleger über-
haupt, und wenn ja, in welchem Umfang, entschädigt wer-
den sollten. Mit solchen Aspekten befasse sich der Antrag
der Fraktion der FDP jedoch nicht. Für die Fraktion DIE
LINKE. weniger bedeutsam sei die Frage, ob Ansprüche ge-
gen Dritte auf die EdW übertragen werden müssen. Sollten
sich im Laufe der weiteren Diskussion neue Gesichtspunkte
ergeben, die eine solche Übertragung von Ansprüchen als
vorteilhaft erscheinen lassen, werde sich die Fraktion DIE
LINKE. gegenüber einer solchen Regelung grundsätzlich of-

rungsübergang habe sich in vergleichbaren Konstellationen
– etwa im Versicherungsbereich – bereits bewährt. Eine Ab-
tretung kraft Gesetzes müsse so ausgestaltet sein, dass den
Anlegern durch den Übergang ihrer Forderungen auf die
Entschädigungseinrichtung kein Nachteil erwachse. Im Üb-
rigen spreche auch sie sich dafür aus, zunächst das Ergebnis
des Gutachtens abzuwarten und im Lichte dessen Ergebnis
eine Bewertung vorzunehmen. Um die betroffenen Anleger
nicht länger als nötig hinzuhalten, sei die Bundesregierung
aufgefordert, das Gutachten dem Finanzausschuss möglichst
schnell vorzulegen. Im Gesamtergebnis teile die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Anliegen des Antrags der
Fraktion der FDP aus den dargestellten Gründen nur teilwei-

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