BT-Drucksache 16/6534

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Ina Lenke, Carl-Ludwig Thiele, Sibylle Laurischk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP - 16/5114 - Sofortprogramm für mehr Kinderbetreuung 2. zu dem Antrag der Abgeordneten Ekin Deligöz, Christine Scheel, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - 16/5426 - Verbindlichen Ausbau der Kindertagesbetreuung jetzt regeln - Verlässlichkeit für Familien schaffen

Vom 28. September 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6534
16. Wahlperiode 28. 09. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
(13. Ausschuss)

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Ina Lenke, Carl-Ludwig Thiele, Sibylle
Laurischk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/5114 –

Sofortprogramm für mehr Kinderbetreuung

2. zu dem Antrag der Abgeordneten Ekin Deligöz, Christine Scheel, Volker Beck
(Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/5426 –

Verbindlichen Ausbau der Kindertagesbetreuung jetzt regeln – Verlässlichkeit für
Familien schaffen

A. Problem

Die Herstellung eines qualitätsorientierten und bedarfsgerechten Bildungs- und
Betreuungsangebots für Kinder ist eines der vordringlichsten und zentralen Zu-
kunftsprojekte in Deutschland. Neben einer nachhaltigen und gezielten finan-
ziellen Stärkung der Familien und einer familienbewussten Arbeitswelt ist der
Ausbau der Betreuungsinfrastruktur die dritte Säule des familienpolitischen
Konzepts der Bundesregierung und der sie tragenden Fraktionen. Mit dem Ge-
setz zum qualitätsorientierten und bedarfsgerechten Ausbau der Kindertages-
betreuung (Tagesbetreuungsausbaugesetz – TAG) vom 27. Dezember 2004 wur-
den die Grundlagen für einen Ausbau des Betreuungsangebots für unter dreijäh-
rige Kinder gelegt. Strebte dieses Gesetz noch einen Ausbau um 230 000 Plätze
bis zum Jahr 2010 an, so hat der Kabinettsbeschluss vom 5. September 2007 auf
der Grundlage einer entsprechenden Vereinbarung mit den Ländern und Kom-
munen das Ziel formuliert, 750 000 Betreuungsplätze bis zum Jahr 2013 zu

schaffen. Damit soll rund ein Drittel der unter Dreijährigen mit Betreuungs-
plätzen versorgt werden.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat sich mit dem
Ausbau der Tagesbetreuung insbesondere für unter dreijährige Kinder bereits
mehrfach befasst und dem Plenum zuletzt im Mai 2007 (Drucksache 16/5397)
dazu berichtet. Zwischenzeitlich haben die Fraktionen FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN erneut Anträge zu diesem Thema vorgelegt, die von April bzw.

Drucksache 16/6534 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Mai 2007 datieren und vor dem Hintergrund des damaligen Diskussionsstandes
die jeweiligen Standpunkte der beiden Fraktionen verdeutlichen und auch eige-
ne Vorschläge zur Durchführung und Finanzierung des Ausbaus vorlegen. Die
aktuelle Entwicklung konnte indes in diesen Anträgen noch nicht berücksichtigt
werden.

B. Lösung

1. Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/5114 mit den Stimmen
der Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP

2. Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/5426 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE.

C. Alternativen

Annahme der genannten Anträge.

D. Kosten

Keine

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6534

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

1. den Antrag auf Drucksache 16/5114 abzulehnen,

2. den Antrag auf Drucksache 16/5426 abzulehnen.

Berlin, den 21. September 2007

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Kerstin Griese
Vorsitzende

Ingrid Fischbach
Berichterstatterin

Caren Marks
Berichterstatterin

Ina Lenke
Berichterstatterin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Britta Haßelmann
Berichterstatterin

erfolgen. Weiterhin fordert der Antrag, auf eine Trägerviel-
falt unter Einbeziehung privater und privat-gewerblicher

für die Inanspruchnahme von Kindertagesbetreuung im
Krippenbereich sowie für den Ausbau von Ganztagsangebo-
Initiativen sowie betrieblicher und betriebsnaher Einrichtun-
gen hinzuwirken. Um mehr Wettbewerb zu erreichen, solle
hierbei die Objektförderung, d. h. die Förderung einer Ein-
richtung, auf die Subjektförderung, also auf die Förderung

ten im Kindergartenbereich für die Qualitätsverbesserung im
gesamten Elementarbereich sowie zur Gebührenreduzierung
eingesetzt werden. Ferner enthält der Antrag die Forderung
nach Einführung einer Kinderbetreuungskarte als zweck-
Drucksache 16/6534 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Ingrid Fischbach, Caren Marks, Ina Lenke,
Jörn Wunderlich und Britta Haßelmann

I. Überweisung

Die Vorlagen auf Drucksachen 16/5114 und 16/5426
wurden in der 106. Sitzung des Deutschen Bundestages am
22. Juni 2007 dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend zur federführenden Beratung überwiesen.
Außerdem wurde der Antrag auf Drucksache 16/5114 dem
Innenausschuss und dem Finanzausschuss und der Antrag
auf Drucksache 16/5426 dem Finanzausschuss und dem
Haushaltsausschuss zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

1. Antrag auf Drucksache 16/5114

Der Antrag der Fraktion der FDP vom April 2007 ermittelt
Wahlfreiheit der Menschen, mehr Freiraum für persönliche
Lebensgestaltung, mehr Eigeninitiative sowie eine Vielfalt
von Trägern von Kinderbetreuungseinrichtungen als zentrale
Grundlagen der Familienpolitik. Die Wahlfreiheit der Eltern
setze allerdings voraus, dass verschiedenste Formen der
Tagesbetreuung auch tatsächlich zur Verfügung stünden. Vor
diesem Hintergrund weist der Antrag auf den bestehenden
Mangel an Tagesbetreuungsplätzen hin. Nur für 13,7 Prozent
der Kinder unter drei Jahren habe im Jahr 2005 ein Betreu-
ungsplatz zur Verfügung gestanden, wobei die Quote zwi-
schen 39,8 Prozent in Ostdeutschland und lediglich 9,6 Pro-
zent in den westlichen Bundesländern differiere. Zwar hätten
Bund, Länder und Gemeinden Anfang April 2007 den Aus-
bau der Betreuungsplätze bis zu einer Quote von 35 Prozent
beschlossen, dies jedoch erst bis zum Jahr 2013.

Vor diesem Hintergrund fordert der Antrag den sofortigen
und schnellen Ausbau der Kindertagesbetreuung für Kinder
unter drei Jahren. Bereits bis zum 31. Dezember 2008 sollten
das Angebot auf 500 000 Plätze ausgeweitet und damit das
im TAG gesetzte Ziel der Schaffung von 230 000 zusätz-
lichen Plätzen bereits Ende 2008 und nicht erst 2010 erreicht
werden. Die Finanzierung für einen solchen Ausbau sei im
Vermittlungsverfahren zur Hartz-IV-Gesetzgebung verein-
bart worden. Ab dem 1. Januar 2009 solle das Angebot an
Kindertagesbetreuung für Kinder unter drei Jahren mög-
lichst kurzfristig auf bis zu 750 000 Plätze erweitert werden.
Die Finanzierung solle durch die Korrektur des Umsatzsteu-
eraufkommens ermöglicht werden, indem der bisherige An-
teil der Gemeinden nach Vorwegabzug des Bundesanteils
von 2,2 auf 3,2 Prozent erhöht wird. Dies entspreche einem
Finanzierungsvolumen von 1,5 Mrd. Euro. Die Überprüfung
des tatsächlichen Finanzbedarfs der Kommunen solle durch
eine Revisionsklausel, verbunden mit einer Darlegungs-
pflicht der Kommunen und einer Befristung auf fünf Jahre

die frühkindliche Bildung und Betreuung erreicht werden.
Des Weiteren müsste die steuerliche Abzugsfähigkeit von
Betreuungskosten bis zu einer Höhe von 12 000 Euro jähr-
lich unabhängig vom Alter des Kindes und einer Berufstätig-
keit beider Eltern möglich sein.

2. Antrag auf Drucksache 16/5426

Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt
fest, dass trotz der Bemühungen zur Schaffung eines be-
darfsgerechten, hochwertigen Bildungssystems für Kinder
aller Altersgruppen noch großer Handlungsbedarf bestehe.
Die Versorgung mit ausreichenden Betreuungsplätzen und
angemessenen Betreuungszeiten sei teilweise noch völlig
unzureichend und auch die Qualität der verschiedenen An-
gebote sei vielfach verbesserungswürdig. Hierzu begrüßt der
Antrag vom Mai 2007 grundsätzlich den von der Bundes-
regierung avisierten Ausbau des Betreuungsangebots. Er kri-
tisiert jedoch die seinerzeit noch bestehende Unklarheit über
das weitere Vorgehen. Der Antrag weist außerdem auf den
weiteren Handlungsbedarf im gesamten Elementarbereich
hin, der vielfältige Maßnahmen zur Steigerung der pädago-
gischen Qualität und der Bildungsleistung des Systems er-
fordere. Abzulehnen sei demgegenüber die Einführung eines
so genannten Erziehungsbonus, da die Erziehungsleistung
zu Hause bereits ausreichend gefördert werde. Ein solcher
Bonus würde die Bemühungen konterkarieren, mit der Ein-
führung des Elterngeldes Anreize für eine rasche Rückkehr
ins Berufsleben zu setzen, und insbesondere bei Menschen
mit einer geringen beruflichen Qualifikation und wenig Aus-
sichten auf ein gutes Einkommen Tendenzen befördern, die
Kinder nicht in eine Betreuungseinrichtung zu schicken, um
auf diese Transferzahlung nicht verzichten zu müssen.

Vor diesem Hintergrund fordert der Antrag, zum 1. Januar
2008 einen Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung für
Kinder zwischen dem vollendeten ersten bis dritten Lebens-
jahr im SGB VIII zu verankern, wobei dessen Erfüllung mit
einer Übergangsfrist bis zum September 2010 versehen wer-
den solle. Perspektivisch sei der Rechtsanspruch auf einen
ganztätigen Betreuungsplatz für alle Kinder bis zur Einschu-
lung auszuweiten. Unverzüglich müsse ein mit Ländern und
Kommunen abgestimmtes Regelwerk zum Ausbau der Kin-
dertagesbetreuung im Krippenbereich einschließlich eines
Finanzkonzepts mit der Darlegung aller relevanten Berech-
nungsgrundlagen vorgelegt werden. Zur Finanzierung des
Ausbaus sollten das bestehende Ehegattensplitting in eine
Individualbesteuerung mit übertragbarem Höchstbetrag von
10 000 Euro umgewandelt und sichergestellt werden, dass
die sich daraus ergebenden Mehreinahmen von 5 Mrd. Euro
jedes einzelnen Kindes, umgestellt werden. Dieser System-
wechsel solle durch Einführung eines Gutscheinsystems für

gebundener Geldleistung für die tatsächliche Inanspruch-
nahme von öffentlich bereitgestellter Kindertagesbetreuung

Berlin, den 21. September 2007

Ingrid Fischbach
Berichterstatterin

Caren Marks
Berichterstatterin

Ina Lenke
Berichterstatterin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Britta Haßelmann
Berichterstatterin
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/6534

in Einrichtungen und in der Kindertagespflege. Hinsichtlich
der Grund- und Weiterqualifizierung von Kindertagespflege-
kräften müssten bundesweite Standards eingeführt und das
Personal der vorschulischen Einrichtungen auf Hochschul-
niveau ausgebildet werden. Daneben gelte es, Qualitäts-
managementsysteme für die Kindertagesbetreuung und die
Kindertagespflege einzuführen. Ebenso fordert der Antrag
die Erweiterung von Kindertageseinrichtungen zu Eltern-
Kind-Zentren, um Angebote zur Stärkung von Elternkompe-
tenzen und zur Familienbildung vernetzt und für Eltern
niedrigschwellig zugänglich zu machen. Weiterhin müssten
integrierte Konzepte für die vorschulische Förderung und
die erste Schulphase entwickelt und umgesetzt werden.

III. Stellungnahme der mitberatenden Ausschüsse

1. Antrag auf Drucksache 16/5114

Der Innenausschuss und der Finanzausschuss haben je-
weils in ihren Sitzungen am 19. September 2007 mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion der FDP die Ablehnung des Antrags empfohlen.

2. Antrag auf Drucksache 16/5426

Der Finanzausschuss hat in seiner 68. Sitzung am 19. Sep-
tember 2007 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/

CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags empfoh-
len. Der Haushaltsausschuss hat auf eine Mitberatung ver-
zichtet.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnis im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat die Vorlagen in seiner 39. Sitzung am 19. September
2007 beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP die Ab-
lehnung des Antrags auf Drucksache 16/5114. Er empfiehlt
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und
FDP gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/5426.

Die Beratung erfolgte im Zusammenhang mit einem Bericht
der Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen und des
Staatssekretärs im Bundesministerium der Finanzen, Werner
Gatzer, zur Einigung über den Ausbau der Kindertagesbetreu-
ung für unter Dreijährige. Diese aktuelle Entwicklung konnte
in den Anträgen auf Drucksachen 16/5114 und 16/5426, die
von April bzw. Mai 2007 datieren, noch nicht berücksichtigt
werden.

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