BT-Drucksache 16/5685

zu dem Antrag der Abgeordneten Kornelia Möller, Werner Dreibus, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/3538- Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I verlängern

Vom 14. Juni 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5685
16. Wahlperiode 14. 06. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Kornelia Möller, Werner Dreibus,
Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/3538 –

Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I verlängern

A. Problem

Die Verkürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I (ALG I) hat in breiten
Teilen der Bevölkerung zu Verunsicherung und Angst vor dem Verlust des
Lebensstandards geführt.

B. Lösung

Die Bundesregierung wird aufgefordert, ein Änderungsgesetz zum Dritten Buch
Sozialgesetzbuch (SGB III) vorzulegen, in dem u. a. folgende Grundsätze ver-
ankert werden: Verlängerung der Bezugsdauer des ALG I, indem für jedes Jahr
Beitragszahlung ein Anspruch auf einen Monat ALG I entsteht. Einführung
einer Mindestabsicherung für Erwerbslose ohne ausreichende Beitragsjahre
(unter 55 Jahren: zwölf Monate; über 55 Jahre sowie bei Menschen mit Behin-
derungen: 24 Monate; über 60 Jahre: 30 Monate). Neuregelung der Zumutbar-
keit von Arbeit. Einführung adäquater Übergangsregelungen beim Wechsel zum
Arbeitslosengeld-II-Bezug.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE.

C. Alternativen

Keine
D. Kosten

Die für die Verlängerung der Bezugsdauer von ALG I notwendigen Finanzie-
rungsmittel (nach Schätzung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
2,5 Mrd. Euro) sollen durch eine entsprechende Verringerung des Aussteuerbe-
trages bereitgestellt werden.

Drucksache 16/5685 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/3538 abzulehnen.

Berlin, den 13. Juni 2007

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Angelika Krüger-Leißner Klaus Brandner
Stellvertretende Vorsitzende Berichterstatter

Berlin, den 13. Juni 2007
I. Überweisung und Votum des mitberatenden
Ausschusses

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE. auf Drucksache 16/
3538 ist in der 88. Sitzung des Deutschen Bundestages am
22. März 2007 an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur
federführenden Beratung und an den Ausschuss für Wirt-
schaft und Technologie zur Mitberatung überwiesen worden.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat die
Vorlage in seiner Sitzung am 13. Juni 2007 beraten und mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. empfohlen, den Antrag abzulehnen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
In ihrem Antrag fordert die Fraktion DIE LINKE. die Bun-
desregierung auf, mit einem Änderungsgesetz zum SGB III
die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I zu verlängern, in-
dem für jedes Jahr Beitragszahlung ein Anspruch auf einen
Monat Arbeitslosengeld (ALG I) entsteht. Für Erwerbslose,
die keine ausreichenden Beitragsjahre vorweisen können,
solle eine Mindestabsicherung im Rahmen von SGB III ein-
geführt werden: Sie solle bei Menschen unter 55 Jahren
zwölf Monate, über 55 Jahre sowie bei Menschen mit Behin-
derungen 24 Monate und über 60 Jahre 30 Monate Bezugs-
dauer ALG I betragen. Ansprüche auf diese Mindestabsiche-
rung würden nach den Plänen der Linken nach zwei Jahren
Beitragszahlung erworben. Für geringere Beitragszeiten
sollten die Regelungen vor den Hartz-Reformen gelten.
Zudem müsse die Zumutbarkeit von Arbeit neu geregelt
werden, indem der Qualifikationsschutz gewahrt, der Ver-
lauf des Berufslebens berücksichtigt und Tarife bzw. das
Mindestlohnniveau eingehalten, die Regelungen zu Flexi-
bilität und Fahrtzeiten verbessert und die politische und reli-
giöse Gewissensfreiheit berücksichtigt würden. Zum Schutz
vor einem sozialen Absturz beim Übergang vom ALG-I-
zum ALG-II-Bezug seien adäquate Übergangsregelungen
einzuführen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechende Druck-
sache verwiesen.

III. Beratung im federführenden Ausschuss
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Beratung
der Vorlage in seiner 52. Sitzung am 13. Juni 2007 aufge-
nommen und abgeschlossen.

Im Ergebnis der Beratungen hat der Ausschuss mit den Stim-
men der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. beschlossen, dem Deutschen Bundestag die Ableh-
nung des Antrags auf Drucksache 16/3538 zu empfehlen.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärte, selbst wenn man
einen gestaffelten Bezug von Arbeitslosengeld für sinnvoll
halte, schieße der vorgelegte Antrag weit über das Ziel hi-
naus. Denn die von der Fraktion DIE LINKE. geforderten
Bezugszeiten von ALG I würden allen bekannten Fehlent-
wicklungen Tor und Tür weit öffnen. Es müsse stattdessen
darum gehen, alles für die Schaffung von Arbeitsplätzen zu
tun und damit die Bezugszeiten von Arbeitslosengeld für die
Menschen so kurz wie möglich zu gestalten.

Die Fraktion der SPD hob hervor, der Antrag gehe irrtüm-
licherweise davon aus, dass ein möglichst langer Arbeits-
losengeldbezug der Garant für die Herstellung sozialen Frie-
dens sei. Es gebe schon heute eine Staffelung der
Bezugsdauer nach Lebensalter. Die Arbeitslosenversiche-
rung sei eine Risikoversicherung und keine Ansparversiche-
rung. Vielmehr müssten die Unternehmen in die Pflicht ge-
nommen werden, gute Arbeitsvoraussetzungen zu schaffen,
so dass ein längerer Verbleib im Arbeitsleben möglich sei.
Im Übrigen seien die Zumutbarkeitsregelungen im SGB III
im Rahmen der Arbeitsmarktgesetze in den letzten Jahren
gar nicht geändert worden.

Die Fraktion der FDP machte deutlich, dass es immer da-
rum gehen müsse, arbeitslose Menschen so schnell wie mög-
lich wieder in Arbeit zu bekommen. Es dürfe nicht die
Arbeitslosigkeit verwaltet, sondern die Rahmenbedingungen
für Unternehmen müssten so verbessert werden, dass sie
Arbeitsplätze schaffen könnten. Eine Verlängerung der Be-
zugszeiten beim ALG I schaffe erneut Anreize zur Früh-
verrentung. Je länger die Zeiten der Arbeitslosigkeit seien,
desto schlechter würden die Chancen auf einen neuen Job.
Im Rahmen des vorgeschlagenen Drei-Säulen-Konzeptes
zur Auflösung der Bundesagentur für Arbeit seien bei der
Versicherungsagentur Wahltarife vorgesehen, damit indivi-
dueller auf die Bedürfnisse der Versicherten eingegangen
werden könne.

Die Fraktion DIE LINKE. betonte, es gehe ihr um eine
Reihe von grundsätzlichen Korrekturen an Veränderungen,
die durch die Hartz-Gesetze eingetreten seien. So müsse es
einen Rechtsanspruch auf Leistungen nach erfolgten Bei-
tragszahlungen geben; zudem gehe es um eine Mindestab-
sicherung von älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mern. Schließlich müsse die Zumutbarkeit von Arbeit neu
geregelt werden, damit erworbene Qualifikationen nicht ab-
gewertet würden.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnte den An-
trag als den Versuch ab, die Arbeitslosenversicherung statt
als Risikoversicherung nach dem Äquivalenzprinzip funk-
tionieren zu lassen. Dies sei der falsche Weg, der in der Ver-
gangenheit massenhaft zu Vorruhestandsregelungen geführt
und damit Ältere frühzeitig aus dem Arbeitsmarkt gedrängt
habe.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/5685

Bericht des Abgeordneten Klaus Brandner
Klaus Brandner
Berichterstatter

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