BT-Drucksache 16/7173

zu dem Antrag der Abgeordneten Hellmut Königshaus, Dr. Karl Addicks, Harald Leibrecht, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -16/3839- Die Entwicklungszusammenarbeit mit Schwellenländern auf eine neue Grundlage stellen

Vom 14. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7173
16. Wahlperiode 14. 11. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Hellmut Königshaus, Dr. Karl Addicks, Harald
Leibrecht, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/3839 –

Die Entwicklungszusammenarbeit mit Schwellenländern auf eine
neue Grundlage stellen

A. Problem

Ein großer Teil der finanziellen Ressourcen, die von den entwickelten Ländern
für die Entwicklungszusammenarbeit (EZ) aufgewendet werden, kommt nicht
den Ländern zugute, die objektiv den größten Entwicklungsbedarf haben. Häu-
fig spielen dabei andere Kriterien wie wirtschafts-, macht- und sicherheits-
politische Erwägungen eine große Rolle, aber auch die Unbeweglichkeit der
Entwicklungsadministrationen, die auf die ständigen Veränderungen in den
Empfängerländern und zwischenzeitlich erreichte Fortschritte nicht reagieren.
Dadurch werden weniger hilfsbedürftige Länder überproportional berücksich-
tigt, die ärmsten und hilfsbedürftigsten Länder jedoch ungerechtfertigt zurück-
gesetzt und damit die ethischen Grundlagen der Entwicklungszusammenarbeit
verlassen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der
FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Annahme des Antrags.
D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/7173 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/3839 abzulehnen.

Berlin, den 10. Oktober 2007

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Thilo Hoppe
Vorsitzender und Berichterstatter

Dr. Christian Ruck
Berichterstatter

Stephan Hilsberg
Berichterstatter

Hellmut Königshaus
Berichterstatter

Hüseyin-Kenan Aydin
Berichterstatter

tionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Länder mit unterschiedlichen Interessen in einer Gruppe zu-

gegen die Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimmenthal-
tung der Fraktion DIE LINKE. Ablehnung.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe hat den Antrag in seiner 42. Sitzung am 10. Oktober

sammenzufassen.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärt, dass die Entwicklung
der Anker- und Schwellenländer die Entwicklungspolitik
und die Politik generell vor neue Herausforderungen stelle,
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7173

Bericht der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Stephan Hilsberg,
Hellmut Königshaus, Hüseyin-Kenan Aydin und Thilo Hoppe

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/3839 in seiner 79. Sitzung am 1. Februar 2007 zur Feder-
führung an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung und zur Mitberatung an den Aus-
wärtigen Ausschuss, den Rechtsausschuss, den Finanzaus-
schuss, den Haushaltsausschuss, den Ausschuss für Wirt-
schaft und Technologie, den Verteidigungsausschuss, den
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit,
den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe,
den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
abschätzung, den Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union und den Ausschuss für Kultur und
Medien überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Intensivierung der Partnerschaft mit Afrika, besonders in
der Zusammenarbeit mit den afrikanischen Dach- und
Regionalorganisationen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag in seiner 50. Sit-
zung am 10. Oktober 2007 beraten. Er empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE.
gegen die Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ab-
lehnung.

Der Rechtsausschuss hat den Antrag in seiner 76. Sitzung,
der Finanzausschuss in seiner 70. Sitzung, der Haushalts-
ausschuss in seiner 50. Sitzung, der Ausschuss für Wirt-
schaft und Technologie in seiner 45. Sitzung, der Verteidi-
gungsausschuss in seiner 61. Sitzung, der Ausschuss für
Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung in
seiner 42. Sitzung, der Ausschuss für die Angelegenheiten
der Europäischen Union in seiner 41. Sitzung und der
Ausschuss für Kultur und Medien in seiner 40. Sitzung
am 10. Oktober 2007 beraten. Die Ausschüsse empfehlen
mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
Ablehnung.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat den Antrag in seiner 48. Sitzung am 24. Okto-
ber 2007 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Frak-

DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP
Ablehnung.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der federführende Ausschuss für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung hat den Antrag in seiner
46. Sitzung am 10. Oktober 2007 beraten. Er empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der
FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. Ableh-
nung.

Die Fraktion der FDP macht deutlich, dass ihre Kritik an
der Zusammenarbeit mit Ländern wie China, Ägypten,
Thailand, Pakistan und Indien im Rahmen des Ankerland-
konzepts nicht bedeute, dass die Zusammenarbeit mit die-
sen Ländern eingestellt werden sollte. Es sei jedoch ein ver-
engter Blick zu behaupten, dass wenn sich die Ankerländer
entwickeln würden, diese aus ihrem inneren Gefüge heraus
eine positive Wirkung auf ihr Umfeld hätten. Es ginge um
die Leistung von signifikanten Eigenbeiträgen. Dies würden
die Länder selbst so wollen und dazu seien sie in der Lage.
Man könne von ihnen für den Umgang mit Ländern, die es
noch nicht geschafft haben, lernen. Dieser Ansatz fehle im
Ankerlandkonzept, weshalb die Fraktion der FDP mit ihrem
Antrag versuche, ihn mehr in den Blickpunkt zu rücken. Die
Schwellenländer müssten daran erinnert werden, dass sie
ihre eigene Entwicklung aufgrund der EZ ermöglichen
konnten, und nun ihrerseits bereit sein, entsprechende Akti-
vitäten vorzunehmen. China sei bereits ein Geberland, aller-
dings unter anderen Kriterien und mit anderen Zielsetzun-
gen als Deutschland. Die Fraktion der FDP habe ebenso ein
Interesse an der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit die-
sen Ländern und an der Förderung der deutschen Export-
interessen. Es stelle sich allerdings die Frage, ob man dieses
Interesse über Konzepte mit von ethischen Gesichtspunkten
getragenen Entwicklungsüberlegungen, Anstrengungen und
Entwicklungszielen vermischen sollte. Damit untergrabe
man die moralische Grundlage für die EZ sowie für ihre
Rechtfertigung in der Öffentlichkeit. Auch habe das Anker-
landkonzept nichts mit der Frage zu tun, wie man diese Län-
der, u. a. was die Klimaziele anginge, überzeugen könne.
Ihre weitere Einstufung im Rahmen der EZ-Länder-Gruppe
habe eher etwas damit zu tun, dass sie unter dem Gesichts-
punkt Entwicklungsprivilegien bei der WTO und im Kyoto-
Prozess gewisse Vorteile haben würden. Insofern sollte man
sich mehr auf die im Antrag beschriebene Grundlage kon-
zentrieren und weniger auf den Versuch, unterschiedliche
2007 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Frak-
tionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/

auf die reagiert werden müsse. Die Antwort der Fraktion der
FDP hierauf in ihrem Antrag sei aber unschlüssig. Der Ver-

weil es in Afrika investieren würde. Denn mit dem Geld be-
absichtige man, dass etwas im Interesse Deutschlands und
im Interesse einer guten Entwicklung in der Region und in
der Welt geschehe. Man müsse China, Indien und andere
Schwellenländer bei dem Versuch, die entwicklungspoliti-
schen Ziele Deutschlands in Afrika und anderswo zu kon-
terkarieren, einfangen. Dies sollte aber unter deren Einbe-
ziehung in Form von Dreieckskooperationen erfolgen. Der
Antrag der Fraktion der FDP werde abgelehnt.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN streicht heraus,
es werde oft übersehen, dass die Regierungen in den Anker-
oder Schwellenländern nicht homogen seien und es unter-
schiedliche Akteure gebe. Durch eine geschickte Koopera-
tion sei es durchaus möglich, diejenigen Akteure, die auf eine
nachhaltige Entwicklung setzen würden, zu unterstützen. Es
müsse im positiven Sinne Politikbeeinflussung betrieben
werden, statt zu behaupten, dass die Chinesen oder Brasilia-
ner einen einheitlichen Block darstellten. Es sei eine große
Chance, die in dem Ansatz des Ankerlandkonzeptes liegen
würde. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unter-
stütze es und halte es für tragfähig. Es müsse aber ständig
überprüft werden und gehöre dauerhaft in die Diskussion.
Armutsbekämpfung bleibe ein wichtiges Ziel, welches je-
doch mit anderen Mitteln verfolgt werden sollte. Den Antrag
der Fraktion der FDP lehne sie ab, weil in ihm zu sehr
vereinfacht werde und die Differenzen nicht ausgeleuchtet
würden.

Die Fraktion der SPD kritisiert den Antrag als eine An-
sammlung von im Ankerlandkonzept bereits enthaltenen
Themen. Außerdem werde die Forderung erhoben, einer-

duziere man sich auf wirtschaftliche Zusammenarbeit. Dies
sei noch unmoralischer, als mit Entwicklungshilfe zu versu-
chen, das Land in Richtung soziale Gerechtigkeit, Einhalten
von Menschenrechten und Umweltstandards zu bewegen.
Es sei wichtig, mit den Schwellenländern eine Partnerschaft
anzustreben, gerade wenn man Entwicklungshilfe als mehr
als nur soziale Hilfe verstehe. Unstrittig sei, dass es Verän-
derungen gebe, mit denen man in der Entwicklungspolitik
vor 20 Jahren nicht gerechnet habe und Antworten gegeben
werden müssten. Dies sollte jedoch nicht in Form eines An-
trages geschehen, sondern in offener und breiter Diskussion.

Die Fraktion DIE LINKE. ist ebenfalls der Ansicht, dass
man sich mit dem Ankerländerkonzept auseinandersetzen
und es einer Bewertung unterziehen müsse, allerdings nicht
in Form von Anträgen. Sie werde den Antrag deshalb ableh-
nen. Entwicklungspolitik dürfe nicht den Interessen der
Industrie dienen. Elitebildung würde vor allem in den
markt- und liberalisierungsbezogenen Ansätzen gefördert,
dieser Ansatz sollte nicht transportiert werden. Marktfrei-
heit sei nicht gleichzusetzen mit Entwicklung. Die Zusam-
menarbeit mit den Ankerländern sollte über Europa und
nicht über Deutschland koordiniert werden, dadurch könn-
ten die Mittel in Afrika stärker dorthin gelenkt werden, wo
es sinnvoller wäre.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE., den Antrag abzulehnen.

Berlin, den 10. Oktober 2007

Dr. Christian Ruck
Berichterstatter

Stephan Hilsberg
Berichterstatter

Hellmut Königshaus
Berichterstatter

Hüseyin-Kenan Aydin
Berichterstatter

Thilo Hoppe
Berichterstatter
Drucksache 16/7173 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

such, die einzelnen Kategorien von Entwicklungsländern
gegeneinander auszuspielen, sei falsch. EZ sei mehr als nur
internationale Sozialhilfe. Die Entwicklung der Schwellen-
und Ankerländer sei ein entscheidender Ausgangspunkt für
die Entwicklung ganzer Regionen und globaler Entwicklun-
gen. Die Bundesrepublik Deutschland müsse ein vitales
Interesse daran haben, dass die Entwicklungen in China und
Indien nicht aus dem Ruder laufen. Diese Länder sollten,
wenn sie anderen Ländern helfen würden, das in einem
Rahmen tun, der sich mit den Interessen Deutschlands de-
cke. Von diesem Ansatzpunkt aus stelle sich die entschei-
dende Frage, ob und was man tun könne, um solche Ent-
wicklungen in China, Indien und anderswo zu beeinflussen.
Unsinnig sei es, China kein Geld mehr geben zu wollen,

seits die finanzielle Zusammenarbeit mit Schwellenländern
schrittweise zu beenden, andererseits aber Partnerschaften
für den globalen Klimaschutz mit diesen Ländern zu schlie-
ßen. Solch eine Partnerschaft sei nicht umsonst zu haben.
Wenn man von den Schwellenländern verlange, dass sie un-
ter Verzicht auf Konvertierung ihrer Wälder in Wirtschafts-
wälder die grüne Lunge der Erde schützen, müsse man be-
reit sein, im Rahmen von finanzieller Zusammenarbeit Geld
in das Land zu investieren. Dabei müsse es darum gehen,
Geld in Projekte zu geben, die dem Waldschutz dienen und
alternative Einkommensmöglichkeiten schaffen, um der lo-
kalen Bevölkerung zu helfen. Wenn man argumentiere, an-
gesichts der wirtschaftlichen Stärke und der Finanzreserven
Chinas sei Entwicklungshilfe nicht mehr gerechtfertigt, re-

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