BT-Drucksache 16/53

Abriss des Palastes der Republik

Vom 4. November 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 16/53
16. Wahlperiode 04. 11. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Petra Pau, Dr. Gregor Gysi, Dr. Hakki Keskin
und der Fraktion DIE LINKE.

Abriss des Palastes der Republik

Von Bürgerinnen und Bürgern gibt es immer lauter werdende Einwände gegen
die von Bund und vom Land Berlin vorgelegte Machbarkeitsstudie zum Stadt-
schloss. Sie fordern realistische Vorschläge für die Errichtung eines öffentlichen
Humboldt-Forums in der Mitte Berlins.

Die Machbarkeitsstudie hat das politisch Gewollte – öffentliches Humboldt-
Forum und private Nutzung in Grundrissen und Schnitten des alten Stadtschlos-
ses mit historischer Fassade – in einem vorgegebenen Kostenrahmen keines-
wegs vorbehaltlos und unproblematisch testiert. An mehreren Stellen können
die Verfasser nicht verbergen, dass die Bindung an Schlossgrundrisse, Schnitte
und historische Fassade eine für die vorgesehene Hauptnutzung optimale Ge-
staltung des „Neubaus“ verhindern. Erhebliche Teile der Museums- und Aus-
stellungsflächen müssten in die Kellergeschosse und/oder Anbauten außerhalb
der Schlosskubatur verlagert werden.

Die künftigen Untergeschosse, so die Gutachter, stellen für eine effiziente Nut-
zung die wichtigsten Bauteile dar. Sie bergen aber auf Grund des problemati-
schen Baugrundes (Grundwasser, Spree, U-Bahn, Versorgungsleitungen) auch
die meisten Unbekannten.

Auch die Möglichkeit einer öffentlich-privaten Mischnutzung und Mischfinan-
zierung wird mit vielen Einschränkungen und Bedingungen empfohlen. Letzt-
lich wird ein rentierlich privates Investment nur noch für einen Hotelanbau an
der Spree für möglich gehalten. Selbst wenn man den Vorwurf gegen die Verfas-
ser der Machbarkeitsstudie außer Acht ließe, dass erhebliche Kosten bzw. Kos-
tenrisiken bei den Wirtschaftlichkeitsberechnungen nicht berücksichtigt
wurden, bliebe ein virulentes Kosten- und Finanzierungsrisiko über den ange-
nommenen „worst case“ hinaus.

Es ist deshalb nach Auffassung der Fragesteller an der Zeit, auch aus diesen
Gründen die Idee des Humboldt-Forums in der Mitte der Stadt von der nostal-
gischen Scharade der simulierten Schlosshülle zu befreien. Nichts könnte deut-
licher Berlins Willen auf eine Zukunft mit Kultur und Wissenschaft ausstrahlen
als die Errichtung eines öffentlichen Humboldt-Forums an diesem Ort, das sich

auch in seiner Gestalt in Respekt vor den Leistungen der Vergangenheit und
Gegenwart präsentiert.

Drucksache 16/53 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche gravierenden Finanzierungsrisiken zeigt die „Immobilienökonomi-
sche Machbarkeitsstudie – Neubau des Schlossareals Berlin“ der Bulwien-
Gesa AG * Berendes & Partner und der Architekten Hemprich & Tophof zum
Schlossneubau auf?

a) Wie hoch sind sie im Einzelnen?

b) Welche waren vor der Studie bereits bekannt?

2. Welche erheblichen Bau- und Kostenrisiken gibt es insbesondere hinsichtlich
des Abrisses der verhüllten Kellergeschosse des Palastes der Republik
(„Wanne“) und der Schaffung der Untergeschosse des Neubaus, und wie wur-
den sie im Einzelnen in der öffentlichen Präsentation der Machbarkeitsstudie
durch die Bauverwaltung des Bundes dargestellt?

3. a) Welche Teile der geplanten öffentlichen Nutzung fänden dabei Platz in der
Kubatur des Stadtschlosses?

b) Welche fänden keinen Platz und müssten deshalb in die Kellergeschosse
verlagert werden?

c) Müssten damit nicht wesentliche Teile in die Kellergeschosse verlagert
werden?

4. Wann wird der Bund die Studie öffentlich zugänglich machen?

5. Ist es zutreffend, dass die vorgesehene kommerzielle Teilnutzung die beab-
sichtigte öffentliche Nutzung des Humboldt-Forums behindert und dass die
private Mitfinanzierung nur die aus der gewerblichen Teilnutzung entstehen-
den Mehrkosten abdeckt?

6. Wie kann angesichts der bis heute bekannten Risiken gesichert werden, dass
mit einem Abriss die künftige öffentliche Nutzung nicht viel teurer wird als
die bisherige Zwischennutzung?

7. a) Welche Baugrunduntersuchungen und Raum- und Nutzungsprogramme
liegen vor?

b) Sind die Baugrunduntersuchungen und Raum- und Nutzungsprogramme
zur Ausschreibung des Investorenauswahlverfahrens ausreichend?

c) Welche Untersuchungen werden bis dahin noch vorgenommen?

8. a) Bis wann werden die archäologischen Grabungen abgeschlossen sein?

b) Wer entscheidet über den Abschluss?

9. a) Was muss an dem durch das Schlossareal führenden Tunnel der geplanten
U-Bahnlinie 5 im Einzelnen verändert werden?

b) Um wie viele Meter muss der Tunnel wegen der geplanten Untergeschosse
tiefer gelegt werden?

c) Um wie viel Meter muss der geplante U-Bahnhof unter dem Ufer des
Spreekanals tiefer gelegt werden?

d) Welche Auswirkungen ergeben sich für einen möglichen Bau der U-Bahn-
linie daraus?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/53

10. Wie hoch sind die Kosten der Tiefbaumaßnahmen, die in der Machbarkeits-
studie vorgesehen sind?

11. a) Ist ein Abtragen der Fundamentwanne vorgesehen?

b) Wie hoch sind die Kosten dafür?

Berlin, den 4. November 2005

Dr. Gesine Lötzsch
Petra Pau
Dr. Hakki Keskin
Dr. Gregor Gysi , Oskar Lafontaine und Fraktion

Kleine Anfrage
Abriss des Palastes der Republik

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