BT-Drucksache 16/6366

1. zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung -16/2190- Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland Potenziale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft - Der Beitrag älterer Menschen zum Zusammenhalt der Generationen und Stellungnahme der Bundesregierung 2. zu dem -16/4219- zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung -16/2190- Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland Potenziale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft - Der Beitrag älterer Menschen zum Zusammenhalt der Generationen und Stellungnahme der Bundesregierung

Vom 13. September 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6366
16. Wahlperiode 13. 09. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss)

1. zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksache 16/2190 –

Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation
in der Bundesrepublik Deutschland
Potenziale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft – Der Beitrag
älterer Menschen zum Zusammenhalt der Generationen
und Stellungnahme der Bundesregierung

2. zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Sibylle Laurischk, Jens
Ackermann, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/4219 –

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksache 16/2190 –

Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation
in der Bundesrepublik Deutschland
Potenziale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft – Der Beitrag
älterer Menschen zum Zusammenhalt der Generationen
und Stellungnahme der Bundesregierung

3. zu dem Antrag der Abgeordneten Britta Haßelmann, Grietje Bettin, Ekin
Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/4163 –

Das neue Bild vom Alter – Vielfalt und Potenziale anerkennen
A. Problem

Der vorliegende Fünfte Altenbericht geht zurück auf einen Beschluss des Deut-
schen Bundestages vom 24. Juni 1994, der im Zusammenhang mit der Debatte
um den Ersten Altenbericht für jede Legislaturperiode einen Bericht zu einem

Drucksache 16/6366 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

seniorenpolitischen Schwerpunktthema forderte. Der Erste Altenbericht war im
Jahr 1993 vorgelegt worden und hatte erstmals eine umfassende und differen-
zierte Analyse der Lebenssituation älterer Menschen geliefert. Der 1998 vor-
gelegte Zweite Altenbericht behandelte das Schwerpunktthema „Wohnen im
Alter“ und mit dem Dritten Altenbericht wurde im Jahr 2001 erneut ein Ge-
samtbericht zur Lebenslage älterer Menschen in Deutschland verfasst. Der
Vierte Altenbericht aus dem Jahr 2002 war wiederum ein Spezialbericht zum
Thema „Risiken, Lebensqualität und Versorgung Hochaltriger – unter besonde-
rer Berücksichtigung demenzieller Erkrankungen“. Der Fünfte Altenbericht ist
nunmehr erneut eine umfassende Darstellung, die die Potenziale älterer Men-
schen in allen zentralen Bereichen der Gesellschaft untersucht.

Die Bundesregierung berief im Mai 2003 die Sachverständigenkommission
zum Fünften Altenbericht unter der Leitung von Prof. Dr. Andreas Kruse. Die
Kommission legte ihren Bericht dann im August 2005 der damaligen Bundes-
ministerin Renate Schmidt vor. Die Bundesregierung leitete den Bericht zusam-
men mit ihrer Stellungnahme im Juli 2006 dem Deutschen Bundestag zu.

Der Entschließungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/4219 und
der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 16/4163
setzen sich mit diesem Bericht auseinander und ziehen daraus mit unterschied-
lichen Akzentuierungen Schlüsse für die Schwerpunkte einer zukunftsorien-
tierten Seniorenpolitik in Deutschland, die sich den Herausforderungen des
demografischen Wandels stellen muss.

B. Lösung

In Kenntnis der Unterrichtung auf Drucksache 16/2190

1. Annahme einer Entschließung mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei
Stimmenthaltung der Fraktionen FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

2. Ablehnung des Entschließungsantrags auf Drucksache 16/4219 mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die
Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

3. Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/4163 mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die Stimmen der
Fraktionen FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Annahme der Anträge auf Drucksachen 16/4219 und 16/4163.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6366

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen, in Kenntnis der Unterrichtung auf Druck-
sache 16/2190

1. folgende Entschließung anzunehmen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Fünfte Altenbericht der Bundesregierung zur „Lage der älteren Generation
in der Bundesrepublik Deutschland: Potenziale des Alters in Wirtschaft und
Gesellschaft – der Beitrag älterer Menschen zum Zusammenhalt der Generatio-
nen“ gibt einen ausführlichen und wissenschaftlich fundierten Überblick über
die Potenziale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft. Der Bericht beleuchtet
vor dem Hintergrund des demografischen Wandels die möglichen Beiträge der
älteren Generation für den Zusammenhalt der Gesellschaft und die innovative
Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft, ohne dabei die besonderen und
zum Teil prekären Lebensverhältnisse und Lebenslagen älterer Menschen außer
Acht zu lassen. Der demografische Wandel wird dazu führen, dass in Zukunft
die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufgaben von einer schrumpfenden
und im Durchschnitt älteren Bevölkerung bewältigt werden müssen.

Diese Veränderungen werden sich in der Altersstruktur der Erwerbsbevölke-
rung niederschlagen, so dass ältere Erwerbstätige in Zukunft und im Vergleich
zu jüngeren immer mehr an Bedeutung gewinnen werden. Auch im Bereich
familiärer Netzwerke und des bürgerschaftlichen Engagements werden die Bei-
träge Älterer wichtiger werden. Zugleich kann die demografische Entwicklung
auch als Chance für Wachstum, Beschäftigung und gesellschaftliche Entwick-
lung begriffen werden und sollte entsprechend aktiv gestaltet werden.

Die Potenziale älterer Menschen sind zu stärken, da sie erheblich zur Solidarität
zwischen den Generationen, zur gesellschaftlichen Innovation und zum sozia-
len Zusammenhalt beitragen. Der Bericht verdeutlicht, dass sich im öffent-
lichen Bewusstsein immer noch rigide Vorstellungen einer eingeschränkten
Einsatzfähigkeit älterer Menschen im Erwerbsleben sowie starre Bilder einer
nachlassenden Tatkraft und Kreativität halten. Die Sachverständigenkommis-
sion stellt diesen Sichtweisen ein differenziertes Altersbild entgegen, das die
negativen Szenarien der einzelnen Bereiche deutlich relativiert.

Dieser Darstellung hat die Kommission die fünf Leitbilder Mitverantwortung,
Alter als Motor für Innovation, Nachhaltigkeit und Generationensolidarität,
Lebenslanges Lernen und Prävention zur Seite gestellt. Die Konsequenzen, die
aus diesen Leitbildern und Ergebnissen gezogen werden sollten, fasst der Be-
richt in einer Reihe von Handlungsempfehlungen zu den Themenfeldern Er-
werbsarbeit, Bildung, Einkommenslage im Alter, Chancen der Seniorenwirt-
schaft, Familie und private Netzwerke, Engagement und Teilhabe sowie
Migration zusammen.

Der Bericht bietet damit eine gute Grundlage, sich den Herausforderungen und
Chancen des demografischen Wandels zu stellen und diesen Wandlungsprozess
aktiv zu gestalten.

Wirtschaftsfaktor Alter

Der Fünfte Altenbericht stellt die beträchtlichen ökonomischen Potenziale der
Seniorenwirtschaft ausführlich dar und formuliert entsprechende Handlungs-
empfehlungen. Die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen für ältere

Menschen wird im Zuge des demografischen Wandels weiter zunehmen. Die
Kommission des Fünften Altenberichts vertritt die Auffassung, dass die Wachs-

Drucksache 16/6366 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

tumschancen der deutschen Wirtschaft in Zukunft auch davon abhängen, inwie-
weit bei der Entwicklung und dem Angebot von Produkten und Dienstleistungen
den Interessen und Bedürfnissen älterer Menschen Rechnung getragen wird.
Entwicklungspotentiale für Wachstum und Beschäftigung sieht die Altenbe-
richtskommission vor allem für den Freizeit- und Tourismusmarkt, Dienstleis-
tungen im Wohnumfeld, Finanzdienstleistungen sowie Gesundheit und Pflege.

Ein Wachstumsbereich, der sich ganz besonders deutlich abzeichnet, ist der
Komplex der Produkte und Dienstleistungen rund um das Wohnen. Pflege- und
Hilfsbedürftigkeit eines Menschen kann oft vermieden oder aufgeschoben wer-
den, wenn die Wohnung mit den entsprechenden Produkten und Dienstleistun-
gen altersgerecht gestaltet wird.

Die weit verbreitete Sicht, ältere Menschen seien in erster Linie Nutzerinnen
und Nutzer öffentlicher Güter im Bereich der sozialen Dienstleistungen und
nicht das Angebot lenkende Konsumenten, muss nach Ansicht der Kommission
revidiert und Berührungsängste zu privatwirtschaftlichem Engagement müssen
im Sinne der Erhaltung und Verbesserung der Lebensqualität Älterer abgebaut
werden. Darüber hinaus hebt die Fünfte Altenberichtskommission die Auf-
rechterhaltung einer souveränen Konsumentenrolle im Alter hervor – vor allem
bei kranken sowie pflege- und hilfebedürftigen Verbrauchern.

Engagement und Teilhabe älterer Menschen

Der Fünfte Altenbericht stellt fest, dass ältere Menschen sich überwiegend in
traditionellen und alterungspezifischen Engagementbereichen wie Sportgrup-
pen, kirchlichen und sozialen Organisationen oder Freizeit- und Geselligkeits-
gruppen ehrenamtlich beteiligen. Daneben existiert aber auch eine kleine
Gruppe, die mit zentralen Zukunftsthemen wie „Wohnen im Alter“, „intergene-
rationelles Engagement“, „Umwelt- und Denkmalschutz“ oder „Ältere als
Akteure des Verbraucherschutzes für ältere Menschen“ neue zukunftsweisende
Engagementformen erprobt und entwickelt, die innovative Antworten auf die
Herausforderungen der Zeit und der demografischen Alterung geben.

Der Fünfte Altenbericht zeigt, dass die Beteiligung am ehrenamtlichen Engage-
ment eindeutig sozial ungleich verteilt ist: Je gehobener der bildungsbezogene,
berufliche und ökonomische Status einer Person ist, desto eher wird diese
ehrenamtlich tätig. Weiter sind die „jungen Alten“ häufiger engagiert als die
„älteren“ Alten, Männer häufiger als Frauen und Westdeutsche häufiger als
Ostdeutsche.

Mit dem Hinweis auf generationsübergreifende Freiwilligendienste betont der
Fünfte Altenbericht, dass freiwilliges Engagement den Zusammenhalt der Ge-
nerationen festigt und daher nach Kräften gefördert werden sollte. Im genera-
tionsübergreifenden Engagement können Begegnungsmöglichkeiten geschaffen
werden, so dass beide Generationen im Idealfall die Rollen der Wissensvermit-
telnden wie der Lernenden einnehmen. Die Altenberichtskommission weist
deshalb nachdrücklich darauf hin, dass auch bisher bildungs- und engagement-
ferne Gruppen nach Möglichkeit an bürgerschaftliches Engagement herange-
führt werden sollten.

Erwerbsarbeit

Die Integration älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Arbeits-
markt ist eine logische Konsequenz der demografischen Entwicklung und un-
verzichtbar für wirtschaftlichen Erfolg und Innovation. Ältere Menschen verfü-
gen im Erwerbsleben über einen erheblichen Wissens- und Erfahrungsschatz
und damit über Ressourcen, auf die eine Gesellschaft des langen Lebens nicht

länger verzichten kann. Der Förderung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer kommt vor diesem Hintergrund eine immer größere Bedeutung bei der

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/6366

Bewältigung zukünftiger Anforderungen in der Wirtschaft und der Arbeitswelt
in Deutschland zu.

Auch vor dem Hintergrund eines zunehmenden Fachkräftebedarfs betont der
Fünfte Altenbericht, dass die Trainingseffekte bei älteren Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmern eindrucksvoll und entsprechende Investitionen in Weiter-
bildung seitens der Betriebe in höchstem Maße effektiv sind. Durch gezielte
Weiterbildung älterer Arbeitnehmer können Frühverrentungen verringert wer-
den. Außerdem kann eine bessere Ruhestandsfähigkeit gelingen und eine ver-
besserte betriebswirtschaftliche Bilanz erreicht werden. Überdies kritisiert die
Altenberichtskommission die immer noch übliche Praxis der Frühverrentun-
gen. Sie betont die unterschiedlichen Lebens- und Erwerbsverläufe sowie die
Bedeutung von Qualifikationsniveau, Nationalität, Gesundheitszustand und
den jeweiligen Arbeitsbedingungen, wobei insbesondere auch zu berücksich-
tigen ist, dass Frauen viel häufiger als Männer familien- und pflegebedingte
Unterbrechungen der Erwerbsbiografie hinnehmen müssen, und verweist auf
die Notwendigkeit nach differenzierten Lösungen beim Übergang in die Nach-
erwerbsphase. Der Bericht spricht darüber hinaus auch demografiegerechte
Tarifverträge und die Weiterentwicklung von Altersteilzeitmodellen an.

Bildung

Ältere Menschen haben im Vergleich zu früheren Altengenerationen ein durch-
schnittlich höheres Bildungs- und Qualifikationsniveau, ein breiteres Spektrum
von Interessen und Kompetenzen sowie ein umfangreiches Erfahrungswissen.

Damit die Potenziale im Alter in der nachberuflichen Phase ebenso wie in der
Arbeitswelt gestärkt sowie die Selbstständigkeit und Lebensqualität im Alter
gesteigert werden können, müssen während des gesamten Lebenslaufs die ent-
sprechenden Voraussetzungen im Bereich der Weiterbildung von Erwachsenen
geschaffen werden. Lebenslanges berufsbezogenes Lernen und lebenslange all-
gemeine Lernprozesse sowie eine altersgerechte Arbeitswelt sind adäquate
Mittel, um die Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mer zu erhalten und damit auch ihre gesellschaftliche Teilhabe zu fördern.

Aber insbesondere auch ältere bildungsferne und niedrig qualifizierte Men-
schen müssen künftig gezielter gefördert werden.

Bildungs- und Präventionsmaßnahmen haben – auch wenn sie erst im höheren
Lebensalter einsetzen – positive Auswirkungen auf die Gesundheit, die Alltags-
kompetenz und die Selbstbestimmtheit von älteren Menschen. Neben der mög-
lichen Steigerung der Lebensqualität des älteren Menschen können auch erheb-
liche Kostenersparnisse erreicht werden. Bildung im Alter und über die gesamte
Lebensspanne hinweg fördert ein verbessertes Gesundheitsbewusstsein des Ein-
zelnen und erreicht einen Rückgang der Morbidität beziehungsweise das Hin-
ausschieben von Erkrankungen, insbesondere von typischen Alterserkrankun-
gen.

Einkommenslage im Alter

Hinsichtlich der gegenwärtigen Einkommens- und Vermögenssituation älterer
Menschen ist positiv hervorzuheben, dass in den letzten Jahrzehnten die Alters-
armut kontinuierlich abgenommen hat und dass Haushalte der heutigen älteren
Generation – verglichen mit der Gesamtbevölkerung und mit anderen Bevölke-
rungsgruppen – nur unterdurchschnittlich von Einkommensarmut betroffen
sind.

Dies ist vor allem auf ökonomische und politische Bedingungen in der
Erwerbsphase sowie in der Altersphase zurückzuführen. Beispielsweise hat die

Einführung der bedarfsorientierten Grundsicherung im Alter zu einer positiven
Entwicklung ebenso beigetragen wie individuelle Vorsorgeentscheidungen.

Drucksache 16/6366 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

In diesem Zusammenhang betont der Fünfte Altenbericht zugleich die große
Heterogenität der Einkommenslage im Alter, die auf verschiedenen Faktoren
beruht und in Zukunft weiter zunehmen wird. Als Faktoren sind neben den
regionalen Unterschieden die vielschichtigen Alterssicherungssysteme, große
Unterschiede zwischen den Rentenhöhen innerhalb der Gesetzlichen Renten-
versicherung sowie beträchtliche Einkommensunterschiede zu nennen, wobei
Frauen nicht nur im Alter durchschnittlich deutlich niedrigere Einkommen als
Männer haben.

Der Fünfte Altenbericht stellt fest, dass heute getroffene Entscheidungen, die
die Sozialversicherung und die neuen Grundsicherungssysteme betreffen, lang-
fristig Auswirkungen auf das Einkommens- und Vermögensniveau der zukünf-
tigen älteren Generationen haben werden. Berechnungen prognostizieren selbst
unter der Annahme ununterbrochener Erwerbsverläufe und voller Ausnutzung
der Fördermöglichkeiten ein sinkendes Niveau des Nettoeinkommens im Alter,
so dass aufgrund einer zunehmenden Einkommensungleichheit ein steigendes
Armutsrisiko im Alter befürchtet werden muss.

Familie und private Netzwerke

Auch innerhalb von Familien sowie in weiteren privaten Netzwerken werden
vielfältige Potenziale älterer Menschen wirksam. Das betrifft Hilfeleistungen
instrumenteller oder emotionaler Art ebenso wie finanzielle Unterstützung so-
wie die Übernahme von Betreuung. Im Rahmen der privaten Pflegearrange-
ments leisten zunehmend auch Nachbarn, Freunde und Bekannte – wenn auch
noch im geringeren Umfang – Hilfe und Unterstützung.

In Familien ist die Hilfsbereitschaft nach wie vor außerordentlich groß. Fami-
liale Netzwerke sind vor allem ein wichtiger Faktor im Bereich der häuslichen
Pflege. Dabei sind jedoch insbesondere Frauen doppelt belastet, da sie sowohl
die Mehrzahl der Menschen stellen, die gepflegt werden, als auch die Mehrheit
der Pflegenden. Hier ist deshalb vor allem wichtig, möglichen Überlastungen
der pflegenden Angehörigen entgegenzuwirken.

Zur Vermeidung vorzeitiger, unnötiger und kostenintensiver stationärer Unter-
bringung sollten immer die Möglichkeiten bedarfsgerechter Hilfearrangements
für den häuslichen Bereich geprüft werden. Unterstützend können hier z. B.
Koordinierungsstellen zur Beratung der Pflegepersonen oder niedrigschwellige
Qualifizierungs- und Unterstützungsangebote wirken.

Die Altenberichtskommission stellt fest, dass die hohen Solidaritätspotenziale
von Familien ausländischer Herkunft auch für die Integration wichtige soziale
Ressourcen sind, die jedoch vielfach durch unzureichende Kenntnisse der deut-
schen Sprache eingeschränkt werden. Hier muss es in Zukunft darum gehen,
Bildung, Ausbildung und Qualifikation weiter zu verbessern.

Ältere Migrantinnen und Migranten

Der Fünfte Altenbericht geht erstmals gesondert auf die Situation älterer Migran-
tinnen und Migranten ein, die eine stetig wachsende und ausgesprochen hetero-
gene Bevölkerungsgruppe darstellen. Während die Erwerbsbeteiligung bei den
Deutschen auch aufgrund der zunehmenden Erwerbsneigung der Frauen steigt,
fällt sie bei den Ausländerinnen und Ausländern leider zurück. Lebenslanges
Lernen erhält deshalb gerade für Migrantinnen und Migranten eine zentrale Be-
deutung und so muss ihre recht niedrige Teilnahmequote an beruflicher Weiter-
bildung erhöht werden.

Der Fünfte Altenbericht kommt zu dem Ergebnis, dass diese Bevölkerungs-

gruppe über bemerkenswerte Ressourcen und Potenziale verfügt, die sie für
Wirtschaft und Gesellschaft einbringt und auch zukünftig einbringen kann.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/6366

Häufig sind Potenziale in noch stärkerem Maße vorhanden, je weiter der Grad
der kulturellen Integration in das Migrationsland fortgeschritten ist.

Der Bericht verdeutlicht, dass auch eine verstärkte Zuwanderung die demogra-
fische Entwicklung nicht ausgleichen, sondern lediglich abmildern kann. Eine
verstärkte Nettozuwanderung kann die Folgen des demografischen Wandels
insbesondere angesichts eines erhöhten Bedarfs an pflegenden Personen nicht
ausgleichen. Bisherige Altenhilfemaßnahmen können nur selten auf die beson-
deren Bedürfnisse der ausländischen Bevölkerung im höheren Lebensalter ein-
gehen.

Die Perspektive der älteren Migrantinnen und Migranten ist daher für eine rea-
listische Altenhilfe- und Zuwanderungspolitik von besonderer Bedeutung. Aus-
ländische Mitbürgerinnen und Mitbürger altern unter zum Teil schwierigeren
oder zumindest spezifischen Bedingungen, die dringend noch weiter erforscht
werden müssen. Der Fünfte Altenbericht liefert hierfür eine erste gute Basis.

II. Der Deutsche Bundestag begrüßt

● das zentrale Anliegen des Fünften Altenberichtes, die Gesellschaft zu einem
positiven Umdenken hinsichtlich ihrer Altersbilder zu bewegen;

● die Einschätzung der Altenberichtskommission, dass ein starkes bürger-
schaftliches Engagement ältere Menschen dabei unterstützt, ihre Potenziale
und Kompetenzen für sich selbst und die Gesellschaft sinnvoll einzusetzen;

● die Initiativen der Bundesregierung zur Stärkung des bürgerschaftlichen En-
gagements, insbesondere durch die Reform im Spenden- und Gemeinnützig-
keitsrecht sowie durch Modellprogramme wie generationenübergreifende
Freiwilligendienste und ehrenamtliche Pflegebegleiter, die nach Ansicht der
Altenberichtskommission ältere Menschen dabei unterstützen, ihre Potenzia-
le und Kompetenzen für sich selbst und die Gesellschaft sinnvoll einzusetzen;

● die Maßnahmen und Kooperationsprojekte des Bundesministeriums für Fa-
milie, Senioren, Frauen und Jugend zur Entwicklung und Verbesserung se-
niorengerechter Produkte und Dienstleistungen. Dazu gehören zum Beispiel
die Studie „Motoren des Seniorenmarktes“ sowie die teilweise mit der Wirt-
schaft zusammen initiierten Projekte und Fachforen, etwa zu den Themen
„Wohnen“ und „Handwerk“;

● die Initiativen der Bundesregierung zur Verbesserung des Verbraucherschut-
zes älterer Menschen, zum Beispiel durch die Förderung des Verbraucher-
forums der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen;

● die Programme des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend „Mehrgenerationenhäuser“ sowie „Neues Wohnen – Beratung und
Kooperation für mehr Lebensqualität im Alter“;

● das Modellprogramm des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend „Erfahrungswissen für Initiativen“, das auch von der Alten-
berichtskommission gewürdigt wird und die gegenüber dem traditionellen
Ehrenamt veränderte Motivationslage älterer Menschen für ein gesellschaft-
liches Engagement aufgreift;

● die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung zur Verbesse-
rung der Integration älterer arbeitsloser Menschen in den Arbeitsmarkt, ins-
besondere die „Initiative 50plus“ sowie die Aspekte des Allgemeinen Gleich-
behandlungsgesetzes, die dem Abbau von Altersdiskriminierung dienen;

● die Initiativen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Be-

reich des lebenslangen Lernens, des Bildungssparens und des gemeinsamen
Lernens von Generationen;

Drucksache 16/6366 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

● die Initiativen der Bundesagentur für Arbeit, die durch Weiterbildungs- und
Nachqualifizierungsmaßnahmen die Beschäftigungsfähigkeit auch älterer
Arbeitnehmer verbessern sollen;

● die schrittweise Erhöhung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre bis zum Jahr
2029 und die Verknüpfung dieser Erhöhung mit Maßnahmen zur Steigerung
der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung insbesondere von älteren
Menschen;

● die Einbeziehung der Ergebnisse des Fünften Altenberichts in die bevor-
stehende Reform der Pflegeversicherung und insbesondere die angestrebte
Stärkung der häuslichen Pflege, die Dynamisierung der Leistungen der Pfle-
geversicherung sowie die stärkere Berücksichtigung des besonderen Hilfe-
bedarfs von demenziell erkrankten Menschen.

III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

● einen „Masterplan Seniorenwirtschaft“ zu erarbeiten, der die Nachfrage- und
Angebotsseiten analysiert, den Verbraucherschutz zur Grundlage macht und
der die speziellen Bedürfnisse älterer – auch sozial schwacher – Menschen
berücksichtigt;

● für die Einrichtung eines effektiven und vor allem öffentlichkeitswirksamen
Verbraucherschutzes Sorge zu tragen, der die oft eingeschränkte Fähigkeit
älterer Menschen, als „kritische“ Verbraucher aufzutreten, verbessern kann;

● gegenüber der Wirtschaft deutlich zu machen, dass die Verbesserung der Nut-
zer- und Bedienungsfreundlichkeit von Produkten notwendig ist, damit sie
für ältere Menschen besser nutzbar sind;

● zur besseren Erforschung der Bedürfnisse älterer Migrantinnen und Migran-
ten entsprechende Statistiken anzupassen und zu veröffentlichen;

● die schulische und berufliche Bildung von Migrantinnen und Migranten zu
verbessern;

● an die Länder und Kommunen zu appellieren, verpflichtende Integrations-
kurse verstärkt für arbeitslose und gering qualifizierte Migranten anzubieten;

● im Zuge der Stärkung der häuslichen Pflege auf die Länder und die Kommu-
nen einzuwirken, flächendeckend neue Wohnformen im Alter zu fördern,
niedrigschwellige Beratungsangebote zu verbessern und hierbei auch Aspek-
te einer kultursensiblen Altenhilfe zu berücksichtigen;

● die Potenziale des bürgerschaftlichen Engagements lebenslaufübergreifend
zu fördern, die Engagement fördernde Infrastruktur auszubauen, für engage-
mentbereite Menschen ein breites Spektrum an bedarfsgerechten Angeboten
wie zum Beispiel generationenübergreifenden Freiwilligendiensten vorzu-
halten und eine entsprechende Anerkennungskultur zu etablieren;

● die Potenziale des bürgerschaftlichen Engagements auch bei sozial schwä-
cheren und bildungsfernen Bevölkerungsgruppen zu entwickeln, die sich der-
zeit nur unterdurchschnittlich engagieren;

● bei der Weiterentwicklung der Pflegeversicherung auf die Kompatibilität von
professionellen, familialen und ehrenamtlichen Hilfen hinzuwirken;

● auf die Überprüfung und Flexibilisierung von Altersgrenzen bei der Berufs-
ausübung hinzuwirken, um eine größere Entscheidungsfreiheit über den Zeit-
punkt des Ausscheidens aus der beruflichen Tätigkeit zu ermöglichen;

● weitere arbeitsmarktpolitische Maßnahmen für die Integration älterer arbeits-

loser Menschen zu prüfen, vorhandene Einstellungsbarrieren weiter abzu-
bauen sowie

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/6366
● eine verstärkte Zusammenarbeit von Bundesregierung, Tarifpartnern und
Wissenschaft zur besseren Integration Älterer in den Arbeitsmarkt zu ini-
tiieren, wie sie beispielsweise in anderen – insbesondere nordeuropäischen –
Ländern praktiziert wird;

● in Zusammenarbeit mit den Ländern die Lern- und Weiterbildungsmöglich-
keiten sowohl in der Erwerbs- als auch in der Nacherwerbsphase auszubauen,
dabei besonderes Augenmerk auf niedrig qualifizierte Menschen zu richten
sowie diese Möglichkeiten bei der Erarbeitung eines Präventionsgesetzes zu
berücksichtigen;

● die persönliche wie auch die gesellschaftliche Verantwortung für einen ge-
sundheitsförderlichen Lebensstil als Bildungsauftrag für alle Generationen
anzusehen und entsprechende Maßnahmen der gesundheitlichen Prävention
zu fördern;

● auf die Länder und Kommunen einzuwirken, die Zertifizierung von im Be-
rufsleben und außerhalb des Berufslebens erworbenen Kenntnissen und Fer-
tigkeiten zu fördern;

● bei der Förderung des Weiterbildungssparens auch die besonderen Belange
niedrig qualifizierter Personen zu berücksichtigen, um ihre Bildungsbeteili-
gung zu erhöhen;

● zu prüfen, ob seitens der Bundesagentur für Arbeit die Mittel für die beruf-
liche Weiterbildung insbesondere für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer erhöht werden können;

● Institutionen im Bereich der interdisziplinären Altersforschung verstärkt zu
fördern;

● die gesetzliche Rentenversicherung als wichtigste Säule der Altersversor-
gung zu stärken und Maßnahmen zu treffen, die die Anreize zu betrieblicher,
privater und privater staatlich geförderter Altersvorsorge erhöhen;

● mehr Entlastungen für pflegende Familienangehörige durch die Verbesserung
von niedrigschwelligen Beratungs-, Qualifizierungs- und Unterstützungsan-
geboten zu schaffen, einen Rechtsanspruch auf Pflegezeit für abhängig Be-
schäftigte einzuführen sowie den Ausbau bedarfsgerechter Betreuungs- und
Versorgungsstrukturen für den häuslichen Bereich weiter voranzutreiben.

2. den Entschließungsantrag auf Drucksache 16/4219 abzulehnen,

3. den Antrag auf Drucksache 16/4163 abzulehnen.

Berlin, den 12. September 2007

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Kerstin Griese
Vorsitzende

Antje Blumenthal
Berichterstatterin

Angelika Graf (Rosenheim)
Berichterstatterin

Ina Lenke
Berichterstatterin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Britta Haßelmann
Berichterstatterin

die aus der Alterung und der Schrumpfung der deutschen
wie der europäischen Bevölkerung für die Sicherung der

mende Wirkung für die Einstellung älterer Arbeitsloser
erforderlich. Kontraproduktive Schutzbestimmungen für
Produktivität und Innovationsfähigkeit der Gesellschaft er-
wachsen. Die Kommission hat ihren Bericht unter folgende
Leitbilder gestellt: Mitverantwortliches Leben älterer Men-
schen und Solidarität, Alter als Innovationsmotor stärken,

ältere Arbeitnehmer, die sich z. B. in der Kündigungsschutz-
gesetzgebung oder im Sozialgesetzbuch im Hinblick auf
den Vorruhestand fänden, müssten dahingehend geändert
werden, dass ältere Arbeitnehmer nicht mehr benachteiligt
Drucksache 16/6366 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Antje Blumenthal, Angelika Graf (Rosenheim),
Ina Lenke, Jörn Wunderlich und Britta Haßelmann

I. Überweisung

1. Vorlagen auf Drucksachen 16/2190 und 16/4219

Die Vorlagen auf Drucksachen 16/2190 und 16/4219
wurden in der 80. Sitzung des Deutschen Bundestages am
2. Februar 2007 dem Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend zur federführenden Beratung sowie dem
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, dem Ausschuss
für Arbeit und Soziales, dem Ausschuss für Gesundheit,
dem Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung,
dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
abschätzung, dem Ausschuss für Tourismus und dem Aus-
schuss für Kultur und Medien zur Mitberatung überwiesen.

2. Antrag auf Drucksache 16/4163

Der Antrag auf Drucksache 16/4163 wurde in der 80. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 2. Februar 2007 dem Aus-
schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur
federführenden Beratung und dem Ausschuss für Arbeit und
Soziales sowie dem Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

1. Unterrichtung auf Drucksache 16/2190

Der Fünfte Altenbericht steht unter dem Thema „Potenziale
des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft – Der Beitrag älte-
rer Menschen zum Zusammenhalt der Generationen“. Nach
einer Einleitung untersucht der Bericht die Themenfelder
Erwerbsarbeit, Bildung, Einkommenslage im Alter und
künftige Entwicklung, Chancen der Seniorenwirtschaft in
Deutschland, Potenziale des Alters in Familie und privaten
Netzwerken, Engagement und Teilhabe älterer Menschen
sowie Migration und Potenziale des Alters in Wirtschaft
und Gesellschaft. Jeder dieser Abschnitte endet mit entspre-
chenden Handlungsempfehlungen. Ein abschließendes Ka-
pitel enthält eine Zusammenfassung und wiederholt die
Handlungsempfehlungen.

Der Bericht macht deutlich, dass die Lebensphase Alter
nicht mit Krankheit und Unproduktivität gleichgesetzt wer-
den könne, sondern ältere Menschen bereits heute einen
großen Beitrag zum gesellschaftlichen Wohlstand erbräch-
ten. Gleichzeitig zeigt der Bericht, dass die Potenziale älte-
rer Menschen sozial sehr ungleich verteilt seien und dass es
nicht das Alter und den älteren Menschen gebe. Der zweite
zentrale Gedanke bezieht sich auf die Herausforderungen,

2. Entschließungsantrag auf Drucksache 16/4219

Der Entschließungsantrag würdigt den Fünften Altenbericht
als wegweisende Arbeit in der Befassung mit der Lebens-
wirklichkeit der älteren Generation. Ein zentraler Gedanke
des Berichts sei, dass Alter nicht mit Krankheit und Un-
produktivität gleichgesetzt werden könne, wie es in der
Debatte um Gesundheits- und Rentenreform immer wieder
geschehe. Wie aktiv ein älterer Mensch sei, sei das Ergebnis
einer lebenslangen Entwicklung. Der Entschließungsantrag
betont in diesem Zusammenhang, der Altenbericht weise
sehr deutlich auf die Probleme älterer Frauen hin, weil sie
weniger Verdienst- und Karrierechancen hätten und auf-
grund alter Rollenklischees wegen der Kindererziehung und
der Pflege von Angehörigen nur wesentlich geringere
Rentenanwartschaften aufbauen könnten. Um negative Fol-
gen weiblicher Doppelbelastung zu vermeiden, fordere die
Kommission die Politik auf, flächendeckend Kinderkrippen,
Kindergärten und Ganztagsschulen zu schaffen.

Unter Bezugnahme auf die fünf Leitbilder der Altenbe-
richtskommission fordert der Antrag weiterhin, es sei drin-
gend erforderlich, das von der Kommission geforderte neue
Leitbild des produktiven Alters umzusetzen. Unsere Gesell-
schaft brauche ein neues Altersbild. Im demografischen
Wandel sei die gesellschaftliche Akzeptanz des Leistungs-
vermögens der älteren Generation essentiell. Diese Aner-
kennung und Akzeptanz seien eine gemeinsame Aufgabe von
Politik, Medien und Verbänden – aber insbesondere jedes
einzelnen Bürgers. Eine besondere Aufgabe komme den
Unternehmen zu, die die Potenziale des Alters noch nicht
erkannt hätten. Die demografische Entwicklung mit dem
zunehmenden Älterwerden unserer Gesellschaft und der ge-
ringer werdenden Geburtenrate zwinge zu einem Einstel-
lungswechsel gegenüber der Erwerbstätigkeit älterer Men-
schen. Neue Vorgehensweisen in der Wirtschaft und in der
Personalentwicklung seien erforderlich.

Eine wichtige Voraussetzung für ein längeres Verbleiben im
Beruf seien der Erwerb neuer Qualifikationen und die Siche-
rung von Kompetenzen, um mit der technologischen Ent-
wicklung Schritt halten zu können. Hier sei ein radikales
Umdenken sowohl bei den Betrieben als auch bei der älte-
ren Generation erforderlich, damit der Weiterbildung älterer
Arbeitnehmer eine hohe Priorität eingeräumt werde. Neben
den allgemeinen Vorbehalten bei der Beschäftigung oder
Einstellung Älterer habe eine über Jahre verfehlte Tarif- und
Arbeitsmarktpolitik zu einer Ausgrenzung Älterer vom Ar-
beitsmarkt geführt. Um die Beschäftigungsaussichten Älte-
rer zu erhöhen, sei eine Überprüfung aller tariflichen und
gesetzlichen Reglungen für den Arbeitsmarkt auf ihre hem-
Nachhaltigkeit und Generationensolidarität, Lebenslanges
Lernen sowie Prävention.

würden. Neben einer generell anderen Personalpolitik, die
die Potenziale älterer Arbeitnehmer erkenne und würdige,

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/6366

brauche Deutschland eine Steuer-, Wirtschafts-, Tarif- und
Arbeitsmarktpolitik, die zu mehr Wachstum und damit zu
mehr Beschäftigung führe. Um den demografischen Wandel
auch auf dem Arbeitsmarkt zu bestehen, müsse die Gesell-
schaft akzeptieren, dass Kompetenz, Kreativität und Inno-
vationskraft auch jenseits der Lebensmitte vorhanden seien.

3. Antrag auf Drucksache 16/4163

Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sieht
die demografische Entwicklung als eine der zentralen politi-
schen Herausforderungen unserer Gesellschaft. Es sei uner-
lässlich, dem Wandel nicht mit überkommenen Vorstellungen
zu begegnen. Die Erkenntnisse des Fünften Altenberichts
seien ein erfreulicher Beleg, der für die Gestaltung des demo-
grafischen Wandels einen großen Beitrag leisten könne. Mit
dem Thema „Potenziale und Chancen im Alter“ als Auftrag
an die Kommission für den Fünften Altenbericht habe seiner-
zeit die rot-grüne Bundesregierung ausdrücklich den Blick in
der Altenpolitik von einem Defizitansatz weggerückt und hin
zu einem Kompetenzansatz gerichtet. Einsamkeit, Krankheit
und Pflegebedürftigkeit als die andere Seite des Alters dürften
dabei allerdings nicht vergessen werden.

Mit Blick auf die gestiegene Lebenserwartung führt der An-
trag aus, erfreulicherweise erreichten viele Menschen der
heutigen älteren Generation ein im Vergleich zu vorherigen
Generationen hohes Lebensalter bei oftmals guter Gesund-
heit und vergleichsweise guter finanzieller Absicherung.
Diese Entwicklung stehe im Widerspruch zu der Tatsache,
dass die Potenziale älterer Menschen viel zu wenig genutzt
und gefördert würden. Neben dem Zuwachs an Lebenser-
wartung trage eine seit Jahrzehnten rückläufige Geburten-
entwicklung dazu bei, dass das Verhältnis der älteren Men-
schen zu den jüngeren sich derart verändere. Das wirklich
Neue an der demografischen Entwicklung sei ein veränder-
tes Verhältnis von jung und alt in unserer Gesellschaft. Da-
her müssten neue Formen des Zusammenlebens gefunden
werden, wobei der Aspekt der Generationengerechtigkeit
eine entscheidende Rolle spiele.

Neben der reinen Alterszahl sei in den letzten Jahren auch
der Bildungs- und Gesundheitszustand der Generation 60+
gestiegen. Die gerontologische Forschung widerlege Vorur-
teile, die den Beginn von Fähigkeitsverlusten oder Gebrech-
lichkeit an ein bestimmtes Lebensalter koppelten. Stattdes-
sen zeige sich, dass Fähigkeiten und Leistungsvermögen
von Faktoren wie vorausgegangenem Lebensstil, Bildungs-
stand und Einkommenssituation geprägt seien.

Der Antrag führt weiter aus, bei aller Differenziertheit zeige
sich als klares Votum des Fünften Altenberichts ein deutlich
anderes Verständnis von Alter als bisher. Weder Innova-
tionskraft noch Leistungsbereitschaft oder das Interesse an
Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben ließen
schlagartig nach, nur weil ein bestimmtes Lebensalter er-
reicht werde. Gleichzeitig seien ältere Menschen wichtige
Bindeglieder und Stützen in familiären und sozialen Netz-
werken. Dies gelte insbesondere auch für ältere Menschen
mit Migrationshintergrund, deren Lebenssituation im Alter
noch kaum Rechnung getragen worden sei. Im Bereich des
bürgerschaftlichen Engagements habe der Anteil der Älte-
ren in den letzten Jahren überdurchschnittlich zugenommen.

lig unzufriedenstellend dar. Um die körperliche und geistige
Gesundheit älterer Menschen zu erhalten, müssten gesund-
heitliche Prävention und Weiterbildung einen viel höheren
Stellenwert in der Politik haben als bislang. Dazu gehö-
re auch, ein besonderes Augenmerk auf die Anerkennung
der unterschiedlichen Lebensentwürfe und Biografien von
Frauen und Männern zu legen und Entscheidungen daran zu
messen, ob sie zu mehr Geschlechtergerechtigkeit im Alter
führten.

Der Antrag enthält schließlich einen Katalog mit zehn For-
derungen an die Bundesregierung, um diese Erkenntnisse
politisch umzusetzen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

1. Unterrichtung auf Drucksache 16/2190

Der Ausschuss für Kultur und Medien hat in seiner
37. Sitzung am 20. Juni 2007 die Kenntnisnahme der Unter-
richtung empfohlen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, der Aus-
schuss für Arbeit und Soziales, der Ausschuss für Ge-
sundheit, der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtent-
wicklung, der Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung und der Ausschuss für Tou-
rismus haben jeweils in ihren Sitzungen am 4. Juli 2007 die
Kenntnisnahme der Unterrichtung empfohlen.

2. Entschließungsantrag auf Drucksache 16/4219

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, der Aus-
schuss für Arbeit und Soziales, der Ausschuss für Gesund-
heit und der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtent-
wicklung haben jeweils in ihren Sitzungen am 4. Juli 2007
mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE
LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Ablehnung des Entschließungsantrags empfohlen.

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat in seiner 40. Sitzung am 4. Juli 2007
mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stim-
men der Fraktion der FDP die Ablehnung des Entschlie-
ßungsantrags empfohlen.

Der Ausschuss für Tourismus hat in seiner 38. Sitzung am
4. Juli 2007 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und
bei Abwesenheit der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung
des Entschließungsantrags empfohlen.

Der Ausschuss für Kultur und Medien hat in seiner
37. Sitzungen am 20. Juni 2007 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung
des Entschließungsantrags empfohlen.

3. Antrag auf Drucksache 16/4163
Dagegen stelle sich die Situation Älterer am Arbeitsmarkt
entgegen aller Kenntnisse und Einsichten nach wie vor völ-

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in seiner
57. Sitzung am 4. Juli 2007 mit den Stimmen der Fraktionen

Drucksache 16/6366 – 12 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die Stimmen der
Fraktionen FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ab-
lehnung des Antrags empfohlen.

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
geabschätzung hat in seiner 40. Sitzung am 4. Juli 2007 mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE
LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP
die Ablehnung des Antrags empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnis
im federführenden Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend

1. Abstimmungsergebnis

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat die Vorlagen in seiner 38. Sitzung am 4. Juli 2007 bera-
ten. Er empfiehlt einvernehmlich Kenntnisnahme der Unter-
richtung auf Drucksache 16/2190 sowie mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktio-
nen FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme
der eingangs wiedergegebenen Entschließung.

Weiterhin empfiehlt der Ausschuss mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die
Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des
Entschließungsantrags auf Drucksache 16/4219 und mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE.
gegen die Stimmen der Fraktionen FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags auf Drucksache
16/4163.

2. Inhalt der Ausschussberatungen

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hatte sich bereits in der 15. Wahlperiode intensiv mit dem
Fünften Altenbericht auseinandergesetzt und noch während
der Erarbeitungsphase des Berichts in seiner 50. Sitzung am
23. Februar 2005 ein öffentliches Expertengespräch mit dem
Vorsitzenden der Berichtskommission, Prof. Dr. Andreas
Kruse, geführt. Daran anknüpfend führte der Ausschuss der
16. Wahlperiode in seiner 26. Sitzung am 17. Januar 2007 ein
weiteres öffentliches Gespräch mit Prof. Dr. Andreas Kruse,
in welchem der Vorsitzende der Sachverständigenkommis-
sion die Schwerpunkte des Berichts ausführlich erläuterte.
Wegen des Inhalts dieser Gespräche wird auf die Protokolle
der öffentlichen Sitzungen am 23. Februar 2005 und 17. Ja-
nuar 2007 verwiesen. Eine Delegation des Ausschusses
informierte sich außerdem während einer Delegationsreise
nach Helsinki und Kopenhagen im Mai 2007 über die in
Dänemark und Finnland bereits praktizierten Ansätze einer
aktiven Seniorenpolitik.

Der Ausschuss hat sodann den Fünften Altenbericht und die
hierzu vorgelegten Anträge der Fraktionen in seiner 38. Sit-
zung am 4. Juli 2007 abschließend beraten. Hierzu gehört
auch ein in die Ausschussberatungen eingebrachter Ent-
schließungsantrag der Koalitionsfraktionen der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD, der mit dem unter Punkt 1 wieder-
gegebenen Stimmenverhältnis angenommen wurde und

In der Beratung führte die Fraktion der CDU/CSU aus, der
Bericht gebe einen ausführlichen Überblick über die Poten-
ziale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft. Die wert-
vollen Erkenntnisse und die Handlungsempfehlungen des
Fünften Altenberichts seien für diesen Ausschuss ebenso
wie für die Bundesregierung unverzichtbar.

Die Potenziale älterer Menschen müssten in einer Weise ge-
stärkt werden, die das gesamte Spektrum des Altenberichts
berücksichtige. Dies sei die Intention des von den Koali-
tionsfraktionen vorgelegten Entschließungsantrags. Die
Potenziale des Alters trügen erheblich zur Solidarität zwi-
schen den Generationen, zur gesellschaftlichen Innovation
und zum sozialen Zusammenhalt bei. Vor allen Dingen
müssten die rigiden Vorstellungen einer eingeschränkten
Einsatzfähigkeit älterer Menschen im Erwerbsleben und das
mit älteren Menschen verbundene Bild nachlassender Tat-
kraft und Kreativität entscheidend revidiert werden. Es
werde ein neues und differenziertes Altersbild benötigt, das
die negativen Szenarien eindeutig relativiere. Die fünf Leit-
bilder der Kommission, Mitverantwortung, Alter als Motor
für Innovation, Nachhaltigkeit und Generationensolidarität
sowie lebenslanges Lernen und Prävention seien hierfür
eine hervorragende Grundlage. Die Konsequenzen aus die-
sen Leitbildern und aus den Ergebnissen des Altenberichts
fänden sich ausnahmslos in den Handlungsempfehlungen zu
den Schwerpunkten Erwerbsarbeit, Bildung, Einkommens-
lage im Alter, Chancen der Seniorenwirtschaft, Familie und
private Netzwerke, Engagement und Teilhabe sowie Migra-
tion. All diese Handlungsempfehlungen seien im Entschlie-
ßungsantrag der Koalitionsfraktionen berücksichtigt.

Weiterhin begrüßte es die Fraktion der CDU/CSU, dass die
Bundesregierung Teile der Empfehlungen des Altenberichts
bereits umgesetzt habe. Darüber hinaus seien aus Sicht der
Koalitionsfraktionen ein Masterplan Seniorenwirtschaft, ein
verbesserter Verbraucherschutz für ältere Menschen, eine
generationenübergreifende Förderung des bürgerschaft-
lichen Engagements, die Erhöhung der Erwerbsquote älterer
Menschen sowie die Verbesserung der Bildungs- und Wei-
terbildungschancen älterer Menschen erforderlich. Die seni-
orenpolitische Reise nach Dänemark und Finnland habe ge-
zeigt, dass es in anderen europäischen Ländern bereits gute
und erfolgreiche Ansätze gebe, um die Potenziale des Alters
besser zu nutzen. Diese Kenntnisse sollten auch für
Deutschland nutzbar gemacht werden. Insgesamt biete der
Entschließungsantrag eine gute Grundlage, um sich den He-
rausforderungen und Chancen des demografischen Wandels
zu stellen und diesen Wandlungsprozess aktiv zu gestalten.

Die Anträge der Oppositionsfraktionen erachtete die Frak-
tion der CDU/CSU hingegen als nicht überzeugend.

Die Fraktion der FDP wies darauf hin, dass das Bundes-
kabinett im Juni 2006 den Fünften Altenbericht für bereits
überholt erachtet habe. Für die Fraktion der FDP hingegen
sei der vorliegende Bericht sehr wichtig und man werde die
Erkenntnisse daraus in Anträgen zu verschiedenen Fach-
bereichen berücksichtigen. Insofern sei es erfreulich, dass
auch die Koalitionsfraktionen den Altenbericht in ihrem
nunmehr vorgelegten Antrag als einen ausführlichen und
wissenschaftlich fundierten Überblick einschätze.

Die Fraktion der FDP beanstandete die verspätete Ver-

Bestandteil der eingangs wiedergegebenen Beschlussemp-
fehlung ist.

öffentlichung des Altenberichts durch die Bundesregierung,
die sie insbesondere auf die kritische Begleitung der Dis-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 13 – Drucksache 16/6366

kussion über die Einführung der Rente mit 67 durch Exper-
ten zurückführte. Wenn jedoch Teile des Berichts politisch
kontrovers diskutiert würden, spreche dies aus Sicht der
Fraktion der FDP nicht gegen den Bericht, sondern für die
Arbeit der Experten.

Die Forderungen des Entschließungsantrags der Koalitions-
fraktionen erachtete die Vertreterin der Fraktion der FDP in
weiten Teilen als zu unkonkret. Bereits getroffene Maßnah-
men hätten nicht mehr hervorgehoben werden müssen,
wohingegen die Koalitionsfraktionen es versäumten, ihren
weiteren Weg im Seniorenbereich aufzuzeigen. Insbe-
sondere fehlten konkrete Ausführungen zu der Frage, wie
das zentrale Anliegen des Altenberichts umgesetzt werden
solle, die Gesellschaft zu einem positiven Umdenken ihrer
Altersbilder zu bewegen. Dem Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stimmte die Fraktion der
FDP demgegenüber zu.

Die Fraktion der SPD betonte, das Thema Seniorenpolitik
und die Umsetzung der Erkenntnisse aus dem Altenbericht
seien eine Querschnittsaufgabe, der man in allen Fachaus-
schüssen des Bundestages zur Geltung verhelfen müsse.
Allerdings sei in der Seniorenpolitik bereits Vieles erreicht
worden, was der Entschließungsantrag der Koalitionsfrak-
tionen entsprechend würdige. Einer der wichtigsten Punkte
des Altenberichts sei, dass mit einer Stärkung der Potenziale
älterer Menschen dazu beigetragen werden könne, die Soli-
darität zwischen den Generationen zu wahren. Diese Solida-
rität sei auch unter Gesichtspunkten der demografischen
Entwicklung erforderlich, damit unsere Gesellschaft ihre
Aufgaben wahrnehmen könne. Sie müsse einerseits die
Schwächeren auffangen und andererseits vorhandene Stär-
ken nutzen. Hierzu gehöre es auch, den Wirtschaftsfaktor
Alter entsprechend herauszustellen und die vorhandenen
Potenziale zu beschreiben. Insbesondere gehöre hierzu die
Teilnahme älterer Menschen am bürgerschaftlichen Engage-
ment. Ein wichtiger Ansatz in diesem Zusammenhang seien
die in der letzten Legislaturperiode ins Leben gerufenen ge-
nerationenübergreifenden Freiwilligendienste. Zum Thema
Erwerbsarbeit habe sich eine Delegation des Ausschusses in
Finnland und in Dänemark über dort bereits getroffene
Maßnahmen informiert, um den Wissens- und Erfahrungs-
schatz Älterer besser zu nutzen. Dazu gehöre beispielsweise
die Anpassung der Arbeitsbedingungen an die Bedürfnisse
älterer Menschen, aber auch eine deutlich verbesserte Wei-
terbildungssituation. Weiterbildung sei nicht allein eine
persönliche Aufgabe, sondern auch eine Aufgabe der Be-
triebe. Wie solche Weiterbildungsmaßnahmen angenommen
würden, hänge auch von der Vorbildung der Menschen ab.
Deshalb müsse man bereits bei den Jungen auf eine ent-
sprechende Qualifizierung und insbesondere auf die Verbes-
serung der Sprachkompetenz achten.

Wichtige Bereiche seien auch die Einkommenslage im Alter
sowie Familie und private Netzwerke. In diesem Zusam-
menhang sei auf die bereits geführte Diskussion zum Um-
bau der Pflegeversicherung hinzuweisen. Auch hierfür
spielten die Erkenntnisse des Altenberichts eine wichtige
Rolle. Allerdings falle dieser Bereich vielfach in die Zustän-
digkeit der Länder und Kommunen, weshalb der Bund inso-

Mit Blick auf den Entschließungsantrag der Fraktion der
FDP wies die Vertreterin der Fraktion der SPD darauf hin,
dass im Bereich der Beschäftigung Älterer Schutzbestim-
mungen durchaus sinnvoll seien. Deshalb könne der Forde-
rung in dem Antrag der Fraktion der FDP nicht gefolgt
werden, diese Schutzbestimmungen zu beseitigen, um die
Beschäftigungssituation Älterer zu verbessern.

Die Fraktion DIE LINKE. kritisierte, in ihrer Stellung-
nahme stimme die Bundesregierung der Altenberichtskom-
mission in all den Teilbereichen zu, in denen bereits Pro-
jekte oder Modellprogramme existierten. Die konkreten
Handlungsempfehlungen zum Thema Arbeitsmarkt und
Rente würden jedoch größtenteils in den Wind geschlagen
oder die Bundesregierung verweise auf die Verantwortung
der Tarifpartner bzw. auf die Haushaltssituation. Die Sorgen
der Altenberichtskommission im Hinblick auf die Herauf-
setzung des Renteneintrittsalters, der drohenden Alters-
armut und auch der privaten Vorsorge würden nicht aufge-
griffen. Die Regierung analysiere den Altenbericht fast
ausschließlich aus der wirtschaftspolitischen Perspektive
des Nutzens im globalen Wettbewerb heraus, während die
Argumente der Altenberichtskommission auch die Perspek-
tive der Lebensqualität berücksichtigten.

Auch der Vertreter der Fraktion DIE LINKE. kritisierte, der
Entschließungsantrag der Fraktion der FDP begründe seine
Forderung nach der Beseitigung von Schutzbestimmungen
mit einer Unterschätzung der Leistungsfähigkeit Älterer
durch die Betriebe. Der Abbau von Kündigungsschutzgeset-
zen werde allerdings nichts an dieser Unterschätzung und
der Einstellung der Betriebe ändern. Letztlich benutze der
Antrag den vorliegenden Altenbericht, um arbeitsrechtliche
Schutzmaßnahmen abzubauen. Im Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN könne zwar auch die Fraktion
DIE LINKE. viele Forderungen unterstützen. Wesentliche
Fragen wie zum Beispiel die Reform der Pflegeversiche-
rung würden dort jedoch nur kurz angeschnitten und auf die
Gefahr der zunehmenden Altersarmut für immer mehr Men-
schen gehe der Antrag überhaupt nicht ein. Der Ausbau des
Ehrenamts sei grundsätzlich begrüßenswert, werde von der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN jedoch letztlich als
Surrogat für das zerstörte System der sozialen Sicherung an-
geführt. Zum Antrag der Koalitionsfraktionen führte die
Fraktion DIE LINKE. schließlich aus, die bisherige Renten-
politik der Bundesregierung steigere das Risiko der Alters-
armut, dennoch befürworte der Antrag die Fortsetzung dieser
Politik, indem er fordere, die Anreize zu betrieblicher, priva-
ter und privater staatlich geförderter Altersvorsorge erhöhen.
Der Altenbericht stehe dem jedoch diametral entgegen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beanstandete,
die Art der geführten Debatte werde dem Thema nicht ge-
recht. Bislang sei das bestehende Einvernehmen zu den
Zielvorstellungen Altenpolitik immer wieder betont wor-
den, während die Fraktionen nunmehr versuchten, sich über
die vorgelegten Anträge voneinander abzugrenzen. Tatsäch-
lich bestünden beim Thema Altenpolitik und auch in der
Bewertung des Fünften Altenberichts sehr viele Gemein-
samkeiten zwischen den Fraktionen. Jetzt gehe es darum,
konkrete Handlungsansätze zu finden. Dabei müsse berück-
sichtigt werden, dass in vielen Bereichen der Altenpolitik
weit nur entsprechende Aufforderungen an sie richten
könne.

die Länder und Kommunen zuständig seien. Dies werde ge-
rade im Antrag der Koalitionsfraktionen sehr deutlich, der

fen.

Die Bundesregierung habe nicht alle Handlungsempfehlun-
gen des Altenberichts zum Thema Arbeitswelt eins zu eins
umgesetzt, sondern nehme sie als Basis ihrer politischen
Überlegungen. Nach neuesten Erkenntnissen des Bundes-
ministeriums für Arbeit und Soziales sei es gelungen, den
Anteil der im Erwerbsleben stehenden 55- bis 64-Jährigen
auf 48 Prozent zu erhöhen. Infolge der Frühverrentungspra-
xis seien noch bis 2003 lediglich 39 Prozent dieser Alters-
gruppe erwerbstätig gewesen. Die Erhöhung der Beschäfti-

menarbeit zwischen Alt und Jung zusätzliche Impulse. In den
Generationsübergreifenden Freiwilligendiensten sei Beacht-
liches geleistet worden, beispielsweise auch im kulturellen
Sektor. Auch der Wirtschaftsfaktor Alter sei von erheblicher
Bedeutung. Die Nachfrage nach Produkten und Dienstleis-
tungen für ältere Menschen werde in den nächsten Jahren wei-
ter zunehmen. In diesem Zusammenhang habe das BMFSFJ
das Internetportal www.wirtschaftskraft-alter.de initiiert, das
stark abgerufen werde. Dadurch leiste man einen Beitrag,
dass die Unternehmen ältere Menschen besser als wichtige
Zielgruppe in den Fokus nähmen.

Berlin, den 12. September 2007

Antje Blumenthal
Berichterstatterin

Angelika Graf (Rosenheim)
Berichterstatterin

Ina Lenke
Berichterstatterin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Britta Haßelmann
Berichterstatterin
Drucksache 16/6366 – 14 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

eine Reihe von Appellen an die Kommunen und an die
Länder enthalte. Bei einigen Forderungen im Kompetenz-
bereich des Bundes mache es sich dieser Antrag allerdings
etwas zu einfach. So habe es beispielsweise der Bund selbst
in der Hand, für den Bereich der Pflegeversicherung kon-
krete Vorschläge vorzulegen.

Der Vertreter der Bundesregierung betonte, in der Alten-
politik bestünden ebenso wichtige Aufgabenstellungen wie
in der Familienpolitik, und zu deren Bewältigung leiste der
vorliegende Altenbericht eine große Hilfe. Erforderlich sei
ein differenziertes Altenbild, das sich an der Lebenswirk-
lichkeit orientiere. Hier seien große Veränderungen zu ver-
zeichnen, nicht nur im Hinblick auf den demografischen
Wandel, sondern auch infolge der längeren Lebenserwar-
tung. Die Sachverständigenkommission des Fünften Alten-
berichts unterstütze den von der Bundesregierung eingelei-
teten Paradigmenwechsel hin zu einem neuen Leitbild des
Alters. Längst sei die Altenpolitik nicht mehr auf die Felder
der Hilfe und Pflege beschränkt. Das reichhaltige Erfah-
rungswissen sowie die Kompetenz und Einsatzbereitschaft
älterer Menschen müssten nutzbar gemacht werden. Ent-
scheidend sei hierbei die Förderung eines selbständigen und
selbstbestimmten Lebens bis ins hohe Alter. Dafür werde
die Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen schaf-

gungsquote älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
habe die Bundesregierung durch verschiedene Initiativen
unterstützt. Mit der vom Bundesministerium für Arbeit und
Soziales initiierten Initiative „50plus“ sollten ältere Men-
schen ohne Arbeitsplatz eine Chance bekommen, wieder ins
Erwerbsleben zurückzukehren. Ebenso habe man den Wert
von altersgemischten Teams aufgearbeitet, ein Thema, mit
dem sich viele Betriebe bis vor kurzer Zeit überhaupt nicht
auseinandergesetzt hätten. Es sei jedoch notwendig, die
Stärken von Älteren mit den Fähigkeiten von Jüngeren zu
verknüpfen und zu begreifen, dass das Alter auch ein Inno-
vationspotenzial berge, das es zu nutzen gelte. Dies zu orga-
nisieren sei nicht nur eine Aufgabe der Politik, sondern auch
der Tarifparteien. Auch im Bereich der Altenpolitik könne
der Bund vielfach nur Rahmenbedingungen setzen, für deren
Ausgestaltung die Länder und Kommunen, aber auch private
Initiativen und die Wohlfahrtsverbände gefragt seien.

Ein weiteres Ziel der Bundesregierung sei die Aktivierung
Älterer im Bereich der gesellschaftlichen Partizipation. Das
vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend (BMFSFJ) initiierte Modellprogramm „Generations-
übergreifende Freiwilligendienste“ erfahre hierbei enormen
Zuspruch. Dieser wichtige Komplex gebe durch die Zusam-

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.