BT-Drucksache 16/6027

Finanzielle Probleme von KZ-Gedenkstätten

Vom 6. Juli 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6027
16. Wahlperiode 06. 07. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Petra Pau, Dr. Lothar Bisky, Dr. Petra Sitte, Sevim
Dag˘delen, Ulla Jelpke, Dr. Lukrezia Jochimsen, Kersten Naumann und der Fraktion
DIE LINKE.

Finanzielle Probleme von KZ-Gedenkstätten

Einem Bericht der „Süddeutsche Zeitung“ vom 30. Mai 2007 ist zu entnehmen,
dass die KZ-Gedenkstätten in der Bundesrepublik mit erheblichen finanziellen
Problemen konfrontiert sind, die sie zu unkonventionelle Überlegungen, wie
der Erhebung von Eintrittsgeldern veranlassen. Wichtige Bereiche ihrer Arbeit
werden durch diese finanziellen Probleme behindert bzw. ganz unmöglich ge-
macht. So berichtet der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten,
Günter Morsch, dass zwischen einem Drittel und der Hälfte der Anfragen nach
Führungen und pädagogischer Betreuung nicht nachgekommen werden könne,
da es an qualifiziertem Personal fehle. Die KZ-Gedenkstätte Dachau hat z. B.
mit 800 000 Besuchern jährlich nur eine pädagogische Stelle für die historisch-
politische Aufklärung über die NS-Verbrechen. Thomas Lutz, Geschäftsführer
der Arbeitsgemeinschaft KZ-Gedenkstätten bezeichnet diesen Zustand in der
„Süddeutsche Zeitung“ als „Skandal“.

Sonderausstellungen, Publikationen und Veranstaltungen können aufgrund der
fehlenden Mittel nur noch in geringem Umfang realisiert werden. Gefährdet
ist auch der Bestand verschiedener Häftlingsgemeinschaften, deren finanzielle
Situation immer prekärer wird.

Entscheidend bei der Frage der weiteren Finanzierung der KZ-Gedenkstätten ist
das schon länger angekündigte neue Gedenkstättenkonzept des Bundes, das
jedoch, trotz diverser Ankündigungen, weder dem zuständigen Ausschuss noch
dem Bundestag vorgelegt wurde.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung die finanzielle Ausstattung der KZ-
Gedenkstätten in der Bundesrepublik und wie bewertet sie die finanziellen
Klagen, die von Vertretern der Gedenkstätten vorgebracht werden?

2. Wie bewertet die Bundesregierung die Ausstattung der KZ-Gedenkstätten
mit Fachpersonal, insbesondere pädagogischem Personal, und sieht sie Aus-

stattungen mit nur einer Fachstelle, wie sie am Beispiel Dachau verdeutlicht
wurde, als adäquat an?

3. Wie ist die Ausstattung der vom Bund geförderten KZ-Gedenkstätten mit
festangestelltem pädagogischen Fachpersonal (bitte nach Gedenkstätten auf-
schlüsseln)?

Drucksache 16/6027 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
4. Wie hoch ist die Besucherzahl der einzelnen vom Bund geförderten KZ-
Gedenkstätten, und wie viele dieser Besucher und Besucherinnen wollen an
einer pädagogisch begleiteten Führung teilnehmen (bitte nach Gedenkstät-
ten aufschlüsseln)?

5. Wie steht die Bundesregierung zu dem Vorschlag, Eintrittsgelder für die
KZ-Gedenkstätten zu erheben, um die finanziellen Probleme aufzufangen?

6. Welche anderen Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die finanziellen
Probleme der KZ-Gedenkstätten zu beheben und denkt sie daran, ihre eigene
Förderung hier deutlich zu erhöhen?

7. Wie hat sich die finanzielle Ausstattung der vom Bund geförderten NS-Ge-
denkstätten in den letzten zehn Jahren entwickelt?

Hat es Erhöhungen bzw. Kürzungen der finanziellen Mittel gegeben, und
wie sahen diese Erhöhungen aus (bitte gesondert nach vom Bund geförder-
ten NS-Gedenkstätten aufführen)?

8. Welche durch den Bund geförderten NS-Gedenkstätten werden über Pro-
jektmittel und welche über institutionelle Mittel gefördert?

9. Wie steht die Bundesregierung zu einer generellen Institutionalisierung der
Förderung aller vom Bund geförderten NS-Gedenkstätten, um diesen eine
bessere Planungssicherheit zu ermöglichen?

a) Wenn die Bundesregierung eine solche Institutionalisierung befürwortet,
bis wann soll sie erfolgen?

b) Wenn die Bundesregierung eine solche Institutionalisierung ablehnt,
warum?

10. Ist die Bundesregierung am Erhalt der diversen Häftlings- und Lagerge-
meinschaften interessiert und ist sie bereit, ihre finanzielle Unterstützung
dieser Gemeinschaften angesichts von deren finanziellen Problemen zu er-
höhen?

11. Wann wird die Bundesregierung der Öffentlichkeit, dem Bundestag und den
zuständige Ausschüssen den Entwurf für ein neues Gedenkstättenkonzept
des Bundes vorlegen?

Berlin, den 5. Juli 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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