BT-Drucksache 16/5897

Einstellung des Flugbetriebs in Tempelhof - Sinnvolle Nachnutzung des Flughafenareals

Vom 4. Juli 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5897
16. Wahlperiode 04. 07. 2007

Antrag
der Abgeordneten Winfried Hermann, Wolfgang Wieland, Hans-Christian Ströbele,
Peter Hettlich, Dr. Anton Hofreiter, Undine Kurth (Quedlinburg), Cornelia Behm,
Hans-Josef Fell, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Einstellung des Flugbetriebs in Tempelhof – Sinnvolle Nachnutzung des
Flughafenareals

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Innerstädtische Flughäfen sind in dicht besiedelten Ballungsräumen nicht länger
zu verantworten. Insbesondere die Luftschadstoffe und der Fluglärm sind für die
Anwohner gesundheitsschädlich. Überdies ist die Gefahr von Unfällen mitten
im Ballungsgebiet zu groß. Die Überwindung der Teilung Berlins hat die
Chance eröffnet, die innerstädtischen Flughäfen zu schließen und den Ausbau
von Berlin-Schönefeld zum neuen Flughafen voranzutreiben.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. März 2006 ent-
spricht dem Planfeststellungsbeschluss für den Flughafen „Berlin-Brandenburg-
International“ (BBI). Damit wird die Einstellung des Flugbetriebs am Berliner
Flughafen Tempelhof auch vom obersten deutschen Verwaltungsgericht bestä-
tigt. Die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat am 8. Juni 2007
entschieden, die Anlagen und Flächen des Flughafens Tempelhof aus der luft-
verkehrsrechtlichen Zweckbestimmung zum 31. Oktober 2008 zu entlassen. Da-
mit ist die Beendigung des Flugbetriebes beschlossen.

Die juristische Entscheidung geht letztlich auf eine politische Entscheidung aus
dem Jahr 1996 zurück. Mit dem Konsensbeschluss von 1996 hatten der dama-
lige Bundesminister für Verkehr, Matthias Wissmann (CDU), der damalige
Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen (CDU), und der Minis-
terpräsident des Landes Brandenburg, Manfred Stolpe (SPD), beschlossen, den
internationalen Flughafen in Schönefeld zu bauen und im Gegenzug die inner-
städtischen Flughäfen Tempelhof und Tegel stillzulegen.

Weit über Berlin hinaus wird Tempelhof im Gedächtnis der Menschen immer als
ein Pfeiler der Luftbrücke und damit als eine Lebensader während der Berlin-
Blockade haften bleiben. Die Erinnerung darf aber den Blick in die Zukunft

nicht verstellen. Das vereinte Berlin muss gemeinsam mit dem Bund an der Zu-
kunft einer modernen europäischen Metropole arbeiten. Ein Flughafen mit ho-
hen wirtschaftlichen Verlusten Jahr für Jahr ist keine Option für die Zukunft,
sondern eine Belastung der öffentlichen Hände.

Der von Abgeordneten verschiedener Fraktionen eingebrachte Gruppenantrag
(Bundestagsdrucksache 16/4813 vom 23. März 2007) „Flugverkehrskonzept für
den Großraum Berlin prüfen – Flughafen Tempelhof offenhalten“ plädiert auch

Drucksache 16/5897 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
zukünftig für eine Nutzung Tempelhofs als Flughafen. Derzeit kursieren ver-
schiedene Angebote zur Weiterführung des Flugbetriebes von Luftfahrtunter-
nehmen und privaten Investoren.

Die Befürworter einer Weiternutzung des Flughafens Tempelhof verkennen zu-
dem die politischen und rechtlichen Konsequenzen: Bliebe Tempelhof als Ver-
kehrsflughafen erhalten, dann entfiele die Rechtsgrundlage für die Planung des
neuen Flughafens Berlin-Brandenburg-International (BBI).

Mit dem Ende des Flugbetriebs stellt sich die Frage der Nachnutzung. Die fast
400 Hektar große Nutzfläche des Geländes bietet mit ihrer ausgezeichneten Ver-
kehrsanbindung die besten Chancen für Berlin. Das Tempelhofer Feld steckt
voller Möglichkeiten für die Nachnutzung im Sinne einer zukunftsweisenden
und modernen Entwicklung der Bundeshauptstadt. Keine andere europäische
Metropole hat die Möglichkeit eine vergleichbare Fläche in der Mitte der Stadt
neu zu gestalten. Die Politik ist längst aufgerufen, in einem breiten gesellschaft-
lichen Dialog Konzepte einer bürgernahen, städtebaulich angepassten, umwelt-
freundlichen Nutzung des Geländes zu entwickeln.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. den 31. Oktober 2008 als Termin für die Einstellung des Flugbetriebs am Ber-
liner Flughafen Tempelhof nicht infrage zu stellen;

2. für das denkmalgeschützte Flughafengebäude baldmöglichst Nutzungsmo-
dalitäten mit dem Berliner Senat zu verhandeln;

3. klarzustellen, dass die Entlassung der Berliner Flughafengesellschaft aus
ihrer Betriebspflicht keine negativen Auswirkungen auf die Vermögensposi-
tion des Bundes als Eigentümer hat;

4. im Rahmen seiner Verantwortung als Eigentümer des Gebäudes und rund
eines Viertels der Freiflächen dafür Sorge zu tragen, dass das Areal unter
öffentlicher Kontrolle entwickelt und auf keinen Fall einem einzelnen Inves-
tor überlassen wird;

5. gemeinsam mit dem Berliner Senat dafür zu sorgen, dass auch nachfolgende
Generationen die Gelegenheit haben, an der weiteren Gestaltung des Gelän-
des teilhaben zu können; dies setzt voraus, dass nicht die gesamte Fläche
einer wirtschaftlichen Nutzung zugeführt wird;

6. den Berliner Senat aufzufordern, bei der Planung für die Nachnutzung das
Areal räumlich zu den angrenzenden Stadteilen zu öffnen und städtebaulich
an die bestehenden Quartiere anzuschließen.

Berlin, den 4. Juli 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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