BT-Drucksache 16/6371

Ökologische öffentliche Beschaffung

Vom 13. September 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6371
16. Wahlperiode 13. 09. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Anna Lührmann, Alexander Bonde, Hans-Josef Fell,
Bettina Herlitzius, Bärbel Höhn, Dr. Anton Hofreiter, Sylvia Kotting-Uhl,
Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ökologische öffentliche Beschaffung

Staatliche Stellen üben in Deutschland eine erhebliche Marktmacht aus. Die
öffentliche Hand vergibt jährlich Aufträge im Wert von etwa 300 Mrd. Euro
(13 Prozent des Bruttoinlandproduktes) an Anbieter von Produkten, Dienst-
leistungen und Bauleistungen. Wenn diese Kaufkraft auf umweltgerechte Waren
und Dienstleistungen ausgerichtet wird, wird dies einen erheblichen Beitrag zur
nachhaltigen Entwicklung und einer grünen Marktwirtschaft darstellen. Ein
umweltorientiertes öffentliches Beschaffungswesen umfasst alle Bereiche vom
umweltgerechten Dienstwagen über energieeffiziente Gebäude bis zur Biokost
in den Kantinen.

Durch die Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffent-
licher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge besteht für öf-
fentliche Auftragsgeber die Möglichkeit, zusätzliche Bedingungen für die Aus-
führung des Auftrags vorzuschreiben, sofern diese mit dem Gemeinschaftsrecht
vereinbar sind und in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen
angegeben werden. Die Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags können
insbesondere soziale und umweltbezogene Aspekte betreffen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welchen Rang hat Deutschland nach der 2006 beschlossenen EU-Strategie
für nachhaltige Entwicklung, die das Ziel anstrebt, dass „das ökologische
öffentliche Beschaffungswesens bis 2010 im EU-Durchschnitt das Niveau
der derzeit besten Mitgliedstaaten erreicht“, derzeit inne, und welche Maß-
nahmen plant die Bundesregierung um Deutschland hinsichtlich der ökologi-
schen öffentlichen Beschaffung als Vorreiter innerhalb der Europäischen
Union zu positionieren?

2. Inwiefern trägt die Bundesregierung das in der erneuerten EU-Strategie für
nachhaltige Entwicklung aus dem Jahr 2006 beschlossene Ziel „2007 zusam-

men mit den Mitgliedstaaten (zu) prüfen, wie die Anwendung des öko-
logischen öffentlichen Beschaffungswesens für andere wichtige Produkt-
gruppen am besten gefördert werden kann“ konstruktiv mit, und welche
Vorschläge hat die Bundesregierung bisher in den Prozess eingebracht?

Drucksache 16/6371 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3. Inwieweit hat die Bundesregierung in den Bundesbehörden und Liegen-
schaften ein Umweltcontrolling eingeführt und in größeren Liegenschaften
und Organisationseinheiten ein Umweltmanagementsystem nach den Vor-
gaben der EG-Umweltaudit-Verordnung (EMAS) bzw. der internationalen
Umweltmanagementnorm ISO 14001 eingerichtet?

4. Inwiefern sind die für Beschaffung zuständigen Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeiter der Bundesministerien/Bundesbehörden hinsichtlich der umwelt-
bezogenen Faktoren der öffentlichen Beschaffung und der Möglichkeiten
ökologischer öffentlicher Beschaffung geschult?

5. Inwiefern existieren innerhalb der Bundesministerien/Bundesbehörden
Leitfäden/Leitlinien/Erlasse, die der Beschaffung nachhaltiger Produkte
und Dienstleistungen Priorität einräumen?

6. Inwiefern existieren innerhalb der Bundesministerien/Bundesbehörden
Leitfäden/Leitlinien/Erlasse, die die Möglichkeit einräumen, bei der Be-
schaffung nicht nur die Anschaffungskosten, sondern auch die Lebenszyk-
luskosten zu berücksichtigen?

7. Inwiefern existieren innerhalb der Bundesministerien/Bundesbehörden
Leitfäden/Leitlinien/Erlasse, ausschließlich Produkte mit Umwelt-Gütezei-
chen zu beschaffen?

8. Inwieweit existieren innerhalb der Bundesministerien/Bundesbehörden
Leitfäden/Leitlinien/Erlasse, bei der Beschaffung Umweltauswirkungen
durch saisongebundenen Einkauf zu verringern, beispielsweise beim Kauf
von Lebensmitteln für Kantinen?

9. Inwieweit existieren innerhalb der Bundesministerien/Bundesbehörden
Leitfäden/Leitlinien/Erlasse, bei der Beschaffung erneuerbare Energien
konventionellen Energiequellen vorzuziehen?

10. Welche Ministerien, Bundesbehörden und seitens des Bundes finanzierte
Forschungsinstitute planen, dem Vorbild des BMU (Bundesministerium für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit) und dem Aufruf von Bundes-
minister Gabriel zu folgen, um zukünftig Strom vollständig aus erneuer-
baren Energien zu beziehen?

11. Inwieweit setzt sich die Bundesregierung bei der Bahn dafür ein, dass diese
zukünftig ihren Strom vollständig aus erneuerbaren Energien bezieht?

12. Inwieweit befürwortet und unterstützt die Bundesregierung Zahlungen von
Forschungseinrichtungen und Projektträgern, die vom Bund Zahlungen er-
halten, an Atmosfair im Rahmen von Mitarbeiterflügen?

13. Inwieweit existieren innerhalb der Bundesministerien/Bundesbehörden
Leitfäden/Leitlinien/Erlasse, bei der Beschaffung ausschließlich nachhaltig
und legal geschlagenes Holz nachzufragen?

14. Inwieweit existieren innerhalb der Bundesministerien/Bundesbehörden
Leitfäden/Leitlinien/Erlasse, Unternehmen, die wiederholt gegen Umwelt-
recht verstoßen haben, bei Ausschreibungen auszuschließen?

15. Inwieweit existieren innerhalb der Bundesministerien/Bundesbehörden
Leitfäden/Leitlinien/Erlasse, bei der Beschaffung von Autos für den Fuhr-
park ausschließlich die umweltfreundlichsten Modelle anzuschaffen?

16. Inwieweit wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, die Leitlinien des
Vergaberechts dahingehend zu ändern, dass eine ökologisch und sozial sinn-
volle Vergaberechtspraxis erreicht wird?

Berlin, den 13. September 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.