BT-Drucksache 16/7517

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -16/6965- Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 26. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen, die ihre finanziellen Interessen beeinträchtigen

Vom 12. Dezember 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7517
16. Wahlperiode 12. 12. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 16/6965 –

Entwurf eines Gesetzes
zu dem Abkommen vom 26. Oktober 2004
über die Zusammenarbeit
zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits
und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits
zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen,
die ihre finanziellen Interessen beeinträchtigen

A. Problem

Betrug und sonstige rechtswidrige Handlungen bei Zöllen, indirekten Steuern,
Subventionen sowie bei öffentlichen Ausschreibungsverfahren führen zu Nach-
teilen für die öffentlichen Haushalte der Mitgliedstaaten der Europäischen
Union und der Schweiz.

B. Lösung

Zur wirksamen Bekämpfung vereinbart das Abkommen vom 26. Oktober 2004
zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten sowie der Schweiz
verstärkte Amtshilfe in diesen Bereichen sowie Rechtshilfe bei Durchsuchungen
und dem Beschlagnahmen von Gegenständen. Zudem erkennt es die Bedeutung
von Geldwäsche an. Mit dem vorliegenden Vertragsgesetz soll das Abkommen
die für die Ratifikation erforderliche Zustimmung der gesetzgebenden Körper-
schaften erlangen.

Der Finanzausschuss empfiehlt folgende Änderungen des Gesetzentwurfs:
– Umwandlung des Einspruchsgesetzes in ein Zustimmungsgesetz;

– Ausdrückliche Zitierung der Einschränkung des Grundrechts auf Unverletz-
lichkeit der Wohnung bei Durchsuchung wegen Betrugsverdacht.

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

Drucksache 16/7517 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

1. Finanzielle Auswirkungen

a) Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Keine

b) Vollzugsaufwand

Die durch das Abkommen herbeigeführte engere Zusammenarbeit kann zu
einer Ausgabenerhöhung in geringem Umfang für den Bund führen. Deren
Höhe kann jedoch gegenwärtig von der Bundesregierung nicht im Einzelnen
beziffert werden.

2. Sonstige Kosten

Verwaltungsausgaben der EU-Kommission im Zusammenhang mit der Maß-
nahme: 100 000 Euro für ein jährliches Treffen des gemischten Ausschusses
und nach Bedarf. Kosten für die Wirtschaft, private Verbraucher und für die
sozialen Sicherungssysteme entstehen nicht.

3. Bürokratiekosten

Die Ressortabstimmung wurde vor dem 1. Dezember 2006 eingeleitet. Bürokra-
tiekosten wurden von der Bundesregierung nicht ermittelt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7517

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/6965 mit folgenden Maßgaben, im Übri-
gen unverändert anzunehmen:

1. Die Eingangsformel wird wie folgt gefasst:

„Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz
beschlossen:“.

2. Nach Artikel 1 wird folgender neuer Artikel 1a eingefügt:

„Artikel 1a
Einschränkung der Grundrechte

Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 des
Grundgesetzes) wird nach Maßgabe des Artikels 31 des Übereinkommens
eingeschränkt.“

Berlin, den 12. Dezember 2007

Der Finanzausschuss

Eduard Oswald
Vorsitzender

Manfred Kolbe
Berichterstatter

Lothar Binding (Heidelberg)
Berichterstatter

sie ursprünglich bewilligt wurden, die aus dem Haushalt der

Vertragsparteien oder aus Haushalten stammen, die von
ihnen oder für ihre Rechnung verwaltet werden. Schließlich
sind rechtswidrige Handlungen in Ausschreibungsverfahren

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Finanzausschuss empfiehlt die Annahme des Gesetz-
Drucksache 16/7517 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Manfred Kolbe und Lothar Binding (Heidelberg)

A. Allgemeiner Teil

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf der Bundes-
regierung auf Drucksache 16/6965 in seiner 126. Sitzung
am 15. November 2007 dem Finanzausschuss zur federfüh-
renden Beratung und dem Rechtsausschuss zur Mitberatung
überwiesen.

Der Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner
78. Sitzung am 12. Dezember 2007 abschließend beraten.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Als Folgemaßnahme zu den Schlussfolgerungen des Gipfel-
treffens EU – Schweiz vom 19. Mai 2004 in Brüssel wurden
am 26. Oktober 2004 in Luxemburg neun neue Abkommen
mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft unterzeichnet.
Das erste Abkommen zwischen der EU und der Schweiz be-
fasste sich mit dem Bereich der Besteuerung von Zinserträ-
gen gemäß der Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom
3. Juni 2003. In dem mit diesem Gesetz vorgelegten, zweiten
Abkommen verpflichten sich beide Seiten, einander Rechts-
hilfe und Amtshilfe bei der Bekämpfung von Betrug und
allen sonstigen rechtswidrigen Handlungen, einschließlich
Verstößen gegen Vorschriften in den Bereichen Zoll und in-
direkte Besteuerung im Zusammenhang mit dem Handel mit
Gütern und Dienstleistungen zu gewähren. Die Zusammen-
arbeit bei der Bekämpfung der Geldwäsche wird erheblich
verbessert, so dass sie insbesondere auch schwere Fälle von
Betrug und Schmuggel abdeckt. Die weiteren Abkommen
betreffen die Bereiche des Schengen-Abkommens, des Asyl-
rechts, der Handelsvereinbarungen für landwirtschaftliche
Erzeugnisse, des Europäischen Statistischen Systems, der
Gemeinschaftsprogramme Media Plus und Media-Fortbil-
dung, der Europäischen Umweltagentur und des Euro-
päischen Umweltinformations- und Umweltbeobachtungs-
netzes sowie der Freizügigkeit im Hinblick auf die Ost-
erweiterung der EU.

Das hier vorliegende Abkommen findet zum einen im Be-
reich der verwaltungs- und strafrechtlichen Verhinderung,
Aufdeckung, Untersuchung, Verfolgung und Ahndung von
Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen, die die
finanziellen Interessen der Vertragsparteien beeinträchtigen,
Anwendung. Hier wird ausdrücklich Bezug genommen auf
Verstöße gegen zoll- und agrarrechtliche Vorschriften im
Warenverkehr und auf Verstöße gegen steuerrechtliche Vor-
schriften auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer, der besonde-
ren Verbrauchsteuern und der Verbrauchsteuern im Waren-
und Dienstleistungsverkehr. Hervorgehoben wird außerdem
die Vereinnahmung oder die Zurückbehaltung von Mitteln
(z. B. Subventionen und Erstattungen) einschließlich der
Verwendung dieser Mittel für andere als die Zwecke, für die

Zum anderen erstreckt sich das Abkommen aber nicht nur
auf die Verhinderung der rechtswidrigen Handlung selbst,
sondern ermöglicht auch die Beschlagnahmung und Einzie-
hung geschuldeter oder zu Unrecht vereinnahmter Beträge,
die sich aus den rechtswidrigen Handlungen ergeben.

Für die Amts- und Rechtshilfe in den genannten Bereichen
erkennen die Vertragsparteien ausdrücklich den Rechtsrah-
men der jeweils anderen Vertragspartei an. Davon abwei-
chend fällt das Waschen der Erträge aus den genannten
Bereichen nur dann in den Anwendungsbereich des Überein-
kommens, wenn beiderseitige Strafbarkeit gegeben ist und
die der Geldwäsche zu Grunde liegenden Handlungen mit
einer Freiheitsstrafe oder die Freiheit beschränkenden Maß-
regel der Sicherung und Besserung im Höchstmaß von mehr
als sechs Monaten bedroht sind. Hierzu wurde in einer ge-
sonderten gemeinsamen Erklärung über die Geldwäsche ver-
einbart, dass die Vortat der Geldwäsche auch ein Steuer-
betrug oder gewerbsmäßiger Schmuggel nach Schweizer
Recht sein kann, da das Prinzip der „beiderseitigen Strafbar-
keit“ hier vorliegt. Diese Erklärung gilt jedoch nicht für Ver-
fahren, die gegen schweizerische Personen gerichtet sind
und bei denen alle Tathandlungen ausschließlich in der
Schweiz begangen werden. Folglich wird es nur zulässig
sein, die im Bereich der Geldwäsche von den schweize-
rischen Behörden erteilten Auskünfte in Strafverfahren we-
gen Geldwäsche gegen Personen ohne schweizerische
Staatsangehörigkeit zu verwenden, wenn die Tat ausschließ-
lich in der Schweiz begangen wurde.

Zum Bereich der direkten Steuern wird ausdrücklich klarge-
stellt, dass er vom Anwendungsbereich des Abkommens
ausgeschlossen ist.

In der „Vereinbarten Niederschrift der Verhandlungen über
das Abkommen“ wurde außerdem ergänzend festgelegt, dass
die Begriffe „Betrug und sonstige rechtswidrige Handlun-
gen“ auch Schmuggel, Korruption und das Waschen der Er-
träge aus den unter dieses Abkommen fallenden Handlun-
gen, vorbehaltlich der Sonderregelungen in Bezug auf die
Geldwäsche, umfassen.

III. Stellungnahmen des mitberatenden
Ausschusses

Der Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf am 12. Dezem-
ber 2007 in seiner 81. Sitzung beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE., den Gesetzentwurf in der Fassung
des Änderungsantrags der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD anzunehmen.
für die von den Vertragsparteien vergebenen Aufträge Teil
dieses Bereichs des Abkommens.

entwurfs in der Fassung des Änderungsantrags der Fraktio-
nen der CDU/CSU und SPD.

tretens stehe jedoch noch nicht fest, da keine Zeitpläne der
noch ausstehenden Ratifizierungsverfahren vorlägen. Von
deutscher Seite sei aber mit dem Kabinettsbeschluss vom
4. Juli 2007 die notwendige Voraussetzung geschaffen wor-
den.

Der Finanzausschuss hat die Empfehlung der Annahme des
Gesetzentwurfs in der Fassung des Änderungsantrags der

scheidung vom 27. Juli 2005 zum Niedersächsischen Gesetz
über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (1 BvR 668/04)
tendenziell eher weit verstanden und die Berücksichtigung
des Zitiergebotes bei jeder Veränderung der Eingriffsvoraus-
setzungen gefordert, die zu neuen Grundrechtsbeschränkun-
gen führt. Eine solche neue Eingriffsmaßnahme wird mit
Artikel 31 des Übereinkommens geschaffen.

Berlin, den 12. Dezember 2007

Manfred Kolbe
Berichterstatter

Lothar Binding (Heidelberg)
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/7517

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD be-
grüßten nicht nur dieses, sondern auch die acht weiteren
EU – Schweiz-Abkommen, da sie die Schweiz näher an die
EU heranrückten. Mit dem hier zur Ratifizierung anstehen-
den Abkommen strebe man erfolgreicheres Vorgehen bei der
Betrugsbekämpfung an. Dies sei wegen des notwendigen
Schutzes öffentlicher Haushalte vor Auszehrung durch be-
trügerisches Verhalten grundsätzlich zu befürworten.

Zum vorliegenden Änderungsantrag führten die Koalitions-
fraktionen aus, dem Petitum des Bundesrates, wonach es
sich bei dem Gesetzgebungsverfahren um ein zustim-
mungspflichtiges Gesetz nach Artikel 84 Abs. 1 Satz 5 des
Grundgesetzes handele, sei gemäß den Ergebnissen der
Föderalismuskommission zuzustimmen, da das Gesetz all-
gemeine Verfahrensregelungen mit Bindungswirkung für
die Landesbehörden beinhalte. Außerdem solle dem Peti-
tum des Bundesrates, der Warn- und Besinnungsfunktion
des Zitiergebots des Artikels 19 GG Rechnung zu tragen,
entsprochen werden, indem die Einschränkung des Grund-
rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung bei einer Durch-
suchung wegen Betrugsverdachts ausdrücklich erwähnt
wird.

Zum Stand des Ratifizierungsprozesses teilte die Bundes-
regierung dem Ausschuss mit, bisher hätten neun Mitglied-
staaten das Abkommen ratifiziert. Der Termin des Inkraft-

Koalitionsfraktionen mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. beschlossen.

B. Besonderer Teil

1. Zur Eingangsformel

Das Abkommen, das durch das beabsichtigte Gesetz inner-
staatlich in Geltung gesetzt wird, enthält Vorschriften über
das Verwaltungsverfahren der Länder im Sinne von
Artikel 83 und Artikel 84 GG. Für abweichendes Landes-
recht ist auf Grund der vertraglichen Bindung kein Raum,
ohne dass es einer gesonderten gesetzlichen Regelung zum
Ausschluss des Abweichungsrechts bedarf. Das Vertragsge-
setz bedarf deshalb gemäß Artikel 84 Abs. 1 Satz 6 GG der
Zustimmung des Bundesrates.

2. Zu Artikel 1a – neu –

Artikel 1a – neu – geht auf die neuere Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts zum Zitiergebot des Artikels 19
Abs. 1 Satz 2 GG zurück. Während das Zitiergebot nach der
früheren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
eher eng auszulegen war, hat das Gericht den Anwendungs-
bereich des Artikels 19 Abs. 1 Satz 2 GG mit seiner Ent-

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