BT-Drucksache 16/6861

Äußerungen des Staatssekretärs im Bundesministeriums des Innern zur Weiterentwicklung des Völkerrechts mit Blick auf die terroristische Bedrohung

Vom 24. Oktober 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6861
16. Wahlperiode 24. 10. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Gisela Piltz, Florian Toncar, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks,
Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika
Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Horst
Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Miriam Gruß, Joachim Günther
(Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit
Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L.
Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk,
Harald Leibrecht, Ina Lenke, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Michael Link
(Heilbronn), Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-
Sönksen, Dirk Niebel, Detlef Parr, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Dr. Max Stadler,
Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Äußerungen des Staatssekretärs im Bundesministerium des Innern
zur Weiterentwicklung des Völkerrechts mit Blick auf die terroristische Bedrohung

In der Oktober-Ausgabe des „Berliner Behörden Spiegel“ plädiert Dr. August
Hanning, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für eine Diskussion
über die Fortentwicklung des Völkerrechts. Die asymmetrische Bedrohung
durch den islamistischen Terrorismus stelle bisherige Regelungen in Frage.
Neue Bedrohungsszenarien erforderten neue Antworten und Strategien. Das
Auswärtige Amt habe bereits damit begonnen, mit Völkerrechtlern aus Europa
sowie den USA Diskussionen zu führen, um eine Fortentwicklung des Völ-
kerrechts zu erreichen. Beispielsweise stelle sich die Frage nach dem Kombat-
tantenstatus der Terroristen. Auch müsse eine Auseinandersetzung mit der Frage
stattfinden, wie der „äußere Feind“ zu definieren sei.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass das Völkerrecht mit Blick auf die
terroristische Bedrohung weiterentwickelt werden müsse, wenn ja, mit
welchem Ziel und in welche Richtung, und wie begründet sie ihre diesbezüg-
liche Auffassung?

2. Welche konkreten Regelungsbereiche und Normen des Völkerrechts hat die

Bundesregierung dabei im Sinn?

3. Beabsichtigt die Bundesregierung eine andere Auslegung von Rechtsbegrif-
fen des Völkerrechts, und wenn ja, an welche Begriffe denkt sie dabei, und in
welche Richtung sollen diese entwickelt werden?

Drucksache 16/6861 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4. Welche Regelungslücken sieht die Bundesregierung im geltenden Völker-
recht im Zusammenhang mit der Bekämpfung des internationalen Terro-
rismus, und wie begründet sie ihre diesbezügliche Auffassung?

5. Worin bestehen im Zusammenhang mit der Bekämpfung des internationalen
Terrorismus die wesentlichen Unterschiede in der Interpretation des Völker-
rechts in den USA einerseits und in Europa und insbesondere in Deutsch-
land andererseits?

6. Trifft es zu, dass das Auswärtige Amt mit Völkerrechtlern aus Europa sowie
aus den USA über eine Fortentwicklung des Völkerrechts diskutiert, und
wenn ja, mit wem, seit wann und mit welchem Ziel?

7. Wie stellt sich der gegenwärtige Diskussionsstand dar?

8. Innerhalb welchen Zeitraums sollen die Diskussionen abgeschlossen sein,
und wie sollen die Diskussionsergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich ge-
macht werden?

9. Welche Vorteile bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus ergä-
ben sich nach Ansicht der Bundesregierung, wenn man Terroristen einen
Kombattantenstatus zuerkennen würde, und wie begründet sie ihre diesbe-
zügliche Auffassung?

10. Welche zusätzlichen Eingriffsbefugnisse erhofft sich die Bundesregierung
darüber hinaus aus der Anwendung völkerrechtlicher Vorschriften auf die
Terrorismusbekämpfung?

11. Ist die Frage des Kombattantenstatus von Terroristen Gegenstand der Erör-
terungen zwischen dem Auswärtigen Amt und Völkerrechtlern, und wenn
ja, wie stellt sich der gegenwärtige Diskussionsstand dar?

12. Wer ist nach Ansicht der Bundesregierung der „äußere Feind“, von dem in
dem Interview mit dem „Berliner Behörden Spiegel“ die Rede ist?

13. Wie definiert die Bundesregierung den Begriff „Feind“?

14. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass es angesichts der terroris-
tischen Bedrohung des Begriffs des Feindes bedarf, und wie begründet sie
ihre diesbezügliche Auffassung?

15. Wie definiert die Bundesregierung den Begriff „Terrorist“?

16. Wie definiert die Bundesregierung den Begriff „Gefährder“?

17. Wird bei den Gesprächen mit Völkerrechtlern darüber diskutiert, Terroris-
ten, „Feinde“ oder „Gefährder“ einem spezifischen Rechtsregime zu unter-
stellen, wenn ja, welche Auswirkungen hätte dies auf deren Stellung als
Rechtssubjekt, auf die Menschenwürde und auf den Schutz der Grundrech-
te?

18. Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass durch Anwendung des Völker-
rechts, auch des Kriegsvölkerrechts, auf die als Straftaten zu beurteilenden
und zu verfolgenden Handlungen von Terroristen die innerstaatliche
Rechtsordnung einschließlich der Gewährleistung eines effektiven Rechts-
schutzes zurückgedrängt wird?

19. Will die Bundesregierung darauf hinwirken, dass der Kriegsfall völker-
rechtlich neu definiert wird, und sieht sie dies als im Einklang mit dem
Grundgesetz stehend an, falls ja, wie gelangt sie zu dieser Auffassung?

20. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass terroristische Angriffe nach
dem geltenden Völkerrecht als kriegerische Handlung eingestuft werden
können?

Falls ja, unter welchen Voraussetzungen?
Falls nein, will sie eine entsprechende Änderung bewirken?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6861

21. Sofern die Bundesregierung der Auffassung ist, dass terroristische Angriffe
bereits heute als kriegerische Handlung eingestuft werden können oder zu-
künftig als solche eingestuft werden sollten, wie ist dies ihrer Ansicht nach
mit dem Grundgesetz zu vereinbaren?

22. Trifft es zu, dass Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble eine europä-
ische Vereinbarung über den Umgang mit Terrorverdächtigen, die mangels
Beweisen nicht in Haft genommen werden können, anstrebt und in eine sol-
che Vereinbarung auch die Vereinigten Staaten von Amerika einbeziehen
möchte?

23. Wenn ja, was soll in einer solchen Vereinbarung geregelt werden?

Berlin, den 24. Oktober 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.