BT-Drucksache 16/6799

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Lothar Bisky, Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und der Fraktion DIE LINKE. -16/5277- Einkommensteuertarif gerecht gestalten - Steuerentlastung für geringe und mittlere Einkommen umsetzen

Vom 24. Oktober 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6799
16. Wahlperiode 24. 10. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Lothar Bisky, Dr. Gregor
Gysi, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/5277 –

Einkommensteuertarif gerecht gestalten – Steuerentlastung für geringe und
mittlere Einkommen umsetzen

A. Problem

Die Vorschriften über den Einkommensteuertarif sind ein Kernstück des Ein-
kommensteuerrechts, da sich aus der Verbindung von Bemessungsgrundlage
und Tarifvorschrift die Höhe der tatsächlichen steuerlichen Belastung errech-
net. Nach Auffassung der Antragsteller sind in den zurückliegenden Jahren
Entlastungen bei hohen Einkünften erheblich stärker ausgefallen als bei mittle-
ren und niedrigen Einkommen. Ursächlich für die unterschiedliche Entlas-
tungswirkung sei die Gestaltung des Tarifverlaufs bei der Einkommensteuer.
Darüber hinaus seien zusätzliche Belastungen von Arbeitnehmerhaushalten
durch die Begrenzung der Entfernungspauschale und die Anhebung der Mehr-
wertsteuer zu verzeichnen. Während Unternehmens- und Vermögenseinkom-
men in den vergangenen Jahren erheblich angestiegen seien, blieben Arbeit-
nehmerhaushalte weitgehend von dieser Entwicklung abgekoppelt. Vor diesem
Hintergrund sei die Anhebung der verfügbaren Einkommen für niedrige und
mittlere Einkommensschichten anzustreben.

B. Lösung

Mit dem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, eine Reform des Ein-
kommensteuertarifs umzusetzen. Der Tarif soll folgende Merkmale aufweisen:
Einkommen bis zur Höhe von 8 000 Euro werden nicht besteuert (steuerfreies
Existenzminimum). Der Eingangssteuersatz liegt bei 15 Prozent. Der Spit-
zensteuersatz wird bei einem zu versteuernden Einkommen von 60 000 Euro
erreicht und auf 50 Prozent angehoben. Der Tarifverlauf wird durchgehend
linear progressiv ausgestaltet.

Ablehnung mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Die Höhe der finanziellen Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte wird in
dem Antrag nicht beziffert.

Drucksache 16/6799 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/5277 abzulehnen.

Berlin, den 10. Oktober 2007

Der Finanzausschuss

Eduard Oswald
Vorsitzender

Olav Gutting
Berichterstatter

Dr. Axel Troost
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6799

Bericht der Abgeordneten Olav Gutting und Dr. Axel Troost

A. Allgemeiner Teil

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/5277 in seiner 101. Sitzung am 25. Mai 2007 dem Finanz-
ausschuss zur alleinigen Beratung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Antragsteller vertreten die Auffassung, dass in den zu-
rückliegenden Jahren Steuerentlastungen bei höheren Ein-
kommen erheblich stärker ausgefallen seien als bei niedri-
geren Einkommensgruppe. Ursächlich sei die Gestaltung
des Tarifverlaufs. Hinzu träten Mehrbelastungen durch die
steuerliche Begrenzung der Entfernungspauschale und die
Anhebung der Mehrwertsteuer. Vor diesem Hintergrund sei
eine Reform des Einkommensteuertarifs anzustreben, bei
der Einkommen bis zur Höhe von 8 000 Euro steuerfrei zu
belassen seien (Existenzminimum) und der Eingangssteuer-
satz bei 15 Prozent liege. Der Spitzensteuersatz solle bei ei-
nem zu versteuernden Einkommen von 60 000 Euro erreicht
und auf 50 Prozent angehoben werden. Der Tarifverlauf sei
durchgehend linear progressiv auszugestalten.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
Ausschuss

Der Finanzausschuss hat den Antrag in seiner 70. Sitzung
am 10. Oktober 2007 abschließend behandelt.

Die antragstellende Fraktion DIE LINKE. wies darauf hin,
dass durch die Linearisierung der Progression alle Einkom-
men bis 64 900 Euro, aber insbesondere Einkommen im ho-
hen mittleren Bereich entlastet würden. Es seien hierdurch
Mindereinnahmen von 9 Mrd. Euro zu erwarten. Dies siche-
re die Konjunktur durch eine Stärkung des privaten Kon-
sums ab und wirke deutlich gerechter als die Abschaffung
des Solidaritätszuschlags, was besonders Spitzenverdiener
entlaste.

Die Bundesregierung bezifferte die zu erwarteten Einnah-
meausfälle deutlich höher, nämlich auf 13 Mrd. Euro. Sie
verdeutlichte, dass durch die Entlastungen der vergangenen

Jahre eine Familie mit zwei Kindern bei eingerechnetem
Kinderfreibetrag bereits heute 37 500 Euro steuerfrei ver-
einnahmen könne, was deutlich über dem Durchschnittsver-
dienst liege. Dies resultiere auch aus den im europäischen
Vergleich hohen Grundfreibeträgen. Darüber hinaus werde
durch die Progression bereits eine gewollte Steuerlastvertei-
lung erzielt, so dass die einkommensstärksten 5 Prozent der
Bevölkerung 45 Prozent des Steueraufkommens trügen,
obwohl sie nur 26,7 Prozent der Einkünfte erzielten.

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD haben
im Verlauf der Ausschussberatungen hervorgehoben, dass
die Steuerlast bei einem Einkommen von 12 700 Euro kei-
neswegs die im Antrag angegebenen 23,5 Prozent, sondern
durchschnittlich 7,7 Prozent betrage. Der vorgeschlagene
Spitzensteuersatz würde aber die Leistungsträger der Ge-
sellschaft, die hohe, aber nicht exorbitante Einkommen er-
zielten, durch die Zusatzbelastung stark demotivieren. Eine
Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sei der
bessere Weg, den Konsum zu steigern und Arbeitsplätze zu
schaffen.

Die Fraktion der FDP machte geltend, dass ein niedrigeres
und einfacheres Steuersystem nötig sei und verwies in die-
sem Zusammenhang auf das eigene, bereits in der vergange-
nen Wahlperiode vorgelegte Konzept. Der vorliegende An-
trag verspreche das Steuersystem weder zu vereinfachen,
noch die Steuerlast zu senken. Er sei daher abzulehnen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sprach sich
gleichfalls gegen den Antrag aus und ergänzte die Äußerung
der Bundesregierung zur Steuerlastverteilung um den Hin-
weis, dass die einkommensschwächsten 10 Prozent der Be-
völkerung nur 0,6 Prozent zum Steueraufkommen beitrügen
und die durchschnittliche Jahressteuer bei Geringverdienern
im Bereich von 500 Euro läge. Zudem sei der vorgeschlagene
Spitzensteuersatz von 50 Prozent inakzeptabel, da er sich mit
den Sozialversicherungsbeiträgen auf eine Gesamtabgaben-
belastung von zwei Drittel der Einnahmen summiere.

Der Ausschuss hat empfohlen, den Antrag mit den Stimmen
der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. abzulehnen.

Berlin, den 10. Oktober 2007

Olav Gutting
Berichterstatter

Dr. Axel Troost
Berichterstatter

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