BT-Drucksache 16/6023

Bekämpfung des illegalen Holzhandels - Beitrag zum Klimaschutz

Vom 6. Juli 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6023
16. Wahlperiode 06. 07. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Cornelia Behm, Undine Kurth (Quedlinburg), Thilo Hoppe,
Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, Ute Koczy, Rainder Steenblock und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bekämpfung des illegalen Holzhandels – Beitrag zum Klimaschutz

Für den Klimaschutz ist der Erhalt unserer Urwälder von zentraler Bedeutung.
Die Zerstörung von Urwäldern in Ländern wie Indonesien, Brasilien, Kamerun,
Russland und Finnland trägt erheblich zur weltweiten Klimaerwärmung bei. Im
Lichte des Kampfes gegen die Globale Klimakatastrophe hat der weltweite
Urwaldverlust daher eine ganz neue Bedeutung bekommen. Weltweit werden
täglich über 40 000 Hektar Wald vernichtet; dies entspricht 14,6 Mio. Hektar
jährlich. Der illegale Holzeinschlag ist hierbei eine der Hauptursachen: So wer-
den in Brasilien, einem der weltweit führenden Holzexportländer, 80 Prozent der
Hölzer illegal geschlagen. In Kambodscha sind es 94 Prozent, in Honduras bis
zu 85 Prozent, in Papua Neuguinea und Gabun bis zu 70 Prozent, in Myanmar
50 Prozent.

Durch diesen Raubbau geht eine einzigartige Artenvielfalt in Amazonien, Süd-
ostasien und Zentralafrika unwiederbringlich verloren. Den Holzherkunfts-
ländern entgehen durch den illegalen Handel wichtige Einnahmen, die ihnen un-
ter anderem im Naturschutz oder zur Korruptions- und Armutsbekämpfung
fehlen. Der Erhalt der Wälder ist zudem ein wichtiger stabilisierender Faktor mit
Blick auf den drohenden Klimawandel, da umfassende Rodungen einen be-
trächtlichen CO2-Anstieg zur Folge haben und so zum Treibhauseffekt bei-
tragen. Insofern muss der Schutz der Wälder und die Bekämpfung des illegalen
Holzeinschlages höchste Priorität haben.

2003 beschloss die EU einen „Aktionsplan zur Rechtsdurchsetzung, Politik-
gestaltung und Handel im Forstsektor (FLEGT)“, dem im Dezember 2005 die
EU-Verordnung Nr. 2173/2005 (FLEGT-Verordnung) folgte. Demnach sollen
Lizenzierungsverfahren für einen Legalitätsnachweis für Hölzer aus Partnerlän-
dern entwickelt werden. Grundlage hierfür sind sog. freiwillige Partnerschafts-
abkommen (Voluntary Partnership Agreements, VPAs), also bilaterale frei-
willige Absprachen zwischen der EU und einzelnen Holzherkunftsländern. Die
Entwicklung von VPAs ist derzeit auf Malaysia, Indonesien, Ghana, Kamerun
und Kongo-Brazzaville beschränkt, wobei lediglich die Verhandlungen mit
Malaysia in eine offizielle Phase eingetreten sind. Mit den anderen vier Ländern
laufen dagegen noch unverbindliche Vorverhandlungen. Gespräche mit allen
anderen relevanten Holzherkunftsländern wie z. B. Brasilien, Kolumbien,
Nigeria oder Myanmar wurden seitens der EU aufgrund begrenzter Kapazitäten
auf unbenannte Zeit verschoben. Der Zeitpunkt für eine tatsächliche Begren-
zung der Importe auf nachweislich legal gewonnene Hölzer aus den fünf VPA-
Ländern ist somit nicht abzusehen, für alle anderen Holzherkunftsländer bleibt
der EU-Markt auch für illegale Ware weiterhin völlig offen.

Drucksache 16/6023 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Im Oktober 2006 lehnte die Bundesregierung ein nationales Urwaldschutzgesetz
ab, das in Deutschland den Handel mit illegal geschlagenem Holz verbieten
sollte. Stattdessen verwies die Bundesregierung darauf, dass Maßnahmen gegen
den illegalen Holzhandel auf internationaler und EU-Ebene voranzutreiben
seien.

Bisher gibt es kaum internationale Handelsbeschränkungen für Hölzer. Das
Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) hat bisher nur wenige kom-
merziell relevante Holzarten (z. B. Mahagoni, Afrormosia, Ramin) in Anhang II
gelistet, d. h. der internationale Handel mit diesen Arten darf nur stattfinden,
wenn das Exportland eine ökologische Unbedenklichkeit des Einschlags bestä-
tigt. Für alle anderen Holzarten ist der internationale Handel unbegrenzt. Versu-
che, weitere Holzarten über das Washingtoner Artenschutzabkommen schützen
zu lassen, sind mühsam: Auf der 14. CITES-Vertragsstaatenkonferenz im Juni
2007 scheiterten alle drei Anträge der EU, erstmalige weltweite Handels-
beschränkungen für diverse Holzarten (Honduras-Palisander, neun Arten Cedro,
zwei Arten Cocobolo) aus Lateinamerika zu verabschieden. Sanktionen des
CITES gegen Peru, wo ein massiver illegaler bzw. nicht-nachhaltiger Einschlag
von Mahagoni stattfindet, unterblieben ebenfalls. Diese aktuellen Entwick-
lungen bestätigen, dass CITES nur eine begrenzte Rolle bei der Bekämpfung des
illegalen internationalen Holzhandels spielen kann und die EU umfassende
Maßnahmen verabschieden muss.

Auf EU-Ebene werden derzeit vier Optionen diskutiert, um den illegalen Holz-
handel zu bekämpfen: Erstens die Fortführung der VPAs; zweitens freiwillige
Regelungen der Holzwirtschaft, drittens ein Importverbot für illegal geschlage-
ne Hölzer und viertens ein Handels- und Besitzverbot für illegal geschlagene
Hölzer.

Deutschland wird im Mai 2008 Gastgeber und Präsident der neunten Vertrags-
staatenkonferenz zur Konvention über Biologische Vielfalt sein. Dabei wird es
schwerpunktmäßig um die Umsetzung des Schutzes des Arbeitsprogramms zu
Wäldern, d. h. zum Urwaldschutz gehen. Der Handel mit Holz aus illegalem
Einschlag und aus nicht-nachhaltiger Waldnutzung ist dabei als zentrales Hand-
lungsfeld der internationalen Staatengemeinschaft erkannt und mit konkreten,
dringenden Maßnahmen belegt worden. Der Erfolg der Konferenz, und damit
das Ansehen Deutschlands, werden auch davon abhängen, ob der internationale
Handel mit Holz und seinen Produkten zukünftig rechtsverbindlich geregelt
werden kann.

Zahlreiche Umweltverbände fordern eine verbindliche Regelung, die ein Im-
portverbot, aber auch Handels- und Besitzverbote für illegale Hölzer beinhaltet.
In den nächsten Monaten soll entschieden werden, wie die EU weiterhin ver-
fährt.

Wir fragen die Bundesregierung:

I. Aktueller Entwicklungsstand zu FLEGT in der EU:

1. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Verhandlungsstand
innerhalb der EU bezüglich der Weiterentwicklung der Maßnahmen im Rah-
men des FLEGT-Aktionsplanes und der FLEGT-VO und in welchem Zeit-
raum sollen die Maßnahmen umgesetzt werden?

2. Welche EU-Mitgliedstaaten haben sich jeweils für eine oder mehrere der vier
optionalen Vorgehensweisen (VPA, freiwillige Regelungen der Holzwirt-
schaft, Importverbot, Handels- und Besitzverbot) der EU ausgesprochen?

3. Welche der genannten vier Optionen ist/sind aus Sicht der Bundesregierung
geeignet, die EU als Absatzmarkt für illegal erzeugte Holzprodukte zu schlie-
ßen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6023

4. Welche Maßnahmen sieht die Bundesregierung als geeignet an, um die tat-
sächliche Herkunft von Hölzern nachzuweisen – gerade im Hinblick auf
mögliche Drittlandumwege für Holzstämme und -produkte?

5. Wie beurteilt die Bundesregierung die von Nichtregierungsorganisationen
bezogen auf Kambodscha angestoßene und im Rahmen den UN geführte
Debatte über die Lieferung von Holz aus Bürgerkriegsgebieten bzw. aus
Ländern, die mit den Verkaufserlösen Bürgerkriege finanzieren („conflict
timber“)?

6. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, diesen Aspekt bei der
Beurteilung von Holzimporten zu berücksichtigen, und spricht sie sich
dafür aus, den Handel mit und den Import von „conflict timber“ zu unter-
binden?

7. Wie bewertet die Bundesregierung die Fortschritte bei den bilateralen VPA-
Verhandlungen mit derzeit fünf Holzherkunftsländern (Malaysia, Indone-
sien, Ghana, Kamerun und Kongo-Brazzaville)?

In welchem Zeitraum sind konkrete Ergebnisse zu erwarten, die zu tatsäch-
lichen Importüberwachungen aus diesen Ländern in die EU führen?

8. Sieht die Bundesregierung die bilateralen VPA-Diskussionen als aus-
reichende Maßnahme an, um effektiv gegen den illegalen Holzhandel vor-
zugehen?

a) Wenn ja, welche Maßnahmen hält die Bundesregierung für geeignet, um
einen Import illegaler Hölzer über Drittländer auszuschließen?

b) Wenn nein, welche weitergehenden Maßnahmen hält die Bundesregie-
rung auf nationaler, EU- und internationaler Ebene für erforderlich?

9. Mit welchen Maßnahmen soll für Holzherkunftsländer ein Anreiz geschaf-
fen werden, sich zu VPAs zu verpflichten, angesichts der Tatsache, dass die-
se einen nicht unerheblichen Aufwand an Implementierung und Vollzug
darstellen, und angesichts der Möglichkeit, dass dies einen Wettbewerbs-
nachteil gegenüber Nicht-VPA-Ländern, die weiterhin völlig ungehindert
ihre Holzlieferungen in die EU absetzen können, mit sich bringen kann?

10. Welche Bedingungen erachtet die Bundesregierung bei ihren VPA-Verhand-
lungen mit Kamerun als notwendig, um einen legalen Holzeinschlag nach-
zuweisen?

a) Inwieweit werden hierbei die Rechte indigener Gruppen berücksichtigt?

b) Wie soll eine ökologische Nachhaltigkeit (z. B. Existenz und Qualität so-
wohl von Managementplänen als auch Umweltverträglichkeitsprüfun-
gen) belegt werden?

c) Welche Anforderungen stellt die Bundesregierung bzw. die EU an den
Legalitätsnachweis für den gesamten Produktionsweg vom Einschlag,
Transport, Lagerung, Verarbeitung bis hin zum Export aus dem Her-
kunftsland?

d) Wie soll die Legalität sichergestellt werden, d. h. dass der Einschlag
nicht in Schutzgebieten erfolgte, weder Konzessionslimits noch Quoten
überschritten wurden und dass Genehmigungen und andere Papiere legal
erworben wurden?

e) Welche Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption werden für not-
wendig erachtet?

11. Welche Möglichkeiten und Grenzen räumt die Bundesregierung freiwilli-
gen Vereinbarungen der Holzwirtschaft bei der Bekämpfung des illegalen
Holzhandels (= Option 2 der EU) ein?

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12. Wie geeignet sind aus Sicht der Bundesregierung EU-Importrestriktionen,
um den illegalen Holzeinschlag zu bekämpfen (= Option 3 der EU?)

a) Bevorzugt die Bundesregierung hierbei den Ansatz, dass die Nachweis-
pflicht für eine legale Herkunft bei dem Importeur/Händler liegen soll,
oder sieht sie die Nachweispflicht für eine illegale Herkunft von Hölzern
bei den ermittelnden Behörden als sinnvoller an?

b) Welche Konsequenzen sieht die Bundesregierung hier für den nationalen
Vollzug?

13. Inwieweit erachtet die Bundesregierung eine Ausweitung der FLEGT-Ver-
ordnung auf die Holzendprodukte Möbel, Zellstoff und Papier als notwen-
dig?

Hat die Bundesregierung bereits entsprechende Vorstöße unternommen?

14. Mit welchen konkreten Aktivitäten der Bundesregierung, die als einen ihrer
Schwerpunkte für die EU-Ratspräsidentschaft im Forstbereich die „Umset-
zung des FLEGT-Aktionsplans gegen den illegalen Holzeinschlag“ benannt
hat, wurde während der Ratspräsidentschaft die Weiterentwicklung von
FLEGT tatsächlich vorangetrieben?

II. Aktivitäten im Rahmen des Washingtoner Artenschutzübereinkommens
und der Konvention über Biologische Vielfalt:

15. Welche Schritte haben Deutschland und die EU im Vorfeld der 14. Vertrags-
staatenkonferenz des Washingtoner Artenschutzübereinkommens im Juni
unternommen, um für ihre drei Anträge zur Listung lateinamerikanischer
Baumarten in CITES Anhang II bei den Holzherkunftsländern den Weg zu
ebnen?

16. Welche Konsequenzen ziehen Deutschland und die EU aus dem Scheitern
der drei CITES-Anträge?

Wird sich die Bundesregierung für eine Listung von Cedro, Honduras-Pali-
sander und Cocobolo in Annex B der EU-VO 338/97 einsetzen, wodurch
eine Überprüfung aller Importe auf ihre Nachhaltigkeit erforderlich würde?

17. Wie sieht die Bundesregierung z. B. eine CITES-Anhang-II-Listung oder
EU-Annex-B-Listung der zentralafrikanischen Baumarten Sipo und Sapele
an, die auf der Roten Liste der International Union for Conservation of
Nature (IUCN) als gefährdet eingestuft sind und die aufgrund hoher Markt-
preise derzeit massiv übernutzt werden?

18. Wie beurteilt die Bundesregierung die Situation für das südostasiatische
Holz Merbau?

Welche Konsequenzen ergeben sich hieraus für die Bundesregierung?

19. Welche verbindlichen Maßnahmen zur multilateralen Regelung des Han-
dels mit illegalen Holzprodukten wird die Bundesregierung zur Vorbe-
reitung der 9. Vertragsstaatenkonferenz der Konvention über Biologische
Vielfalt auf EU-Ebene und international initiieren, um in Bonn einen erfolg-
reichen Konferenzabschluss und einen wesentlichen Beitrag zum Urwald-
und Klimaschutz zu erreichen?

20. Welche diplomatischen Initiativen wird die Bundesregierung ergreifen, um
die Waldländer des Südens wie des Nordens zu solchen verbindlichen Maß-
nahmen zu bewegen?

21. Wie kann eine internationale Vereinheitlichung der Standards für Länder-
partnerschaften – aufbauend auf den EU-VPAs – auf der 9. Vertragsstaaten-
konferenz dem Urwaldschutz dienen?

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22. Kann eine internationale Vereinheitlichung der öffentlichen Beschaffungs-
politiken einen wichtigen Beitrag zum Erfolg der 9. Vertragsstaatenkonfe-
renz beitragen?

23. Wie kann auf der 9. Vertragsstaatenkonferenz verbindlich geregelt werden,
dass der verstärkte Anbau von Biomasse für die energetische Verwendung
(z. B. Palmöl oder Soja) sowie der damit verbundene Handel nicht die
Urwaldzerstörung oder den Torfbodenabbau verschärft und damit vielfach
negativen Effekt auf die globale Klimaerwärmung haben würde?

24. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung in diesem Zusammenhang
vor, wo die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen einer möglichen Nach-
haltigkeits-Zertifizierung von Bioenergien liegen können, um den Handel
maßgeblich positiv zu steuern?

25. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung daraus für die Biomasse-
nutzung?

III. Aktivitäten im Rahmen des G8-Dialogs gegen illegalen Holzeinschlag
(G8 Illegal Logging Dialogue)

26. Wie ist der Stand des im September 2006 in Singapur begonnenen G8-Dia-
logs gegen illegalen Holzeinschlag (G8 Illegal Logging Dialogue), an dem
Vertreter der G8, China, Indien, Brasilien, Peru, Indonesien, Malaysia, Ka-
merun, Gabun, DR Kongo, Papua-Neuguinea und Vertreter von Nichtregie-
rungsorganisationen, der Weltbank sowie der holzverarbeitenden Industrie
teilnehmen?

27. Mit welcher Zielperspektive wurde der Dialog geführt?

28. Welche Initiativen wird die Bundesregierung in diesem Kontext einbringen?

29. Bis wann soll der Dialogprozess abgeschlossen sein?

30. Auf welcher Ebene werden sich die G8-Staaten mit den Ergebnissen befas-
sen?

31. Wird im Kontext der G8-Staaten erwogen, über ein Verbot des Handels mit
illegalen Holz- und Holzprodukten zu verhandeln?

32. Welche anderen Initiativen werden im Kontext der G8-Staaten erwogen, die
den Handel mit illegal geschlagenem Holz verhindern könnten?

Berlin, den 6. Juli 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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