BT-Drucksache 16/7147

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -16/2088- Biologische Kohlenstoffsenken für den Klimaschutz nutzen

Vom 14. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7147
16. Wahlperiode 14. 11. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(16. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Michael Kauch,
Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/2088 –

Biologische Kohlenstoffsenken für den Klimaschutz nutzen

A. Problem

Das Kyoto-Protokoll sieht neben den sog. flexiblen Instrumenten (Emissions-
handel, Joint Implimentation – JI – und Clean Development Mechanism – CDM)
die Möglichkeit vor, die Kohlenstoffeinbindung in sog. Senken (z. B. in Wäl-
dern) innerhalb bestimmter Grenzen auf die jeweiligen nationalen Emissions-
reduktionsverpflichtungen anzurechnen. In dem Antrag wird gefordert, dass die
Bundesregierung diese Option des Kyoto-Protokolls für Wälder in Deutschland
wahrnimmt und darauf hinarbeitet, dass innerhalb des europäischen Emissions-
handels mit Zertifikaten die Nutzung von Waldsenkenprojekten berücksichtigt
wird. Darüber hinaus soll bei internationalen Verhandlungen darauf hingewirkt
werden, dass auch die Kohlenstoffspeicherung im Holz aus nachhaltig genutzten
Wäldern berücksichtigt wird. Schließlich sollen in Pilotregionen Monitoring-
Systeme für Kohlenstoffsenkenprojekte entwickelt und die Technologieent-
wicklung zur energetischen Nutzung von Biomasse aus Wäldern gefördert wer-
den.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP
C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 16/7147 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/2088 abzulehnen.

Berlin, den 21. März 2007

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Petra Bierwirth
Vorsitzende

Andreas Jung (Konstanz)
Berichterstatter

Frank Schwabe
Berichterstatter

Michael Kauch
Berichterstatter

Eva-Bulling-Schröter
Berichterstatterin

Dr. Reinhard Loske
Berichterstatter

tion der FDP empfohlen, den Antrag auf Drucksache 16/2088 Pilotregionen in Zusammenarbeit mit den Bundesländern

abzulehnen.

IV.
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-

Monitoring-Systeme für Kohlenstoffsenkenprojekte zu ent-
wickeln und zu realisieren.

Die Fraktion DIE LINKE. hob die zentrale klimapolitische
Bedeutung hervor, die dem Schutz bestehender Wälder zu-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7147

Bericht der Abgeordneten Andreas Jung (Konstanz), Frank Schwabe,
Michael Kauch, Eva Bulling-Schröter und Dr. Reinhard Loske

I.
Der Antrag auf Drucksache 16/2088 wurde in der 54. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 28. September 2006
zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit und zur Mitberatung an
den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie überwiesen.

II.
Neben den sog. flexiblen Instrumenten (Emissionshandel,
Joint Implimentation – JI – und Clean Development
Mechanism – CDM) sieht das Kyoto-Protokoll die Möglich-
keit vor, die Kohlenstoffaufnahme von Ökosystemen als
Klimaschutzmaßnahme anzurechnen. Dabei geht es um die
Kohlenstoffeinbindung in s. g. Senken (z. B. in Wäldern)
und die Möglichkeit, diese innerhalb gewisser Grenzen auf
die jeweiligen nationalen Verpflichtungen zur Emissions-
reduktion anzurechnen.

Nach dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert
werden,

– im Rahmen des internationalen Handels mit Treibhaus-
gaszertifikaten auch die Option des Artikels 3.4 des
Kyoto-Protokolls für Wälder in Deutschland wahrzuneh-
men und sich die Nettosenke im erlaubten Rahmen an-
rechnen zu lassen,

– darauf hinzuarbeiten, dass innerhalb des europäischen
Handels mit Zertifikaten, analog zum internationalen
Handel, die Nutzung von Waldsenkenprojekten auch für
die betroffenen Unternehmen möglich ist, damit diese so
kostengünstig wie möglich ihre Emissionen kompensie-
ren können,

– im Rahmen der internationalen Verhandlungen darauf
hinzuwirken, dass auch die Kohlenstoffspeicherung im
Holz aus nachhaltig genutzten Wäldern bei der Erfassung
der Bestandsdaten berücksichtigt wird, um die tatsächli-
che Leistung von nachhaltig genutzten Wirtschaftswäl-
dern in Wert zu setzen,

– in Pilotregionen in Zusammenarbeit mit den Bundeslän-
dern Monitoringsysteme für Kohlenstoffsenkenprojekte
zu entwickeln und zu realisieren und

– die Technologieentwicklung zur energetischen Nutzung
von Biomasse aus Wäldern zu fördern.

III.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Technolgie hat mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-

Die Fraktion der CDU/CSU hob die Bedeutung des Holzes
als Baustoff und Energieträger hervor und wies auf die
klimapolitische Bedeutung von Kohlenstoffsenken hin, de-
ren Anrechnungsmöglichkeit zu Recht im Kyoto-Protokoll
verankert sei. Dem Antrag sei insoweit zuzustimmen, als die-
ses Thema bei internationalen Verhandlungen zur Sprache
gebracht werden solle. Der Schwerpunkt der Bemühungen
werde allerdings eher bei der Frage liegen, inwieweit Urwäl-
der geschützt, Brandrodungen vermieden und wie insbeson-
dere in Entwicklungsländern wieder aufgeforstet werden
könne. Auf nationaler Ebene stelle sich jedoch die Frage, ob
die Möglichkeit der Anrechnung von Kohlenstoffsenken ein
ebenso wirksames Instrument des Klimaschutzes wie JI und
CDM sein könne. Dieses Instrument sei durchaus geeignet,
eine nachhaltige Forst- und Waldwirtschaft in Deutschland
zu unterstützen. Andererseits müsse verhindert werden, dass
hierdurch andere Klimaschutzbemühungen in Deutschland
eingeschränkt würden.

Die Fraktion der SPD wies auf die große Bedeutung von
Wäldern und Senken im Rahmen des Klimaschutzes hin.
Der letzte IPCC-Bericht habe gezeigt, dass darin ein großes
Potenzial zur CO2-Reduzierung liege. Dies gelte vor dem
Hintergrund von brennenden Wäldern, der Rodung von Re-
genwäldern und ausgetrockneter Moore insbesondere in Ost-
asien. Auch die Globe-Veranstaltung am 3. und 4. Juni 2007
werde sich mit dem illegalen Holzeinschlag befassen. Der
Antrag der Fraktion der FDP erwecke zu Unrecht den Ein-
druck, als seien zahlreiche Fragen des Anrechnungsverfah-
rens geklärt. Beispielsweise sei unklar, wie die BIODIV-
Anforderungen, die u. a. zur Erhaltung von „hochwertigen“
Wäldern beitrügen, erfüllt werden könnten. Insoweit bedürfe
es der Entwicklung und Durchführung von Pilotprojekten.
Die Anrechnung von Wäldern und Senken auf die Emissi-
onsreduktionsverpflichtungen sei in Deutschland skeptisch
zu beurteilen, zumal sich ein genaues Monitoring schwierig
gestalten dürfte. Der Antrag der Fraktion der FDP enthalte
zwar einige Diskussionsansätze, sei jedoch aus den genann-
ten Gründen abzulehnen.

Die Fraktion der FDP führte aus, ihr gehe es darum, das
Instrument der Anrechnung von biologischen Kohlenstoff-
senken auf die Emissionsreduktionsverpflichtungen auf
nationaler und europäischer Ebene stärker zu verankern.
Dem Thema Aufforstung müsse im Vergleich zum Thema
erneuerbare Energien bei der Klimaschutzdiskussion ins-
gesamt ein stärkeres Gewicht zukommen. Es sei nahe lie-
gend, die Kyoto-Instrumente auch für die Wälder in
Deutschland zu nutzen. Kohlenstoffsenken müssten in den
europäischen Emissionshandel einbezogen werden. Darüber
hinaus spreche sich die Fraktion der FDP dafür aus, in
sicherheit hat den Antrag auf Drucksache 16/2088 in seiner
Sitzung am 21. März 2007 beraten.

komme. Die Grundaussage des Antrags der Fraktion der
FDP, dass durch Aufforstung brachliegender Flächen Koh-

Ebene werde verschiedentlich die Anrechenbarkeit des
Schutzes und der Bewahrung vorhandener Wälder als
Klimaschutzmaßnahme gefordert, so dass hier eine weitere
Diskussion zu erwarten sei. Insoweit gebe es derzeit noch
viele methodische Unwägbarkeiten. Es bestünden erhebliche
Zweifel, ob die flexiblen Mechanismen des Kyoto-Proto-
kolls der richtige Ansatzpunkt zum Schutz der Wälder und
zum Klimaschutz seien. Der Antrag der Fraktion der FDP sei
in seiner konkreten Ausprägung abzulehnen. Die Anrech-

päischen Emissionshandel nicht möglich sei. Darüber hinaus
müsse eine Überarbeitung der EU-Emissionshandelsricht-
linie abgewartet werden.

Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP dem
Deutschen Bundestag zu empfehlen, den Antrag auf Druck-
sache 16/2088 abzulehnen.

Berlin, den 21. März 2007

Andreas Jung (Konstanz)
Berichterstatter

Frank Schwabe
Berichterstatter

Michael Kauch
Berichterstatter

Eva-Bulling-Schröter
Berichterstatterin

Dr. Reinhard Loske
Berichterstatter
Drucksache 16/7147 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

lendioxid gebunden und damit ein Beitrag zum Klimaschutz
geleistet werde, sei zutreffend. Es sei jedoch ein grundlegen-
der Unterschied, ob CO2-Emissionen z. B. durch ein fossiles
Kraftwerk tatsächlich reduziert würden, oder ob CO2-Emis-
sionen lediglich in Bäumen vorübergehend gebunden wür-
den. Beispielsweise sei es möglich, dass ein Wald z. B. durch
Waldbrände sogar zu einer CO2-Quelle werde. Beziehe man
neben CO2 auch andere Treibhausgase wie Lachgas oder
Methan ein, so schneide die Treibhausbilanz ökologischer
Forstwirtschaft – wie neuere Forschungsergebnisse zeigten –
gegenüber der monokulturellen Forstwirtschaft nicht unbe-
dingt positiv ab. Waldschutz dürfe somit nicht allein mit
Blick auf den „CO2-Markt“ betrieben werden. Wie auch die
Bundesregierung einräume, lägen die methodischen, recht-
lichen, finanziellen und technischen Voraussetzungen für
eine Bestimmung der in Wäldern gebundenen CO2-Mengen
und damit der Anrechenbarkeit von Senken derzeit nicht vor,
so dass mit dem Instrument derzeit ein „Einfallstor“ für
Manipulationsversuche geschaffen würde. Der Antrag der
Fraktion der FDP werde daher abgelehnt.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vertrat die
Auffassung, der Antrag enthalte richtige Ansatzpunkte. Dem
Schutz und der nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder
komme immer stärkere Bedeutung zu. Auf internationaler

nung von Waldbeständen in Deutschland dürfe nicht dazu
führen, dass die CO2-Bilanz im Rahmen des Klimaschutzes
„schöngerechnet“ werde. Durch diese Diskussion dürfe auch
nicht von der Notwendigkeit des Umbaus des Energiesys-
tems in Deutschland abgelenkt werden. Es dürften keine fal-
schen Anreize im Rahmen der Biodiversität gegeben und
keine „Luftbuchungen“ bei der Berechnung der nationalen
Emissionsreduktionsverpflichtungen gemacht werden.

Die Vertreterin der Bundesregierung trug vor, dass eine
Verknüpfung des Themas Klimaschutz mit dem Thema
Waldschutz grundsätzlich sachgerecht sei und daher befür-
wortet werde. Die Entwicklung der richtigen Instrumente,
um Mitnahmeeffekte und Missbrauch zu vermeiden, sei je-
doch schwierig. Die Bundesregierung habe sich darauf ver-
ständigt, die Anrechnung von Senken im Bereich der Forst-
wirtschaft, nicht jedoch bei Acker- und Weideland zu nutzen.
Es sei vorgesehen, dass vom Jahr 2008 bis 2012 4,55 Mio.
Tonnen CO2 pro Jahr in Deutschland auf das Klimaschutz-
ziel angerechnet werden könnten. Es sei geplant, die Senken-
gutschriften im internationalen Emissionshandel zu ver-
kaufen und den Erlös einem Fonds zuzuführen, der der
Förderung des Waldschutzes dienen solle. Die Forderungen
im Antrag der Fraktion der FDP gingen zu weit, weil die
Regularien zur Anrechnung von Kohlenstoffsenken noch
nicht entwickelt seien und daher eine Anrechnung im euro-

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