BT-Drucksache 16/6144

Baumfällungen und Sanierung an der Bundeswasserstraße Landwehrkanal in Berlin

Vom 25. Juli 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6144
16. Wahlperiode 25. 07. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Peter Hettlich, Wolfgang Wieland,
Nicole Maisch, Winfried Hermann, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Sylvia
Kotting-Uhl, Undine Kurth und der Fraktion der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Baumfällungen und Sanierung an der Bundeswasserstraße Landwehrkanal
in Berlin

1. Ist der Bundesregierung bekannt, dass bereits im Sommer 1974 die damals
zuständige Wasserstraßenaufsicht ca. 30 alte Bäume am Berliner Landwehr-
kanal – vor allem an der Corneliusbrücke – absägen lassen und eine neue
Uferbefestigung erstellen wollte, mit der Begründung, das Absägen der
Bäume sei zur Gefahrenabwehr unabweisbar notwendig, dass aber nach lan-
gem Widerstand einer Bürgerinitiative von Künstlern (unter diesen insbeson-
dere Ben Wargin), Bürgerinnen und Bürgern sowie Politikern diese Pläne
nicht realisiert wurden?

2. Ist der Bundesregierung bekannt, was aus den Bäumen geworden ist, die
1974 zur angeblichen Gefahrenabwehr zum Absägen vorgesehen waren, wie
viel von diesen noch heute – nach 33 Jahren – stehen und wie die angebliche
Gefahr seinerzeit beseitigt wurde?

3. Hält die Bundesregierung trotz dieser Erfahrung an der Auffassung fest, dass
die Fällung der 38 Bäume am Landwehrkanal in diesem Jahr unabweisbar
notwendig war?

4. Teilt die Bundesregierung die vom Präsidenten der Wasser- und Schifffahrts-
direktion Ost, Thomas Menzel, auf der Bürgerversammlung im Rathaus
Kreuzberg-Friedrichshain am 30. Juni 2007 geäußerte Auffassung, wonach
es möglich sei, die angenommene Gefahr durch Maßnahmen wie Abstützen,
Abspannen der Bäume oder Absperren zu beseitigen?

5. Wie beurteilt die Bundesregierung das Verhalten des Wasser- und Schiff-
fahrtsamtes Berlin (WSA) und dessen Leiters, Herrn Brockelmann, am Mor-
gen des 5. Juli 2007 mit den Vertretern der Bürgerintiative „Rettet die Bäume
am Landwehrkanal“ und des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg im Rat-
haus Kreuzberg zusammenzusitzen und über Maßnahmen zur Vermeidung
des Fällens, über Erhalt und Sicherung von angeblich gefährlichen Bäume
am Landwehrkanal, insbesondere am Standort südöstlich der Waterloo-
brücke (Gaststätte „Brachvogel“), zu beraten und zu verhandeln, während

das WSA gleichzeitig unangekündigt vollendete Tatsachen schaffen ließ und
durch mehrere beauftragte Firmen unterstützt von 150 Polizeibeamten be-
gann, 22 Bäume am Landwehrkanal (auch die an der o. g. Gaststätte „Brach-
vogel) abzusägen?

Drucksache 16/6144 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

6. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass dieses Verhalten geeignet
war, die Verhandlungsatmosphäre nachhaltig zu stören und die Vertrauens-
basis zu zerstören, so dass die Vertreter der Bürgerinitiative und des Bezirks-
amtes Grund hatten, die Verhandlung abzubrechen, als sie hiervon erfuhren?

Falls nein, warum nicht?

7. a) Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass der Erklärungsversuch,
den das WSA in einer Presserklärung Tage nach dem 5. Juli 2007 ver-
breitet hat, das Absägen der Bäume sei erst um 10.15 Uhr am Morgen des
5. Juli 2007 angeordnet worden, nachdem um 10 Uhr die Verhandlungen
gescheitert gewesen sein sollen, angesichts einer Mobilisierungszeit für
die 150 Polizeibeamten und eines Beauftragungsvorlaufs für die Baum-
fäll-Unternehmen von mehreren Tagen nicht nachvollziehbar ist?

b) Wann genau beauftragte das WSA die betreffenden Unternehmen mit
dem Absägen jener Bäume?

c) Wann genau veranlasste das WSA, die eingesetzten Polizisten zum
Schutz der Sägearbeiten hinzuziehen.

8. Welche organisatorischen und personellen Konsequenzen sollen nach Auf-
fassung der Bundesregierung aus diesem Handeln des WSA und seines
Leiters gezogen werden, um das notwendige Vertrauen der Bevölkerung in
diesen Teil der Bundesverwaltung wiederherzustellen und eine Basis für die
notwendige Kooperation bei der Entwicklung und Umsetzung des Sanie-
rungskonzeptes für den Landwehrkanal zu schaffen?

9. In welchen Jahren und Monaten hat das WSA die Uferbefestigungen des
Landwehrkanals in Berlin seit Übernahme der Verantwortung durch den
Bund überprüft, an welchen Abschnitten des Kanals und mit je welchem
Ergebnis?

10. Wie sind die Antworten der Bundesregierung vom 10. Juli 2007 auf die
Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 26. Juni
2007 zu den Fragen 9, 10, 11 zu verstehen: Wurden die Baumbeseitigungen
nur „zunächst“ eingestellt und müssen weitere Bäume „zur Gefahrenabwehr
oder zur dauerhaften Sanierung gefällt werden“, oder sind über die bisher
gefällten 38 Bäume „hinaus weitere Fällungen nicht vorgesehen“?

11. Wo sind die bisher vom WSA versprochenen je fünf Ersatzpflanzungen für
jeden beseitigten Baum bereits vorgenommen worden?

Wo genau sind diese insgesamt 190 Ersatzpflanzungen welcher Baumarten
vorgesehen?

12. a) Wann wurde nach Kenntnis der Bundesregierung begonnen, wie in der
Bürgerversammlung vom 30. Juni 2007 und in den folgenden Verhand-
lungen von den Vertretern des WSA zugesagt, die erforderlichen Stütz-
und Abspannmaßnahmen an den angeblich gefährdenden Bäumen vor-
zunehmen?

b) An welchen Bäumen wurden inzwischen je welche Sicherungsmaßnah-
men wann vorgenommen?

13. Ist die Bundesregierung bereit und gewillt, ggf. wie und ab wann

a) die Öffentlichkeit über ein Sanierungskonzept für die Kanalbefestigun-
gen, wenn dieses vorliegt, frühzeitig, umfassend und aktuell zu unter-
richten?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6144

b) eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Ausgestaltung von
Sanierungsmaßnahmen zu ermöglichen, wie dies der Staatsekretär im
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Jörg
Hennerkes, in Aussicht stellte?

Berlin, den 25. Juli 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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