BT-Drucksache 16/5285

zu dem Antrag der Abgeordneten Michael Kauch, Jan Mücke, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -16/3049- Einbeziehung des zivilen Luftverkehrs in den europäischen Emissionshandel

Vom 9. Mai 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5285
16. Wahlperiode 09. 05. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Michael Kauch, Jan Mücke, Angelika
Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/3049 –

Einbeziehung des zivilen Luftverkehrs in den europäischen Emissionshandel

A. Problem

Mit dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert werden,

– im Rahmen der Präsidentschaft Deutschlands in der EU und der Gruppe der
G8 darauf hinzuwirken, dass der internationale Luftverkehr weltweit in Kli-
maschutzkonzepte eingebunden wird,

– darauf hinzuwirken, dass die Europäische Kommission dafür Sorge trägt,
dass die Auswirkungen des Luftverkehrs auf den Klimaschutz als Ergänzung
zu bereits bestehenden politischen Maßnahmen ab der nächsten Handelspe-
riode in das europäische Emissionshandelssystem aufgenommen werden,

– bei der Konzeption einer Einbeziehung des Luftverkehrs in den Emissions-
handel der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2006
nicht zu folgen, sondern darauf hinzuwirken, dass ein Emissionshandelssys-
tem für den Luftverkehr der EU mit dem bestehenden europäischen Emis-
sionshandel verbunden und in diesen integriert und auch nicht vorübergehend
als ein zweites, gänzlich anders konzipiertes Emissionshandelssystems eigens
für den Flugverkehr etabliert wird.

B. Lösung

Ablehnung mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE
LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 16/5285 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/3049 abzulehnen.

Berlin, den 25. April 2007

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Petra Bierwirth
Vorsitzende

Andreas Jung (Konstanz)
Berichterstatter

Frank Schwabe
Berichterstatter

Michael Kauch
Berichterstatter

Eva Bulling-Schröter
Berichterstatterin

Dr. Reinhard Loske
Berichterstatter

tung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, Die Fraktion der SPD hob darauf ab, dass die Rolle des

den Antrag auf Drucksache 16/3049 abzulehnen.
Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
hat kein Votum abgegeben.
Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und

Flugverkehrs zunehmend steigen werde. Vor diesem Hinter-
grund komme es darauf an, wie sich die Branche aufstelle.
Die Fluggesellschaften müssten sich mit der Problematik be-
schäftigen. Wer frühzeitig Modelle entwickele und sich dem
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/5285

Bericht der Abgeordneten Andreas Jung (Konstanz), Frank Schwabe, Michael
Kauch, Eva Bulling-Schröter und Dr. Reinhard Loske

I.
Der Antrag auf Drucksache 16/3049 wurde in der 82. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 1. März 2007 zur feder-
führenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit und zur Mitberatung an den
Ausschuss für Wirtschaft und Technolgie, an den Ausschuss
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und an den Aus-
schuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
überwiesen.

II.
Mit dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert wer-
den,
– im Rahmen der Präsidentschaft Deutschlands in der EU

und der Gruppe der G8 darauf hinzuwirken, dass der in-
ternationale Luftverkehr weltweit in Klimaschutzkon-
zepte eingebunden wird,

– darauf hinzuwirken, dass die Europäische Kommission
dafür Sorge trägt, dass die Auswirkungen des Luftver-
kehrs auf den Klimaschutz als Ergänzung zu bereits be-
stehenden politischen Maßnahmen ab der nächsten Han-
delsperiode in das europäische Emissionshandelssystem
aufgenommen werden,

– bei der Konzeption einer Einbeziehung des Luftverkehrs
in den Emissionshandel der Entschließung des Euro-
päischen Parlaments vom 4. Juli 2006 nicht zu folgen,
sondern darauf hinzuwirken, dass ein Emissionshandels-
system für den Luftverkehr der EU mit dem bestehenden
europäischen Emissionshandel verbunden und in diesen
integriert und auch nicht vorübergehend als ein zweites,
gänzlich anders konzipiertes Emissionshandelssystems
eigens für den Flugverkehr etabliert wird.

Die Antragsteller heben hervor, ein Emissionshandelssystem
für den Luftverkehr solle nicht als geschlossenes System iso-
liert für den Luftverkehr eingeführt werden, sondern den Aus-
tausch von Emissionszertifikaten mit anderen Sektoren zulas-
sen und ermöglichen. Es erscheine sinnvoll, Emissionszerti-
fikate für alle von EU-Flughäfen ausgehenden Flüge vorzu-
sehen. Die Emissionszertifikate sollten zumindest anteilig
versteigert werden, weil ein solches Verfahren zum einen ge-
eignet sei, die Konflikte zu vermeiden oder zu mindern, die
anderenfalls um die Kriterien einer ggf. unentgeltlichen Zu-
teilung absehbar entstünden. Zum anderen sei eine Beschrän-
kung auf die von EU-Flughäfen ausgehenden Flüge sinnvoll.

III.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE.
gegen die Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimmenthal-

Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf
Drucksache 16/3049 abzulehnen.

IV.
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat den Antrag auf Drucksache 16/3049 in seiner
33. Sitzung am 25. April 2007 beraten.
Die Fraktion der CDU/CSU hob hervor, die Einbeziehung
des Flugverkehrs in den Emissionshandel werde durchaus
auch kritisch gesehen. Zum Teil werde argumentiert, er um-
fasse nur etwa ein Volumen von 3 Prozent des CO2-Aussto-
ßes. Dennoch sei es richtig, den Flugverkehr in den Emis-
sionshandel einzubeziehen. Dies gelte insbesondere im Hin-
blick auf die rasante Entwicklung des Luftverkehrs. Trotz
Effizienzsteigerung und Technologiesprüngen habe die ra-
sante Entwicklung des Flugverkehrs in den letzten Jahren zu
einem eklatanten Anstieg der Emissionen geführt. Was in an-
deren Bereichen mühsam reduziert worden sei, hätten zusätz-
liche Emissionen im Flugverkehr wieder wettgemacht. Die
steuerliche Bevorzugung des Flugverkehrs und seine Nicht-
einbeziehung in das Emissionshandelssystem im Gegensatz
zu Bus und Bahn, den eigentlich ökologischen Verkehrsmit-
teln, führten zu nicht hinnehmbaren ökologischen Belastun-
gen. Bei der Einbeziehung des Flugverkehrs in den Emis-
sionshandel verfolge man dieselbe Linie wie das Europäische
Parlament und die Europäische Kommission, jedoch sei ge-
rade im Hinblick auf den Antrag der Fraktion der FDP auf
Details zu achten. Die Einbeziehung des Flugverkehrs in den
Emissionshandel dürfe nicht zu Wettbewerbsverzerrungen
zu Lasten der Unternehmen in der EU führen. Auch seien
Ausweichaktionen, bei denen Flüge an Europa vorbei auf In-
seln geleitet würden, die am Emissionshandel für den Flug-
verkehr nicht teilnähmen, zu unterbinden. Zielvorstellung
des Europäischen Parlaments sei es, sämtliche Flüge über
dem Luftraum der EU in das Handelssystem einzubeziehen.
Dies gelte unabhängig davon, ob Start oder Landung in der
EU stattfänden. Die Flugindustrie sei aufzurufen, den Emis-
sionshandel als Chance zu betrachten. Nicht ganz überzeu-
gend sei der Vorschlag der Europäischen Kommission, zu-
nächst mit den innereuropäischen Flügen zu beginnen und
später die anderen mit einzubeziehen. Positiv sei die An-
rechenbarkeit von CDM- und JI-Projekten zur Einhaltung
der Emissionshöchstgrenzen. Dies sei eine gute Möglich-
keit, kosteneffizient zum Klimaschutz zu kommen. Weiter-
hin spreche einiges für den Vorschlag der Europäischen
Kommission, ein offenes System vorzuschlagen. Die Einbe-
ziehung des zivilen Luftverkehrs in den europäischen Emis-
sionshandel sei nach alledem sinnvoll. Es komme entschei-
dend auf die Umsetzung im Detail an.
Entwicklung hat mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die Stimmen der

Thema öffne werde auch zukünftig im Wettbewerb die Nase
vorn haben. Über Einzelfragen müsse noch nachgedacht

sondern es müsse auch über eine Kerosinsteuer nachgedacht
werden. Auch der Vorschlag, der auf Einführung einer Kli-
maschutzabgabe ziele, sei bedenkenswert.

Die Fraktion der FDP stellte die Gründe heraus, die für die
Formulierung des Antrags ausschlaggebend gewesen seien.
Der Vorschlag der EU-Kommission, der im Sinne der Frak-
tion der FDP sei, gehe von einem offenen System aus. Damit
könnten die kostensenkenden Effekte des Emissionshandels
genutzt werden. Der Vorschlag des Europäischen Parlaments
sehe dagegen ein separates Handelssystem ohne Handlungs-
möglichkeiten auf den anderen Sektoren vor. Dies sei syste-
matisch unbefriedigend. Die Einbeziehung des Luftverkehrs
in den Emissionshandel könne nämlich nur als Zwischen-
schritt gesehen werden auf dem Weg, auch die anderen Sek-
toren in den Emissionshandel einzubeziehen. Verschiedene
kleine Handelssysteme seien zu vermeiden. Anzustreben sei
ein globaler Kohlenstoffmarkt. Der Antrag der Fraktion der
FDP beschränke sich auf Starts und Landungen in der EU.
Das Überfliegen des EU-Luftraums sei aber auch ein Gedan-
ke, der weiter verfolgt werden könne. Allerdings führe dieser
zu administrativen Schwierigkeiten. Wichtig sei, den Luft-
verkehr in globale Klimaschutzkonzepte einzubinden. Der
Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages habe
in einem Gutachten klargestellt, dass keine internationalen
Luftverkehrsabkommen dem Modell der Fraktion der FDP
entgegenstünden.

Die Fraktion DIE LINKE. nahm Bezug auf Angaben des
Statistischen Bundesamtes, wonach der Flugverkehr 2006 in
Deutschland um 6,5 Prozent zugenommen habe. Bis zum
Jahr 2012 werde der ansteigende Flugverkehr rund ein Vier-
tel aller in anderen Sektoren erzielten Einsparungen zunichte
machen. Aus diesem Grund sei die Einbeziehung des Flug-
verkehrs in das Emissionshandelssystem vonnöten. Sie un-
terstütze den auf ein abgeschlossenes Emissionshandelssys-
tem abzielenden Vorschlag des Europäischen Parlaments.
Die Einbeziehung des Flugverkehrs in den Emissionshandel
wirke sich in einem geringeren Maße aus als die Besteuerung
von Flugbenzin oder eine Emissionsabgabe. Grundübel des
Vorschlags der EU-Kommission sei, dass Kohlendioxid nur
mit dem Faktor 1 in die Berechnungen eingehe. Die Wärme-
wirkung des Flugverkehrs sei je Tonne CO2 zwei- bis vier-
mal so hoch. Auch die Verzahnung mit dem EU-Emissions-
handel sowie mit CDM- und JI-Projekten werde dazu
führen, dass der Flugverkehr weiter wachse. Ein geschlosse-
nes Emissionshandelssystem hätte eine größere Lenkungs-

Wettbewerbsgleichheit auch in diesen Fragen schaffen und
nicht nur davon reden.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellte fest, der
Luftverkehr sei auf vielerlei Weise gegenüber anderen Ver-
kehrsträgern privilegiert. Anders als beim schienengebunde-
nen Verkehr oder beim Straßenverkehr sei er im innereuro-
päischen Verkehr sogar von der Mehrwertsteuer befreit. Die
Privilegien seien wettbewerbsverzerrend und wirkten zu
Gunsten des Luftverkehrs. Hierbei seien die vielfältigen
offenen und verdeckten Subventionen für Regionalflughäfen
noch nicht berücksichtigt. Der absolute Anteil des Luftver-
kehrs an den Emissionen sei zwar vergleichsweise gering, je-
doch müsse die gewaltige Wachstumsdynamik berücksich-
tigt werden, die vieles, was in anderen Bereichen eingespart
werde, wieder aufzehre. Darüber hinaus würden die Emis-
sionen in 10 000 Meter Höhe, im Übergang von der unteren
zur oberen Atmosphäre, freigesetzt. Somit handele es sich
um schädliche Klimawirkungen. Zwischen den Experten sei
streitig, mit welchem Multiplikator man die Emissionen
hochrechnen müsse, die freigesetzt würden. Es scheine sich
ein wissenschaftlicher Konsens hinsichtlich des Multipli-
kators 3 abzuzeichnen. Die Emissionen, die freigesetzt wür-
den, müssten daher mit dem Faktor 3 multipliziert werden,
um von einer realistischen Klimawirkung auszugehen. Bei
einem Zukauf aus anderen Sektoren des Bodenbereichs ent-
stehe eine Asymmetrie. Erfreulich sei, dass die EU-Kom-
mission endlich den Luftverkehr einbeziehen wolle, nach-
dem an der europäischen Kerosinsteuer zehn Jahre lang ohne
Durchbruch gearbeitet worden sei. Bei der Frage offenes
oder geschlossenes System sei man ambivalent. Im Hinblick
auf die Anschlussfähigkeit an ein späteres Gesamtsystem sei
ein offenes System vorteilhaft. Auf der anderen Seite dürften
nicht billige Emissionsrechte hinzugekauft werden können,
wenn es in dem Sektor selbst mit dem Wachstum unverän-
dert weitergehe. Hier müsse eine Lösung gefunden werden.
Eine Versteigerung der Zertifikate, zumindest eine Teilver-
steigerung, müsse ermöglicht werden. Dies müsse wesent-
lich mehr sein als bisher. Anspruchsvolle Ziele seien erfor-
derlich, damit keine Schlupflöcher übersehen würden.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit beschloss mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion
der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN dem Deutschen Bundestag zu empfehlen,
den Antrag auf Drucksache 16/3049 abzulehnen.

Berlin, den 25. April 2007

Andreas Jung (Konstanz)
Berichterstatter

Frank Schwabe
Berichterstatter

Michael Kauch
Berichterstatter

Eva Bulling-Schröter
Berichterstatterin

Dr. Reinhard Loske
Berichterstatter
Drucksache 16/5285 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

werden. Es gehe nicht nur um den Flugverkehr, sondern es
müsse auch versucht werden, andere Sektoren in den Emis-
sionshandel einzubeziehen. Sowohl der Antrag der Fraktion
der FDP als auch die Vorstellungen des EU-Parlaments und
der EU-Kommission gingen von einer Versteigerung der
Zertifikate im Bereich des Flugverkehrs aus. Der Flugver-
kehr sei nicht nur in den Emissionshandel einzubeziehen,

wirkung, die eher Erfolg verspreche. Der EU-Richtlinienent-
wurf sehe vor, dass die Zertifikate verschenkt und nicht
versteigert werden sollten. Dies werde zu einem Desaster mit
Extraprofiten wie in der Energiewirtschaft führen. Weiterhin
solle eine Kerosinsteuer geprüft werden. Auch die konse-
quente Anwendung der Umsatzsteuer sei zu befürworten.
Die Fraktionen, die für den freien Wettbewerb seien, sollten

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