BT-Drucksache 16/6998

Reaktion auf die Krise der staatlichen Banken

Vom 7. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6998
16. Wahlperiode 07. 11. 2007

Antrag
der Abgeordneten Frank Schäffler, Martin Zeil, Dr. Hermann Otto Solms,
Carl-Ludwig Thiele, Dr. Volker Wissing, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks,
Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher,
Patrick Döring, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen,
Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Hellmut Königshaus,
Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann,
Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Michael Link (Heilbronn), Markus
Löning, Horst Meierhofer, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Marina
Schuster, Dr. Rainer Stinner, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia
Winterstein, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Reaktion auf die Krise der staatlichen Banken

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Turbulenzen der letzten Monate auf den internationalen Finanzmärkten
wurden ausgelöst durch eine Krise am US-Hypothekenmarkt. Deutsche Staats-
banken sind hier in erheblichem Ausmaß engagiert. Es stellt sich die Frage, ob
die spekulativen Engagements in diesem Umfang und die Auswirkungen auf
den deutschen Finanzplatz hätten verhindert werden können. Insbesondere stellt
sich die Frage, ob das Bundesministerium der Finanzen aufgrund des Miteigen-
tums der Kreditanstalt für Wiederaufbau Bankengruppe (KfW) an der Deut-
schen Industriebank AG (IKB) über die Gremien der IKB und der KfW oder
über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eher hätte ein-
schreiten können. Die Bundesregierung trifft eine besondere Verantwortung,
weil der Bund über die KfW faktisch wie ein Mehrheitsgesellschafter, ohne eine
Mehrheitsbeteiligung zu besitzen, aufgetreten ist.

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PWC) hat laut
Medienberichten im Rahmen einer Sonderprüfung der IKB festgestellt, dass
allein das von der Zweckgesellschaft Rhineland Funding bis zum 31. Juli 2007
auf 13,2 Mrd. Euro gestiegene Portfolio – davon 52 Prozent mit höherem Aus-
fallrisiko – mit Liquiditätszusagen von mehr als 8 Mrd. Euro die Risikotrag-
fähigkeit der IKB bei weitem überstiegen habe. PWC hat laut Medienberichten
festgestellt, dass der Aufsichtsrat der IKB und damit auch die KfW und die
Spitze des Bundesministeriums der Finanzen, die im Aufsichtsrat der IKB ver-
treten sind, über die Liquiditätszusagen an Rhineland Funding unterrichtet wa-
ren. Gerade die Liquiditätszusagen gegenüber den Zweckgesellschaften hätten
jedoch den Aufsichtsrat der IKB hellhörig machen müssen. Die Zweckgesell-
schaften wurden seit dem Geschäftsjahr 2001/2002 in jedem Geschäftsbericht

Drucksache 16/6998 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
der IKB an mehreren Stellen erwähnt. Im Jahr 2005 wies eine IKB-interne
Studie mit dem Titel „California dreamin“ auf Risiken am US-Hypotheken-
markt hin und forderte vorsichtigere Engagements. Bei der Überwachung des
Vorstands hätte der Aufsichtsrat, spätestens als die massiven Risiken bekannt
wurden, auch selbst nachfragen und weitere Informationen verlangen müssen.

Die Bundesregierung hat die Öffentlichkeit bisher nur ausweichend unter Beru-
fung auf vermeintliche Verschwiegenheitspflichten informiert. Es besteht je-
doch ein öffentliches Interesse daran, zu erfahren, wie es fast zur „größten Ban-
kenkrise seit 1931“ – so die Einschätzung des Präsidenten der BaFin Jochen
Sanio – gekommen wäre. Deshalb muss die Bundesregierung ihre Rolle im Rah-
men der Krise vor dem Deutschen Bundestag erläutern.

Eine Lehre aus der Krise der IKB ist, dass sich Banken mit staatlicher Beteili-
gung auf ihr Kerngeschäft konzentrieren müssen. Wer mit Steuergeldern ope-
riert, darf sich nicht auf spekulative Geschäfte einlassen, die nichts mit dem Ge-
schäftszweck zu tun haben und weit über die eigene Risikotragfähigkeit hinaus-
gehen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die Öffentlichkeit über ihr Verhalten während der Krise der Kreditinstitute
mit staatlicher Beteiligung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen um-
fassend zu informieren;

2. in ihrem Verantwortungsbereich darauf zu dringen, dass die Geschäftspolitik
der Kreditinstitute mit staatlicher Beteiligung im Lichte der zu Tage getrete-
nen Probleme überprüft wird, und dafür Sorge zu tragen, dass derartige Fehl-
entwicklungen künftig ausgeschlossen werden;

3. sich dafür einzusetzen, dass die Anteile des Bundes an der IKB unverzüglich
nach dem Jahresabschluss 2007 bis zum 30. Juni 2008 an einen privaten In-
vestor verkauft werden.

Berlin, den 7. November 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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