BT-Drucksache 16/7117

Stärkung europäischer Wettbewerbsfähigkeit - ARTEMIS und weitere gemeinsame Technologieinitiativen sinnvoll gestalten

Vom 14. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7117
16. Wahlperiode 14. 11. 2007

Antrag
der Abgeordneten Carsten Müller (Braunschweig), Ilse Aigner, Michael Kretschmer,
Katherina Reiche (Potsdam), Dorothee Bär, Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land),
Eberhard Gienger, Monika Grütters, Anette Hübinger, Hartmut Koschyk, Johann-
Henrich Krummacher, Dr. Norbert Röttgen, Uwe Schummer, Marcus Weinberg,
Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten René Röspel, Jörg Tauss, Willi Brase, Ulla Burchardt,
Dieter Grasedieck, Klaus Hagemann, Nicolette Kressl, Lothar Mark, Gesine
Multhaupt, Thomas Oppermann, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Renate Schmidt
(Nürnberg), Heinz Schmitt (Landau), Olaf Scholz, Swen Schulz (Spandau),
Dr. Peter Struck und der Fraktion der SPD

Stärkung europäischer Wettbewerbsfähigkeit – ARTEMIS und weitere
gemeinsame Technologieinitiativen sinnvoll gestalten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das 7. Forschungsrahmenprogramm (7. FRP) sieht erstmalig die Einrichtung
von öffentlich-privaten Partnerschaften in Form gemeinsamer Technologie-
initiativen (Joint Technology Initiative, JTI) vor. Diese können über gemein-
same Unternehmen gemäß Artikel 171 des EG-Vertrages umgesetzt werden.
Danach kann die Gemeinschaft gemeinsame Unternehmen gründen oder andere
Strukturen schaffen, die für die ordnungsgemäße Durchführung der Programme
für gemeinschaftliche Forschung und technologische Entwicklung erforderlich
sind. Mit dieser Ausgestaltung soll an die Arbeit der Technologieplattformen im
6. Forschungsrahmenprogramm angeknüpft und ein stärkeres Eigenengagement
der Industrie gefördert werden. Dadurch werden die Mittel von Wirtschaft,
Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft auf Gebieten, die für die Wettbewerbs-
fähigkeit relevant sind, zusammengeführt und gemeinsame strategische For-
schungsziele verfolgt. Die Einrichtung der JTI „Eingebettete IKT-Systeme“
(ARTEMIS) ist in diesem Zusammenhang eine von insgesamt sechs geplanten
Initiativen. Die Europäische Kommission (KOM) hat im Mai einen Verord-
nungsvorschlag für ARTEMIS vorgelegt.

Mit dem Unternehmen ARTEMIS soll ein einheitliches europaweites FuE-Pro-

gramm für eingebettete IKT-Systeme errichtet werden, um die Wettbewerbs-
fähigkeit der europäischen Industrie zu unterstützen. Der inhaltliche Schwer-
punkt von ARTEMIS soll dabei in der Entwicklung, der Anwendung und dem
Design interoperabler, kosteneffektiver und sicherer eingebetteter IKT-Systeme
liegen. Eingebettete intelligente Kleinst-Rechnersysteme spielen in Schlüssel-
bereichen der europäischen Industrie wie Fahrzeug- und Maschinenbau, Auto-
matisierung, Telekommunikation, Luft- und Raumfahrttechnik eine große Rolle.

Drucksache 16/7117 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Dazu trägt öffentliche Forschung, insbesondere an den Universitäten maßgeb-
lich bei. Eingebettete Systeme gehören zu den wichtigsten industriellen und
technischen Stärken der EU auf den Weltmärkten. Dabei werden insbesondere
die nächsten drei bis vier Jahre für die weitere Entwicklung wegweisend sein, da
es Prognosen zufolge bis 2010 voraussichtlich mehr als 16 Milliarden eingebet-
tete Systeme geben wird. Diese Position der EU soll auch bei künftig höheren
FuE-Ausgaben der globalen Konkurrenten gehalten und ausgebaut werden.

Die Forschungsagenda der Initiative ARTEMIS soll von privaten und öffent-
lichen Partnern gemeinsam entwickelt werden. Das Unternehmen soll nach den
Plänen der KOM als Körperschaft der Gemeinschaft mit Rechtspersönlichkeit
errichtet werden. Die Ausführung des Haushalts soll der Entlastung durch das
Europäische Parlament unterliegen, wobei Besonderheiten aufgrund des Cha-
rakters einer öffentlich-privaten Partnerschaft und des finanziellen Beitrags des
Privatsektors berücksichtigt werden sollen.

Der Vorschlag der KOM sieht vor, dass die EU aus Mitteln des 7. FRP (Spezi-
fisches Programm „Zusammenarbeit“) insgesamt 420 Mio. Euro zur Verfü-
gung stellt. Seitens der sich beteiligenden Mitgliedstaaten soll dieser Betrag um
700 bis 800 Mio. Euro ergänzt werden. Für die Bundesrepublik Deutschland ist
derzeit ein Beitrag in Höhe von 5 bis 10 Mio. Euro pro Jahr eingeplant. Von der
Wirtschaft werden für die Finanzierung der Projekte Beiträge von über 1 Mrd.
Euro erwartet. Der Umfang der für ARTEMIS vorgesehenen finanziellen Mittel
wird sich somit für den Förderzeitraum voraussichtlich auf über 2 Mrd. Euro be-
laufen.

Zur Finanzierung von ARTEMIS ist ein Mittelzufluss nur aus dem 7. FRP vor-
gesehen. Entscheidungen, die das 8. FRP betreffen, dürfen diesbezüglich nicht
vorweggenommen werden.

Die entsprechende Verordnung für ARTEMIS und der weiteren gemeinsamen
Technologieinitiativen soll auf europäischer Ebene bis Ende 2007 beschlossen
werden.

II. Der Deutsche Bundestag begrüßt,

– grundsätzlich die Initiativen der KOM, einheitliche europaweite FuE-Pro-
gramme im Rahmen öffentlich-privater Partnerschaften zu etablieren. Die
Mittel von Wirtschaft, Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft auf Gebieten,
die für die globale Wettbewerbsfähigkeit relevant sind, werden so strategisch
zusammengeführt. Dies stellt eine wichtige Unterstützung des Europäischen
Forschungsraums und somit auch der europäischen Industrie dar;

– grundsätzlich die Einrichtung der gemeinsamen Technologieinitiativen, ins-
besondere auch von ARTEMIS. Der Rat für Wettbewerbsfähigkeit hat am
28. September 2007 in seinen Beratungen die Einrichtung der gemeinsamen
Technologieinitiativen begrüßt und deren Ausgestaltung konkretisiert. Deren
Einrichtung bietet die Möglichkeit, nationale Fachprogramme der Mitglied-
staaten mit der Förderprogrammatik des 7. FRP zu verzahnen. Zudem wird
die maßgebliche Einbeziehung der europäischen Industrie möglich. Durch
gemeinsame Technologieinitiativen wird ebenfalls ein wichtiger Beitrag zur
Erreichung der Lissabon-Ziele geleistet.

III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– dafür Sorge zu tragen, dass bei der Einrichtung gemeinsamer Technologie-
initiativen nur notwendige und keine zusätzlichen dauerhaften europäischen
Strukturen geschaffen werden, sondern maßgeblich und so weit möglich auf

bereits vorhandene Strukturen zurückgegriffen wird. Die inhaltliche Projekt-
förderung muss absolut im Vordergrund stehen;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7117

– darauf hinzuwirken eine offene Struktur zu wählen, die es auch nachträglich
weiteren Interessenten ermöglicht, sich an dem Unternehmen zu beteiligen;

– dafür zu werben, dass sich relevante öffentliche Forschungseinrichtungen
aktiv an der Arbeit beteiligen;

– aufgrund der großen Bedeutung wirksamer, gemeinsamer Ansätze und im
Hinblick auf die sinnvolle, zweckgerichtete Verwendung europäischer För-
dergelder darauf hinzuwirken, dass EU-Förderung und nationale Förderung
im IKT-Bereich künftig ein Höchstmaß an programmatischer und strate-
gischer Abstimmung aufweisen und Doppelförderung vermieden wird;

– die Anwendungsorientierung im Rahmen der gemeinsamen Technologie-
initiativen sicherzustellen;

– dafür Sorge zu tragen, dass der Industrie, im Rahmen der Partnerschaft zwi-
schen öffentlichem und privatem Sektor, neben den zu beteiligenden Mit-
gliedstaaten entsprechende Mitverantwortung für die Leitung der gemeinsa-
men Unternehmen übertragen wird. Die Leitung muss im Sinne einer „public
private partnership“ gewährleistet und mit einem dem finanziellen Engage-
ment entsprechenden Einfluss der beteiligten Industrie gestaltet sein. Mit-
nahmeeffekte sind wirksam auszuschließen;

– die maßgeblichen Einflussmöglichkeiten der Mitgliedstaaten, sofern diese
beteiligt sind, auf Ebene der einzelnen Projektanträge der gemeinsamen
Technologieinitiativen sicherzustellen;

– dafür Sorge zu tragen, dass eine angemessene Beteiligung von KMU an den
gemeinsamen Technologieinitiativen gesichert wird. Im Rahmen der Techno-
logieinitiativen kann das große und wichtige Innovationspotential von KMU
nutzbar gemacht werden;

– sicherzustellen, dass die maximale Laufzeit von ARTEMIS zehn Jahre – von
2008 bis 2017 – beträgt, und darauf hinzuwirken, dass eine Auflösungs-
klausel, die auch eine eventuelle vorzeitige Beendigung ermöglicht, festge-
schrieben wird. Zur Effizienzüberprüfung sind entsprechende Evaluierungs-
mechanismen vorzusehen. Auf Basis dieser Evaluierungsergebnisse soll
dann über die weitere Zukunft von ARTEMIS bzw. entsprechender Aktivitä-
ten auf europäischer Ebene entschieden werden;

– die angemessene Stimmgewichtung der Mitgliedstaaten im ARTEMIS-Ver-
waltungsrat in Relation zu den Beiträgen der teilnehmenden Mitgliedstaaten
sicherzustellen;

– dafür Sorge zu tragen, dass die aufgeführten und für die Begleitung von
ARTEMIS aufgestellten Forderungen bei der Errichtung und Umsetzung
aller gemeinsamen Technologieinitiativen in adäquater Form und unter Be-
rücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten Anwendung finden, um eine
kohärente Anwendung der Initiativen insgesamt zu gewährleisten.

Berlin, den 14. November 2007

Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und Fraktion
Dr. Peter Struck und Fraktion

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