BT-Drucksache 16/6732

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Axel Troost, Dr. Herbert Schui, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/4485- Ermäßigung des Mehrwertsteuersatzes für Produkte und Dienstleistungen für Kinder auf 7 Prozent

Vom 17. Oktober 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6732
16. Wahlperiode 17. 10. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Axel Troost, Dr. Herbert
Schui, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/4485 –

Ermäßigung des Mehrwertsteuersatzes für Produkte und Dienstleistungen für
Kinder auf 7 Prozent

A. Problem

Der Kinderschutzbund geht von 2,5 Millionen Kindern im Jahr 2006 aus, die in
Deutschland in Armut leben. Der Armutsforscher Christoph Butterwegge be-
fürchtet, dass die Kinderarmut durch die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes
auf 19 Prozent, die Gesundheitsreform und die Einführung der sogenannten
Hartz IV-Leistungen weiter ansteigen wird.

B. Lösung

Mit dem Antrag wird angestrebt, die Bundesregierung zu einer Gesetzesinitia-
tive aufzufordern, mit der Waren und Dienstleistungen für Kinder lediglich mit
dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz belegt werden.

Ablehnung mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Angaben zu den haushaltsmäßigen Auswirkungen sind in dem Antrag nicht
enthalten.

Drucksache 16/6732 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/4485 abzulehnen.

Berlin, den 17. Oktober 2007

Der Finanzausschuss

Eduard Oswald
Vorsitzender

Manfred Kolbe
Berichterstatter

Dr. Barbara Höll
Berichterstatterin

Ausschusses mit dem gesamten Komplex an. Nicht zielfüh-
Portugal wegen der Anwendung des ermäßigten Mehrwert-
rend sei es hingegen, wenige Wochen vor der Fertigstellung
dieses Berichts die Anwendung des ermäßigten Mehrwert-
steuersatzes auf eine weitere Produktgruppe zu beantragen.

steuersatzes auf Babywindeln. Diese zeigten, dass es auch die
Europäische Kommission für EU-rechtswidrig halte, wenn
die Bundesregierung dem Antrag folgen würde.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6732

Bericht der Abgeordneten Manfred Kolbe und Dr. Barbara Höll

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/4485 in seiner 94. Sitzung am 26. April 2007 dem Finanz-
ausschuss federführend sowie dem Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend sowie dem Haushaltsausschuss
zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

In dem Antrag wird das Ausmaß der Kinderarmut in
Deutschland ausgehend von den Angaben des Kinder-
schutzbundes dargestellt. Diese Situation werde sich ins-
besondere aufgrund der Erhöhung des Mehrwertsteuer-
regelsatzes auf 19 Prozent in den nächsten Jahren weiter
verschlechtern. Dagegen sei Kinderbekleidung in europäi-
schen Staaten wie Irland und Großbritannien vollständig
von der Mehrwertsteuer befreit. Zur finanziellen Entlastung
vor allem alleinerziehender Mütter und Väter sowie soziale
Grundsicherung beziehender Familien sei es dringend erfor-
derlich, Produkte und Dienstleistungen für Kinder lediglich
mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz zu belasten.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend hat den Antrag in seiner 41. Sitzung am 10. Oktober
2007 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen der CDU/CSU und SPD sowie den Stimmen
der Fraktionen FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ge-
gen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE., den Antrag ab-
zulehnen.

Der Haushaltsausschuss hat den Antrag in seiner 50. Sit-
zung am 10. Oktober 2007 beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen sowie der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion der
FDP, den Antrag abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der federführende Finanzausschuss hat den Antrag in sei-
ner 70. Sitzung am 10. Oktober 2007 behandelt und seine
Beratungen abgeschlossen.

Der Finanzausschuss empfiehlt die Ablehnung des Antrags.

Die Koalitionsfraktionen erinnerten daran, dass der Aus-
schuss die Bundesregierung aufgefordert habe, einen Be-
richt zur Mehrwertbesteuerung in Deutschland vorzulegen,
der für Ende Oktober dieses Jahres zugesagt ist. Im Zusam-
menhang mit diesem Bericht strebe man eine Befassung des

litionsfraktionen, dass die Verwirklichung der mit dem An-
trag geforderten Maßnahme nicht mit EU-Recht vereinbar
sei. Vielmehr wäre hierzu eine entsprechende Initiative im
Europäischen Rat notwendig. Außerdem sei eine differen-
ziertere Betrachtung von Waren und Dienstleistungen für
Kinder notwendig, als sie im Antrag vorgenommen wird.
Viele Produkte für Kinder unterlägen bereits dem ermäßig-
ten Steuersatz. Andere, wie beispielsweise Computerspiel-
konsolen, wolle man aus politischen Gründen nicht ermä-
ßigt besteuern.

Die antragstellende Fraktion DIE LINKE. betonte, dass
der Antrag einen Vorstoß der Bundesministerin für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend aufgreife. Es sei außerdem auf-
grund der sich laufend verschlechternden Lebenssituation
von Kindern, die in Armut leben, dringend geboten, ihre
mehrwertsteuerliche Entlastung kurzfristig zu realisieren.
Entsprechende Änderungen dürften nicht erst im Rahmen
einer grundlegenden Überarbeitung des Mehrwertsteuer-
kataloges und der Verabschiedung einer EU-Richtlinie reali-
siert werden. Die im Antrag enthaltene Maßnahme trüge zur
Lösung des Problems zielgenau und politisch vertretbar bei.

Die Fraktion der FDP begründete ihre Ablehnung mit der
ungenügenden Bestimmtheit des Antrags und der fehlenden
EU-Rechtskonformität. Außerdem müsse dies grundsätz-
lich, wie vom Ausschuss geplant, im Zusammenhang einer
Befassung mit dem Gesamtkomplex der Mehrwertbesteue-
rung behandelt werden. Dabei seien im Katalog der ermä-
ßigt besteuerten Waren und Dienstleistungen systematisch
Luxusartikel zu streichen. Lediglich der Grundbedarf dürfe
ermäßigt besteuert werden.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hob hervor,
dass der Antrag nicht dazu geeignet sei, dem Problem der
Kinderarmut abzuhelfen. Häufig würden Mehrwertsteuer-
satzsenkungen nicht über entsprechende Preissenkungen an
die Verbraucher weitergegeben, womit dieser Antrag mehr
die Industrie fördere als Kinderarmut lindere.

Dem widersprach die Fraktion DIE LINKE. Bei der derzei-
tigen Wettbewerbssituation im Einzelhandel würden Kos-
tensenkungen an die Verbraucher weitergegeben.

Die Bundesregierung vertrat im Rahmen der Ausschuss-
erörterungen die Auffassung, dass dem Antrag aus grund-
sätzlichen Erwägungen nicht gefolgt werden solle. Vielmehr
verwies sie für eine umfassende Befassung mit dem Themen-
komplex auf die Vorlage des Berichts im Oktober dieses Jah-
res. Außerdem schloss sich die Bundesregierung der Auffas-
sung an, dass Mehrwertsteuersatzsenkungen nicht zwingend
über Preissenkungen an die Verbraucher weitergegeben wer-
den. Zur Frage der EU-rechtlichen Zulässigkeit des Antrags
verwies die Bundesregierung auf die EU-Vertragsverlet-
zungsverfahren gegen Tschechien, Ungarn, Malta, Polen und
Aus diesem Grund müsse der Antrag zum heutigen Zeit-
punkt abgelehnt werden. Darüber hinaus betonten die Koa-

Die Fraktion DIE LINKE. bat abschließend darum, dass der
Bericht der Bundesregierung auch die Frage der EU-recht-

Drucksache 16/6732 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

lichen Möglichkeiten zur Einführung weiterer Mehrwert-
steuerermäßigungen aufnehme.

Die Ausschussempfehlung wurde mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
beschlossen.

Berlin, den 17. Oktober 2007

Manfred Kolbe
Berichterstatter

Dr. Barbara Höll
Berichterstatterin

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